Vielleicht wird diesmal alles anders.
Sechs Mal in Folge stand Juventus am Ende der Saison an der Tabellenspitze der Serie A. Und das, obwohl der „alten Dame“ Sommer für Sommer von der Konkurrenz prophezeit wird, dass es dieses Mal sicher nicht mehr so einfach werden wird.
Auch vor der neuen Spielzeit wird auf einen heißen Kampf um den Scudetto gehofft. Immerhin hat der AC Milan ordentlich investiert. Und Lazio hat Juve schon in der Supercoppa geschlagen.
Doch wie geht es den Top-Teams der Serie A wirklich? Die LAOLA1-Vorschau:
JUVENTUS TURIN
Juve-Fans haben in ihren Schränken schon ein eigenes Fach für Meisterleiberl. In den vergangenen sechs Jahren sind sechs neue Exemplare dazugekommen. Jahr für Jahr bescheinigen Konkurrenten und Experten der „alten Dame“ unisono, dass es in der neuen Saison sicher nicht mehr so einfach werden würde. Tatsächlich hat Juve diesmal mit der Niederlage gegen Lazio in der Supercoppa einen frühen Schuss vor den Bug bekommen. Am Papier haben die Turiner jedenfalls weiterhin den stärksten Kader. Wenngleich der völlig überraschende Abgang von Leonardo Bonucci zum AC Milan schmerzt und die beste Abwehrreihe Europa plötzlich ohne ihren besten Mann dasteht. Mit Federico Bernardeschi (Fiorentina), Mattia de Sciglio (Milan, Douglas Costa (Bayern) und Blaise Matuidi (PSG) sind vier Neue gekommen, die zwar nicht die ganz großen Namen haben, der Mannschaft aber gewiss zusätzliche Qualität verleihen. Gespannt darf man zudem auf das uruguayische Talent Rodrigo Bentancur (Boca Juniors) sein. Es werden außerdem noch weiter Neuzugänge kommen. Die große Frage ist also nicht die Kaderqualität, sondern der Umstand, ob Trainer Massimiliano der Übersättigung entgegenwirken und die Mannschaft erneut entsprechend motivieren kann. Nachdem er selbst nach dem verlorenen Champions-League-Finale über einen Rücktritt nachgedacht hat, wird er sich dieser Herausforderung sehr wohl bewusst sein.
AC MILAN
Der Blitzstart auf dem Transfermarkt ging bei den zuletzt leidgeprüften Milan-Tifosi runter wie Olivenöl. Staunend beobachtete ganz Europa wie die „Rossoneri“ – mittlerweile in chinesischer Hand – Transfer um Transfer tätigten. Auf dem Papier ist die Qualität der Neuzugänge atemberaubend – Leonardo Bonucci (Juve), Andre Silva (Porto), Franck Kessie, Andrea Conti (beide Atalanta), Hakan Calhanoglu (Leverkusen), Lucas Biglia (Lazio), Mateo Musacchio (Villarreal), Ricardo Rodriguez (Wolfsburg) und Fabio Borini (Sunderland) sind gekommen. Jetzt obliegt es Trainer Vincenzo Montella die unglaublich hohen Erwartungen auch zu erfüllen. Denn in Mailand ist eine Teilnahme an der Champions League das Minimalziel, im Idealfall soll um den Scudetto gekämpft werden. Denn über kurz oder lang – eher über kurz – soll Milan wieder dorthin, wo es jahrelang war: an die Spitze Europas.
SSC NAPOLI
La continuità ist das Schlagwort dieses Sommers in Neapel. Das kommt nicht nur so überraschend, weil am italienischen Transfermarkt für gewöhnlich ein hektisches Treiben wie in jeder Bar zur Frühstückszeit herrscht, sondern auch, weil nach den ziemlich heftigen atmosphärischen Störungen zwischen dem exzentrischen Klub-Boss Aurelio De Laurentiis und dem cholerischen Trainer Maurizio Sarri eigentlich mit einer Veränderung auf der Betreuerbank zu rechnen war. Doch Sarri geht in seine dritte Saison als Napoli-Coach und hat weiterhin alle seine Stars und Sternchen mit an Bord. Dementsprechend waren auch keine großen Investitionen nötig. Adam Ounas (20, Bordeaux) ist dennoch gekommen und könnte mit seinen schnellen Dribblings auf der Außenbahn durchaus für Furore sorgen. Das erklärte Ziel ist die Champions League, das sollte auch im Bereich des Möglichen liegen. Von mehr wird nach einem guten Start in Neapel dann sowieso wieder geträumt.
VIDEO: Die Top-11 der vergangenen Saison
(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)
AS ROMA
Alle Roma-Fans unter 24 Jahren werden zum ersten Mal in ihrem Leben eine Saison ohne Francesco Totti verfolgen. Während der Abgang der Legende ob der wenigen Spielzeit in der Vorsaison eher symbolischen Charakter hat, sorgen die Transfer von Mohamed Salah (Liverpool) und Antonio Rüdiger (Chelsea) vielleicht nicht für so viel Herzschmerz aber dafür größeren Qualitätsverlust. Der Mann, der damit zurechtkommen muss, ist Eusebio Di Francesco. Der 47-Jährige hat in der Hauptstadt nicht nur wegen seiner starken Leistungen mit Sassuolo, wo er zuletzt jahrelang gearbeitet hat, sondern auch wegen seiner Vergangenheit als Spieler der „Giallorossi“ ein Stein im Brett. Mit Stürmer Gregoire Defrel und Mittelfeldmann Lorenzo Pellegrini hat der neue Coach zwei seiner Lieblingsschüler mit in die ewige Stadt gebracht. Superstars sind das freilich keine, Letzterer aber ebenso wie Rick Karsdorp (Feyenoord) und Cengiz Ünder (Basaksehir) eine Investition in die Zukunft. Den Vizemeistertitel zu wiederholen, wird jedenfalls ein ganz hartes Stück Arbeit, wäre sogar eine Überraschung. Und für Daniele de Rossi ist es ein ganz besonderes Jahr – im Alter von 34 Jahren geht er erstmals als Kapitän seines Herzensklubs in die neue Saison.
LAZIO ROM
Die Römer haben zuletzt eine überraschend starke Saison hingelegt. Im Endeffekt stellte sich das unsägliche Theater rund um Marcelo Bielsa, der sich praktisch vor dem Amtsantritt im Sommer schon wieder verabschiedete, als absoluter Glücksfall heraus. Denn Simone Inzaghi hat das geschafft, was ihm als Aktiver nie vergönnt war – er ist aus dem Schatten seines großen Bruders Filippo getreten. Der Coach wurde für das Erreichen von Platz fünf und dem Finale der Coppa Italia mit einem neuen Vertrag belohnt. Kein Wunder also, dass sich die Laziali am Transfermarkt zurückhaltend gaben. Der Abgang von Lucas Biglia zu Milan war nicht geplant, auch Keita Balde wird den Klub noch verlassen, sonst wurde die Truppe aber gehalten. Der Triumph in der Supercoppa über Juve gibt der Klub-Führung Recht. Die junge Mannschaft ist tatsächlich auch durchaus entwicklungsfähig. Sergej Milinkovic-Savic, der Sohn von Ex-GAK-Profi Nikola Milinkovic, wird zugetraut, eine ähnliche Entwicklung wie Paul Pogba zu nehmen. Und auch von Goalie Thomas Strakosha und dem Niederländer Wesley Hoedt ist noch einiges zu erwarten.
INTER MAILAND
Luciano Spalletti soll in Mailand genau das machen, was er in den vergangenen eineinhalb Jahren in Rom gemacht hat – Juve jagen. So richtig zufrieden wirkte der neue Coach mit der bisherigen Transferpolitik seines neuen Arbeitgebers aber nicht. Kein Wunder, ist der Seitenblick auf Stadtrivale Milan doch nicht zu vermeiden. Doch Walter Sabatini, zuletzt jahrelang für Transfers bei der Roma verantwortlich, genießt in Italien eigentlich einen guten Ruf und sollte einen kompetitiven Kader zusammenstellen können. Ein Coup gelang den „Nerazzurri“ in diesem Sommer jedenfalls schon, nämlich die Verpflichtung von Fiorentinas Borja Valero. Der Spanier könnte vom spielerischen Stellenwert so ähnlich wie einst Andrea Pirlo in Turin werden, sind ihm Fehlpässe doch so fremd wie Frisurprobleme. Mit Matias Vecino (Fiorentina) und den beiden Defensivspielern Milan Skriniar (Sampdoria) und Dalbert (Nizza) sind drei weitere gute Männer gekommen. Um ernsthaft um den Titel mitzuspielen, wird das tendenziell aber nicht reichen.
ATALANTA BERGAMO
Mamma mia! Was war das für eine Saison, die Atalanta da hingelegt hat! Nach einem enttäuschenden Start wurde schon über die frühe Ablöse von Gian Piero Gasperini diskutiert und dann legte Atalanta die erfolgreichste Saison in der Klub-Geschichte hin, wurde Vierter und schaffte es erstmals nach 26 Jahren wieder in den Europacup. Trotz der wochenlangen Dauer-Party im Norden des Landes ist aber kein Größenwahn ausgebrochen. Die eigene Jugend gilt weiterhin als Herzstück des Vereins, gleichzeitig wurden einige junge Kicker verpflichtet, die bei den Spitzenklubs der Serie A kein Land sehen – Juve-Leihgabe Riccardo Orsolini kann etwa der große Durchbruch zugetraut werden. Und mit Josip Ilicic kam von der Fiorentina ein Mittelfeldspieler, der die Truppe führen kann. Weil mit Franck Kessie und Andrea Conti aber zwei Schlüsselspieler von Milan abgeworben wurden, gilt weiterhin das, was für Atalanta eigentlich immer gilt – ein Platz in der oberen Tabellenhälfte ist ein Erfolg, alles darüber hinaus Draufgabe.
ACF FIORENTINA
Die Fiorentina-Fans bewegen sich in diesem Sommer irgendwo zwischen Trauer und Wut. Kurz nachdem die Gebrüder Della Valle bekanntgaben, den Verein gerne verkaufen zu wollen, begann ein Ausverkauf sondergleichen. Kapitän und Fan-Liebling Gonzalo Rodriguez (San Lorenzo) musste ebenso gehen wie Taktgeber Borja Valero (Inter), der sich als Zeichen seiner Verbundenheit zur Stadt vor kurzem noch die Koordinaten der Ponte Vecchio auf seinen Arm tätowieren hatte lassen. Eigenbauspieler Federico Bernardeschi wurde von den Fans schon als neuer Roberto Baggio bezeichnet und mit Liebe überschüttet – dann tat er, was auch Baggio schon getan hatte, er unterschrieb beim verhassten Erzrivalen Juventus und brach den Anhängern der Viola das Herz. Auch Matias Vecino (Inter), Josip Ilicic (Atalanta) und Ciprian Tatarusanu (Nantes) sind weg. Einzig Federico Chiesa ist geblieben und die Legende Giancarlo Antognoni seit Jänner als Klub-Manager zurück im Verein – ein schwacher Trost für die Anhängerschaft. Kurzum, Sportdirektor Pantaleo Corvino hat ebenso wie die (Noch-)Eigentümer die Beliebtheitswerte von eingewachsenen Zehennägeln. Adäquat ersetzt wurden die Abgänge nicht. Giovanni Simeone (Genoa), Marco Benassi (Torino), Valentin Eysseric (Nizza), Vitor Hugo (Palmeiras) und das norwegische Supertalent Rafik Zekhnini (Odds) sind die prominentesten Neuzugänge. Ausbaden muss das alles Stefano Pioli, der anstelle des ungeliebten Paulo Sousa gekommen ist. Die Mannschaft ist zerfallen, die Stimmung im Keller, es wird eine ganz schwierige Saison in der Toskana.