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Kein Unterschied zur deutschen Trainerausbildung

Langjähriger DFB-Chefausbilder sieht keinen Unterschied zwischen Trainerausbildungen.

Kein Unterschied zur deutschen Trainerausbildung

Wenn es um das Fußballgeschäft geht, kann man Erich Rutemöller nicht viel vormachen. Der Deutsche trainierte u.a. den 1. FC Köln und Hansa Rostock sowie mehrere Nachwuchsauswahlen, war Scout und Berater im Iran und Afghanistan sowie Chef der Fußball-Lehrer-Ausbildung beim DFB.

"Die Tätigkeit beim DFB kam mir sehr entgegen, für das Haifischbecken Bundesliga hatte ich hingegen vielleicht nicht die nötige Robustheit", meint der 70-Jährige auf die Frage, welcher Job ihm am liebsten war. Heute fungiert er als Berater des DFB und arbeitet vor allem in Diensten der FIFA und UEFA als Instruktur bei Kursen im Ausland.

LAOLA1: Herr Rutemöller, Sie waren lange Zeit Chefausbilder beim DFB, auch beim 50. Trainerlehrgang, an dem u.a. Ralph Hasenhüttl teilgenommen hat. Was sind Ihre ersten Gedanken, wenn Sie seinen Namen hören?

Erich Rutemöller: Ich habe Ralph damals beim 1. FC Köln noch auflaufen gesehen, daher ist er mir zu allererst als Effzeh-Spieler im Kopf. Beim Lehrgang gehen natürlich sehr viele Trainer durch die Ausbildung, da ist es wirklich schwer etwas Detailliertes zu sagen. Aber ich kann mich erinnern, dass er ein sehr angenehmer Kollege war – ich sage immer Kollege, weil das ja keine Studenten mehr sind, sondern meist schon Trainer, die nebenbei den Kurs absolvieren. Voraussetzung für Wissen ist meiner Meinung nach Neugier und ich erwarte, dass die Kollegen da nicht nur die Stunden absitzen sondern Fragen stellen und lernen wollen. Das tat Ralph absolut, er machte einen sehr interessierten Eindruck.

LAOLA1: Wie sehen Sie seine bisherige Trainer-Karriere?

Rutemöller:
Ich verfolge die Trainer, die ich im Kurs hatte, schon immer sehr genau. Ich war bei einem Kurzaufenthalt auch einmal in Ingolstadt und habe dort die Euphorie mitbekommen. Es hat mich riesig gefreut, dass er mit dieser Mannschaft hochgegangen ist. Ich bin stolz, wenn die Jungs so einen Weg gehen und man sie ein paar Monate begleiten durfte. Sich in der Bundesliga zu halten, wäre erst einmal das Größte, das haben etwa Paderborn und Braunschweig in den letzten Jahren nicht geschafft.

LAOLA1:
Ralph hat mit echten Trainer-Typen des deutschen Fußballs zusammengearbeitet, etwa mit Werner Lorant und Hermann Gerland. Kann man vielleicht Einflüsse dieser Trainer bei ihm erkennen?

Rutemöller:
Das ist schwierig, aber ich bin mir sicher, dass ihm das hilft. Von seiner Art her hat er sicher sehr viel aufgenommen, das er jetzt umsetzen kann, ohne es dabei zu kopieren. Vor allem von Hermann Gerland, der eine ganz besondere Art hat, gerade auch im Umgang mit jungen Spielern. Es ist ja nicht nur die tägliche Trainingsarbeit sondern auch die Menschenführung. Wie man mit Spielern umgeht, die nicht spielen, wie man sie bei Laune hält. Wie man vielleicht Probleme zwischen jungen oder älteren Spielern löst.

LAOLA1: Spieler, die unter Ralph Hasenhüttl trainiert haben, meinen, er sei ein Typ, für den man gerne etwas tut. Wie wichtig schätzen sie die Komponente Menschenführung im Trainerberuf ein?

Rutemöller: Ein Training durchzuführen, Spielformen abzuhalten, das ist mit ein bisschen Planung kein Problem. Aber die Spieler zu führen, zu korrigieren und die Mannschaft zusammenzuhalten, auch im Trainingslager oder zwischen den Spielen und Trainings, all diese Dinge sind entscheidend. Wenn ich Interviews von Ralph nach dem Spiel höre, erscheint er mir trotz der Emotion sehr souverän. Er weiß, wann er seine Spieler in Schutz nehmen muss und wann vielleicht Kritik angebracht ist. Er ist auch nie unruhig geworden, als es einmal Schwächephasen gegeben hat. Das ist ein weiterer Punkt: Wie ein Trainer Krisen verarbeitet. Denn die kommen immer, genauso wie Konflikte. Bei so vielen verschiedenen Charakteren in einer Mannschaft ist das so.

LAOLA1: Viele bekannte Namen durchlaufen die Trainerausbildung, mit Hasenhüttl saßen zum Beispiel auch Andreas Möller und Heiko Herrlich im Kurs. In den letzten Jahren gelang es aber wenigen ehemaligen Klasse-Kickern, sich im Trainergeschäft zu etablieren. Für Furore sorgten eher die Klopps, Weinzierls, etc., die in der aktiven Karriere in der zweiten Reihe standen. Können Sie sich das erklären?

Rutemöller: Ein Ansatz könnte sein, dass diejenigen, die als Aktive nicht auf höchstem Level spielten, vielleicht mehr Ehrgeiz entwickeln und verbissener sind, sich im Trainerberuf durchzusetzen, während die anderen schon als Spieler alles erreicht haben. Es ist in den Kursen immer interessant zu beobachten, wie sich die einzelnen Gruppen annähern. Da sind die richtig guten Ex-Profis und die, die im mittleren Bereich und „nur“ im Amateurbereich gespielt haben, die oft mehr von der akademischen Seite kommen. Die Gruppen nähern sich an und beschnuppern sich, können voneinander profitieren. Thomas Tuchel war zum Beispiel sehr unauffällig und zurückhaltend im Kurs, aber man merkte im Gespräch mit ihm, dass er unbedingt wollte und er ist seinen Weg gegangen. Es ist wohltuend zu sehen, dass man nicht unbedingt ein großer Spieler gewesen sein muss, um als Trainer ganz nach oben zu kommen. Siehe Jose Mourinho.

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LAOLA1: Zuletzt wurden oft Trainer aus den eigenen Reihen rekrutiert, aus der zweiten Mannschaft oder dem Nachwuchs hochgezogen. Ist man heute mutiger oder gibt es vielleicht so etwas wie eine goldene Generation?

Rutemöller: Wenn das bei ein zwei Vereinen funktioniert, dann tritt sicher ein wenig der Nachahmungseffekt ein. Zum Thema goldene Trainergeneration muss ich auch meinem Nachfolger Frank Wormuth ein Kompliment machen. Wir haben eine exzellente Trainerausbildung und das ist die Basis für den Erfolg. Dass man vielen jungen Trainern eine Chance gibt, ist aber auch logisch. Die Zeit von Sprüchen wie „ihr müsst Gras fressen“ usw. – das gibt es nicht mehr. Die Spieler sind heute viel aufmerksamer, die wollen wissen, was sie tun, warum sie etwas tun. Die sind nicht zufrieden damit, dass man auf den Platz geht und der Trainer sagt: "Jetzt machen wir das und das." Die wollen Erklärungen und auch in diese Richtung geführt werden. Vielleicht sind sie auch kritischer geworden. Früher wurde ohne Hinterfragen das gemacht, was der Trainer vorgegeben hat. Es hat sich so viel geändert im Trainerbild und den Anforderungen, die Jungs sind heute anders gefordert als früher. Zudem haben wir auch sehr gute ausländische Trainer, die die Liga bereichern.

LAOLA1: Als Trainer ist Hasenhüttl ja eigentlich mehr Deutscher als Österreicher, er hat seine letzten Jahre in Deutschland gespielt, die Ausbildung beim DFB gemacht und sich nach oben gearbeitet. Mit Peter Stöger haben wir einen zweiten Österreicher in der Bundesliga, der einen ganz anderen Weg gegangen ist. Wie sehen Sie die beiden Ausbildungen in Deutschland und Österreich im Vergleich?

Rutemöller: Ich war unlängst in Lindabrunn und habe da ein Modul bei Thomas Janeschitz und seinen Kollegen mitgemacht. Ich habe das für die UEFA evaluiert und das war klasse, da wird auch richtig gut gearbeitet. Peter Stöger ist ein Paradebeispiel für einen Trainer, der in Österreich gut gearbeitet hat und er hat auf die Champions League mit der Austria verzichtet, um in die 2. Bundesliga zu gehen, weil er unbedingt diesen Weg machen wollte. Der macht hier in Köln einen sehr, sehr guten Job, kommt super an, auch bei den Medien. Das ist in Köln wirklich nicht einfach, das habe ich am eigenen Leib verspürt. Es ist schön zu sehen, wie die Ausbildung durch die UEFA-Lizenzen über die Ländergrenzen hinweg funktioniert.

LAOLA1: Es gibt also keine großen Unterschiede zwischen der Qualität der Ausbildung in Österreich und Deutschland?

Rutemöller: Nein. Das kann ich beurteilen, weil ich mich austausche und es selbst mit eigenen Augen gesehen habe. Ich kenne Willi Ruttensteiner sehr gut und auch einige andere Trainer, die dort mitarbeiten und verantwortlich sind. Der österreichische Fußball hat, vor allem auch im Junioren-Bereich, einen großen Aufschwung genommen, die Nationalmannschaft spielt im Moment gut - die Trainerausbildung ist da eine von mehreren wichtigen Säulen und ich glaube, dass da die Österreicher genauso wie wir in Deutschland sehr gut arbeiten.

(Das Duell der österreichischen Trainer! Ingolstadt-Köln ab 20 Uhr im LAOLA1-Live-Ticker)


Christoph Kristandl

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