Die neue Spielzeit in der Deutschen Bundesliga beginnt gefühlt so, wie die alte aufgehört hatte.
Ein harter Kampf, strittige Szenen sowie Spannung bis zum Schluss - und am Ende gewinnt doch Bayer 04 Leverkusen. Erst in der elften Minute der Nachspielzeit verwertete Florian Wirtz den Nachschuss seines eigenen Elfmeters und besorgte somit den 3:2-Erfolg für seine Mannschaft (zum Spielbericht >>>).
Während die "Invincibles" der Vorsaison standesgemäß in die Liga starten, geht der Gegner aus Gladbach nach Schlusspfiff mit hängenden Köpfen vom Platz. Der Frust ist bei der Mannschaft von Cheftrainer Gerardo Seoane jedenfalls groß und richtet sich, wie so oft, vor allem gegen den Videoschiedsrichter.
Kleindienst fühlt sich betrogen
Gleich vier Mal musste der VAR zum Auftakt eingreifen: Zunächst wurde Gladbach ein Treffer in der ersten Hälfte nach einem Foulspiel im Nachgang aberkannt, dann wurde im zweiten Durchgang nach einer längeren Unterbrechung auf ein korrektes Tor entschieden, obwohl es auf den TV-Bildern erst nach einer möglichen Abseitsstellung aussah.
Kurz vor Schluss musste erneut eine Linie gezogen werden, die den 2:2-Ausgleich durch Stürmer Tim Kleindienst bestätigte. Den finalen Akt lieferte der VAR dann in der neunten Minute der Nachspielzeit: Ko Itakura traf Amine Adli bei einem Klärungsversuch im Strafraum am Fuß. Schiedsrichter Robert Schröder hatte die Szene zunächst nicht geahndet. Nach Ansicht der Bilder entschied er aber auf Strafstoß für Leverkusen.
Obwohl der Videoschiedsrichter zweimal zugunsten seiner Mannschaft entschied, fühlte sich Kleindienst nach dem Spiel regelrecht betrogen: "Irgendwie geht es einem auf den Sack. Jede 50/50 Situation wird überprüft. Jedes Tor wurde bis ins kleinste Detail überprüft. Man hatte irgendwie das Gefühl, dass die nicht wollten, dass wir überhaupt etwas holen", schimpfte der Stürmer bei "DAZN".
"Dann müsste es 300 Fouls geben"
Für Verärgerung sorgte in der Szene vor dem Strafstoß vor allem der Eindruck, dass es dafür keine weitere Einschätzung gebraucht hätte: "Am Ende ist es ärgerlich. Sie haben alles gecheckt, alles nur gegen uns. Beim Elfmeter war es für mich keine klare Fehlentscheidung, also muss er nicht raus", verstand Gladbach-Geschäftsführer Roland Virkus nicht, warum auf den VAR zurückgegriffen wurde.
Schiedsrichter Robert Schröder zeigte Verständnis, hielt mit seiner Argumentation aber dagegen. "Ich kann verstehen, dass so eine spielentscheidende Entscheidung zu Diskussionen führt. Er spielt aber nicht den Ball und trifft den Gegner, was regeltechnisch ein Foulspiel ist."
Kleindienst ärgerte sich hauptsächlich über seinen nicht gegebenen Treffer kurz vor der Halbzeit, als er einen Abpraller mit dem Kopf am Boden liegend über die Linie drückte: "Also ich habe es tatsächlich überhaupt nicht gemerkt. Als mir dann am Ende jemand erzählt hat, dass ich der war, der gefoult hat, fand ich es ein bisschen komisch", meinte der Neuzugang bei "Sat 1" und sparte nicht mit Kritik: "Diese Theatralik und alles, die dann immer dazugehört, ich glaube da fallen die Schiedsrichter immer noch zu viel rein."
"Wir sind im Sechzehner, aber dass dann jedes Mal eine kleine Berührung ein Foul ist, ist einfach nervig. Dann müsste es – keine Ahnung – 300 Fouls im Spiel geben."
Seoane ohne Vorwurf an Schröder
Cheftrainer Gerardo Seoane bewertete das Spiel deutlich nüchterner und zog viele positive Schlüsse aus der Begegnung: "Wir haben Leverkusen alles abverlangt. Man hat einige Punkte gesehen, die wir uns erarbeitet haben", ist Seoane mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden.
Der Schweizer merkte vor allem den Impact der Neuzugänge um Kevin Stöger an. Der ÖFB-Legionär überzeugte als passsicherer und zweikampfstarker Spielgestalter im Mittelfeld und feierte aus persönlicher Sicht ein gelungenes Debüt im Borussia-Park.
Dem Schiedsrichter wollte Seoane keinen Vorwurf machen, obwohl er den VAR definitiv "nicht vermisst" hatte: "Ich glaube, dass es immer noch einen kleinen Spielraum gibt, wo der Schiedsrichter selber entscheiden kann. Heute sind wir nicht auf der guten Seite der Entscheidungen gewesen. Beim nächsten Mal wird es anders sein."
Und auch wenn der Frust natürlich überwiegt, nährt das Spiel die Hoffnung auf eine erfolgreichere Saison für Gladbach: "Wir haben gegen den Deutschen Meister gespielt. Dass wir mit den Rückschlägen, auch mit dem Videobeweis, in der Lage sind, ein 0:2 zu egalisieren, ist etwas sehr Positives", hielt Kleindienst abschließend fest.