Etwas überspitzt formuliert, ist es beinahe schon ungewohnt, dass man dem deutschen Serienmeister FC Bayern München zu diesem Zeitpunkt der Saison nicht schon zum Titel gratulieren kann.
Nach einem Remis und zwei Niederlagen aus den letzten drei Liga-Spielen steckt der FCB für seine Verhältnisse in einer Krise und findet sich nur auf dem sechsten Tabellen-Platz wieder.
Was jedoch nur bedingt bedeutet, dass die Konkurrenz ihre große Chance wittert. Zumindest Marcel Sabitzer vom Zweiten RB Leipzig gibt sich noch sehr zurückhaltend:
"Ich schaue nicht auf die Bayern, das interessiert mich nicht. Es sind noch so viele Spiele zu spielen, da macht es keinen Sinn zu sagen: Die Bayern straucheln! Außerdem sind ja auch noch andere Mannschaften wie die Hertha, Bremen oder Gladbach da. Wir wollen einfach nur Punkte sammeln. Wenn es dann nach dem 34. Spieltag für Platz 1 bis 6 reicht, sind wir zufrieden. Das ist unser Anspruch."
VIDEO: Sabitzer-Doppelpack gegen Nürnberg
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Leipzig hatte viele Baustellen
Wobei jedoch auch der ÖFB-Teamspieler etwas überspitzt festhält: "In den letzten Jahren war es so, dass die Bayern, was weiß ich, die ersten 30 Spiele gewonnen haben und die anderen Mannschaften die Plätze zwei, drei und vier dahinter ausgelost haben, wer mit in die Champions League kommt. Sicher wollen wir vorne dabei sein, aber das heißt nicht, dass wir jetzt jeden Tag in der Kabine sitzen und uns ausrechnen, ob wir Erster werden. Das machen wir nicht."
Leipzig tut derzeit ohnehin gut daran, sich auf sich selbst zu konzentrieren. Der Start in die Liga verlief eher holprig, die letzten drei Partien konnten jedoch gewonnen werden. Auch bei Sabitzer selbst zeigt der Pfeil steil nach oben, wie sein Doppelpack am Wochenende beim 6:0-Kantersieg gegen Nürnberg unterstreicht.
"Wir hatten echt viele Baustellen, die wir erst einmal bearbeiten mussten. Die haben wir jetzt gut ausgebügelt", betont der 24-Jährige, "wir haben ein schwieriges Jahr mit dem Wechsel des Trainerteams, den Spielerabgängen, wenigen Zugängen, im Sommer kommt dann ein neuer Trainer. Da ist dann halt nicht ganz klar, wohin die Reise geht. Wir waren uns da auch nicht ganz so sicher in den ersten Wochen, aber jetzt sind wir wieder gefestigt und haben in den letzten drei, vier Spielen super gespielt. Deshalb bin ich positiv, was die Saison betrifft."
Pleite gegen Salzburg hilft bei Trendwende
Ins ÖFB-Camp im September war Sabitzer noch mit einem Punkt aus den ersten beiden Saison-Spielen im Gepäck gereist. "Zwischenzeitlich war das Gefühl fast so, als wären wir fix abgestiegen", erinnert er sich an die viel zu voreilige Krisenstimmung.
"Vielleicht war es ein Dämpfer zur richtigen Zeit, damit wir wieder voll durchstarten konnten. Wir sind danach viel zusammengesessen und haben die Dinge klar angesprochen. Seither geht es eigentlich nur bergauf."
Während es in der Liga zu laufen begann, setzte es international nach der letzten Länderspiel-Pause mit der Heimniederlage im "Bullen-Derby" gegen Salzburg noch einen bitteren Tiefschlag. Letztlich half diese Europa-League-Pleite jedoch bei der Trendwende:
"Vielleicht war es ein Dämpfer zur richtigen Zeit, damit wir wieder voll durchstarten konnten. Wir sind danach viel zusammengesessen, hatten viele Besprechungen und haben die Dinge klar angesprochen. Seither geht es eigentlich nur bergauf."
Sabitzer wieder bei 100 Prozent
Nun müsse die Devise lauten, nicht nachzulassen, gleich weiterzuarbeiten und "wenn möglich lange vorne dabei zu bleiben". Die harte Arbeit hat sich auch für den Steirer selbst bezahlt gemacht.
Beim letzten ÖFB-Camp fühlte er sich nach seiner langen Verletzungspause noch nicht bei 100 Prozent, inzwischen habe er das notwendige Level wieder erreicht. Vor allem würde er sich inzwischen wieder im Rhythmus befinden.
"Wenn du Woche für Woche oder eigentlich alle drei Tage 90 Minuten spielst, ist es logisch, dass es schneller geht. Vier Monate Pause sind doch eine lange Zeit, das kann man nicht von heute auf morgen wettmachen. Klar hast du mal ein Spiel dabei, in dem es läuft, aber dann läuft es auch mal zwei, drei Spiele wieder nicht und du kannst dir nicht erklären warum. Das ist einfach eine Rhythmus-Geschichte. Ich habe gemerkt, dass mir einfach das Raumgefühl am Platz fehlt. Das ist jetzt etwas ganz anderes. In den letzten drei, vier Spielen habe ich wieder das Gefühl wie in alten Zeiten", freut sich Sabitzer.
Jetzt im Nationalteam durchstarten
Dieses Gefühl gilt es nun ins Nationalteam zu transportieren, vor allem seinen Doppelpack: "Wenn du triffst, tut das gut, das gibt Selbstvertrauen. Im Moment macht es wieder richtig Spaß, Fußball zu spielen. Das will ich hier fortsetzen."
Nach seinen beiden Joker-Einsätzen gegen Schweden und in Bosnien-Herzegowina geht Sabitzer jedoch nicht automatisch davon aus, dass es für ihn eine Rückkehr in die Startelf geben wird. Dass er sich im Training dafür aufdrängen möchte, liegt jedoch auf der Hand.
Schließlich sind seine persönlichen ÖFB-Ziele unverändert, er möchte im Nationalteam endlich durchstarten: "Das wäre jetzt an der Zeit, ich bin lange genug dabei. Deshalb ist es auch irgendwo logisch, den Anspruch zu haben, auch hier eine Führungsrolle zu übernehmen. Ich bin bei meinem Verein in Deutschland Führungsspieler, warum soll ich es in Österreich nicht auch sein? Klar, das geht nur mit Leistung und die will ich zeigen, weil sonst brauchst du ja nicht von Führungsspieler reden, wenn du keine Leistung bringst."