Daniel Bachmann hat wieder Freude am Fußball.
Der Frust der Abstiegs-Saison des FC Watford aus der Premier League ist nach einem Umbruch im Kader ad acta gelegt.
"Letzte Saison war es wirklich miserabel, ins Trainingszentrum zu kommen. Wir hatten keine guten Arbeitsbedingungen, weil die Atmosphäre in der Mannschaft ganz schlecht war", erzählt der 28-Jährige im LAOLA1-Interview.
Inzwischen wieder die Nummer eins bei seinem langjährigen Arbeitgeber, strahlt der 28-Jährige: "Ich bin in der Form meines Lebens."
Dabei hat gar nicht so viel gefehlt und Bachmann hätte diese Form möglicherweise gar nicht auf dem Feld ausspielen können, dafür jedoch einen der größten Klubs der Welt im Lebenslauf stehen gehabt.
Inzwischen kann er ganz gut damit leben, dass sich der Transfer zu Manchester United zerschlagen hat.
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"Ich bin im Moment in der Form meines Lebens. Ich habe noch nie so gut gespielt wie in unseren ersten acht Spielen."
LAOLA1: Der Tod von Queen Elizabeth II hat die ganze Welt bewegt. Wie emotional war es vor Ort in England?
Daniel Bachmann: Es war ein unglaublicher Tag in der Geschichte. Sie war 70 Jahre lang Königin. Im Moment ist es sehr emotional, das ganze Land leidet mit. Ein Großteil der Population kannte nur sie als Queen. Sie war auf der ganzen Welt ein Superstar, wahrscheinlich sogar die bekannteste Person weltweit. Entsprechend groß ist die Trauer.
LAOLA1: Auch der Sport trauert mit. Am Wochenende wurden alle Spiele abgesagt.
Bachmann: Das ist natürlich zu respektieren. Meine persönliche Meinung ist, dass es kein besseres Tribut geben hätte können, als die Stadien zu füllen, die Hymne zu spielen und sie zu feiern. Ich glaube, das sehen viele Fans und Spieler auch so. Meiner Meinung nach sollte es eine riesige Feier ihres Lebens sein.
LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit eurem Saison-Start?
Bachmann: In den ersten drei Matches ging es gleich gegen direkte Aufstiegs-Konkurrenten. Wir haben sieben Punkte geholt, das ist natürlich überragend. Man muss allerdings dazu sagen, dass wir nicht gut gespielt und der Großteil der Punkte sicher auf meine Kappe geht. Ich bin im Moment in der Form meines Lebens. Ich habe noch nie so gut gespielt wie in unseren ersten acht Spielen. Unser Kader wurde neu zusammengestellt, wir werden von Spiel zu Spiel besser. Wenn einmal alles klickt, denke ich, dass wir relativ schwer zu stoppen sein werden.
LAOLA1: Die logische Mission ist also der Wiederaufstieg.
Bachmann: Wenn wir als Zweiter aufsteigen, sind wir im Endeffekt auch happy, aber das klare Ziel des Vereins ist der Titelgewinn.
LAOLA1: Wie sehr steckt es noch in den Knochen, dass es letzte Saison in der Premier League überhaupt nicht nach Wunsch geklappt hat?
Bachmann: Mental war es natürlich schwierig, aber wir hatten danach Sommerpause und eine relativ lange Vorbereitung mit einem komplett neuen Trainer-Team und einer stark veränderten Mannschaft, was auch wichtig war. Denn letzte Saison haben einfach einige Dinge nicht gepasst – egal ob von Trainer-Seite her oder auch im Kader. Darum fühlt es sich jetzt wie ein Neustart an.
LAOLA1: Was zeichnet den neuen Schwung im Verein beziehungsweise durch den neuen Coach aus?
Bachmann: Die Bestellung eines neuen Trainers war extrem wichtig. Rob Edwards war eine sehr gute Entscheidung des Vereins. Er ist mit 39 noch jung, enthusiastisch, hat ein gutes Verhältnis zu den Spielern – da hilft es natürlich, dass er selbst noch in einem Alter ist, in dem seine Karriere nicht so lange her ist. Er hilft uns, diesen Enthusiasmus und die Freude am Fußball zurückzubekommen. Denn letzte Saison war es wirklich miserabel, ins Trainingszentrum zu kommen. Wir hatten wirklich keine guten Arbeitsbedingungen, weil die Atmosphäre in der Mannschaft ganz schlecht war.
LAOLA1: Wie sehr hast du darunter gelitten, dass du nicht so oft wie erhofft gespielt hast?
Bachmann: Für mich persönlich war es natürlich keine leichte Saison. Aber ich hatte in meiner Karriere schon einige Rückschläge. Ich war noch nie einer, der den Kopf in den Sand steckt. Klar, oft passieren Dinge, die man nicht versteht. Und letztes Jahr war das so. Die Trainer, die gekommen sind, haben mir nicht geholfen.
LAOLA1: Also Claudio Ranieri und vor allem Roy Hodgson.
Bachmann: Es war ja nicht so, dass ich nicht gut gespielt hätte. Ich habe großteils meine Leistung gebracht. Ich kann mich vielleicht an ein, zwei Tore erinnern, bei denen man sagen könnte, die gehören dem Tormann. Aber wir haben ja generell fast jedes Spiel verloren. Der Erste, den man wechselt, ist dann nun mal der Tormann. Und wenn sie dann eine Nummer zwei wie Ben Foster haben, kommt das vielleicht auch mal ein Spiel früher. Mental war das natürlich schwierig. Aber ich bin einer, der im Training weiter Gas gibt und immer an sich glaubt. Ich weiß, wie gut ich bin und habe das schon oft genug bewiesen. Dass ich im letzten Saison-Spiel auswärts beim FC Chelsea eine Top-Leistung gebracht habe, war für mich ein bisschen Genugtuung. Dieses Gefühl habe ich Gott sei Dank in die neue Saison mitgenommen.
LAOLA1: War es am Ende deine Entscheidung zu bleiben, oder jene des Vereins? Verhandlungen gab es ja bekanntlich.
Bachmann: Es hat Gespräche mit Manchester United gegeben. Das ist kein Geheimnis. Es ist natürlich geil, mit so einem Verein in Verbindung gebracht zu werden. Es war auch eine ernste Geschichte. Es gab Verhandlungen zwischen den Vereinen und natürlich auch zwischen mir und den Vereinen. Im Endeffekt bin ich jedoch weiter Watford-Spieler und sehr happy darüber. Denn hier spiele ich regelmäßig, bringe meine Leistungen und kann hoffentlich auch im Nationalteam wieder eine Rolle spielen.
"Ich wäre nicht zu Manchester United gegangen, um nur auf der Bank zu sitzen. Ich wäre jeden Tag zum Training gekommen und hätte den Trainer überzeugen wollen, dass er mich spielen lässt."
LAOLA1: Einen großen Verein wie Manchester United hat man natürlich gerne im Lebenslauf stehen. Andererseits hat man dort entsprechenden Konkurrenzkampf, bei Watford bist du die Nummer eins. Hat das Thema Spielpraxis eine Rolle gespielt?
Bachmann: Wenn ich zu ManUnited gegangen wäre, wäre das natürlich auf der Nummer-zwei-Position gewesen. Das ist ganz klar, denn mit David de Gea haben sie einen Top-Torhüter, der über die letzten zehn Jahre gesehen einer der besten, wenn nicht der beste Tormann in der Premier League war. Das heißt natürlich nicht, dass ich nie gespielt hätte, wenn ich dorthin gegangen wäre. Das eine schließt das andere nicht aus, denn jeden Torhüter kann man ersetzen – und auch de Gea hatte schon einmal ein Tief, während dem er eine Zeit lang nicht gespielt hat. Das heißt: Ich wäre nicht zu Manchester United gegangen, um nur auf der Bank zu sitzen. Ich wäre jeden Tag zum Training gekommen und hätte den Trainer überzeugen wollen, dass er mich spielen lässt. Das ist ja ganz klar. Ich bin trotzdem froh, dass es so gekommen ist, dass es für mich passt. Ich will einfach Fußball spielen, dafür lebe ich auch. Ich fühle mich sehr wohl und das spiegelt sich am Platz wider.
LAOLA1: Wobei man alleine aus Trainings gegen Superstars wie Cristiano Ronaldo etwas mitnehmen kann.
Bachmann: Es hätte natürlich Vor- und Nachteile gegeben. Das stimmt natürlich. Alleine der Verein: Es hört sich überragend an, zu sagen, ich spiele bei Manchester United. Aber ich bin Fußballer und will Fußball spielen. Daher glaube ich, ich wäre nicht happy gewesen, wenn ich dann wirklich nur auf der Bank sitze – zumindest im Vergleich mit meiner aktuellen Situation, in der ich in einer super Mannschaft in einer super Liga befreit aufspielen kann. Die Konkurrenz ist auch in der Championship ein Wahnsinn. Du kannst dir keine Minute erlauben, in der du nicht bei 100 Prozent bist.
LAOLA1: Aber war es letztlich deine Entscheidung oder jene des Vereins?
Bachmann: Beidseitig. Am Ende hat das berühmte Gesamtpaket nicht gepasst. Es ist über doch relativ lange Zeit hin- und hergegangen. Den ersten Kontakt gab es Ende Mai, hingezogen hat es sich bis Mitte Juli. Es war nicht so, dass ein Verein oder ich klar Nein gesagt hätten, man konnte sich einfach auf nichts einigen. Das kommt vor im Fußball.
LAOLA1: Wie hat es mit anderen Optionen ausgeschaut?
Bachmann: Es hat mit einigen Vereinen Gespräche gegeben, aber auch hier hat das Gesamtpaket nie gepasst. Man darf nicht vergessen: Ich bin jetzt doch schon einige Jahre bei Watford. Ich kenne hier die guten und schlechten Seiten, kenne den Verein in- und auswendig. Ich bin inzwischen einer der "Senior Players" und froh, weiterhin bei Watford zu sein.
LAOLA1: Du hast die Ambition, ins Nationalteam zurückkehren zu wollen, schon anklingen lassen. Gehst du davon aus, am Dienstag im Kader zu stehen?
Bachmann: Diese Entscheidung trifft der Teamchef. Aber wie gesagt: Ich bin in der Form meines Lebens, spiele regelmäßig und bringe jede Woche Top-Leistungen. Mehr kann ich nicht machen. In den letzten eineinhalb Jahren habe ich den Großteil der Länderspiele gespielt. Ich hoffe natürlich, dass ich diesmal wieder dabei bin.
LAOLA1: Im Mai war eine Begründung für deine Nichtnominierung auch das Thema Spielsystem. Inwiefern hat sich das inzwischen geändert?
Bachmann: Es ist jetzt natürlich ein großer Unterschied. In der Premier League waren wir eine Mannschaft, die eher defensiv gespielt hat. Jetzt sind wir das genaue Gegenteil, wir spielen einen ganz anderen Fußball, spielen von hinten raus. Im Prinzip kann man fast sagen, wir sind das Manchester City der Championship. In der Premier League war es doch oft so, dass wir, sobald wir ein bisschen unter Druck waren, sofort einen langen Ball gespielt und auf die zweiten Bälle gegangen sind. Das war ja auch irgendwo verständlich. Jetzt spielen wir attraktiven Fußball mit schnellen Kombinationen.
"Man sieht, dass Andi Weimann im Nationalteam Top-Leistungen gebracht hat, in der Championship aber bei einem Verein spielt, der vermutlich nichts mit dem Aufstieg zu tun hat. Auch daran sieht man die Qualität der Liga."
LAOLA1: Sasa Kalajdzic ist in die Premier League gewechselt und inzwischen leider verletzt. Ansonsten ist es für Andreas Weimann und dich eher einsam geworden auf der Insel, die Zahl der ÖFB-Legionäre inzwischen stark gesunken. Fällt dir ein Grund ein, woran das liegen könnte?
Bachmann: Das ist ganz schwer zu sagen. Ich weiß auch nicht, ob es den einen Grund gibt. Ganz allgemein kann ich sagen: Das Niveau in der Premier League und auch in der Championship ist vom Physischen und vom Tempo her schon etwas anderes. Gerade das Niveau der Championship ist höher, als viele Leute in Österreich, wo es kaum Coverage gibt, wissen. Man sieht, dass Andi Weimann im Nationalteam Top-Leistungen gebracht hat, in der Championship aber bei einem Verein spielt, der vermutlich nichts mit dem Aufstieg zu tun hat. Auch daran sieht man die Qualität der Liga. Wenn man in England spielt, muss man zudem wissen, auf welchen Druck man sich einlässt.
LAOLA1: Inwiefern?
Bachmann: Weil er gerade in der Premier League höher ist als überall anders. Selbst ein Spiel Fulham gegen Nottingham schauen sich viele, viele Millionen Menschen an. Dafür gibt es den finanziellen Reiz, der das Ganze noch schmackhafter macht. Nottingham Forest ist zum Beispiel gerade auf einem ganz argen Trip, was die Gehälter betrifft. Aber wie gesagt: Mental ist diese Liga nicht einfach.
LAOLA1: Du lebst seit dem Alter von 17 in England. Vor ein paar Jahren gab es mal Überlegungen, ob du dich aufs europäische Festland verleihen lässt. Läuft es inzwischen - auch aus familiären Gründen - auf das Hauptziel hinaus, definitiv auf der Insel bleiben zu wollen?
Bachmann: Ich will natürlich so lange wie möglich in England bleiben. Jetzt möchte ich einmal mit Watford zurück in die Premier League. Was die Zukunft ergibt, wird man sehen. Ich bin 28, habe also noch zehn Jahre Karriere vor mir. Vielleicht werde ich einmal in Deutschland, Italien oder Spanien spielen. Das weiß ich jetzt noch nicht. Aber der Haupt-Fokus liegt natürlich auf England.