Und täglich grüßt das Murmeltier, dachte sich Thomas Tuchel wohl.
Nach einer durchaus gelungenen Vorbereitung mit Siegen über Liverpool und Monaco sowie einer guten Leistung gegen Manchester City wollte der FC Bayern München mit viel Elan und Selbstbewusstsein in die neue Saison starten.
Doch nach dem ersten Pflichtspiel ist die erste Titelchance schon dahin, im DFL-Supercup unterliegt man RB Leipzig mit 0:3 (Spielbericht >>>). Zwar wurden immer wieder gute Torchancen herausgespielt, doch ein ums andere Mal wurden auch jene defensiven Schwächen offenbart, die die Bayern schon in der Vorsaison schwer plagten.
Für Tuchel ist das nach dem Spiel im "Sky"-Interview unerklärlich: "Ich weiß nicht, warum nicht mehr ging. Die Diskrepanz zwischen der Verfassung, der Form, der Stimmung, mit der wir anreisen und mit dem, was wir auf den Platz bringen, ist riesengroß. Ich habe keinen Grund dafür."
Erinnerungen an die Vorsaison werden wach
Nach der ersten Halbzeit lagen die Münchner mit 0:2 zurück, bei beiden Treffern von Dani Olmo (3., 44.) machte die Abwehr nicht den besten Eindruck. Vorne ließ die Offensivabteilung um Youngster Mathys Tel, Serge Gnabry und Leroy Sane mehrere Tormöglichkeiten teils kläglich liegen.
Der Bayern-Coach fühlt sich an die letzte Spielzeit erinnert. "In der ersten Halbzeit die Chancen, die wir uns herausspielen und nicht machen, und dann geben wir die einfachsten Tore weg. Dann ist es einfach eine komplette Fortsetzung vom 33. Spieltag (1:3 gegen Leipzig, Anm.), von den Spieltagen zuvor."
Als hätte man in der Saisonvorbereitung "nichts gemacht, muss man so sagen. Sieg gegen Liverpool, Monaco - mit welcher Bereitschaft, Spielfreude, Verfassung und Form wir da gespielt haben, das hat nichts mit dem zu tun, was wir heute gezeigt haben", ist Tuchel sauer.
Warum ihm kein Mensch mehr glaubt
Dabei hatte der Cheftrainer die Vorbereitung im Vorfeld sogar noch gelobt, jetzt glaube ihm das kein Mensch mehr.
"Wir können die Freundschaftsspiele heranziehen, das hat nichts miteinander zu tun. Das ist erschreckend. Ich erkenne nichts mehr von dem wieder, was wir inhaltlich machen wollten. Von dem, wie wir zuletzt gespielt und trainiert haben, davon war nichts wiederzuerkennen. Die Art und Weise und das Ergebnis ist erschreckend", so Tuchel.
Ob er sowas schon mit anderen Mannschaften erlebt habe? "So dauerhaft hatte ich es noch mit keiner Mannschaft, und in der Diskrepanz, dass man gar kein Gefühl mehr hat - also das ist schon neu", wird Tuchel deutlich.
"Das war letzte Saison so, dass wir gerätselt haben und in manchen Phasen nicht wussten, was kommt. Und offensichtlich haben wir uns heute wieder auf diese Frequenz eingestellt. Ich kenne keinen objektiven Grund dafür, das ist mental vielleicht", ortet er womöglich ein psychisches Problem.
Der Ansatzpunkt fehlt
Eine Lösung habe er dafür im Moment aber nicht. "Ich bin konsterniert und enttäuscht", wirkt Tuchel ratlos.
Er führt aus: "Schwierig ist, dass ich keinen Ansatzpunkt habe. Wir können nochmal eine Analyse machen, hunderte Fehlerbilder finden - aber ist es das dann? Wir spielen seit vier Wochen in der gleichen Grundordnung, mit fast demselben Personal. Sobald wir etwas zu verlieren haben, ist das nicht die gleiche Truppe."
Einen anderen Ansatz als den mentalen kenne er aktuell nicht. "Ich kann so eine Diskrepanz nicht erklären", ist Tuchel maßlos enttäuscht. Besonders Neuzugang Harry Kane, der in der 63. Spielminute sein Debüt gab, tue ihm leid. Tuchel meint bei "SAT.1": "Der denkt wahrscheinlich, wir haben vier Wochen nichts gemacht."
Viel Zeit bleibt Tuchel nicht, seine Mannschaft wieder aufzubauen. Schon am Freitag steht nämlich in Bremen der Bundesliga-Saisonauftakt (20:30 Uhr) an.