Pep Guardiola und Mikel Arteta – zwei Spanier, die den englischen Fußball in ihren Bann gezogen haben.
Den Katalanen Guardiola und den Basken Arteta eint vor allem - aber nicht nur - die gemeinsame Zeit als aktive Spieler beim FC Barcelona. Als Talent aus La Masia blickte Arteta zum Weltklassespieler vergangener Zeiten auf:
"Die Art und Weise, wie er (Guardiola, Anm.) sich verhalten hat. Er hat sich um alle gekümmert. Die Leidenschaft, die er jeden einzelnen Tag zeigte - er war einfach jemand, den man bewundert".
Im Jahr 1999 durfte ein blutjunger Arteta für seinen späteren Mentor zur Halbzeit eines Freundschaftsspiels gegen Hertha Berlin auf den Rasen. Vom heutigen Tag rückblickend eine symbolische Wachablösung?
Mittlerweile stehen sich die akribischen Taktikfüchse an der Seitenlinie gegenüber. Arteta als Tabellenführer der Premier League mit dem FC Arsenal, Guardiola als lauernder Jäger und mehrfacher englischer Meister, der es seinem ehemaligen Lehrling einmal mehr beweisen will.
Lehrjahre unter Guardiola
"Ohne Pep wäre ich nicht hier", spricht die Demut aus Arteta, der sichtlich weiß, dass seine Erfahrungen als Co-Trainer unter der Ägide des 52-jährigen Star-Coaches ein wichtiges Fundament für seine spätere Trainerlaufbahn bildeten.
Nach Beendigung seiner Spielerkarriere im Jahr 2016 hatte Arteta bei Arsenal die Gelegenheit, als Jugendcoach zu starten. Guardiola selbst verließ zu diesem Zeitpunkt den FC Bayern München, heuerte bei Manchester City an und machte die Verpflichtung des Ex-Spielers zur Priorität.
Arteta folgte schließlich dem Ruf seines Landsmanns. "Wir hatten vom ersten Tag an eine gute Chemie", spricht Arteta rückblickend über die Zusammenarbeit mit Pep.
Dieser wiederum gerät ebenfalls ins Schwärmen, wenn ihm Fragen zu Artetas Person gestellt werden: "Ich kenne seine unglaubliche Qualität als Mensch und vor allem als Manager".
Während seiner etwas mehr als drei Lehrjahren in Manchester saugte Arteta jegliche Informationen auf, die ihm vom erprobten Meistermacher mitgegeben wurden. City feierte in dieser Periode zwei Mal die englische Meisterschaft, wurde zweifacher Ligapokalsieger und FA-Cup- sowie Comunity-Shield-Titelträger.
Vor allem eines wurde Arteta in dieser Zeit dabei bewusst: Will man in England an die Spitze, so reicht es nicht, attraktiven und dominanten Fußball spielen zu lassen – es benötigt auch eiserne Disziplin, Konstanz und Innovation.
Eine ausgeklügelte Taktik sollte dabei als solider Grundstein fungieren.
Arsenals "Wiederaufstieg" mit Citys Hilfe
Nachdem Arteta Ende Dezember 2019 die Chance erhielt, beim FC Arsenal, dem Verein, wo er seine Profikarriere beendet hatte, auf dem Chefsessel Platz zu nehmen, konnte er nicht "Nein" sagen.
In London musste der Rückkehrer jedoch erst einmal Aufbauarbeit leisten. Die Kaderstruktur passte nicht zu den Vorstellungen des damaligen Trainertalents – abgesehen von einem Gewinn des FA-Cups 2020 und des Community-Shields in der darauffolgenden Saison blieb der große Erfolg aus. In der Liga verpasste man zwischenzeitlich gar die Teilnahme am Europacup, während Guardiola und City - die Vizemeisterschaft in der Spielzeit 2019/20 ausgenommen - die Liga weiter dominierten.
Gemeinsam mit Sportdirektor Edu Gaspar, der Teil der glorreichen "Invincibles" beim FC Arsenal war, gelang es Arteta nach und nach, das geeignete Spielermaterial zu beschaffen, um endlich sein Konzept und seine Handschrift auf das Team zu übertragen.
Insbesondere im vergangenen Sommer-Transferfenster konnten der Mannschaft fehlende Puzzleteile hinzugefügt werden: Stürmer Gabriel Jesus und Linksverteidiger Oleksandr Zinchenko – zwei Spieler, die Arteta einst bei Manchester City betreute.
Doch Arteta beließ es nicht dabei, City zwei wichtige Stützen wegzuschnappen. Der "Gunners"-Coach bediente sich darüber hinaus eines Taktik-Kniffs von Guardiola.
Zinchenko spielt als sogenannter inverser Außenverteidiger, der immer wieder Läufe ins Zentrum einstreut, Arsenal somit Überlegenheit im Ballbesitz verschafft und als "heimlicher" Dirigent das Tempo auf dem Platz diktiert.
Diese Rolle schrieb Guardiola während seiner Zeit als Bayern-Trainer Rechtsverteidiger Philipp Lahm zu. Die ursprüngliche Idee geht jedoch auf den FC Barcelona zurück, wie Arteta in einem Interview mit dem "Mirror" durchblicken ließ.
Artetas Auge fürs Detail
Auch auf der Torhüterposition hat der Spanier im Laufe seiner nun mehr als drei Jahre andauernden Amtszeit eine Adaption vorgenommen. Aaron Ramsdale ersetzte Bernd Leno und verkörpert die Aufgaben eines "Sweeper Keepers". Der englische Schlussmann besitzt Qualitäten eines Feldspielers, kann dadurch aktiver am Spiel der "Gunners" teilnehmen und schiebt im Ballbesitz mit nach vorne.
Hinzukommt, dass Arsenal seit dieser Saison einen ausgebildeten Innenverteidiger auf der rechten Defensivseite aufstellt. Mit Ben White steht ein technisch versierter Abwehrspieler, der Artetas Anforderungen eines Rechtsverteidigers nahezu perfekt ausfüllt, zur Verfügung.
Im Ballbesitz kann der vierfache englische Nationalspieler mit übergreifenden Läufen offensiv mitwirken und sich an der Ballzirkulation im letzten Drittel beteiligen. Gegen den Ball rückt White, wenn notwendig weiter ins Zentrum, um mit William Saliba und Gabriel eine Dreierkette zu bilden.
Parallelen zu seinem "Freund" Guardiola will Arteta unterdessen aber nicht zugeben: "Ich habe noch nie versucht, etwas zu kopieren und einzufügen. Wir sind als Menschen und als Manager sehr unterschiedlich. Deshalb verstehen wir uns auch so gut und haben die Beziehung, die wir haben."
Premier-League-Sieger? "Sind noch nicht soweit"
Taktik-Abkupferungen hin oder her: Der leidenschaftliche Übungsleiter hat es geschafft, seinem Team Stabilität und Kontinuität zu verleihen. Seit Spieltag 16 thronen die "Gunners" nun an der Tabellenspitze der Premier League. Mit nur drei Niederlagen (Manchester United, Manchester City und FC Everton) musste Arsenal zudem die wenigsten Punkteverluste aller Teams hinnehmen.
Das Wort "Meistertitel" will Arteta jedoch partout nicht in den Mund nehmen. Zu gut weiß der Baske um die Qualitäten des Konkurrenten Manchester City, zu gut kennt er seinen nunmehrigen Widersacher Guardiola.
"Ich kenne das Niveau der anderen Mannschaften, vor allem das einer Mannschaft, die in den letzten fünf oder sechs Jahren alles gewonnen hat, und wir sind noch nicht soweit", sprach Arteta im vergangenen Jänner trotz fünf Punkten Vorsprung auf Verfolger City.
Für Pep ist ein Duell um die Meisterschaft obendrein kein Neuland. In den vergangenen Jahren ritterten Guardiola und City gegen den FC Liverpool um die englische Fußball-Krone.
Erfahrung gegen Titel-Hunger
In der laufenden Saison begegneten sich Arsenal und Manchester City bereits zwei Mal. Sowohl im FA Cup (1:0) als auch in der Liga-Hinrunde (3:1) konnte Guardiola seinen ehemaligen Protegé in die Knie zwingen.
Als Trotzreaktion blieben die "Gunners" nach der Liga-Pleite neun Spiele ungeschlagen und weiterhin on top. Mittlerweile hat die Leichtigkeit in Arsenals Spiel aber abgenommen und der Vorsprung ist auf vier Punkte gesunken.
Artetas Elf hatte in den Vorrunden gegen den FC Liverpool und gegen West Ham jeweils eine 2:0-Führung verspielt und musste sich mit einem Remis begnügen. Auch jüngst gegen das Tabellenschlusslicht FC Southampton wackelten die "Gunners" gehörg.
Nach zwischenzeitlichem 0:2- und 1:3-Rückstand bewies das zweitjüngste Premier-League-Team am Ende Moral und erkämpfte in dramatischer Manier immerhin ein 3:3.
Und dennoch: Als Tabellenführer hat Arsenal weiter die Zügel in der eigenen Hand. Laut Guardiola besitzen die Nordlondoner dabei auch einen entscheidenden Vorteil: "Sie haben viele Jahre ohne Sieg in der Premier League hinter sich, und das gibt dir ein kleines Extra, um Spiele in 93, 96, 98 (Minuten, Anm.) zu gewinnen", argumentierte Guardiola und spielte dabei auf die dramatischen Last-Minute-Siege der "Gunners" gegen Aston Villa (4:2) und den AFC Bournemouth (3:2) an.
"Das ist etwas, was sie haben, was wir nicht haben, weil wir zwei Mal in Folge gewonnen haben."
Titel-Showdown
Die packende Verfolgungsjagd spitzt sich nun auf das direkte Duell am kommenden Mittwoch (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker>>>) zu. 90 Minuten, die sowohl für Guardiola als auch für Arteta richtungsweisend sein werden.
Schafft Arsenal die Hürde Manchester City im dritten Anlauf, könnte man mit breiter Brust in die noch wartenden Herausforderungen gehen. Schließlich trifft man direkt im Anschluss mit dem FC Chelsea und Newcastle United auf potenzielle Stolpersteine.
City hingegen hat auf dem Blatt Papier das leichtere Restprogramm und könnte bei Siegen in den beiden Nachtragspielen gegen West Ham United und Brighton & Hove Albion (28. u. 32. Runde) dem Meisterschaftsrivalen sogar enteilen. Zwischendurch warten jedoch auch zwei fordernde Halbfinalspiele gegen Real Madrid in der Champions League.
Fakt ist: Will der Schüler zum Meister werden, ist es für Arteta und Arsenal nun weiter ein "No-Go", leichtfertig Punkte abzugeben.
Das Restprogramm der Titel-Duellanten im Überblick:
Manchester City
Spieltag | Datum | Uhrzeit | Ort | Gegner |
---|---|---|---|---|
32. | verschoben | - | A | Brighton & Hove Albion |
33. | Mi., 26.4. | 21:00 Uhr | H | FC Arsenal |
34. | So., 30.4. | 15:00 Uhr | A | FC Fulham |
28. | Mi., 3.5. | 21:00 Uhr | H | West Ham United |
35. | Sa., 6.5. | 16:00 Uhr | H | Leeds United |
36. | So., 14.5. | 15:00 Uhr | A | FC Everton |
37. | Sa., 20.5. | 16:00 Uhr | H | FC Chelsea |
38. | So., 28.5. | 17:30 Uhr | A | FC Brentford |
FC Arsenal
Spieltag | Datum | Uhrzeit | Ort | Gegner |
---|---|---|---|---|
33. | Mi. 26.4. | 21:00 Uhr | A | Manchester City |
34. | Di. 2.5. | 21:00 Uhr | H | FC Chelsea |
35. | Sa. 6.5. | 16:00 Uhr | A | Newcastle United |
36. | So. 14.5. | 17:30 Uhr | H | Brighton & Hove Albion |
37. | Sa. 20.5. | 16:00 Uhr | A | Nottingham Forest |
38. | So. 28.5. | 18:30 Uhr | H | Wolverhampton Wanderers |