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Todd Boehly und Chelseas wahnwitzige Milliarden-Offensive

Die "Blues" gaben unter dem Neo-Eigentümer bisher nie dagewesene Summen am Transfermarkt aus. LAOLA1 beleuchtet die Hintergründe der Transferstrategien.

Todd Boehly und Chelseas wahnwitzige Milliarden-Offensive Foto: © getty

Den diesjährigen Transfer-Sommer wird wohl keiner so schnell vergessen.

Während sich Saudi-Arabien mit einem kaum vergleichbaren Kaufrausch um nahmhafte Fußballstars als neuer "Big Player" positionierte, dominierte in Europa vor allem ein Klub die Transfergeschehnisse – der FC Chelsea.

Bereits in der vergangenen Saison haben die "Blues" ihr zielstrebiges Vorgehen auf dem Transfermarkt unter Beweis gestellt. Über 600 Millionen Euro wurden in neues Spielermaterial investiert. Damit pulverisierte man den Rekord an Transferausgaben in einer Saison vom FC Barcelona aus der Saison 2017/18, der bei rund 375 Millionen Euro lag (Angaben laut transfermarkt.at).

Allein im vergangenen Winter blätterte Chelsea rund 330 Millionen Euro hin. Besonders brisant: Diese Summe übersteigt die Ausgaben sämtlicher Vereine der Topligen aus Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland zusammen in der selben Zeit.

Mit Rekordtransfers wie jenem von Enzo Fernandez, den man im vergangenen Wintertransferfenster für unglaubliche 121 Millionen Euro von Benfica Lissabon an die Stamford Bridge holen konnte, setzte man im Sommer erneut Rekordmarken. Der großräumige Kaderumbruch des Premier-League-Klubs wurde zuletzt weiter vorangetrieben.

In der aktuellen Transferperiode schraubte Chelsea seine Aufwände für Neuverpflichtungen mit weiteren Millionen-Deals in kaum greifbare Sphären hoch. Bislang nahm man über 400 Millionen Euro für Neuzugänge in die Hand. Summa summarum haben die "Blues" innerhalb der vergangenen zwölf Monate mehr als eine Milliarde Euro (!) ausgegeben.

Das sind die teuersten Transfers der "Blues" unter Todd Boehly: 

Platz Name Alter Ehemaliger Verein Ablösesumme
1 Enzo Fernandez 22 Benfica Lissabon 121 Mio. €
2 Moises Caicedo 21 Brighton & Hove Albion 116 Mio. €
3 Wesley Fofana 21 Leicester City 80,4 Mio. €
4 Mykhaylo Mudryk 22 Shaktar Donetzk 70 Mio. €
5 Marc Cucurella 24 Brighton & Hove Albion 65,3 Mio. €
6 Romeo Lavia 19 FC Southampton 62,1 Mio €
7 Christopher Nkunku 25 RB Leipzig 60 Mio. €
8 Raheem Sterling 27 Manchester City 56,2 Mio. €
9 Cole Palmer 21 Manchester City 47 Mio. €
10 Axel Disasi 25 AS Monaco 45 Mio. €
Ex-Klubeigentümer Roman Abramovich musste den FC Chelsea im Mai 2022 abtreten.
Foto: © getty

Im Mittelpunkt des Transfer-Wahnsinns steht Todd Boehly, der seit der Übernahme von Roman Abramowitsch im Mai 2022 neben der Investmentgesellschaft Clearlake Capital und weiteren Investoren als Miteigentümer an den finanziellen Hebeln des englischen Erfolgklubs sitzt und für die Abwicklung von Chelseas Transferbelangen verantwortlich ist.

Dass sich der US-amerikanische Unternehmer mit seinem teilweise radikalen Kurs, außer bei den abgebenden und damit profitierenden Vereinen, wohl kaum Sympathien erlangt, sei dahingestellt. Bei zwei Ligakonkurrenten – dem FC Arsenal und dem FC Liverpool – wird Boehly aber wohl nicht mehr offene Türen einrennen.

Die "Gunners" zogen beim Transferduell um Offensivtalent Mikhaylo Mudryk im vergangenen Jänner den Kürzeren. Chelsea überbot Arsenal, das sich lange als Favorit auf den ukrainischen Nationalspieler sah aber den hohen Ablöseforderungen von Shakhtar Donetsk nicht beugen wollte. Die "Blues" wiederum akzeptierten die gewünschte Summe von 100 Millionen Euro (70 Milllionen Sockelablöse plus 30 derer an Boni) und erhielten den Zuschlag.

Auch Liverpool kann ein Liedchen davon singen, vom FC Chelsea ausgestochen worden zu sein. Die "Reds" handelten sich bei ihren Wunschspielern für die Sechseserposition, Moises Caicedo und Romeo Lavia, gleich doppelt eine Transfer-Pleite ein.

Obwohl Liverpool laut diversen Medienberichten bereits zuvor mit Brighton & Hove Albion Einigkeit über einen Wechsel von Caicedo erzielte, entschied sich der 21-jährige Ecuadorianer für einen Transfer an die Stamford Bridge. Caicedo stieg unter dem Chelsea-Wappen mit einer Ablöse von 133 Millionen Euro inklusive Bonuszahlungen zum teuersten Premier-League-Spieler aller Zeiten auf.

Millionen-Budget bringt Chelsea in bevorteilte Position 

Die "Blues" sicherten sich Mittelfeldtalent Romeo Lavia.
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Auch bei der Sechser-Alternative Lavia wurde die zögerliche Verhandlungstaktik der "Reds" zum Stolperstein. Chelsea handelte schneller und war auch in diesem Fall bereit, dem hoch angesetzten Preisschild von über 60 Millionen Euro nachzukommen.

Während die persönliche Klub-Präferenz der Spieler ohne Zweifel für diese Transfers ausschlaggebend sein kann, darf die finanzielle Perspektive derweil nicht außer Acht gelassen werden.

Bei den Londonern werden nämlich seit Boehlys Machtübernahme Verträge mit ungewöhnlich langer Laufzeit aufgesetzt. Die Neuankömmlinge unterschrieben allesamt für sieben oder acht Jahre und können über diesen Zeitraum mit konstant hohem Einkommen rechnen. Für die Spieler wahrlich eine Absicherung, zeitgleich geht Chelsea damit aber ein hohes Risiko ein.

Sollten sich die Hoffnungen auf Top-Leistungen durch Formkrisen oder Verletzungspech zerschlagen, wird es für Boehly und Co. wohl in Zukunft kein leichtes Unterfangen, jene Akteure wieder abzugeben.

Was bringt es dem finanzstarken Premier-League-Klub überhaupt, so ein Wagnis einzugehen?

Finanzieller "Schachzug" für UEFA ein Dorn im Auge 

Die Methodik, die hierbei angewandt wird, ist in wirtschaftlichen Prozessen keine Neuheit und wird als Amortisation bezeichnet.

Chelsea kauft Spieler X zu einem gewissen Zeitpunkt, die Transfer-Ausgaben werden in der Bilanz jedoch auf die Dauer des Arbeitspapiers in Tranchen verteilt. So zahlen die "Blues" pro Saison nur einen Bruchteil des Betrags.

Dieser finanzielle Schachzug ist für die UEFA schnell zu einem Problem gereift. Der europäische Fußballverband erlaubt seit diesem Sommer nur noch fünf Jahre an maximaler Kontraktlaufzeit. Für Chelsea, dass in der Vorsaison die Liga nur auf Platz zwölf abschloss und damit nicht im Europacup vertreten ist, hat diese Einschränkung noch keine Bedeutung.

Transferstrategie birgt hohes Risiko 

Für die "Blues" gelten folglich nur die Regularien auf nationaler Ebene, die keine Begrenzung der Vertragsdauer vorschreiben.

Chelsea geht dabei nichtsdestotrotz ein hohes finanzielles Risiko ein und legt sich obendrein einen gewaltigen Leistungsdruck auf.

Nach den neuen UEFA-Regeln für Finanzen und Nachhaltigkeit (ehemals Financial Fairplay), die ab nächsten Sommer in Kraft treten, darf man erst 90 Prozent, dann 80 Prozent und schließlich 70 Prozent der Einnahmen für Gehälter, Beraterhonorare und Nettotransferkosten ausgeben.

Defizite zwischen Einnahmen und Ausgaben dürfen unterdessen durch einen externen Geldgeber beziehungsweise Investor mit einer Zahlung von maximal 30 Millionen Euro pro Saison ausgeglichen werden.

Bleibt der sportliche Erfolg auf der Strecke, werden die Einnahmen dementsprechend bescheiden ausfallen und der Verein könnte über lang oder kurz gezwungen sein, Spieler abgeben zu müssen.

Chelsea schaffte mit Saudi-Transfers Platz bei Gehaltsbudget

N'Golo Kante geigt mittlerweile in Saudi-Arabien für Al Ittahd auf.
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Mit guten Verbindungen nach Saudi-Arabien könnte Boehly demgegenüber für diese potenzielle Problematik ein Stück weit vorgesorgt haben.

Schon in diesem Sommer zeigten sich Klubs aus dem nahen Osten als dankbare Abnehmer für ungewollte Spieler aus Chelseas Reihen.

Ex-Spieler wie N‘Golo Kante, Edouard Mendy und Kalidou Koulibaly beziehen ihr Gehalt seit diesem Sommer bei Vereinen aus dem Wüstenstaat. Chelsea erhielt im Gegenzug wichtige Millionen-Einnahmen, konnte im Fall von Kantes ablösefreien Wechsel immerhin bei den Gehaltskosten Platz freischaufeln.

Die Transfers erhielten mediales Aufsehen, nachdem Berichte aufkamen, wonach der saudi-arabische Staatsfond PIF mehrere Milliarden Euro bei Clearlake Capitals, dem größten Anteilseigner von Chelsea, investiert habe und somit eine Einflussnahme bei den Geschäften des Klubs nicht auszuschließen ist.

Selbstanzeige bescherte den "Blues" saftige Strafe 

Die UEFA ist angesichts der intransparenten Besitzerstruktur noch nicht aktiv geworden. Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Thematik zukünftig nicht näher beleuchtet wird.

Derzeit ist es im Europapokal nicht zugelassen, dass eine juristische oder eine natürliche Person bei mehr als einem Klub die Kontrolle hat. Der saudi-arabische Staatsfond PIF ist aktuell Mehrheitsanteilseigner von Chelseas Ligarivalen Newcastle United. Ein Interessenskonflikt scheint somit vorprogrammiert. 

Als bereits äußerst folgenreich gestaltete sich für die "Blues" jedoch der durch eine Selbstanzeige aufgedeckte Bilanz-Skandal, in dem die Londoner unter Voreigentümer Roman Abramowitsch von 2012 bis 2019 eine "potenziell unvollständige Finanzberichterstattung" aufwiesen.

Weiters habe der Klub gegen die UEFA-Bestimmungen zur Klublizenzierung und zum Financial Fairplay verstoßen. Nach der erfolgten Selbstanzeige durch Boehly wurden die "Blues" durch einen vollzogenen gerichtlichen Vergleich zu einer satten Geldstrafe von zehn Millionen Euro verdonnert, wie die UEFA ende Juli mitteilte. 

Kadergröße als immerwährendes Problem - Pochettino kennt eigene Spieler nicht 

Cheftrainer Pochettino hat bei der enormen Kadergröße so seine Probleme.
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Zu den finanziellen Ungereimtheiten der Vergangenheit gesellt sich ein weiteres Problem hinzu: Die Kadergröße.

Durch den Kaufrausch der "Blues" aus den vergangenen Transferperioden blähte sich der Kader regelrecht auf, wodurch es vermehrt zu Problemen innerhalb der Mannschaft und deren Kabine kam, die für die derzeit herrschende Überbesetzung schlicht nicht ausgelegt ist. 

Diese Umstände führten vermehrt zu Kritik, die auch einzelne Akteure dazu veranlasste, ihre Meinung forsch zu äußern. So tat dies etwa Routinier Thiago Silva, der derzeit im hohen Fußball-Alter von 38 Jahren den Herbst seiner Karriere an der Stamford Bridge verbringt: 

"Wir können nicht den Trainern die Schuld geben, wenn wir nicht die Verantwortung übernehmen. Es ist eine schwierige Zeit für den Verein, mit großer Unschlüssigkeit. Wir mussten die Umkleidekabine vergrößern, weil sie nicht zur Größe des Kaders passte", so der Brasilianer gegenüber "TNT Sports" im vergangenen April. 

"Positiv ist, dass wir tolle Spieler im Kader haben, aber andererseits gibt es immer Spieler, die unzufrieden sind. Es wird immer jemanden geben, der sich aufregt, weil nicht alle spielen können. Der Trainer kann aus einem Kader von mehr oder weniger 30 Spielern nur elf auswählen - das ist schon hart", so der 38-Jährige weiter. 

Aufgrund des derart großen Kaders fehlt Cheftrainer Mauricio Pochettino oftmals selbst der Überblick über seine eigenen Schützlinge. So konnte er auf eine Frage im Rahmen einer Pressekonferenz keine Auskunft über die Chelsea-Spieler Malang Sarr und Nachwuschsspieler Jamie Cumming geben, da er diese scheinbar nicht kannte. 

Wie Pochettino das Problem des überdimensionierten Kaders künftig lösen will, von dem nur 25 Akteure in den jeweiligen Klubbewerben zulässig sind, wird sich in den kommenden Monaten weisen. 

Die Top-20 der teuersten Chelsea-Transfers unter Todd Boehly

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