Geisterspiele in den Bundesligen, Stillstand im Amateurbereich: Der deutsche Sport wird von den verschärften Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern hart getroffen.
Angesichts steigender Infektionszahlen darf im Profibereich, auch im Fußball, im November nur noch ohne Zuschauer gespielt werden, der Freizeit-und Amateursportbetrieb wird weitestgehend untersagt.
Das geht aus dem Beschlusspapier infolge der Beratungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hervor. "Wir wollen nicht in eine nationale Gesundheitsnotlage kommen", begründete Merkel am Mittwoch während einer Pressekonferenz die beschlossenen Beschränkungen des öffentlichen Lebens. "Wir brauchen im November eine nationale Kraftanstrengung." Es seien "harte Maßnahmen, die wir verabschiedet haben. Es sind belastende Maßnahmen für das ganze Land."
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Die 36 Vereine der Deutschen Fußball Liga (DFL) müssen sich nicht gänzlich auf eine neue Situation einstellen: Bereits in den vergangenen Wochen hatte es aufgrund steigender Infektionszahlen zahlreiche Spiele ohne oder nur mit wenigen Hundert Zuschauern gegeben. Am Mittwoch kündigten Borussia Mönchengladbach und Schalke 04 an, dass am kommenden Wochenende keine Fans zugelassen werden.
Es sieht ganz düster aus
Ein umfassendes Hygienekonzept hatte dem Profifußball im vergangenen Frühjahr die Wiederaufnahme des Spielbetriebes mit Geisterspielen ermöglicht. Für die aktuelle Saison erhielten die DFL wie der gesamte Sport von der Politik grünes Licht, zumindest bis zu 20 Prozent der Gesamtkapazität der Stadien auslasten zu dürfen. Genutzt werden konnte das in den wenigsten Fällen.
Dass Geisterspiele das Minimum für das wirtschaftliche Überleben der Vereine sind, hatten zuletzt mehrere Bundesliga-Funktionäre betont. "Wenn wir die auch nicht mehr haben sollten, dann wird es ganz eng", hatte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im ZDF gesagt. In den anderen Profi-Ligen sieht es dagegen bereits jetzt düsterer aus.
Im Basketball, Handball, Eishockey oder Volleyball sind die deutschen Vereine deutlich stärker auf die Zuschauereinnahmen angewiesen. Die Anordnung der Geisterspiele widerspreche "eigentlich dem, was wir letzte Woche mit den Chefs der Staatskanzleien besprochen haben", sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. "Da war der Tenor noch eindeutig: Der Sport hat seine Hausaufgaben gemacht und trägt nicht zum Infektionsgeschehen bei." Er kündigte an, nochmals "den Dialog" suchen zu wollen.
"Das ist bitter"
"Aus unserer Sicht gibt es fachlich-hygienisch keine Gründe dafür", sagte Stefan Holz, der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga. "Es werden von uns Hygienekonzepte verlangt, für die wir viel Geld in die Hand nehmen und mit ausgewiesenen Experten zusammenarbeiten. Und obwohl die Testphase gezeigt hat, dass die Konzepte funktionieren, dreht man uns doch den Saft ab. Das ist bitter."
Der BBL-Chef fügte aber hinzu: "Aber jetzt warten wir die genauen Beschlüsse erst einmal ab. Vielleicht gibt es ja noch etwas Kleingedrucktes, das Ausnahmen zulässt." Er sei froh, dass die Ligen zumindest ohne Zuschauer spielen dürfen. "Von daher schwankt meine Gefühlslage gerade zwischen Frust und Erleichterung", sagte Holz. Die BBL will am 6. November in ihre neue Saison starten.
Die Auswirkungen auf den Amateursport dürften extrem sein. Fitnessstudios und Schwimmbäder werden geschlossen. Der Betrieb wird eingestellt, Vereine dürfen nicht mehr trainieren. Allein der Individualsport, also etwa alleine joggen gehen, ist weiter erlaubt. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, hatte noch am Dienstag auf "Fingerspitzengefühl" der Politik gehofft.
"Von den 90.000 Vereinen als einzigartigem 'sozialen Tankstellennetz' in Deutschland bis zum Spitzensport haben alle Verantwortlichen bis heute höchst diszipliniert und vorbildlich bei der Bewältigung der Pandemie gewirkt", hatte er gesagt. In der "nun bevorstehenden schwierigen Phase kann und wird der Sport weiterhin Teil der Lösung und nicht des Problems sein". Bund und Länder folgten dieser Argumentation offenbar nicht.