Seit fünf Jahren spielt Daniel Bachmann mittlerweile für Stoke City. Im Sommer hat der 22-Jährige seinen Vertrag um ein weiteres Jahr plus Option verlängert.
Der ÖFB-U21-Teamgoalie will nun endlich auch in der Premier League ran. „Ich will in der Premier League spielen, das ist mein Traum. Als junger Spieler ist es schwer, ruhig und geduldig zu bleiben“, sagt er im LAOLA1-Interview.
Ein Verein aus Deutschland hatte schon im Sommer konkretes Interesse an Bachmann.
Der Keeper spricht außerdem über steinreiche englische Jung-Stars, den „Hero“ Marko Arnautovic und eine mögliche Rückkehr nach Österreich.
LAOLA1: Du bist im Kader für die EURO 2016 auf Abruf gestanden. Was hat dir das bedeutet?
Daniel Bachmann: Es ist eine große Ehre, dass mein Name auf dieser Liste gestanden ist. Ich hoffe, dass ich in näherer Zukunft fixer Bestandteil dieses Kaders bin. Das wird auch kommen, wenn ich in England zum Spielen komme und gute Leistungen bringe – das ist natürlich ein wichtiger Faktor.
LAOLA1: Du hast deinen Vertrag bei Stoke City verlängert. Was waren die Überlegungen hinter dieser Entscheidung?
Bachmann: Es gab auch andere Optionen, aber England ist weiterhin mein Traum. Ich fühle mich bei Stoke wohl. Die Situation in Stoke ist so, dass Jack Butland die klare Nummer eins ist. Mal sehen, was in dieser Saison passiert. Im Fußball drehen sich die Dinge schnell.
LAOLA1: Hinter Butland gibt es neben dir auch noch den 40-jährigen Shay Given und den 24-jährigen Norweger Jakob Haugaard. Wie ist die Hackordnung?
Bachmann: Butland ist wieder am Knöchel verletzt. Given hat die ersten drei Spiele bestritten und seine Sache gut gemacht. Klar, für mich ist es teilweise wenig verständlich, warum ein 40-Jähriger spielt. Auf der Bank haben sich Haugaard und ich abgewechselt. Für mich ist das ein bisschen frustrierend. Ich hatte in der Vorbereitung Pech, habe wegen einer Knieverletzung drei Wochen verpasst. Wenn das nicht passiert wäre, hätte ich wahrscheinlich sogar die Chance, in der Premier League zu spielen.
LAOLA1: Wie ist das Feedback, das du vom Trainerteam bekommst?
Bachmann: Ich muss einfach auf meine Chance warten. Sie sagen auch, dass ich meine Chance bekommen werde.
LAOLA1: Bist du ein geduldiger Mensch?
Bachmann: Am liebsten würde ich nächste Woche gegen Tottenham spielen. Aber das wird nicht der Fall sein. Ich bin teilweise ungeduldig. Ich habe das Bedürfnis, zu spielen. Ich weiß auch, dass ich bereit bin, zu spielen. Als junger Spieler ist es schwer, ruhig und geduldig zu bleiben.
LAOLA1: Als Feldspieler, vor allem als Offensivkraft, kommt man als junger Spieler ja schnell einmal ein paar Minuten zum Einsatz. Als Tormann ist das anders.
Bachmann: Richtig. Als Offensivspieler sitzt du einmal auf der Bank, dann kommst du für eine Minute rein und hast schon dein Debüt gemacht. Beim nächsten Mal kriegst du fünf Minuten, dann 20 Minuten und irgendwann spielst du. Als Tormann gibt es das nicht. Du kommst dann zum Einsatz, wenn die vor dir verletzt sind oder so schlecht sind, dass dir der Trainer die Chance gibt, was so gut wie nie vorkommt.
LAOLA1: Du hast trotzdem durch deine Leihen schon Profi-Erfahrung gesammelt. Inwiefern hat dich das weitergebracht?
Bachmann: Mir hat das sehr getaugt. Vor allem beim FC Bury hatte ich vergangene Saison eine lässige Zeit. In Europa ist es schwer zu verstehen, wie die unteren Ligen in England sind. Die vier höchsten Spielklassen sind Profi-Ligen. Das Niveau in der zweiten und dritten Liga ist unglaublich – ich habe das selbst nicht geglaubt, bevor ich dort war. Von den Trainingszentren bis zur Organisation ist alles top! In der dritten Liga gibt es Teams, die jedes Heimspiel vor 25.000 Fans bestreiten.
LAOLA1: Diese Leih-Regelung ist von der FIFA gekippt worden. Für junge Spieler ist das ein Drama, oder?
Bachmann: Vor allem für Tormänner ist das eine Katastrophe! Es gab Emergency-Loan: Wenn sich ein Tormann eines Zweitligisten verletzt hat, hat der bei Stoke angerufen und gesagt: „Wir brauchen einen Goalie, gebt uns vier Wochen lang den Bachmann.“ Jetzt sind nur Leihen für sechs Monate oder ein ganzes Jahr möglich. Neu ist auch die Premier League 2, also eine Liga für die zweiten Mannschaften. Das ist okay, um Spielpraxis zu sammeln, aber eben nicht wirklich Erwachsenen-Fußball.
LAOLA1: Hast du dir selbst eine Deadline gesetzt, wo du sagst: „Wenn sich bis dahin nichts ändert, suche ich mir etwas Neues“? Ein Verein aus Deutschland wollte dich ja schon im Sommer haben.
Bachmann: Ich kann noch nicht sagen, was im Transferfenster im Winter passiert. Im Fußball kann sich alles so schnell ändern, deshalb ist es schwer, dazu etwas zu sagen. Vielleicht spiele ich ja in drei Wochen. Jetzt bin ich Spieler von Stoke, bin mit der Allgemeinsituation zufrieden, wenngleich es frustrierende Dinge gibt, was als junger Tormann aber normal ist.
LAOLA1: Du bist seit fünf Jahren in England. Wie sehr bist du schon ein Engländer?
Bachmann: Mein Leben ist in England. Meine Freundin ist aus England. Ich war in den acht Wochen, die ich Sommer-Urlaub hatte, nur zehn Tage in Österreich und die restliche Zeit in England. Ich könnte mir theoretisch sogar einen englischen Reisepass zulegen, was ich aber nicht machen werde.
LAOLA1: Spielt das in diesen Überlegungen auch eine Rolle, dass du dich in England durchbeißen willst, weil du dich dort einfach schon daheim fühlst?
Bachmann: Ich will in der Premier League spielen, das ist mein Traum. Es ist aber nicht so, dass ich sage: Wenn es hier nichts wird, dann gar nicht. Die deutsche Bundesliga ist genauso attraktiv. Aber ich fühle mich eben wohl in England, und würde gerne so lange wie möglich bleiben, wenn es passt.
LAOLA1: Was ist der Unterschied zwischen dem englischen Tormannspiel und dem, was in Österreich gelehrt wird?
Bachmann: Der größte Unterschied ist das Auftreten, die Präsenz der Goalies, die in England spielen. Von der Technik her hat Österreich eine super Tormann-Schule. Aber das Bild des Tormanns ist in England ganz anders – auch abseits des Spielfelds. Wenn ein David de Gea oder ein Kaspar Schmeichel im Tor stehen, schaut das einfach ganz anders aus.
LAOLA1: Bis zu einem gewissen Punkt kann man sich das sicher aneignen, man muss aber auch das Typ dazu sein, oder?
Bachmann: Auf jeden Fall! Es kann sicher nicht jeder in England spielen. Das Zweikampfverhalten gegenüber dem Tormann ist einfach nicht zu vergleichen. In England gehen Zweikämpfe gegen den Tormann durch, wo in Österreich sofort abgepfiffen wird.
LAOLA1: Taugt dir das? Brauchst du vielleicht sogar mal einen Ellbogen in den Rippen, um in ein Spiel reinzukommen?
Bachmann: Teilweise ist es schon sehr extrem, aber ich bin das gewohnt, mir taugt das. Im Gegenzug kann ich genauso rausfahren, wie die in mich reinspringen. Ich finde es gut, wie es in England ist.
"Sobald du in England in einer ersten Mannschaft bist, lebst du in einer eigenen Welt"
LAOLA1: In England sind Jugendspieler sehr schnell Superstars und gelten teilweise als abgehoben. Wie erlebst du das?
Bachmann: Das Geld in England ist unglaublich – nicht nur die Gehälter, sondern auch die Transfersummen. Da wechseln Spieler nach vier Premier-League-Spielen um 15 Millionen Pfund den Verein. So etwas steigt dir schnell einmal zu Kopf. Es fällt in England gar nicht so auf, dass sie abgehoben sind, weil die meisten so sind.
LAOLA1: Sagen wir so: Sie leben in einer eigenen Welt.
Bachmann: Das auf jeden Fall. Sobald du in England in einer ersten Mannschaft bist, lebst du in einer eigenen Welt. Als Fußballer hast du immer den Vorzug. Wenn es in einem Restaurant keinen Tisch mehr gibt und du rufst als Fußballer an, kriegst du trotzdem einen Tisch. Dafür musst du noch gar kein großer Name sein.
LAOLA1: Wie gehst du selber damit um?
Bachmann: Es ist nicht so, dass ich in Manchester auf der Straße gehe und Leute kommen auf mich zu. Meine Freundin holt mich immer auf den Boden zurück. Ich bin auch nicht der Typ, der sich groß feiern lässt. Egal, ob ich 20.000 Euro oder 500.000 Euro im Monat verdiene – das wird sich nie ändern. Aber nehmen wir mal Marcus Rashford, der ist 18 Jahre alt, was ist da los, wenn der in Manchester auf die Straße geht?
LAOLA1: War für dich eine Rückkehr nach Österreich irgendwann ein Thema?
Bachmann: Sag niemals nie. Wir haben mit ein paar Vereinen aus Österreich schon über Leihen gesprochen, es ist aber bis jetzt noch nie zustande gekommen. Ob ein permanenter Wechsel zurück nach Österreich im Moment der richtige Schritt wäre, weiß ich nicht, über eine Leihe würde ich aber nachdenken.
LAOLA1: Hast du mit deinem Teamkollegen Marko Arnautovic abseits des Rasens viel Kontakt?
Bachmann: Ja, schon. Wir verstehen uns sehr gut. Er ist ein Super-Typ.
LAOLA1: Wie ist sein Stellenwert innerhalb des Teams und bei den Fans?
Bachmann: Für die Fans ist er der absolute Hero. Nach der letzten Saison ist das auch verständlich. Innerhalb des Teams respektiert ihn jeder, alle kommen gut mit ihm zurecht. Er ist einer der wichtigsten Spieler bei Stoke.
Das Gespräch führte Harald Prantl