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Darum spielt Dragovic nicht mehr

Leicester-Experte James Sharpe klärt bei LAOLA1 über Dragovic und Fuchs auf:

Darum spielt Dragovic nicht mehr Foto: © getty

Sechs Startelf-Einsätze in der Premier League – so ernüchternd liest sich die Statistik von Aleksandar Dragovic bei Leicester City.

Nach seinem leihweisen Wechsel am letzten Tag des Sommer-Transferfensters von Bayer Leverkusen zu den Engländern hatte der 27-jährige ÖFB-Legionär natürlich andere Vorstellungen. In der vermeintlich besten Liga der Welt wollte er nach einem verpatzten Jahr in Deutschland wieder zu seiner Bestform finden.

Die Realität sieht jedoch die meiste Zeit die Ersatzbank vor. Von Fans und Medien wird Dragovic dennoch nicht als Transferflop gesehen, wie der Sportjournalist vom "Leicester Mercury" und Leicester-City-Experte James Sharpe im Gespräch mit LAOLA1 erzählt.

Starker Ersatz des Kapitäns

Am Neujahrstag gegen Huddersfield verletzte sich Kapitän Wes Morgan, Dragovic war der Ersatzmann und bildete die nächsten fünf Liga-Spiele mit Harry Maguire das Innenverteidiger-Duo. „Die Fans waren von Dragovic sehr beeindruckt, als er gespielt hat – er hat gut verteidigt und harmonierte gut mit Maguire“, erzählt Sharpe.

Sharpe (links) kennt Leicester City wie kaum ein Zweiter

Doch seit Morgan sein Comeback feierte, setzte Trainer Claude Puel den ÖFB-Innenverteidiger wieder viermal über 90 Minuten auf die Bank. Sehr zum Unmut einiger Leicester-Fans. „Viele beschweren sich, wenn die Aufstellung bekanntgegeben wird, warum Dragovic nicht spielt“, weiß Sharpe.

„Aus Puels Sicht ist es wichtig für das Team, dass Wes Morgan spielt, weil er der Kapitän ist. Seine Führungsqualität ist eine der wesentlichsten Eigenschaften. Auch seine Erfahrung in der Premier League ist sehr wichtig. Er weiß, was es braucht, um Spiele und Titel in der Premier League zu gewinnen“, erklärt Sharpe die Wahl des Trainers. „Zudem ist er sehr stark und groß – es ist sehr schwierig, ihm körperlich überlegen zu sein.“

Das spricht für Dragovic

In einer Kategorie kann Morgan, der schon 263 Pflichtspiele für die „Foxes“ in den Beinen hat und die Sensations-Meisterschaft 2016 entgegennehmen durfte, allerdings nicht mit Dragovic mithalten: „Dragovic ist besser am Ball.“



Nicht der einzige Grund, warum man rund ums King-Power-Stadium von den Qualitäten des Wieners überzeugt ist. „Ich bin beeindruckt, wie schnell sich Dragovic verbessert hat. Bei seinen ersten Spielen wirkte er sehr kopflos, aber nach ein paar Spielen war das viel besser“, beurteilt Sharpe die Entwicklung.

Der Journalist weiter: „Ich mag Wes Morgan und finde, er spielt gut, verstehe aber auch, dass es hart gegenüber Dragovic ist, weil auch er sehr gut gespielt hat. Im Moment habe ich kein Problem mit Claude Puels Entscheidung, aber in der Zukunft sehe ich Dragovic, sollte er verpflichtet werden, in der Startelf, vielleicht auch schon zum Beginn der neuen Saison.“

Wie geht es weiter?

Sharpe spricht damit ein weiteres Thema an, dass ebenfalls noch geklärt werden muss: Die Zukunft von Dragovic. Leicester City hat ihn, wie anfangs erwähnt, nur von Leverkusen ausgeliehen. Die Engländer besitzen eine Kaufoption in der Höhe von rund 22 Millionen Euro.

„Ich wäre sehr überrascht, wenn sie ihn nicht unter Vertrag nehmen. Wenn ich etwas zu sagen hätte, würde ich ihn sofort verpflichten“, sieht Sharpe kein Ende der Beziehung zwischen Leicester und Dragovic.

Das würde auch bedeuten, dass der 27-Jährige die gesamte Saisonvorbereitung mitmachen könnte – möglicherweise ein entscheidender Vorteil im Kampf um den Stammplatz. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass einer seiner beiden Konkurrenten den Verein verlässt, scheint gering.

Maguire als zukünftiger Kapitän

Vor allem bei Harry Maguire gab es Gerüchte, dass die beiden Manchester-Klubs United und City am 24-Jährigen interessiert seien. Doch Sharpe glaubt nicht an einen Abgang.

„Leicester sieht ihn als zukünftigen Star und Kapitän des Vereins. Claude Puel hat bereits gesagt, dass Leicester in der Zukunft ein Team um ihn herum aufbauen kann“, hält man große Stücke auf Maguire.

Daher scheint sein Platz in der Innenverteidigung fix vergeben: „Er ist im Moment der beste Verteidiger von Leicester City. Er geht sehr gut mit dem Ball um, ist sehr versiert und wird wahrscheinlich für England bei der Weltmeisterschaft spielen.“

Fuchs ergeht es nicht viel besser

Auch beim zweiten ÖFB-Legionär in Diensten von Leicester City läuft es momentan nicht nach Wunsch. In seinen ersten beiden Spielzeiten bei den „Foxes“ war Christian Fuchs auf der Linksverteidiger-Position nicht wegzudenken. Doch in den letzten Wochen und Monaten muss auch er vermehrt auf der Bank Platz nehmen.

Sharpe erklärt, warum das so ist: „In der Titelsaison war Fuchs einer der Erfolgsfaktoren und spielte exzellent. In der letzten Saison hatte er Probleme, wie die gesamte Mannschaft. Claude Puel kam mit dem Ruf zu Leicester City, dass er gerne jungen Spielern die Chance gibt. Einer dieser jungen Spieler, die eine Chance bekommen haben, war Ben Chillwell. Daher bekommt Fuchs weniger Spielzeit.“

Doch wie Dragovic genießt auch Fuchs ein sehr gutes Standing bei den Anhängern: „Viele Fans fordern Fuchs zurück in die Startelf, weil Chillwell mit seiner Form kämpft.“

Vorzeitiger Abschied?

Fuchs‘ Vertrag läuft noch eine weitere Saison. Doch ist ein vorzeitiger Abschied bei mangelnder Spielzeit vorstellbar? Immerhin spekuliert der 31-Jährige seit einiger Zeit mit einem Wechsel in die USA, wo seine Familie lebt. Auch eine Karriere als Kicker in der NFL zieht Fuchs in Betracht.

„Wir wären nicht überrascht, wenn er ein weiteres Jahr bleibt und nach Ende des Vertrags geht. Ob der Verein auch diesen Plan hat, ist unklar“, glaubt Sharpe, dass die Entscheidung bei der Vereinsführung liegt.

Wie geht es mit Leicester weiter?

Auch Abseits der beiden ÖFB-Legionäre steht Leicester City vor einer spannenden Zukunft. „Die Eigentümer wollen auf jeden Fall in die ‚Top Six‘ vorstoßen“, erzählt Sharpe von den Klub-Plänen.

Finanziell ist man auf jeden Fall schon am besten Weg dorthin: „Leicester hat die Finanzen der letzten Saison bekanntgegeben, mit einem Gewinn von 90 Millionen Pfund vor Steuern. Das ist der größte Gewinn, den ein Premier-League-Team in einer einzelnen Saison jemals erzielt hat. Nicht einmal Manchester United kann diese Zahlen vorweisen.“

Auf lange Sicht wollen die Eigentümer Jahr für Jahr um die europäischen Plätze kämpfen.

Geht es nach Fans und Medien, soll Aleksandar Dragovic dabei eine große Rolle in der Innenverteidigung spielen.

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