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Gucher: "Wahnsinn, dass das immer wieder passiert"

Robert Gucher hat im Winter einen Vertrag bis 2025 unterschrieben. Jetzt ist er ablösefrei. Was ist geschehen?

Gucher: Foto: © getty

Das hat Robert Gucher nicht kommen sehen. Im Jänner 2023 hat er einen Vertrag für zweieinhalb Jahre unterschrieben. Sechs Monate später ist er ablösefrei.

"Ich warte nur noch auf die Freigabe des italienischen Verbands, das sollte Mitte Juli der Fall sein", berichtet der Steirer.

Sein Arbeitgeber Pordenone Calcio ist bankrott. Noch ist unklar, wie es mit dem Klub weitergeht. Fest steht, dass 2023/24 die vierthöchste Spielklasse das höchste der Gefühle sein wird. Das ist kein Profi-Fußball, also sind alle Verträge ungültig.

"Dabei hat mir der Präsident im Jänner noch persönlich versichert, dass es keine Probleme geben wird. Ich verstehe nicht, wie man Familien etwas versprechen kann, und ihnen dann keine Gehälter zahlt. Es ist ein Wahnsinn, dass das in Italien immer wieder passieren kann. Warum ist es möglich, eine Lizenz zu bekommen, wenn es keine Garantien gibt?", ärgert sich der 32-Jährige.

Geld gibt's nur alle drei Monate

Der Plan war der Aufstieg in die Serie B. Doch unmittelbar vor dem Start in die Aufstiegsplayoffs platzte in der Stadt, die rund 50 Kilometer westlich von Udine liegt, die Bombe.

"Ein Politiker wollte gegen unseren Präsidenten sticheln und hat drei Tage vor dem Playoff-Start in den Zeitungen über den bevorstehenden Konkurs gesprochen. Bis dahin wussten wir alle nichts davon", berichtet Gucher.

Gucher als Pisa-Kapitän
Foto: © getty

Dabei haben seine Kollegen und er im Februar zum letzten Mal ihr Gehalt bekommen. Eine italienische Eigenheit macht es möglich.

"In Italien ist es üblich, die Gehälter alle zwei, bis drei Monate nachbezahlt zu bekommen. Es gibt immer Deadlines, bis zu denen gewisse Gehälter bezahlt sein müssen, weil es sonst Strafen oder Punkteabzüge gibt. In unserem Fall hätten März, April und Mai bis Mitte Juni bezahlt sein müssen. Das ist ein normaler Ablauf, dass die Präsidenten das Geld so lange wie möglich auf der Bank lassen und dann erst am letzten Drücker überweisen", berichtet Gucher.

Es ist der Abschluss einer Saison, die dem ehemaligen ÖFB-Nachwuchsteamspieler in keiner guten Erinnerung bleiben wird. Begonnen hat alles aber schon früher, nämlich 2021/22 in der Vorbereitung mit AC Pisa.

"Irgendwann war ich körperlich tot. Ich war so fertig, habe mir in der 20. Minute schon gedacht: 'Oida, wann ist das Spiel aus!?'"

"Ich bin nach der Corona-Zeit mit 40 Grad Fieber ins Trainingslager angereist und habe einen Tag später schon Läufe gemacht. Ich wollte das durchziehen, doch irgendwann hat der Körper gesagt, es ist zu viel. Dann hatte ich eine Art Gürtelrose."

"Da würde es viel Zeit brauchen, um sich zu erholen. Ich habe den Trainer gebeten, mich immer erst zum Schluss einzutauschen, aber er wollte, dass ich die Jungen führe, und hat mich immer aufgestellt und in der Schlussphase erst ausgewechselt. Ich habe reingebissen und es akzeptiert. Irgendwann war ich aber körperlich tot, komplett schlapp. Ich war so fertig, habe mir in der 20. Minute schon gedacht: 'Oida, wann ist das Spiel aus!?'"

Fast zum zweiten Mal in die Serie A aufgestiegen

In der Rückrunde kam er dann nur noch sehr selten zum Einsatz, nachdem für die Offensive neue Kräfte geholt wurden. Pisa scheiterte in der Verlängerung des Playoff-Finales gegen Monza am Aufstieg in die Serie A. "Dabei wollte ich mit Pisa schaffen, was mir davor schon mit Frosinone gelungen ist", ärgert sich Gucher.

Damals gelang ihm mit dem Klub aus der Region Lazio von 2014 bis 2016 der Durchmarsch von der Serie C in die Serie A.

Doch zurück zu Pisa. Dort wurde Trainer Luca D’Angelo nach dem verpassten Aufstieg im Sommer 2022 vor die Tür gesetzt, es folgte ein gröberer Umbruch. "Die Philosophie wurde komplett geändert. Claudio Chiellini ist als Sportdirektor gekommen und hat auf Daten basiert junge Legionäre geholt. Nach sechs Spieltagen ist dann aber der alte Trainer zurückgekommen", erzählt Gucher.

Gucher als Frosinone-Kapitän in der Serie A
Foto: © getty

Zu diesem Zeitpunkt war die Meldeliste für die Herbstsaison aber schon beim Verband, Gucher stand nicht drauf, durfte ein halbes Jahr kein Pflichtspiel bestreiten.

Im Winter ergab sich mit dem Angebot von Pordenone ein Ausweg. Zumal der Steirer näher an seiner Heimat sein wollte, sein Vater war schwer erkrankt, ist vor zwei Wochen viel zu früh verstorben.

Rückkehr nach Österreich?

Nun steht eine Rückkehr nach Österreich zur Debatte. "Mich zieht es ein bisschen nach Hause", verrät er. Gleichzeitig hat Gucher aber auch "zwei, drei Angebote aus Italiens 3. Liga vorliegen".

Aber der Routinier denkt auch schon an die Zukunft: "Ich bin auch offen für etwas, wo ich nach meiner aktiven Karriere arbeiten kann, als Trainer im Nachwuchs etwa. Ich war 15 Jahre in Italien, habe gute Beziehungen und kann mit der Sprache sicher auch auf anderen sportlichen Ebenen helfen."

Der Mann, der im November 2015 von Marcel Koller auch einmal in den ÖFB-Kader einberufen, aber nicht eingesetzt wurde, hat sich in Italien jedenfalls einen ausgezeichneten Ruf erworben. Bei Frosinone und Pisa trug er die Kapitänsbinde. "Es ist nicht normal, dass du als Österreicher in Italien die Schleife kriegst", weiß er.

"Als Andreas Schicker den Umbruch bei Sturm angefangen hat, waren wir in Kontakt."

"Ich war immer schon ein Führungsspieler. Aber ich bin nicht der Typ, der herumschreit. Ich stelle mich eher in die zweite Reihe, beobachte und versuche, Dinge im Hintergrund zu regeln. Mit den meisten Trainern hatte ich ein blindes Verständnis", meint Gucher.

Als der Mittelfeldmann nach seiner Zeit bei Frosinone mit Vicenza erstmals bei seinem Ex-Klub gastierte, wollten die Frosinone-Kicker beim Einmarsch sogar Spalier für ihn stehen, der Referee verbot das, trotzdem wurde Gucher vom gesamten Stadion gefeiert.

Auch fußballerisch hat sich der Steirer entwickelt, ist kein reiner Sechser mehr: "2020/21 habe ich auf der halbrechten Position im Mittelfeld gespielt. Im Jahr darauf wurde ich als Zehner eingesetzt, habe die Zwischenräume gesucht und dann vorne entscheidende Sachen machen können. Außerdem war ich Signalspieler fürs Pressing. Das hat mit viel Spaß gemacht. Ich traue mir inzwischen in der Mittelfeld-Raute alle vier Positionen zu."

Die Chance auf eine Rückkehr nach Österreich gab es zuletzt übrigens immer wieder. "Als Andreas Schicker den Umbruch bei Sturm angefangen hat, waren wir in Kontakt. Im vergangenen Winter habe ich mit Markus Schopp über einen Wechsel nach Hartberg gesprochen. Ich hatte in dem Moment aber immer gerade einen Wohlfühl-Status und deswegen keinen Grund, etwas zu ändern", verrät er.

Doch diesen Sommer könnte es passen. Wer hätte das vor einem halben Jahr gedacht…


Guchers Zeit in Italien:

Vereine:

  • Frosinone Calcio (Sommer 2008 bis Februar 2010, Sommer 2010 bis Jänner 2011, Sommer 2012 bis Jänner 2017)

  • Genoa CFC U19 (Februar 2010 bis Sommer 2010)

  • Vicenza (Jänner 2017 bis Sommer 2017)

  • AC Pisa (Sommer 2017 bis Jänner 2023)

  • Pordenone Calcio (Jänner 2023 bis Sommer 2023)

Ligen:

  • Serie A (24 Spiele) - mit Frosinone

  • Serie B (170 Spiele) - mit Frosinone, Vicenza und Pisa

  • Serie C (137 Spiele) - mit Frosinone, Pisa und Pordenone

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