Der FC Bayern München erlebt bittere Stunden.
Die überraschende Pleite in der 2. Runde des DFB-Pokals gegen Holstein Kiel ist eine der größten Blamagen in den vergangenen Jahren und die erste Pokal-Niederlage gegen ein unterklassiges Team seit 17 Jahren. Im Elfmeterschießen musste sich der Triplesieger mit 5:6 geschlagen geben, nach 120 Minuten stand es 2:2.
"Das ist sicherlich gerade nicht die beste Phase des FC Bayern", war Thomas Müller geknickt. Das Bayern-Urgestein hatte schon viel erlebt. Beim Interview in der ARD merkte man dem Bayern-Urgestein an, dass die Nerven blank liegen, denn der 31-Jährige pfauchte die Reporterin an. Auslöser ist die Frage nach der Stimmung in der Kabine, bei der Valeska Homburg leicht schmunzelt.
"Was denken Sie? Sie lachen jetzt hier!", kann es Müller nicht fassen. "Ich lache nicht. Ich nehme das sehr...", versucht sich Homburg aus der Affäre zu ziehen, doch Müller legt nach: "Natürlich haben sie gelacht!"
wie war die Stimmung? pic.twitter.com/MMM04GFhIt
— Cem (@Cem46_) January 13, 2021
Flick: "Natürlich ist das ein Schock"
Die Bayern-Riege war nach dem Pokal-Aus gezeichnet, die Niederlage erschien unverständlich. Erklären konnte sich auch Müller die Niederlage nicht, obwohl er sich nach seinem Ausraster wieder beruhigte. "Nein, da gab es noch gar nichts. Die Stimmung ist dementsprechend. Wir sind natüröich bedient, das können Sie sich natürlich vorstellen, dass die Stimmung nicht gut ist."
Trainer Hansi Flick war ebenfalls sprachlos, der Zweitligist hatte dem großen FC Bayern die Schneid abgekauft. "Natürlich ist das ein Schock. Wir sind enorm enttäuscht. Beim 1:1 ist es natürlich das gleiche Muster wieder gewesen. Wir müssen in solchen Situationen das Zentrum dicht machen. Das haben wir nicht gemacht. Die Mannschaft hat eine tolle Moral bewiesen. Sie hat das Spiel bestimmt. Umso ärgerlicher natürlich, dass wir in der letzten Sekunde das 2:2 hinnehmen mussten. Da war auch die Box-Besetzung nicht optimal", waren wieder einmal die defensiven Schwächen, die sich schon durch die vergangenen Wochen zogen, das Hauptthema der Kritik.
"Deswegen muss man auch Glückwunsch sagen an Kiel. Sie haben gefightet. Es war ein Pokalfight, der für uns letztendlich das Aus bedeutet. Wir müssen das jetzt abhaken und die Dinger besser machen. Wir haben viel zu tun."
Laut Müller war der Spielverlauf nicht auf der Seite des Favoriten. Vorne machte man die Chancen nicht rein, hinten agierte man zuletzt vogelwild und handelte sich damit immer wieder vermeidbare Tore ein.
Defensive wieder in der Kritik
Deshalb rückte zuletzt auch ÖFB-Teamspieler David Alaba in die Kritik, der im Elfmeterschießen seinen Versuch verwandelte. Diesmal stand jedoch die gesamte Defensive nicht gut da.
"Diese Dinge müssen wir jetzt einfach trainieren. Wir müssen schauen, dass wir eine bessere defensive Kompaktheit haben und mehr Druck auf den Ball bekommen. Wir müssen beim großen Ganzen anfangen, gerade die letzte Reihe absichern. Wir müssen es jetzt gut analysieren und aufarbeiten", gibt Flick die Marschroute vor.
Dieses Ergebnis zu verkraften, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Möglicherweise ist es jedoch der richtige Schuss vor den Bug, da Ausrutscher in der deutschen Bundesliga zuletzt von der Unkonstanz der Konkurrenz kaschiert wurden.
"Ich hätte das jetzt auch nicht unbedingt gebraucht. Letztendlich müssen wir mit dem Ergebnis so leben wie es jetzt ist. Wir müssen einfach schauen, dass wir jetzt in die Spur kommen. Es gibt keine Ausrede, dass wir zuletzt so viele Spiele hatten. Das ist ganz egal. Wir haben heute gezeigt, dass wir schon in der Lage sind, über 120 Minuten Tempo zu machen. Wir müssen gucken, dass wir wieder mehr Zug auf das gegnerische Tor bekommen und besser verteidigen", so Flick.
Kiel im siebenten Pokal-Himmel
Holstein Kiel konnte es nach dem Spiel nicht fassen, der Außenseiter hatte tatsächlich den großen FC Bayern ausgeschaltet. Matchwinner war Fin Bartels mit seinem späten Ausgleich und dem alles entscheidenden Elfmeter.
"Ich war eigentlich froh, dass die Bayern verschossen hatten, so hatte ich eher diesen positiven Druck, das Ding entscheiden zu können und dann war es ein bisschen einfacher. Wir haben mit so einer Überzeugung – ist natürlich immer Glück im Elfmeterschießen – die Dinger reingemacht. Was natürlich ein bisschen fehlt, sind die Fans. Das wäre natürlich noch ein schönerer Abend gewesen. Aber ein unvergesslicher Abend."
Torhüter Ioannis Gelios war bei "Sky" losgelöst: "Diesen Abend wird keiner hier in Kiel, kein Spieler, kein Fan, kein Mensch, jemals vergessen." Dass man gegen die Bayern Räume kriegen würde, war auch Bartels klar. Dass man die Ballbesitzphasen so nützen konnte, kam dann jedoch schon überraschend.
Kiel-Spieler Hauke Wahl meinte sogar: "In der zweiten Liga ist es fast schwerer, ohne den Bayern nahetreten zu wollen. Da stellen sich die Mannschaften mittlerweile sehr tief. Wir wurden gepresst, das spielt uns schon ein bisschen in die Karten. Wir haben auf viele Pressing-Situationen von Bayern eine Lösung gehabt. Das haben wir uns vorher herausgearbeitet und das hat auch gut geklappt. Wir sind eine geile Band!"