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Marko Arnautovic: Vom "Überflüssigen" zum Entscheider

Kaum Spielzeit, aber maximale Wirkung: Marko Arnautovic trifft, wenn es zählt – und überzeugt auch abseits des Rasens.

Marko Arnautovic: Vom Foto: © getty

Gegen drei Gegenspieler durchgesetzt, ein Kracher unter die Latte. Wenige Minuten später ein Zuckerpass auf Lautaro Martinez, der per Lupfer vollstreckt. Das San Siro bricht in Jubel aus, Trainer Simone Inzaghi auch.

Der Coach jubelt aber nicht in Richtung des Torschützen, sondern fällt dem Assistgeber um den Hals. "Marko ist überragend", sagte Inzaghi am Samstag nach dem 3:1-Sieg von Inter Mailand über Cagliari Calcio über Marko Arnautovic.

Als der bald 36-Jährige im August 2023 bei Inter unterschrieb, ahnte noch niemand, welche Bedeutung er für die "Nerazzurri" einmal bekommen würde.

Zweieinhalb Jahre später ist der ÖFB-Star beim Serie-A-Spitzenreiter einer der Führungsspieler geworden. Außerdem ist er auch sportlich ein elementarer Baustein beim amtierenden Meister. Das mag auf den ersten Blick, aber eben nur auf diesen, eigenartig wirken, wo Arnautovic doch kaum Spielzeit erhält.

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"Ein großartiger Typ"

Nun, zunächst gilt es festzuhalten, dass Führungsspieler nicht immer auf dem Platz stehen müssen, um einen wesentlichen Impact zu haben, das wird beispielsweise Sturm-Kapitän Stefan Hierländer bestätigen können.

Arnautovic ist in der Inter-Kabine enorm beliebt, es ist kein Zufall, dass Arnautovic eine der ersten Adressen ist, die von Spielern nach dem Torjubel angesteuert wird - auch, wenn er auf der Bank sitzt. "Er ist der erste Spieler, den du hörst, wenn du am Morgen in die Kabine gehst. Er ist ein großartiger Typ, das Gegenteil von dem, wie er oft in den Medien dargestellt wird. Er hat mir auch sehr geholfen, als wir beide 2023 ankamen", sagte etwa Yann Bisseck über den ÖFB-Star.

Spielt Arnautovic, beweist er, dass er nach wie vor nicht zum alten Eisen gehört. Er sammelte in dieser Saison erst 684 Einsatzminuten, traf dabei aber sieben Mal. Macht im Schnitt ein Tor alle 98 Minuten. Damit ist er der mit Abstand effektivste Stürmer bei Inter.

In Sachen Effizienz hat Topstar Martinez das Nachsehen gegenüber Arnautovic
Foto: © getty

Zum Vergleich: Die Top-Stars Lautaro Martinez und Marcus Thuram halten bei 159 bzw. 172. Reduziert man es auf Ligaspiele, ist der Unterschied noch eklatanter. In der Serie A kommt "Arni" auf 89 Minuten und hängt damit Kapitän Martinez (200) sogar noch klarer ab, Thuram liegt mit 158 Minuten auch hier klar hinter ihm.

Nun lässt sich natürlich schwer sagen, ob Arnautovic bei mehr Einsatzzeit öfter getroffen hätte, geschweige denn, ob das sein anfälliger Muskelapparat überhaupt mitgemacht hätte. Dass Arnautovic so wenig spielt, liegt natürlich einerseits daran, dass an Martinez und Thuram kein Vorbeikommen ist, andererseits spielt eben auch die Belastungssteuerung eine große Rolle.

Arnautovic trifft, wenn's wichtig ist

Immer wieder hat Arnautovic mit muskulären Problemen zu kämpfen, fiel im Herbst deswegen auch wochenlang aus. Seit dem Jahreswechsel blieben ernsthafte Blessuren aber aus. In diesem Kalenderjahr kam er in den nationalen Bewerben zu acht Einsätzen. Die Ausbeute: fünf Tore, zwei Vorlagen.

Zudem erzielt Arnautovic wichtige Treffer. So schoss er Inter Anfang Februar gegen die Fiorentina zum Sieg, gegen Monza startete er mit seinem Treffer zum 1:2 die erfolgreiche Aufholjagd zum 3:2-Sieg, gegen Udinese in der Liga sowie Lazio in der Coppa brachte er die "Nerazzurri" jeweils 1:0 in Front. Der bisherige Höhepunkt war seine Glanzleistung beim 3:1-Sieg gegen Cagliari mit Tor und Assist, für die er auch zum "Man of the Match" gewählt wurde.  

Während Arnautovic im Herbst nur die vierte Geige in der Stürmerriege spielte, ist er mittlerweile an Mehdi Taremi vorbeigezogen. "Wenn er gebraucht wird, liefert er", bringt es Nima Tavallaey Roodsari, Chefredakteur von "Sempre Inter", im "Standard" auf den Punkt. 

Inzaghi: "Wissen, was er uns geben kann"

In dieser Form ist Arnautovic bei Inter nicht wegzudenken. Das sieht auch sein Trainer so, der ihn für seine Leistungen regelmäßig geradezu mit Lob überhäuft. "Wir wissen, was er uns geben kann", sagt Inzaghi über Arnautovics Fähigkeiten.

"Er atmet Fußball", schwärmt der Coach. Und Arnautovic spuckt Tore. "Ich wollte ihn unbedingt bei uns haben und habe großes Vertrauen in ihn. Sie (Medien und Experten, Anm.) sagten, dass er seinen Durchschnitt aus Bologna nicht halten könnte", erinnerte Inzaghi im Rahmen des jüngsten Derbys gegen Milan. Insofern hatten Gazzetten und Fachleute auch Recht: Er hielt ihn nicht, sondern verbesserte ihn sogar deutlich von 182 Minuten pro Tor auf bereits erwähnte 98.

Eine Rolle, die passt

Während man lange Zeit davon ausgehen musste, dass sich die Wege von Arnautovic und Inter im Sommer nach zwei Jahren trennen würden, scheint sich der Wind dank seiner starken Leistungen mittlerweile zu drehen.

"Ich bin mir auch bewusst, dass er Optionen hat, die in seinem Vertrag stehen und ich werde meine endgültige Bewertung bis zum Ende der Saison vornehmen."

Inter-Coach Inzaghi

Wie "Calciomercato" berichtet, könnte der Österreicher ein weiteres Jahr ein "Nerrazzuro" bleiben. Sein Vertrag soll eine entsprechende Option beinhalten. "Ich bin mir auch bewusst, dass er Optionen hat, die in seinem Vertrag stehen und ich werde meine endgültige Bewertung bis zum Ende der Saison vornehmen", meinte Inzaghi zuletzt kryptisch. Entgegen der Strategie der Klub-Eigentümer, die eine Verjüngung des Teams anstreben, soll der Trainer seinen Schützling jedenfalls behalten wollen.

Verdient wäre eine Verlängerung allemal, denn Marko Arnautovic hat bei Inter in seiner zweiten Saison eine Rolle als "Edel-Backup" und Kabinen-Leader gefunden, die ihm auf den Leib geschneidert scheint: Nicht zu viel spielen, aber wenn, dann voll da (und auch effektiv) sein.

Arnautovics "Goldene Chance"

Inzaghi weiß, dass es nur wenige Spieler mit jener Qualität für solche Rollen gibt. Genau das ist es, was Arnautovic für Inter so wichtig macht und was Inzaghi nicht verlieren möchte. "Er begreift, dass er bei Inter eine goldene Chance hat", bringt es Roodsari auf den Punkt.

Außerdem könnte sich Arnautovic in einen exklusiven Klub hieven. Erst zwölf Spielern gelang es, das Triple aus Meisterschaft, nationalem Pokal und Champions League zweimal mit demselben Verein zu gewinnen. Diesmal allerdings mit einem gewichten Anteil daran, anders als bei seinem ersten Inter-Engagement vor 15 Jahren. Bei keinem seiner zwölf Vorgänger lag übrigens auch nur annähernd so viel Zeit zwischen beiden Triples.

Arnautovic ist ein elementares Puzzlestück für den Inter-Erfolg geworden. Oder wie es "Il Gorno" treffend formulierte: "Er wurde vom Überflüssigen zum Entscheider."

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