Inter Mailand krönte sich am Montagabend zum italienischen Meister.
Und dies ausgerechnet im prestigeträchtigen "Derby della Madonnina" gegen den Erzrivalen und ersten Verfolger AC Milan (zum Spielbericht>>>). Dies war aber zuvor schon nur noch Formsache, da man in der Serie A mehr als deutlich voran lag. Zur Tabelle>>>
Die "Nerazzurri" spielen eine überragende Saison, in der Liga steht lediglich eine Niederlage zu Buche, 27 seiner 33 Spiele konnte die Elf von Erfolgscoach Simone Inzaghi gewinnen.
Doch was macht die Truppe um Marko Arnautovic, die im Vorjahr als Dritter nur eine Nebenrolle spielte, heuer so stark? LAOLA1 liefert die Top-5-Gründe für den Titelgewinn von Inter Mailand.
#1 Der Erfolgscoach: Simone Inzaghi
Der 48-Jährige coacht die Mailänder bereits seit Sommer 2021, im nun dritten Jahr seiner Trainer-Ägide blüht seine Mannschaft so richtig auf. Das liegt zum einen an seiner Idee von Fußball und dem Weg, den er dorthin bewältigt hat. Zum anderen ist seine Fähigkeit, Spieler zu entwickeln oder ihnen eine neue spielerische Identität zu geben, ein wesentlicher Faktor.
In den ersten eineinhalb bis zwei Jahren wurde Inzaghi häufig dafür kritisiert, keinen Plan B zu haben und zu sehr seiner Startelf zu vertrauen. Doch der frühere Stürmer hat sich die Kritik zu Herzen genommen und sich deutlich weiterentwickelt.
Zwar hat er nach wie vor ein solides Grundgerüst, auf das er setzt, jedoch wurde seine Elf, auch durch qualitativ hochwertige Neuzugänge, in der Breite variabler. Speziell in der Offensive gönnt er seinen Stars wie Lautaro Martinez und Nicolo Barella immer wieder Pausen. Dort hat er mit Davide Frattesi, Kristjan Asllani, Alexis Sanchez und natürlich Marko Arnautovic jede Menge Alternativen zur Hand.
Das gibt ihm auch die Möglichkeit, variabler zu sein. Zwar spielen die Außenbahnspieler wie Federico Dimarco, Matteo Darmian, Carlos Augusto und Denzel Dumfries eine große Rolle, mittlerweile kommt Inter aber durch Spieler wie Arnautovic und Sanchez, die oftmals als Joker eingesetzt werden, gerne auch über die Mitte und ist dadurch weniger ausrechenbar. Stichwort Joker: Spieler wie "Arni", Sanchez und Frattesi geben Inzaghi die Möglichkeit, von der Bank aus einen Unterschied zu machen. Das zeigen auch die Zahlen, Frattesi etwa ist der viertbeste Scorer im Team (sieben Tore, fünf Vorlagen), spielt aber kaum einmal von Beginn an.
Zudem setzt Inter sein hohes Pressing enorm effektiv ein. Die "Nerazzurri" spielen beinahe eine Art "totalen Fußball", sogar die Verteidiger wie Alessandro Bastoni und Stefan de Vrij schalten sich dabei immer wieder in die Offensive ein.
Weiters hat Inzaghi, für Inters Spiel maßgebliche, Akteure wie Hakan Calhanoglu und Lautaro Martinez auf ein neues Level gehoben und sie in der Serie A zu den besten auf ihren Positionen geformt. Das gelingt ihm einerseits durch seine Spielidee, die auf diese Spielertypen zugeschnitten ist und andererseits durch seine menschlichen Stärken. Inzaghi gilt bei seinen Spielern als ungemein beliebt. Er brennt extrem für seine Aufgabe und lebt Fußball Tag und Nacht. "Er will immer gewinnen und wird wütend, wenn wir nachlassen. Aber wenn das Training zu Ende ist, sieht man, dass er ein großes Herz hat. Er ist sehr ruhig und wir können mit ihm über alles reden", sagt etwa Calhanoglu über seinen Coach.
Inzaghi hat sich in den letzten Jahren zu einem der besten Trainer Europas gemausert. Mit dem Titel konnte er seine Ära bei Inter krönen. Dennoch fliegt er in der internationalen Wahrnehmung unter dem Radar und wird kaum in den Nachfolger-Diskussionen bei Barcelona, Liverpool oder Bayern München genannt.
Das liegt vor allem daran, dass Inzaghi keiner ist, der das Rampenlicht sucht. Er möchte, dass sich die Aufmerksamkeit auf seine Spieler und deren Leistungen richtet und nicht auf seine Fähigkeiten als Coach. Anders als sein früherer Roma-Widerpart Jose Mourinho lässt er sich kaum auf öffentliche Diskussionen ein oder löst Kontroversen aus, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder abzulenken. Zudem soll er sich in Mailand sehr wohl fühlen und keinerlei Abgangsgedanken hegen.
#2 Defense wins Championships
Wer nur 18 Tore in 33 Spielen bekommt, hat mit dieser soliden Defensive die Basis für eine solch bärenstarke Saison gelegt. In der Abwehr hat Inter mit Francesco Acerbi, Alessandro Bastoni, Stefan de Vrij, Benjamin Pavard und Youngster Yann Bisseck fünf Spieler zur Hand, aus denen die Dreierkette gebildet werden kann, die sich bis dato als absolutes Bollwerk erweist. Sie sind (bis auf DFB-U21-Akteur Bisseck) allesamt langjährige Nationalspieler ihres Heimatlandes. Zudem verfügen die "Nerazzurri" über einen soliden Mix aus den für das Inzaghi-System notwendigen Eigenschaften - allen voran Stellungsspiel, Kopfballstärke und Tempo. So kann der Coach je nach Gegner variieren. Alle fünf rangieren in der Zweikampfstatistik unter den besten 15 Defensiv-Spielern der Serie A.
Dazu kommt, dass man mit Yann Sommer einen der aktuell besten Keeper in Europa im Kasten stehen hat, er hält bei einer überragenden Abwehrquote von 84 Prozent. Der Schweizer wurde im Sommer anstelle des zu Manchester United abgewanderten Andre Onana geholt. Für Inter ein Top-Geschäft: Für den Kameruner kassierte man rund 50 Millionen Euro Ablöse, Sommer kostete lediglich rund sieben Millionen.
#3 Erfahrung ist (fast) alles
Der Kader von Inter Mailand ist der mit Abstand älteste der gesamten Liga. Die "Nerazzurri" weisen ein Durchschnittsalter von 29,1 Jahren auf und liegen damit klar vor dem ersten Verfolger Lazio Rom (27,5).
Im Kader finden sich nicht weniger als neun Spieler wieder, die schon einen internationalen Titel (auf Klub- oder Nationalteam-Ebene) geholt haben.
Diese Routine kam der Mannschaft in vielen engen Situationen zugute und machte in Partien gegen mögliche Konkurrenten um den Titel bisweilen einen wesentlichen Unterschied.
Inter bewies diese Saison seine Nervenstärke, speziell in den wichtigen Spielen war man diesbezüglich aber ganz besonders auf der Höhe. Das drückt sich auch in Zahlen aus: Gegen die Verfolger Milan, Juve, Bologna und Roma gewann man vier der bisherigen acht Duelle mit einem Tor Unterschied. Verloren wurde dagegen kein einziges.
#4 Konstant, konstanter, Inter
Ein weiterer wichtiger Faktor, der nicht unwesentlich mit Inters Routine und Abgebrühtheit zusammenhängt, ist die Konstanz, welche die Inzaghi-Elf in dieser Saison an den Tag legt.
Inter leistete sich in dieser Saison nur einen einzigen Ausrutscher, das war in Runde sechs gegen Sassuolo, als man zuhause überraschend mit 1:2 verlor. Seither ist man in der Liga unbesiegt, spielte auch nur fünfmal Remis.
Damit lässt sich auch der deutliche Vorsprung auf die Konkurrenz erklären. Denn der Zweite Milan, wie auch der Dritte Juve, leisteten sich in dieser Spielzeit immer wieder Schwächeperioden. Speziell die "Bianconeri" agieren seit Februar nicht mehr wie im Herbst, aus den letzten elf Spielen holte man nur zwei Siege, was Inter endgültig enteilen ließ.
Den "Milanisti" hängt noch immer die "schöpferische Schaffenspause" aus dem Herbst nach. Zwischen Runde neun und zwölf gelang kein Sieg, zwei Spiele gingen verloren. Ohne diese wäre man auf vier Zähler an Inter dran.
#5 Erfolg beginnt im Kopf
Wie eingangs bereits erwähnt: Inzaghi ist ein wahrer Menschenfänger. Er hat sein Team vollends auf Erfolg getrimmt und vertraut seinen Mannen bedingungslos.
Diese zahlen ihm dies mit Spitzenleistungen zurück. Wer Inter spielen sieht, kommt nicht umhin, die mentale Stärke dieses Teams zu erkennen, das auch in brenzligen Situationen kaum einmal den Kopf verliert. Das Aus in der Champions League gegen Atletico Madrid im Elfmeterschießen ist wahrlich die Ausnahme. Und diese bestätigen ja bekanntlich die Regel.
Die Mannschaft sprüht nur so vor Spielfreude und Selbstvertrauen. Auch wenn Geschmäcker bekanntlich verschieden sind: Inter zeigt objektiv betrachtet wohl den ansehnlichsten Fußball der gesamten Serie A. Zudem hat bisher kein Trainer-Rivale den Code gefunden, um das "System Inzaghi" zu knacken.
Inter ist ein verdienter Meister. Das zeigt die Tabelle. Das bildet sich in den dargebotenen Leistungen ab. Das strahlt die Mannschaft nun bereits über 33 Spieltage hinweg aus.
Klar ist aber auch: Stützen wie Acerbi (36), Sommer (35), Mkhitaryan (35) und Darmian (34) werden nicht jünger. Auch die für Inzaghi so wichtigen Offensiv-Backups Arnautovic und Sanchez haben die 35 Lenze bereits erreicht. Doch Beppe Marotta & Co. stellen im Hintergrund bereits einen Pool an möglichen Nachfolgern zusammen.
Als Kandidaten gelten die Angreifer Albert Gudmundsson (26, CFC Genua), Mehdi Taremi (31, Porto), Mittelfeld-Star Piotr Zielinski (29, SSC Napoli) und Abwehr-Ass Alessandro Buongiorno (24, Torino). Zudem wird Bastoni immer wieder mit einem Abgang in Verbindung gebracht. Ihn könnte mit Alaba-Teamkollege Nacho Fernandez (34) ein weiterer Routinier ersetzen.