Es gibt Dinge, von denen man nicht zu träumen wagt.
Thomas Müller etwa träumte als Kind von einem Ticket für ein Bayern-Spiel und nie und nimmer von zehn Meistertiteln als Spieler des Rekordmeisters. Auch der ewige Torrekord von Gerd Müller galt immer als unantastbar, niemand wagte es, die 40 Tore des "Bombers der Nation" aus der Saison 1971/72 wirklich ernsthaft in Angriff zu nehmen.
Statt zu träumen, hat Robert Lewandowski diesen Meilenstein einfach in Angriff genommen. Vor dem 32. Spieltag der deutschen Bundesliga fehlten dem polnischen Wunderstürmer noch vier Tore, um mit dem großen Bayern-Helden der 60er und 70er gleichzuziehen.
Nach dem 6:0-Kantersieg bei der Meisterfeier gegen Gladbach schraubte er mit seinem Triplepack erneut am ganz großen Coup. Da der neunte Meistertitel, der 31. der Vereinsgeschichte, schon vor dem Anpfiff in trockenen Tüchern war, galt bei der Partystimmung in der Allianz Arena nur ein Motto: Alle für Lewandowski!
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"Lewandowski will das unbedingt, er wird alles daran setzen"
"Wir wollten auf dem Platz zeigen, dass wir der deutsche Meister sind und die drei Punkte holen. Das war ein Wahnsinns-Spiel, wir haben super gespielt und viele Tore geschossen", war der Rekordjäger selbst bei "Sky" begeistert.
Dass er drei Mal ins Schwarze traf, noch dazu das 2:0 per Seitfallzieher-Traumtor, freute ihn umso mehr. Wie er selber betont, gab es jedoch keine Absprache, dass ihm im Strafraum jeder Ball aufgespielt werden soll, um Müllers Rekord zu knacken.
"Nein, darüber haben wir nicht gesprochen. Klar, manchmal wenn du zu viel willst, musst du ruhig bleiben und als ganze Mannschaft spielen. Wenn die Kollegen den Pass spielen, muss man selbst auch spielen. So kann man mehr Situationen kreieren und am Ende Tore schießen", so das nüchterne Resümee des Top-Torschützen.
Lauscht man den Worten seiner Teamkollegen, ist es aber schon ein mannschaftsinternes Ziel, Lewandowski auf eine Stufe mit Gerd Müller zu stellen. "Er ist in grandioser Form und hat noch zwei Möglichkeiten auf den Rekord. Wie wir ihn heute erlebt haben, will er das unbedingt, er wird alles daran setzen", ist sich Manuel Neuer sicher.
Mannschaft steht voll hinter Lewandowski
Thomas Müller wird noch deutlicher, wenn es darum geht, Lewandowski zu helfen, seinen Namensvetter zu überflügeln. "Die Stimmung in der Kabine war schon vor dem Spiel gelöst, es ging ein Raunen durch die Kabine, wir haben uns gefreut und gepusht, noch einen draufzusetzen. Und dann gibt es noch die Geschichte mit Lewi - da steht die Mannschaft voll dahinter."
Mit einem Grinsen stellt Müller fest, dass man gegen Gladbach durchaus den Eindruck gewinnen konnte, dass man Lewandowski helfen will. Auch Trainer Hansi Flick unterstreicht, welch außergewöhnliche Leistung der Pole in dieser Saison leistet und würde ihm den Meilenstein wünschen.
"Es war sein 39. Treffer, das ist sensationell. Man hat gesehen, dass ihn die Mannschaft unterstützt. Thomas hatte das Auge für ihn, die zwei machen das herausragend. Aber Lewandowski muss aufpassen, er hat vier Gelbe Karten und muss vorsichtig sein in Freiburg", warnt der scheidende Bayern-Trainer, der festhält: "Gerd Müller war mein idol zu meiner Jugendzeit, aktuell ist Lewandowski der Stürmer der Weltklasse hat. Wenn er es schafft, hat er es mehr als verdient."
"Lewandowski geht auf jeden Fall in die Geschichte ein"
Gegen Gladbach erzielte der Ex-Dortmunder sein schnellstes Tor überhaupt im deutschen Profi-Fußball. Mit seinem Triple-Pack übersprang er die 200-Tore-Marke (aktuell 201 Treffer) in 217 Bundesliga-Spielen für die Bayern.
Zwischenzeitlich fehlte Lewandowski sogar verletzt und verpasste vier Spiele. Trotzdem wackelt der Rekord von Gerd Müller gewaltig, weshalb er sich Lobeshymnen von allen Seiten verdient.
"Vielen Dank. Wichtig ist, dass die ganze Mannschaft Lust hat, davon profitiere auch ich. Ich versuche, alles für meine Mannschaft zu geben. Wir wollen spielen und uns weiterentwickeln, das ist auch ein Wahnsinn. Ich habe nur schöne Worte für die Mannschaft übrig. Ich kann dankbar sein, dass ich so viele Vorlagen von meinen Teamkollegen bekomme", gibt sich der Vollstrecker zurückhaltend.
Geht es nach dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge, hat Lewandowski so oder so schon seinen Platz in der Bayern-Historie sicher. "Ich war erstaunt, dass er schon 39 Tore erzielt hat. Wie Gerd Müller 40 Tore erzielt hat, war ich noch nicht bei Bayern. Ich dachte, das ist für die Ewigkeit. Jetzt kann er ihn egalisieren oder sogar übertreffen, er geht auf jeden Fall in die Geschichte ein."