Training bei den Profis, Stammspieler in der U23.
In seinem vierten Jahr bei den Wolverhampton Wanderers nähert sich ÖFB-Youngster Pascal Estrada Schritt für Schritt seinem großen Traum.
Der finale Schritt in den Erwachsenen-Fußball ist jedoch bekanntlich einer der schwersten - gerade in der Premier League.
Im LAOLA1-Interview gibt der 19-jährige Oberösterreicher Einblick in seine aktuelle Situation an der Schwelle zum Profi beziehungsweise erläutert seine Entwicklung als Innenverteidiger und defensiver Mittelfeldspieler mit dem Vorbild Toni Kroos vor Augen.
Zudem klärt der Sohn des früheren Bundesliga-Profis Mario Mühlbauer über seinen Spruch bezüglich Champions League und Österreichs Chancen auf den WM-Titel auf.
LAOLA1: Du trainierst bei den Profis, bist Stammspieler der U23. Wie nah oder wie fern bist du dem großen Ziel Premier League?
Pascal Estrada: Das ist schwer zu sagen. Für mich sind es natürlich unglaubliche Erfahrungen, die ich jeden Tag sammeln darf. In diesem Kreis von Spielern, die Woche für Woche in der Premier League spielen, dabei zu sein, ist für mich als jungen Spieler etwas ganz Besonderes. Im Sommer durfte ich das Spanien-Trainingslager in Marbella mitmachen, wo ich zu meinen ersten Einsätzen gekommen bin. Derzeit trainiere ich ganz oft oben mit, die Spielpraxis bekomme ich in der U23, was sehr in Ordnung ist. Ich bin sehr zufrieden damit.
LAOLA1: Welche Perspektive zeigt dir der Verein bei entsprechender Entwicklung auf? Signalisieren sie, dass du oben ein echtes Thema bist, wenn du bestimmte Ziele erreichst?
Estrada: Konkrete Punkte, wo sie sagen, wenn ich das und das erreiche, spiele ich oben, gibt es nicht. Ich muss mich wie jeder andere im Training zeigen und in den Vordergrund spielen. Dem Cheftrainer ist egal, ob jemand alt oder jung ist. Da zählt nur die Leistung. Der Verein bietet mir beziehungsweise auch vielen anderen jungen Spielern die Chance, mitzutrainieren und sich so oben zeigen zu können.
LAOLA1: Was für ein Typ ist Chefcoach Bruno Lage? Gibt er persönlich Feedback an die Jungen oder ist das eher die Aufgabe von Talentemanagern?
Estrada: Als Typ ist Bruno Lage ein richtig cooler Charakter, der Fußball definitiv lebt und im Gegensatz zu seinem Vorgänger Nuno Espirito Santo auch sehr emotional ist. Ich denke, man merkt es auch auf dem Spielfeld, dass er ein sehr emotionaler Mensch ist (grinst). Das beeindruckt einen als jungen Spieler natürlich. Feedback gibt es im Training, auch direkt vom Cheftrainer. Er hat klarerweise auch einen größeren Trainerstab um sich, in dem der eine oder andere näher auf die Jungen eingeht. Ich habe beispielsweise viel mit dem Trainer, der für die Defensivarbeit zuständig ist, zu tun. Die großen Halbjahres- und Jahres-Gespräche finden mit dem Trainerstab der zweiten Mannschaft statt.
LAOLA1: Du trainierst mit namhaften Spielern. Mit Conor Coady spielt gar ein englischer Teamspieler auf deiner Position. Wie ist der Umgang, und was kann man sich alles abschauen?
Estrada: Man kann sich nicht nur von Conor Coady sehr viel abschauen, sondern auch bei allen anderen. Wenn man als junger Spieler mit Spielern, die auch international spielen, trainiert, kann man ganz viel mitnehmen, und das probiere ich auch. Der Umgang ist sehr gut, ich persönlich fühle mich sehr wohl. Wenn man bei den Profis trainiert, wird man sehr gut aufgenommen und auch sehr gut in die Trainingseinheit integriert.
"Seit Sommer bin ich persönlich in der Phase, dass man schön langsam mitmischen und sicher auch Konkurrent werden will. Sich etwas abzuschauen, ist schön und gut, aber es kommt der Zeitpunkt, an dem man konkurrenzfähig und auch besser sein möchte."
LAOLA1: Ist es ein Spagat, sich einerseits etwas abschauen zu wollen, andererseits in Gedanken zu haben, dass man gerne ein Konkurrent dieser Spieler sein möchte?
Estrada (grinst): Das ist natürlich ein Thema. Ganz am Anfang war es so, dass man in erster Linie darauf achtet, in diesen Trainingseinheiten mithalten zu können. Damals habe ich mir gedacht: „Hoffentlich fällt es nicht zu sehr auf, falls man mal etwas Schlechtes macht.“ Aber seit dem Sommer in Spanien bin ich persönlich in der Phase, dass man schön langsam mitmischen und sicher auch Konkurrent werden will. Sich etwas abzuschauen, ist schön und gut, aber es kommt der Zeitpunkt, an dem man konkurrenzfähig und auch besser sein möchte.
LAOLA1: Hast du die konkrete Hoffnung, dass es schon diese Saison mit einem Profieinsatz klappt?
Estrada: Das ist natürlich das Ziel. Man muss aber betonen, dass es besonders Conor Coady, Max Kilman und Romain Saiss, die meistens von Beginn an spielen, richtig gut machen (erst 15 Gegentore in 20 Liga-Spielen; Anm.d.Red.). Speziell als defensiver Spieler ist es da natürlich sehr schwer, einen Einsatz zu bekommen, weil es einfach extrem gut läuft. Aber schauen wir, was bis zum Ende der Saison passiert, es bleibt sicher das Ziel.
LAOLA1: Sportlich läuft es bei den Wolverhampton Wanderers gut. Was stellt der Verein generell für dich dar?
Estrada: Nuno hat damals in der Championship das Projekt gestartet und Wolverhampton zu einem internationalen Verein gemacht, der Europa League gespielt hat. Wenn man die aktuelle Saison verfolgt, ist der Verein weiter auf einem richtig guten Weg – und das merkt man im Klub auch, weil er eine große Positivität ausstrahlt. Das Ziel, über kurz oder lang wieder in einem internationalen Wettbewerb dabei zu sein, ist realistisch.
LAOLA1: War für dich eigentlich immer klar, dass du ins Ausland willst, sollte sich die Chance ergeben? Und war speziell England der Traum?
Estrada: Für mich war immer klar: Wenn ich die Chance bekomme, ins Ausland zu gehen, dann möchte ich das gerne machen. England war dabei jedoch zugegeben nicht zuallererst in meinem Kopf. Aber als das Angebot aus Wolverhampton da war, war es sehr klar für mich, dass ich das machen möchte.
LAOLA1: Was war konkret so reizvoll am Angebot aus Wolverhampton?
Estrada: Ich hatte das Glück, dass ich hier auf eine Probewoche durfte, in der ich den ganzen Ablauf, alle Prozesse erleben durfte. Von der Infrastruktur bis hin zur Professionalität habe ich in dieser Woche einen so guten Eindruck bekommen, dass ich nicht mehr lange überlegen musste, als das Angebot dann da war.
"Jetzt umso mehr als früher, denn jetzt geht es immer mehr in Richtung Erwachsenen-Fußball. Mein Vater und ich waren immer in einem sehr engen Kontakt, reden fast täglich, und ich lege auch sehr viel Wert auf seine Meinung und sein Feedback."
LAOLA1: Inzwischen bist du 19, als du nach England übersiedelt bist, warst du 16. In diesem Alter ins Ausland zu gehen, ist bisweilen nicht so einfach. Es gibt ja auch ein Leben abseits des Platzes. Gab es Phasen, in denen es nicht so leicht ging, in denen du beispielsweise die Heimat vermisst hast?
Estrada: Natürlich, das war definitiv so. Speziell am Anfang als 16-Jähriger war es nicht so leicht. Aber ich habe den Support bekommen, den ich gebraucht habe. Ich habe anfangs bei einer Gastfamilie gelebt, was mir extrem geholfen hat, weil ganz einfach dieses Familiäre vorhanden war, auch wenn meine Familie nicht da war. Dieses familiäre Leben hat mir in Zeiten, in denen es nicht so einfach war, sehr geholfen. Mit der Zeit ist es immer besser geworden. Wahrscheinlich hilft es, wenn man älter wird (schmunzelt). Auch mit der Sprache ist es immer besser geworden, und somit habe ich mich immer wohler gefühlt.
LAOLA1: Du kommst ja aus einer Fußballer-Familie. Hilft es, dass dein Papa Mario Mühlbauer Bundesliga-Profi war und somit das Business bestens kennt? Kann er im richtigen Moment, wenn es vielleicht einmal nicht so einfach ist, den richtigen Hinweis geben?
Estrada: Ja, ganz klar. Jetzt umso mehr als früher, denn jetzt geht es immer mehr in Richtung Erwachsenen-Fußball. Wir waren immer in einem sehr engen Kontakt, reden fast täglich, und ich lege auch sehr viel Wert auf seine Meinung und sein Feedback, ganz speziell nach Spielen. Er teilt mir seine Sichtweise mit, und das war schon immer so, seit ich ganz klein war. Deswegen hilft mir das sehr.
LAOLA1: Was Plan A ist, liegt auf der Hand. Hast du dir auch Plan B oder C überlegt, um im Profi-Fußball Fuß zu fassen, sollte es nicht gleich klappen? Ist es beispielsweise auch ein Gedanke, es wie Chelsea-Youngster Thierno Ballo in Österreich zu probieren?
Estrada: So weit gehen die Gedankenspiele noch nicht. Natürlich gibt es Plan A, der ganz offensichtlich ist. Sollte das nicht funktionieren, braucht es natürlich einen Plan B. So realistisch muss man auch sein. Mein persönliches Ziel ist ganz einfach, in naher Zukunft in den Profi- und Erwachsenen-Fußball einzusteigen und dort auch Spielpraxis zu sammeln. Wenn das mit Plan A nicht funktioniert, muss man sich natürlich Plan B überlegen.
LAOLA1: Toni Kroos ist dein großes Vorbild. Was schaust du dir von ihm ab?
Estrada: Immer noch ganz viel. Früher in der Akademie in Österreich war ich zentraler Mittelfeldspieler, was ich speziell in dieser Saison wieder öfters gespielt habe. Ich vergleiche mich als Spielertyp deshalb gerne mit ihm, weil er sehr einfach spielt, zudem eine sehr gute Passqualität und Übersicht hat. Das sind Qualitäten, die man auch eine Etappe weiter hinten in die Innenverteidigung mitnehmen und umsetzen kann. Natürlich kommt es ganz hinten auch auf ganz viele anderen Sachen an. Aber ich sehe mich als Spielertyp ähnlich, deswegen nehme ich ihn gerne als Vorbild. Ich würde mich als spielerisch sehr starken Innenverteidiger beschreiben, der mit dem Ball gute Lösungen finden kann. Das würde ich als meine Stärke bezeichnen.
"Als großer Real-Madrid-Fan darf man das vielleicht gar nicht mehr sagen. Aber Sergio Ramos war schon geil, vor allem seine Mentalität. Ich finde, er ist auch mit dem Ball richtig gut, aber gegen den Ball ein richtiges Mentalitätsmonster."
LAOLA1: Welcher Innenverteidiger aus dem Weltfußball taugt dir besonders?
Estrada: Sergio Ramos. Als großer Real-Madrid-Fan darf man das vielleicht gar nicht mehr sagen. Aber er war schon geil, vor allem seine Mentalität. Ich finde, er ist auch mit dem Ball richtig gut, aber gegen den Ball ein richtiges Mentalitätsmonster. Die Vorzüge, die es als Innenverteidiger braucht, hat er ganz gut drauf.
LAOLA1: Auf der Wolverhampton-Homepage wurdest du gefragt, was du erreichen möchtest, wenn du dir genau ein Ziel aussuchen darfst. Du hast geantwortet: „Ich würde gerne sagen, dass ich mit Österreich die WM gewinnen möchte, aber das scheint unwahrscheinlich, also nehme ich die Champions League.“ Traust du dem Nationalteam den großen Triumph etwa nicht zu…?
Estrada (lacht): Dieser Sager ist schon länger her, bleibt aber irgendwie bei jedem hängen. Die Champions League wäre natürlich extrem lässig, aber ganz ehrlich: Ich würde mich über beides nicht beschweren.
LAOLA1: Und wir reden vom Gewinn der Champions League, richtig?
Estrada: Natürlich den Gewinn. Wenn schon, denn schon (lacht).
LAOLA1: Hast du den ÖFB auch aktuell im Blick, speziell die U21?
Estrada: Natürlich. Ich bin im Februar 2020 das erste Mal für Spiele auf Zypern in die U19 einberufen worden. Ich durfte in beiden Matches durchspielen und es ist richtig gut gelaufen. Das nächste Ziel war die Qualifikation für die Europameisterschaft, aber die wurde abgesagt, weil die Corona-Situation einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Daher ist mein nächstes Ziel die U21-Nationalmannschaft.