Wird Aleksandar Dragovic auf das Jahr 2015 angesprochen, ist ein breites Grinsen im Gesicht des 24-Jährigen vorprogrammiert.
Es hätte für den vielleicht besten österreichischen Innenverteidiger kaum erfolgreicher verlaufen können.
Meister und Cupsieger mit seinem Klub Dynamo Kiev, dazu die erfolgreiche EM-Qualifikation mit dem ÖFB-Team. Als Sahnehäubchen gelang dem Wahl-Ukrainer mit seinem Verein auch noch der Aufstieg ins Achtelfinale der Champions League.
Dragovic hatte ein "tolles Jahr"
„Man kann schon sagen, dass es das perfekte Ende eines tollen Jahres war“, freut sich Dragovic im Gespräch mit LAOLA1 darüber, dass fast alles wie am Schnürchen verlief.
Speziell der Sprung unter die Top-16 in der Königsklasse des Vereinsfußballs lässt ihn geradezu euphorisch werden. „Das hätte uns keiner zugetraut. Wir waren abgeschrieben und haben uns zurückgekämpft.“
Ein Erfolg, den man gar nicht hoch genug einordnen kann. „Meiner Meinung nach ist er höher als der Meistertitel zu bewerten“ meint „Drago“, der sich der Bedeutung mehr als bewusst ist. „Wir wissen, dass wir nach 16 Jahren Geschichte geschrieben haben.“
So lange musste Dynamo warten, ehe der frühere Stammgast im Konzert der ganz Großen endlich wieder die Gruppenphase überstand. Es sei harte Arbeit gewesen, doch das Trainerteam habe exzellente Arbeit geleistet und die Mannschaft perfekt eingestellt. „Wir haben seit eineinhalb Jahren eine super Philosophie“, schwärmt Dragovic von Trainer Sergey Rebrov, der seither die Fäden zieht.
Kein Platz für Rassismus
Ein kleiner Wermutstropfen beim 1:0-Heimsieg über Maccabi Tel Aviv, der den Sprung in die nächste Runde besiegelte, war das leere Stadion aufgrund von Sanktionen der UEFA wegen Rassismus in den Reihen der Dynamo-Fans.
„Es war nicht schön, in einem leeren Stadion zu spielen. Es war für uns das Spiel des Jahres und wäre sonst ausverkauft gewesen. So ist es mir vorgekommen wie ein Freundschaftsspiel“, meint der 24-Jährige, der ein rassistisches Verhalten von Fans nicht toleriert.
„Ganz klar, das hat nichts im Fußball oder sonst wo auf der Welt zu suchen. Diese Chaoten sollten Stadionverbot bekommen. Das sind keine Fans, die haben dort nichts zu suchen. Außerdem schaden sie dem Verein.“
Im Achtelfinale heißt die Challenge Manchester City. Ein schwerer Brocken, dennoch atmet der Wiener auf. „Es gibt keine leichten Gegner, Manchester City ist aber definitiv ein besseres Los als Bayern München, Real Madrid oder Barcelona.“ Klarer Außenseiter sei man dennoch.
ÖFB-Sieg in Schweden als Highlight
Bevor er jedoch im neuen Jahr wieder angreifen, mit Dynamo die Champions League und mit dem ÖFB die EURO aufmischen will, blickt er noch einmal zurück und nennt seine drei Highlights in dieser Saison.
„Das Auswärtsspiel in Schweden (4:1 für den ÖFB, damit das EM-Ticket fixiert, Anm.) war ein überragendes Spiel und ist definitiv unter meinen Top-3. Dazu kommt das Auswärtsspiel bei Chelsea mit einem Eigentor und meinem ersten CL-Tor. Das war echt kurios. Und dann noch das 2:0 in Porto, weil es unser bestes Auswärtsspiel in diesem Jahr war.“
Seine Wünsche für 2016 sind bescheidener Natur. „Das Wichtigste ist, gesund und verletzungsfrei zu bleiben. Dann will ich natürlich mein Spiel weiter verbessern und im Sommer eine gute EM spielen.“
Keine Angst vor Terror bei der EURO
Die Gruppengegner Portugal, Ungarn und Island betrachtet er sportlich positiv: „Wir können uns nicht beschweren.“ Besonders freut er sich auf das Duell mit Favorit Portugal. Oder besser gesagt: Mit Superstar Cristiano Ronaldo. „Das wird auf jeden Fall ein spezielles Highlight für mich.“
Konkrete Ziele vermeidet er ganz bewusst, denn „ich bin kein euphorischer Typ und lasse die Kirche lieber im Dorf. Wir alle sollten froh sein, dass wir qualifiziert sind und sollten nicht immer träumen.“ Unter Strich, meint der Abwehrspieler, seien es aber „machbare Aufgaben“ in der Vorrunde.
Die Vorfreude auf dieses Fußball-Großereignis wurde in den letzten Wochen durch die Anschläge in Paris getrübt, davon will sich Dragovic aber nicht unterkriegen lassen. „Es ist natürlich schlimm, was da passiert ist. Die EM wird aber glaube ich ein Fest.“
Christoph Nister