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Fjörtoft: Das macht Erling Haaland so besonders

Erling Haaland ist bei Manchester City voll eingeschlagen. Sein 55-jähriger Landsmann ist nur teilweise überrascht und schwärmt.

Fjörtoft: Das macht Erling Haaland so besonders Foto: © getty

In den letzten Wochen war viel von den Messis und Mbappés dieser Welt zu sehen und lesen, aber nur ganz wenig von Erling Haaland.

Kein Wunder, war doch der 22-Jährige der wohl größte Abwesende bei der Weltmeisterschaft in Katar. Davor schrieb der Norweger allerdings eine Schlagzeile nach der anderen, einem Superlativ folgte der nächste. Zurecht, denn die ersten Monate im Trikot von Manchester City sind herausragend für ihn verlaufen.

23 Tore und drei Assists aus 18 Pflichtspielen lautet seine Bilanz für die "Citizens", allein 18-mal netzte er in der Premier League. Haaland untermauerte seinen Status als Weltklasse-Stürmer eindrucksvoll, nicht wenige waren allerdings über die Art und Weise überrascht, wie der ehemalige Salzburger Angreifer in England einschlug.

Kritiker waren schnell verstummt

Experten sahen den Wechsel von Dortmund zu den "Skyblues" nämlich kritisch. Pep Guardiolas Spielweise würde nicht zum Norweger passen, hieß es von vielen Seiten. Schließlich setze der BVB vorwiegend auf ein schnelles Umschaltspiel, in dem Haaland seine unglaubliche Geschwindigkeit zuhauf zur Schau stellen konnte.

ManCity hingegen praktiziert - Guardiola-typisch - das Kurzpass-Spiel, in dem viele ein Problem für Haaland sahen. Denn der Norsker ist ein klassicher Stoßstürmer, der den Weg in den gegnerischen Sechzehner mit hohem Tempo und zahlreichen tiefen Läufen suche. Dazu gehöre das Pass-Spiel zu seinen Schwächen.

"Ich habe immer gesagt, dass es zu 100 Prozent passen wird. Nur die faulen Fußball-Experten waren anderer Meinung."

Jan Aage Fjörtoft

Außerdem lasse er sich kaum auf den Flügel fallen, was für einen Stürmer der "Citizens" eher untypisch sei. Doch Guardiola und Haaland straften die Kritiker Lügen, im Stile eines großen Professors klügelte der Spanier einen Plan aus, wie er seinen neuen Superstar am besten in Szene setzen lassen kann.

"Wenn Guardiola sagt, der passt..."

Für Jan Aage Fjörtoft, dem ehemaligen norwegischen Kult-Stürmer und jahrelangen Begleiter von Haaland, war von Beginn an klar, dass sein junger Landsmann bei ManCity funktionieren wird.

"Ich habe immer gesagt, dass es zu 100 Prozent passen wird. Nur die faulen Fußball-Experten waren anderer Meinung", sagt der 55-Jährige im LAOLA1-Gespräch. "Pep Guardiola - der womöglich beste Trainer auf der Welt - wollte ihn. Das ist ja kein Zufall", betont Fjörtoft weiter.

Die "Experten" würden so oft sagen können, wie sie wollen, dass Haaland nicht zu Manchester City passen würde. "Aber wenn Guardiola sagt, der passt da", stellt er klar, "dann passt er hier her." Fjörtoft will zudem noch einen zweiten Punkt erkannt haben, den viele falsch eingeschätzt haben.

"Ich habe gesehen, wie man Erling analysiert hat. Man hat gesagt, er war ein Konterstürmer. Das ist er auch, aber seine Stärke sind seine Läufe. Seine Läufe in die Box sind der Wahnsinn", schwärmt der ehemalige Rapid-Stürmer. Und mit dieser Fähigkeit, den freien Raum im idealen Moment zu erkennen, passt er dann doch maßgeschneidert ins City-System.

Denn die Mannschaft von Pep Guardiola ist keineswegs dafür bekannt, große Risiken in der Vorwärtsbewegung einzugehen. Viel mehr agiert der achtfache Premier-League-Meister aus einer kompakten Defensive heraus und mit sehr vielen Schnittstellenpässen.

Gepaart mit der "Gabe" (O-Ton Fjörtoft, Anm.), sich von seinen Bewachern zu lösen, ist das eine tödliche Kombination.

Fjörtoft verpasst kein Spiel mehr von Haaland

Fjörtoft ist aus diesen Gründen nicht überrascht gewesen, dass Haaland die Premier League förmlich zerbombt - in welch kurzer Zeit ihm das allerdings gelang, hinterließ auch beim 55-Jährigen Eindruck.

"Dass er eingeschlagen ist, ist keine Überraschung. Aber so schnell...", ist Fjörtoft erstaunt, der Vergleiche zu Haalands Zeiten in Salzburg und Dortmund zieht. Dort sei er sich ebenfalls sicher gewesen, dass der Stürmer einschlagen würde. "Aber wieder, wie schnell", lächelt der TV-Experte, der eine Anekdote aus Salzburger Zeiten auspackt.

Haaland spielte Van Dijk schon zu Salzburger Zeiten schwindlig
Foto: © GEPA

"Ich kann mich erinnern, er ist in der Champions League für Salzburg gegen Liverpool in Anfield reingekommen (Anm., in der 56. Minute). Da hat er gegen Van Dijk gespielt. Gut, er hat ein Tor gemacht - aber er hätte drei oder vier machen können. Und das in 20 Minuten!", erzählt der Norweger und führt aus:

"Ich habe Van Dijk danach interviewt und der war verärgert, er war etwas böse auf mich. Weil er wusste, dass dieser junge Norweger ihn schwindlig gespielt hat. Hätte er einen De Bruyne gehabt, hätte er vier Tore in 20 Minuten gemacht", ist sich Fjörtoft sicher, dass an diesem historischen Abend mehr möglich gewesen wäre.

Ähnlich viel wie im ersten Gruppenspiel zuhause gegen KRC Genk, in dem Haaland seine unglaublichen Qualitäten mit einem Hattrick erstmals so richtig unter Beweis stellte. Es war aber eines der wenigen Spiele, die Fjörtoft in der Profi-Laufbahn des Norwegen-Stars nicht mitverfolgt hat.

"Ich war an diesem Spieltag bei Napoli - Liverpool", erläutert er, "und Haaland machte gegen Genk drei Tore. Am Abend bekomme ich eine SMS von Erling, dass ich das falsche Spiel gesehen habe", lacht Fjörtoft. "Ich habe gesagt: '100 Prozent!' Seitdem habe ich kein Spiel mehr von Erling verpasst."

Der selbstreflektierte Super-Stürmer

(Artikel wird unter dem VIDEO fortgesetzt)

VIDEO: Ein "leichtes Tor" für Erling Haaland


Dass er zu den engsten Vertrauten des Super-Stürmers zählt, bestreitet er erst gar nicht.

Exklusive Interviews, eine Dokumentation über die Entscheidungsfindung im Zuge seines Wechsels nach England - überall wo Haaland auftaucht, ist Fjörtoft nicht weit weg. So auch bei den Spielen in der Premier League, die der TV-Experte für den skandinavischen Sender "Viaplay" als Experte mitverfolgt - Post-Game-Interviews inklusive.

In denen der sonst zurückhaltende Haaland frei von der Leber weg redet, lacht, witzelt. Aber auch Situationen messerscharf selbst analysiert. Ein Beispiel: Der späte 2:1-Heimsieg im vorletzten Liga-Spiel vor der WM, bei dem der 22-Jährige sein Comeback nach überstandener Verletzung gab und sogleich zum Matchwinner wurde.

Vor seinem Elfmeter-Tor in der Verlängerung jubelte er kurz vor der Schlussviertelstunde über das vermeintliche 2:1, welches jedoch aufgrund einer hauchdünnen Abseitsstellung des Norwegers beim Pass von Kevin de Bruyne zurückgenommen wurde. Da sei er "zu ehrgeizig gewesen", meinte Haaland selbst.

"Er macht immer diese zwei Drehungen, das ist sensationell. Der ist so clever."

Die Selbstreflexion imponiert Fjörtoft: "Zwei Sachen stechen heraus, wenn man Erling sieht. Punkt eins: Das ist ein Goalgetter, der freut sich aber genauso viel, wenn andere treffen. Ein wahnsinniger Teamspieler!"

"Punkt zwei: Seine Läufe: Er geht ja nie ins Abseits und ich habe ihn im Interview danach gefragt und er sagte wirklich: 'Ich habe geglaubt, dass De Bruyne etwas früher abspielt und das sind die zwei Zentimeter, die ich im Abseits war.'"

Fjörtoft weiter: "Und das ist interessant, weil das ist ein 22-Jähriger, der so viel analysiert. Das Tor gegen Dortmund (Kung-Fu-Tor in der CL, Anm.), daran werden wir uns alle erinnern, aber: Wenn du das Tor siehst, das ist dieser kleine Lauf vorher, dass er so freikommt. Er macht immer diese zwei Drehungen, das ist sensationell. Der ist so clever."

Wie Gary Lineker früher

Es sind genau diese kleinen, zugleich unauffälligen Feinheiten, die Haaland zu dem Phänomen machen, welches er ist.

Der Norweger agiert für das freie Auge gar nicht sonderlich spektakulär. Einmal staubt er da perfekt ab, dann ist er dort frei durch und überwindet den Torhüter mit seinem linken Fuß, der wie eine gut geölte Maschine funktioniert.

"Ich will aber einwerfen, dass er schon ein paar Tor-des-Jahres-Kandidaten erzielt hat", schmunzelt Fjörtoft. Trotzdem ist er kein Kylian Mbappé, der ins Eins-gegen-Eins mit seinem Gegenspieler geht und mit Tempodribblings besticht. Sein Spiel ist auf Effizienz und Effektivität aufgebaut - wie es sich für einen klassischen Neuner gehört.

Dahingehend findet Fjörtoft einen Vergleich zu einem der größten Stürmer aller Zeiten. "Er hat diese Eigenschaft, die Gary Lineker früher hatte. Er war auch immer alleine, eben aufgrund seiner Läufe. Das siehst du auch bei Haaland."

Was beide außerdem noch verbindet: Der Torhunger, der niemals gestillt werden kann. Und der bei Haaland nach der einmonatigen "WM-Zwangspause" größer denn je sein wird.

Wie passend, dass es im ersten Spiel zurück im EFL-Cup gleich gegen den FC Liverpool geht - den größten Titelrivalen der "Citizens" der letzten Jahre.


VIDEO: Pep Guardiola ist von Haalands "unglaublichem Riecher" beeindruckt

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