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Russell Martin: "Repariert" ER Hannes Wolf?

Wird ein Trainer-Jungstar bei Swansea quasi Wolfs "Marco-Rose-Ersatz"?

Russell Martin: Foto: © getty

Am Anfang war ein richtig guter Zoom-Call.

"Dabei hat er mir ein paar Videos gezeigt, wie sie Fußball spielen wollen. Als ich das gesehen habe, habe ich es vom ersten Moment an geliebt. Es ist genau so, wie ich den Fußball sehe", schwärmt Hannes Wolf.

Es war wohl ein besonders überzeugender "Pitch", den Trainer Russell Martin da hingelegt und somit den ÖFB-Legionär in die Championship zu Swansea City gelockt hat.

Die zweite englische Leistungsstufe ist nicht gerade jene Liga, die einem als erstes in den Sinn kommt, wenn man an eine geeignete Wirkungsstätte für den 22-Jährigen denkt.

Auf den zweiten Blick könnte sich dieser Schritt nach dem enttäuschenden Herbst bei Borussia Mönchengladbach jedoch als gute Idee erweisen.

Vielleicht gelingt es Coach Martin, die Karriere des Steirers wieder in Schwung zu bringen. Der 36-Jährige ist jedenfalls ein spannender Trainer-Typ, den LAOLA1 gemeinsam mit Swansea-Insider Ian Mitchelmore von "Wales Online" näher vorstellt.

Es muss auch ohne Marco Rose gehen

Die Ausgangsposition ist bekannt: Wolf braucht dringend einen Coach, der nicht Marco Rose heißt, unter dem er funktioniert.

Marco Rose hatte ein Händchen für Hannes Wolf
Foto: © GEPA

Die Statistik spricht Bände: Für den nunmehrigen Dortmund-Coach hat der Offensivspieler beim FC Red Bull Salzburg (inklusive Youth League) beziehungsweise später in Gladbach 135 Spiele mit 34 Toren und 27 Assists absolviert.

Unter Julian Nagelsmann in Leipzig waren es nach der schweren Knöchelverletzung bei der U21-EM nur deren fünf. Unter Landsmann Adi Hütter bei der Borussia nur deren sieben. Tore und Assists Fehlanzeige. Bei beiden kam er über die Rolle des Edelreservisten kaum hinaus.

Nun also Russell Martin.

Die vertraute Idee des Fußballs

Swanseas Trainer wollte Wolf unbedingt nach Wales lotsen, schwärmte nach der Verpflichtung auch in den höchsten Tönen vom Grazer.

Vor allem der Gedanke, dass der ÖFB-Kicker perfekt ins System passt, war für Martin der Trumpf: "Hannes ist nur hier wegen des Spielstils, den wir ihm präsentiert haben. Er war wirklich aufgeregt und hat beschlossen, dass das der Ort ist, an dem er Fußball spielen möchte. Das zeigt, wie wichtig es ist, einen klaren Stil zu haben, den man auch auf dem Feld sieht."

Mitchelmore unterstreicht: "Die Basis des Swansea-Spiels ist der Ballbesitz, gleichzeitig wollen sie in der Angriffszone so aggressiv wie möglich auftreten, daher die Verpflichtung von Hannes Wolf. Man erwartet von den Spielern guten Spielaufbau beziehungsweise intensives Pressing des Gegners, wenn man nicht in Ballbesitz ist."

"Swansea braucht mehr Kreativität und Geschwindigkeit im Aufgebot. Diese beiden Kategorien kann man bei Wolf definitiv als zutreffend ankreuzen."

Ian Mitchelmore

Diese Idee des Fußballs kennt der langjährige Red-Bull-Schüler natürlich bestens. Am vergangenen Wochenende konnte man sich auch in Swansea einen ersten Eindruck davon verschaffen, als er bei seinem Championship-Debüt zur Pause eingewechselt wurde:

"Wolf hat gegen Preston North End 45 Minuten lang gespielt, aber mehr Zeit hat es auch nicht gebraucht, damit die Fans sehen konnten, dass er mehr als gewillt ist, sich an der Defensiv-Arbeit zu beteiligen."

Das bringt Wolf mit

Neben der nötigen Mannschaftsdienlichkeit sind es aber vor allem Tore und Assists, die man vom Neuzugang erwartet.

"Swansea braucht mehr Kreativität und Geschwindigkeit im Aufgebot. Diese beiden Kategorien kann man bei Wolf definitiv als zutreffend ankreuzen", findet Mitchelmore und verdeutlicht, dass der Klub gerade auf Wolfs Position dringend Hilfe braucht:

"Jamie Paterson war hinter Stürmer Joel Piroe Swanseas wichtigster Spieler dieser Saison, aber aufgrund von Vertrags-Streitigkeiten mit der Vereins-Führung steht er derzeit nicht zur Verfügung, vielleicht wird er sogar noch im Jänner verkauft. Wolf wird hoffentlich dringend benötigte Dynamik und Torgefahr in einem Team beitragen, das nach einem längeren Zeitraum ohne Matches aufgrund von Covid-19 die Tabelle nach oben klettern möchte."

Der Niederländer Piroe weist elf Liga-Tore auf, Routinier Paterson deren acht, der restliche Kader strahlte bislang eher wenig Torgefahr aus.

Erst der Umbruch, dann die Premier-League-Ambition

Das Stadion in Swansea soll wieder Premier-League-Fußball erleben
Foto: © getty

Noch sind drei Nachtragsspiele ausstehend, Tabellenplatz 17 entspricht jedoch nicht den Ansprüchen des Vereins, der zuletzt von 2011 bis 2018 in der Premier League spielte und wieder dorthin zurück möchte.

Mitchelmore: "Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Swansea in dieser Saison noch um den Aufstieg mitspielen kann, und das ist auch nachvollziehbar, wenn man bedenkt, welchen Umbruch der Klub derzeit vollzieht. Russell Martin wurde erst sechs Tage vor dem Start in die Saison zum Trainer bestellt, hatte also kaum wertvolle Zeit, um seinen Stil frühzeitig zu implementieren. Daher ist das kurzfristige Ziel, sich weiter zu verbessern, mehr zum Stil passende Spieler zu verpflichten und dann - hoffentlich - in der kommenden Saison ein echter Herausforderer für die Top-6 in der Championship zu sein."

Russells Stil. Immer wieder wird selbiger das zentrale Thema.

Auch Wolf meinte nach seiner Unterschrift: "Das ist ein Team, das so viel Ballbesitz hat. Als Offensivspieler kannst du in jedem Spiel viele Chancen bekommen. Das passt zu mir, und ich denke, ich kann dabei helfen. Ich habe mir fünf oder sechs Swansea-Spiele aus dieser Saison angeschaut - das ist richtig guter Fußball."

Gestern Spieler, heute Trainer

Inszeniert wird dieser Fußball von einem Coach, der eigentlich noch gar nicht so lange Trainer ist. Am 4. November 2019 übernahm Martin die MK Dons. Das ist insofern bemerkenswert, weil er erst am 12. Oktober 2019 sein letztes League-One-Spiel für den Klub aus Milton Keynes absolvierte. Zwei Tage vor seinem Amtsantritt als Trainer saß er unter Vorgänger Paul Tisdale gegen die Tranmere Rovers noch auf der Ersatzbank.

"Ich habe mir fünf oder sechs Swansea-Spiele aus dieser Saison angeschaut - das ist richtig guter Fußball."

Hannes Wolf

Das nennt man tendenziell einen recht fließenden Übergang zwischen Spieler- und Trainer-Karriere.

Als Aktiver brachte es der Innenverteidiger auf 29 Länderspiele für Schottland, 125 Partien in der Premier League, 144 in der Championship, 91 in der League One und 134 in der League Two - so schaut quasi ein intensiver Kenner des gesamten englischen Profi-Fußballs in all seinen Facetten aus.

Einem gewissen Vorurteil entsprechend wird Martin im Unterhaus auch mit Kick and Rush konfrontiert gewesen sein. Seine Idee als Trainer ist weniger grobschlächtig.

Ein Tor nach 56 Pässen in Folge

Bereits mit 22 begann er parallel zur aktiven Karriere seine Trainer-Ausbildung. 2019 startete er noch als aktiver Profi bei der schottischen FA in den Kurs zur UEFA Pro Lizenz.

Wie ernst er es in Sachen Ballbesitz nimmt, bewiesen seine MK Dons im März 2021 mit einem Tor nach zuvor 56 Pässen in Folge - neuer Rekord auf der Insel. Man nehme sich die folgenden drei Minuten Zeit für ein wenig Drittliga-Tiki-Taka:

Vollendet hat dieses "Masterpiece of Patience", wie es die "BBC" bezeichnete, gegen Gillingham übrigens ein gewisser Will Grigg, als er wieder einmal "on fire" war.

Bezüglich Vorbild von Martin muss man kein Quiz veranstalten.

Das Vorbild? Natürlich Pep Guardiola

"Martin ist ein riesiger Bewunderer von Pep Guardiola", weiß Mitchelmore, "er hat sich jede Menge Inspiration vom Katalanen geholt, hat jedoch gleichzeitig großen Glauben an seine eigene Fußball-Philosophie."

Denn dass sich die Herangehensweise von Manchester City oder früher Barcelona nicht eins zu eins auf englischen Zweitliga-Kick übertragen lässt, sei laut Insider klar:

"Natürlich versteht der Swansea-Boss voll und ganz, dass sein Kader nicht im geringsten so stark ist wie jener des regierenden Premier-League-Champions. Aber die Art und Weise, wie sich Spieler wie Joel Piroe oder Flynn Downes unter seiner Anleitung weiterentwickelt haben, beweist, dass Martins Stil extrem ergiebig sein kann, wenn es darum geht, die eigenen Spieler zu fördern und vielleicht auch zu finanziell attraktiven Aktien auf dem Markt zu machen."

Mit seinen 36 Jahren könnte sich wohl auch Martin in die Auslage stellen, wenn es spätestens in seinem zweiten Swansea-Jahr gelingen sollte, seine Philosophie auch in nachhaltig bessere Ergebnisse umzumünzen.

Ein Trainer, der in der Szene besprochen wird

"Es ist leicht zu erkennen, warum er es bereits von den MK Dons in der League One zu Swansea in der Championship geschafft hat", betont Mitchelmore, "seine Philosophie ist sehr modern, und er wird ohne jeden Zweifel von vielen Leuten in der Szene besprochen. Die Hoffnung ist, dass er dieses Swansea-Team weiterhin so umgestaltet, dass es zu seinen Methoden passt."

Martin fällt unter die Kategorie Players-Coach
Foto: © getty

Die Idealvorstellung des Swansea-Reporters: "Mit der nötigen Zeit und Investments hoffen sie in ähnlicher Art in die Premier League zurückzukehren, so wie Brendan Rodgers den Klub 2011 zum Aufstieg geführt hat."

Gelingt Martin eine ähnliche Karriere wie dem nunmehrigen Leicester-Boss, würde dies bedeuten, dass er bei den "Swans" einiges richtig gemacht hat.

Aus rot-weiß-roter Sicht im Idealfall auch mit der Leihe von Wolf.

Ermutigung und Lob statt Furcht und Schrecken

Es wird jedenfalls spannend, wie die Zusammenarbeit des ÖFB-Legionärs mit diesem Trainer funktioniert. Sprich, ob die Chemie auch weiterhin so gut passt wie zu Beginn.

"Er ist ein Trainer, der seinen Spielern viel Ermutigung und Lob entgegenbringt. Er ist als Boss mehr der Arm-around-the-Shoulder-Typ, und keiner, der mit Furcht und Schrecken regiert."

Ian Mitchelmore

Mitchelmore beschreibt Martin jedenfalls als eine Art Players-Coach:

"Er ist ein Trainer, der seinen Spielern viel Ermutigung und Lob entgegenbringt. Er ist als Boss mehr der 'Arm-around-the-Shoulder'-Typ, und keiner, der mit Furcht und Schrecken regiert. Das ist auch wichtig angesichts des Umstands, dass Swansea einen sehr jungen Kader hat, bei dem viele Spieler immer noch ins Profigeschäft hineinwachsen."

Es könnte perfekt sein

Man kann jedenfalls erahnen, was Wolf in besagtem Zoom-Call angesprochen hat. Die Chance, in einer passenden Philosophie wieder zurück in die Spur zu finden, scheint gegeben.

"Das ist eine neue Erfahrung für mich. Eine, die ich unbedingt angehen wollte. Ich wollte etwas anderes machen, und ich denke, das könnte perfekt sein", meint Wolf.

In der Theorie klingt der Tapetenwechsel jedenfalls vielversprechend. Nun muss "nur" noch auch die Praxis so perfekt sein.

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