Das war's schon mit der kürzesten Winterpause aller Zeiten: Zum Rückrundenstart der deutschen Bundesliga empfängt Bayer Leverkusen den FC Bayern (ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker).
Nach einer turbulenten Hinserie mit unerwarteten Trainerwechseln und einigen Überraschungsteams darf man eine spannende und interessante zweite Hälfte erwarten.
Wie schlägt sich Peter Stöger in Dortmund? Was wird von den Neuzugängen erwartet? Können die ÖFB-Kicker weiter ihre Topform abrufen? Und vor allem: Wer kann den Bayern noch gefährlich werden?
LAOLA1 beantwortet die wichtigsten Fragen zum Rückrundenstart:
WAS SIND STÖGERS BAUSTELLEN?
Es bedarf tatsächlich keines Fußballlehrerscheins, um zu sehen, an welchen oft zitierten "Stellschrauben" Peter Stöger zu Amtsantritt drehen musste - zu offensichtlich war Dortmunds defensive Anfälligkeit. So war es keine Überraschung, dass das Team in den ersten beiden Partien unter Stöger deutlich tiefer verteidigte als noch unter Peter Bosz, der auf frühen Ballgewinn setzte. Sicher auch, um der verunsicherten Truppe die nötige Portion Sicherheit zu verabreichen.
Dass Stöger ein Defensivspezialist ist, war in vier Jahren beim 1. FC Köln nicht zu übersehen. Vielleicht der Hauptgrund für die Verpflichtung, denn die Dortmunder liefen zum Ende der "Bosz-Ära" wegen ihrer offensiven Ausrichtung ein ums andere Mal ins offene Messer. Stöger wird nach dem defensiven "Erste-Hilfe-Kurs" nun die Wintervorbereitung nutzen, um offensiv sein Konzept zu implementieren. Dabei kommt es auch darauf an, ein System zu finden, mit dem sich die Spieler identifizieren können.
Neben der sportlichen Herausforderung ist zudem der Pädagoge Stöger gefragt. Mit Pierre-Emerick Aubameyang, der mit dem ein oder anderen Allürchen und lauten Wechselgedanken für "Störfeuer" sorgt, muss ein "Riesenbrand", um es mit den Worten von Kapitän Marcel Schmelzer zu formulieren, erst einmal verhindert werden. Im Trainingslager durfte Stöger schon in gewohnt lässiger Manier den Mini-Streit zwischen dem Top-Stürmer und Schmelzer entschärfen. Als besondere Maßnahme hat der Wiener den Soziologen Werner Zöchling mit ins Trainingslager gebracht, um "den Gruppengedanken und den Teamgeist anzusprechen".
Und wer es schafft, in einem traditionell chaotischen Umfeld wie Köln Ruhe einkehren zu lassen, sollte das auch in Dortmund schaffen – sportlicher Erfolg vorausgesetzt.
Womit wir beim Zauberwort wären: Sollten Team und Trainer das erträgliche Startprogramm in der Liga (Wolfsburg, Hertha, Freiburg, Köln, Hamburg), zudem mit Atalanta Bergamo eine machbare Aufgabe in der Europa League, erfolgreich überstehen, fällt der Ballast der letzten Wochen ab und in Dortmund kann und wird sich zufrieden auf die Schulter geklopft werden.
WAS BRINGEN DIE RÜCKKEHRER?
Die Winter-Transferperiode in der Bundesliga zeichnet sich bislang nicht wie andernorts durch inflationäre Ablösesummen aus – doch etwas anderes fällt auf.
Sandro Wagner, Mario Gomez, Simon Terodde, Anthony Ujah. Alle Stürmer. Alle Rückkehrer. Doch die Gründe dafür sind bei Spielern wie Vereinen durchaus unterschiedlich.
Für Sandro Wagner, mit 13 Millionen Euro bis dato teuerster Wintertransfer der Bundesliga, schließt sich ein Kreis, der zwischenzeitlich extrem weit geöffnet war. Seit der gebürtige Münchner seine Heimat verließ, suchte er lange Zeit nach Vertrauen. Duisburg, Kaiserslautern, Bremen, Berlin. Nirgendwo ist Wagner wirklich angekommen, bis er bei Aufsteiger Darmstadt 98 endlich die Chance bekam, sein Potenzial zu entfalten. Nach nur einer Saison zog es den Rastlosen weiter, diesmal jedoch freiwillig. Bei der TSG Hoffenheim mauserte er sich zum Nationalspieler und nach knapp zehn Jahren passt nun alles zusammen – Wagner und Bayern sind wieder vereint.
Die Münchner brauchen ihn als Lewandowski-Back-Up für die entscheidende Phase der Saison. Der polnische Star-Knipser beklagte sich zuletzt, auf der Stürmer-Position komplett ohne Ersatz oder Konkurrenz zu sein. Wagner selbst will weiterhin ein Thema für Jogi Löws WM-Kader bleiben, konkurriert dabei aber mit einem anderen Heimkehrer.
Auch Mario Gomez findet nach knapp zehn Jahren den Weg zurück zu seiner Ausbildungsstätte. Vor elf Jahren feierte er hier die Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart und steht für eine Ära, die hier schon lange nicht mehr der Realität entspricht. Doch er will seinen Wechsel nicht symbolisch verstanden wissen. "Ich bin noch nicht fertig. Ich will noch ein bisschen. Ich kann auch noch ein bisschen." Das bisschen kann der VfB nur zu gut gebrauchen, denn auch sie haben Gomez nicht aus reiner Nostalgie zurückgeholt. Nur 13 Tore konnten die Schwaben in der Hinrunde verbuchen, die Verpflichtung eines Stürmers hatte oberste Priorität.
Denn Stuttgarts bester Angreifer der Vorsaison, Terodde, konnte mit lediglich zwei Treffern nicht gerade überzeugen und wechselte zum Gomez-Tarif (3 Millionen Euro) nach Köln, wo er 2010 sein erstes Bundesliga-Spiel bestritt. Die Kölner hätten sicher nichts dagegen, wenn der 29-Jährige sie zum Klassenerhalt schießt, der Transfer ist aber sicher perspektivischer Natur. Sportchef Armin Veh plant bereits für die zweite Liga und in dieser erzielte Terodde in den vergangenen drei Jahren für Bochum und Stuttgart beachtliche 66 Tore.
Mit Ujah kommt auch ein alter Bekannter zurück zu Mainz 05. Der Klub, der ihn einst nach Deutschland holte, aber nicht zum Zug kommen ließ, holt den 27-Jährigen für 3,8 Millionen Euro aus China zurück in die Bundeliga. "Es war eine schwere Zeit", erinnert sich der Nigerianer an seine erste Amtszeit in Mainz, doch heute sei er "der bessere Ujah". Auch den Mainzern mangelt es an einem Torjäger im Abstiegskampf.
SCHAFFT KÖLN DIE WENDE?
Würde der Fußball einen nicht gelegentlich belehren, dass eben doch alles möglich ist, wäre die klare Antwort: Nein. Mit dem Sieg am letzten Spieltag konnte man die Punkteausbeute zwar verdoppeln, doch der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt noch immer neun Punkte. Neun Punkte sind den Kölnern angesichts der vielen erfahrenen Rekonvaleszenten in der Rückrunde schon zuzutrauen - wären da nicht die anderen Mannschaften. Denn in dieser Saison, so abgedroschen es klingt, kann jeder jeden schlagen und demnach seine Punkte einheimsen.
Geht man vom HSV der Saison 2013/14 aus, der mit mageren 27 Punkten noch in die Relegation durfte, fehlen dem FC noch 21 Zähler. Sieben Siege. Zieht man die Spiele gegen die Top-5-Teams ab, bleiben noch zwölf Duelle um die erforderlichen Zähler rauszuholen, während die Mitkonkurrenten noch schlechter spielen müssen als in der Hinrunde. Es ist nicht unmöglich, doch es bedarf einer historischen Kehrtwende.
Mindestens Klub-Ikone Lukas Podolski glaubt noch daran und appelliert "an die Fans und die Stadt, dass sie die Mannschaft unterstützen, solange es möglich ist."
KÖNNEN SABITZER UND GREGORITSCH IHREN HÖHENFLUG FORTSETZEN?
Vergangene Saison beim HSV noch ohne Platz im Team, blüht Michael Gregoritsch in Augsburg plötzlich auf. Er ist der torgefährlichste Mittelfeldspieler (8 Tore) und wird in der "kicker"-Rangliste nur von Landsmann Marcel Sabitzer getoppt. Österreichs Fußballer des Jahres wird vom Fachmagazin als einziger offensiver Mittelfeldspieler mit dem Prädikat "internationale Klasse" ausgezeichnet.
Diese bewies der Steirer in der Champions League, wo er in fünf Einsätzen drei Tore vorlegte. Seit er verletzt ist, konnte Leipzig nur eines von sieben Pflichtspielen gewinnen, was seine enorme Bedeutung für das Team verdeutlicht. Doch beim ambitionierten Retortenklub sind die Ansprüche hoch. Platz fünf wird den Bossen am Ende nicht genügen, insbesondere wenn man in der Europa League gegen den italienischen Tabellenführer aus Neapel ausscheiden sollte und "nur" die Bundesliga übrig bliebe. Sabitzer wird als Motor der Mannschaft in der Pflicht stehen. Wenn ihn der Druck nicht überwältigt, könnte sich der 23-Jährige als zentraler Baustein des RB-Spiels noch weiter ins Rampenlicht spielen.
Gregoritschs Augsburg ist als Neunter ohne Frage die Überraschungsmannschaft der Liga. Dazu hat der ÖFB-Star mit seinem Sturm-Partner Alfred Finnbogason (11 Tore) maßgeblich beigetragen. Sein isländischer Partner fehlt dem ÖFB-Teamspieler zum Frühjahrsauftakt aber wegen Achillessehnenproblemen. Für das Team von Coach Manuel Baum, das viele vor der Saison als Abstiegskandidat auf dem Zettel hatten, wäre es ein Meisterstück, diese Leistung zu konservieren. Zwar werden sich die Gegner jetzt besser auf den gefährlichen Underdog einstellen, doch sollte das österreichisch-isländische Duo bald wieder gemeinsam voll fit auf Torjagd gehen können, spricht nicht allzu viel gegen eine solide Rückrunde. Gregoritsch genießt dabei das volle Vertrauen seines Coaches und kann am ersten Spieltag nach der Pause gegen seinen Ex-Klub beweisen, dass es ein Fehler war ihn abzugeben.
WAS WIRD AUS BAUMGARTLINGER UND JUNUZOVIC?
ÖFB-Kapitän Julian Baumgartlinger muss in der Rückrunde wieder um seinen Platz kämpfen. Nur fünf Mal stand der Salzburger in dieser Saison im Startaufgebot von Bayer Leverkusen. Mit Charles Aranguiz, Dominik Kohr, Kai Havertz und vor allem Bayer-Kapitän Lars Bender, mit dem er auf gemeinsame Zeiten bei 1860 München zurückblicken kann, ist die Konkurrenz auf seiner Position allerdings auch gewaltig. "Raunzen hilft nie", sieht es Baumgartlinger pragmatisch. Er hat die Qualität und wird versuchen, sich ins Team zu beißen, doch es ist fraglich wie viel Bewährungschancen er ohne Doppelbelastung mit dem Europacup erhält.
Zwar hat Werder-Kapitän Zlatko Junuzovic ein gänzlich anderes Standing im Verein, dennoch muss auch er sich beweisen. In der Hinrunde wurde der ehemalige ÖFB-Teamspieler immer wieder von Verletzungen ausgebremst und kam nur auf sieben Starelf-Einsätze. Sein Klub hält sich hinsichtlich einer Verlängerung des zum Ende der Saison auslaufenden Vertrags offenbar noch zurück und will abwarten, ob der 30-Jährige wieder zu alter Form zurückfindet. Er selbst schließt einen Verbleib in Bremen nicht aus, dafür müsste er sich jedoch wohl mit einer Gehaltskürzung abfinden. Bleibt Junuzovic fit, wird er als Führungsspieler zu einem Faktor im Abstiegskampf werden.
WER KANN DEN BAYERN GEFÄHRLICH WERDEN?
Niemand. Die Spannung fällt der bayrischen Dominanz zum Opfer. Das große Verfolgerfeld klaut sich gegenseitig Punkte, während der Rekordmeister oben seine Kreise zieht. Um die Vizemeisterschaft könnte es zum Revierduell kommen, doch im Kampf um die internationalen Plätze gibt es mehr Bewerber denn je - Ausgang ungewiss.