ÖFB-U17-Team-Torhüter Kilian Scharner wechselt aus der Akademie St. Pölten zum VfB Stuttgart.
Der Nachname lässt es bereits vermuten - Kilian ist der Neffe von Paul Scharner, seines Zeichens langjähriger Premier-League-Legionär.
Den 40-fachen ÖFB-Teamspieler hat stets sein Fokus auf durchaus hochgesteckte Karriere-Ziele ausgezeichnet. Diese Herangehensweise wird nun von der zweiten Scharner-Generation übernommen.
Denn auch Kilian will im Profi-Fußball hoch hinaus. "Ich habe mit Paul Ziele ausgearbeitet. Spätestens in vier Jahren ist eingeplant, die Nummer eins beim VfB Stuttgart zu sein. Das ist das Ziel", erklärt der 17-Jährige im Gespräch mit LAOLA1.
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Alles unter Dach und Fach
Scharner ist jedenfalls voller Tatendrang: "Ich gehe auf jeden Fall nicht zum Spaß hin. Ich komme hin, um nicht nur in der A-Jugend oder bei den Amateuren die Nummer eins zu werden, sondern bei den Profis. Es ist auf jeden Fall das Ziel des VfB und von mir, mich in den nächsten Jahren zu den Profis zu führen."
Los geht das Abenteuer bereits am 7. Juli, wenn der Youngster für zwei Wochen zum Training in die Schwaben-Metropole reist. Vorerst läuft der Vertrag für drei Jahre.
Ohne die Corona-Zwangspause hätte der Transfer bereits im März fixiert werden sollen: "Jetzt bin ich einfach nur erleichtert, dass endlich alles unter Dach und Fach ist."
Scharner: "Wollte unbedingt ins Ausland"
Der Kontakt besteht schon länger. Im Dezember verbrachte Scharner eine Probewoche in Stuttgart. Als er erstmals vom Interesse des VfB erfuhr, habe er sich gedacht, dass dies genau die richtige Adresse sein könnte - kein absoluter Topklub in Europa, aber einer mit Erfahrung in der Entwicklung von Talenten:
"Ich wollte unbedingt ins Ausland, eigentlich schon letztes Jahr. Aber Paul hat gemeint: 'Mach mal langsam, noch bist du nicht auf dem Level, wir müssen arbeiten!' Recht hat er gehabt! Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt."
"Als ich dort war, war ich extrem beeindruckt von den Trainern, von der Anlage, von so gut wie allem. Ich habe mich dann noch ein bisschen mit der Geschichte des Vereins beschäftigt und gesehen, wie viele Profis aus der Jugend des VfB kommen. Danach habe ich mich mit Paul beraten. Er war genau wie ich der Meinung, dass das nach der Akademie in St. Pölten der beste Schritt ist."
Dass der Weg früher oder später ins Ausland führen soll, war Kilian schon länger klar - erst jetzt gab es auch das grüne Licht von Mentor Paul, wie der Goalie schmunzelnd erzählt:
"Für mich ist ehrlich gesagt nichts anderes in Frage gekommen. Ich wollte unbedingt ins Ausland, eigentlich schon letztes Jahr. Aber Paul hat gemeint: 'Mach mal langsam, noch bist du nicht auf dem Level, wir müssen arbeiten!' Recht hat er gehabt! Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt. Eigentlich hätte ich noch ein Jahr in der Akademie, aber ich wollte wie gesagt immer schon ins Ausland."
Grinsender Nachsatz: "In Österreich groß Karriere zu machen, geht sich meiner Meinung nach nicht ganz aus. Deshalb möchte ich es in eine von Europas Topligen schaffen."
So hilft Paul seinem Neffen
Onkel Paul kickte über viele Jahre in der Topliga schlechthin. Via Norwegen (Brann Bergen) schaffte er Anfang 2006 den Sprung in die Premier League, in der er für Wigan und West Bromwich 221 Spiele absolvierte und dabei 21 Tore erzielte.
Nach einem kurzen Abstecher zum Hamburger SV kehrte Scharner zu Wigan zurück und eroberte zur Krönung der Karriere 2013 den FA-Cup.
"Das FA-Cup-Finale war ein Riesen-Erlebnis", erinnert sich Kilian, der als Zehnjähriger beim sensationellen 1:0-Triumph gegen Manchester City im Wembley Stadium war, "damals konnte ich gar nicht richtig realisieren, wie viele Leute in diesem Stadion sind und was dieser Cup überhaupt bedeutet. Das ist schon ein Wahnsinn."
Es soll Fußballer geben, die weniger gerne über Verwandtschaft sprechen, die eine Generation zuvor im Profi-Business erfolgreich war. Kilian fällt nicht unter diese Kategorie, vielmehr baut er auf die Inputs seines Onkels:
"Paul hat einen großen Einfluss auf mich, er ist auch ein riesiges Vorbild. In meinen Augen ist er eine Riesen-Persönlichkeit, seine Karriere bewundernswert. Ich trainiere sehr viel individuell mit ihm - nicht nur im fußballerischen, sondern auch im athletischen und mentalen Bereich. Paul ist eine Riesen-Riesen-Hilfe. Für mich ist er ein ganz wichtiger Bestandteil meiner Karriere, und ich möchte meine Karriere auch mit ihm an meiner Seite bestreiten."
Eine Spur größer denken
Paul Scharner war für seine Herangehensweise während seiner Laufbahn nicht immer unumstritten. Sein Fokus und seine klar formulierten Ziele haben polarisiert, ihn jedoch mehr erreichen lassen als andere, denen womöglich mehr Talent in die Wiege gelegt wurde.
"Wenn man immer nur das macht, was einem gesagt wird und jeder das Gleiche macht, wird es schwierig, sich abzuheben. Das hat mir Paul klargemacht. Was aber fast die wichtigste Rolle von Paul ist: Er redet nicht drumherum, sondern sagt es so, wie es ist - Punkt, Aus, Ende."
Auch Kilian gefällt es, eine Spur größer zu denken und sich hohe Ziele zu setzen: "Wenn man immer nur das macht, was einem gesagt wird und jeder das Gleiche macht, wird es schwierig, sich abzuheben. Das hat mir Paul klargemacht. Was aber fast die wichtigste Rolle von Paul ist: Er redet nicht drumherum, sondern sagt es so, wie es ist - Punkt, Aus, Ende."
Für Kilian sind die Ratschläge des Onkels jedenfalls wertvoll: "Es ist absolut ein Vorteil, wenn man jemanden hat, der den Weg schon gegangen ist, wobei man einen Weg natürlich nie zwei Mal gehen kann. Aber alleine seine Erfahrungen sind ein irrsinniger Vorteil. Er weiß, wie das Profigeschäft funktioniert."
Kein Profi war sein Papa, der zu Hause in Purgstall einst selbst Tormann war. Das Talent als Goalie vom Papa, den Ehrgeiz vom Onkel - lautet Kilians Motto: "Mein Papa und Paul sind eine super Mischung als Vorbilder. Ich finde es komplett in Ordnung, wie mein Papa seinen Weg gegangen ist. Uns geht es super, auch wenn er kein Profifußballer war."
Offensiv wegen Manuel Neuer
Kilian selbst hat einst als Feldspieler begonnen, was man heute an seinem Tormann-Stil bemerken kann. Selbiger gilt nämlich als durchaus offensiv.
"Wenn man immer hinten bleibt, wird einem fad", lacht der Keeper und bestätigt, dass er sich quasi als elfter Feldspieler sieht: "Ich würde mich schon als ziemlich offensiv beschreiben, weil es heutzutage einfach dazugehört."
Sein Vorbild ist in diesem Kontext durchaus zu erraten: "Generell Manuel Neuer, aber vor allem vom Manuel Neuer der WM 2014 habe ich mir extrem viel abgeschaut. Ohne ihn hätte ich wahrscheinlich nicht diese offensive Einstellung. Ich weiß nicht, ob Deutschland Weltmeister geworden wäre, wenn man sich nicht immer auf ihn hätte verlassen können."
Neuer ist ein Mitglied der deutschen Tormannschule, deren Ausbildung Kilian Scharner nun beim VfB Stuttgart genießt.