In Österreich ist Osman Hadzikic seit seinem Abgang von der Admira im Vorjahr vom Radar der meisten Fans verschwunden.
Den 27-Jährigen zog es nach einem halben Jahr Vereinslosigkeit in seine zweite Heimat Bosnien zu Velez Mostar, dem Stadtrivalen von Zrijnski Mostar, jüngst Europacup-Gegner des LASK.
Kurz nach seiner Ankunft erkämpfte er sich dort den Status als Nummer eins, den er bis heute nicht mehr abgab, sondern eher noch mehr einzementierte. Den Ex-Austrianer hatten nach seinem Aus in der Südstadt viele schon abgeschrieben, rund zweieinhalb Jahre hatte er kein Erstligaspiel bestritten.
Doch seine Leistungen waren sogar so gut, dass der Doppelstaatsbürger im Juni für Bosniens Nationalteam auf Abruf nominiert wurde. Zum ÖFB dagegen hatte der frühere U21-Teamkeeper (noch) keinen Kontakt. "Es wäre eine Ehre" für die Rangnick-Elf aufzulaufen, stellt Hadzikic klar. Sollte es damit nichts werden, könnte er auch das bosnische Jersey überstreifen.
Im Interview spricht er über seine Gedanken über ein Ende seiner Profi-Laufbahn, wie er seine Zukunft sieht und die Besonderheiten Mostars.
LAOLA1: Du spielst seit Jänner diesen Jahres bei Velez Mostar. Der Klub gab dir eine Chance, nachdem dein Vertrag bei der Admira nicht mehr verlängert wurde. Bei Velez konntest du dich auf Anhieb durchsetzen. Für welche Rolle wurdest du dort geholt?
Osman Hadzikic: Als das Angebot von Velez kam, hatten sie einen klaren Einser-Tormann. Ich wusste, egal wo ich hingehe, keiner sagt: “Hey, Osman du spielst sofort.” Das musst du dir wieder erarbeiten und das habe ich auch gewusst. Ich habe mich für Velez entschieden, weil ich wusste, das ist ein großer Verein in Ex-Jugoslawien, insbesondere in Bosnien, mit sehr vielen Fans im In- und auch im Ausland. Im Endeffekt hatte ich auch nichts zu verlieren, ich konnte nur gewinnen. Ich habe bei der Admira nicht gespielt und wollte einfach wieder das Gefühl haben, eine Chance zu bekommen. Die habe ich dann auch bekommen und ich habe sie genützt.
LAOLA1: In der Zeit davor hast du zweieinhalb Jahre lang kein Erstligaspiel bestritten, wie schafft man es da, nicht den Glauben an sich selbst und die eigene Karriere zu verlieren?
Hadzikic: Es gab schon Momente, wo ich mir gedacht habe: “Ich habe keine Lust mehr.” Ich habe mich dann aber aufgerafft und gesagt, ich will es nochmal probieren. Denn ich habe es ja schon bewiesen und warum soll ich es nicht nochmal beweisen? Meine Frau hat mich auch stets motiviert und gesagt: “Komm, du machst jetzt weiter, es wird wieder was kommen und du wirst wieder spielen.” Aber es war wirklich sehr schwer. Voriges Jahr habe ich (in der Zeit ohne Klub, Anm.) bei den Young Violets trainiert. Da siehst du dann, dass die Jungs alle spielen und du kommst und trainierst halt nur. Da musst du wirklich einen kühlen Kopf bewahren.
"Ich war ja beim A-Team bereits einmal auf Abruf. Es wäre eine Ehre für mich, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das ist ganz klar."
LAOLA1: Dass es bei dir nochmals so läuft, hätten dir viele nicht mehr zugetraut. Wie sah das bei dir aus? Hast du schon Pläne geschmiedet, was du tun wirst, wenn es nicht mehr für einen Profivertrag reicht?
Hadzikic: Eigentlich nicht, um ehrlich zu sein (lächelt). Soweit ist es dann nicht gekommen. Aber ich habe mir schon öfters gedacht, ich bleibe in Österreich, suche mir einen Job oder lerne etwas Neues.
LAOLA1: Zum Glück brauchst du dir diese Gedanken nun aber nicht zu machen. Lass uns aber dennoch ein wenig in die Zukunft blicken: Welche Ziele hast du noch für deine Karriere?
Hadzikic: Ich habe noch ein Jahr Vertrag bei Velez. Ich fühle mich sehr wohl hier und man hat mich gut aufgenommen. Auf jeden Fall will ich nun einmal hier weiterspielen, meine Leistung bringen und dann sehen, was dabei herauskommt. Aus dem Jahr möchte ich das Beste herausholen. Wer weiß, vielleicht bin ich dann nächstes Jahr irgendwo anders? Das kann ich noch nicht sagen.
LAOLA1: Du hast bereits je fünf Spiele für das österreichische U19- sowie das U21-Nationalteam bestritten. Hast du das A-Nationalteam als Ziel noch im Hinterkopf?
Hadzikic: Ich war ja beim A-Team bereits einmal auf Abruf (2016, Anm.). Es wäre eine Ehre für mich, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das ist ganz klar.
LAOLA1: Da du ja noch kein A-Länderspiel für Österreich bestritten hast, könntest du auch noch für Bosnien spielen. Würdest du ja sagen, wenn du nominiert wirst?
Hadzikic: Ja, schließlich war ich ja im letzten Lehrgang sogar schon auf Abruf.
LAOLA1: Das heißt, Österreich darf sich dann mit Bosnien um dich duellieren?
Hadzikic: Ja, das wäre natürlich schön, wenn es dazu kommt (lacht). Wir haben in Österreich aber auf jeden Fall einige gute Torhüter.
LAOLA1: Würdest du dich mit Bachmann, Schlager, Pentz & Co. auf Augenhöhe sehen?
Hadzikic: Ich möchte da gar keinen Vergleich ziehen, denn ich denke, wir sind alle sehr verschiedene Torhüter. Den “Pentzi” kenne ich ja noch von der Austria, er ist mit dem Fuß enorm stark. Bachmann kenne ich eher aus dem TV, aber auch er ist ein toller Goalie. Und mit Schlager habe ich in den Nachwuchs-Nationalteams zusammengespielt.
LAOLA1: Was kannst du uns über deinen Klub Velez Mostar erzählen?
Hadzikic: Mostar ist ja keine große Stadt (113.000 Einwohner, Anm.). Bei jedem Spiel kommen zwischen 4.000 und 5.000 Zuschauer, das ist schon sehr geil. Die Stadt lebt für den Verein, das habe ich so noch nie erlebt. Egal wohin du gehst, immer heißt es: “Komm, gebt Gas.” Wenn du gewinnst, wirst du von Restaurants zum Essen eingeladen. Das ist wirklich verrückt.
LAOLA1: Ich nehme an, dass es das in die andere Richtung auch gibt. Wie reagiert man in Mostar auf eine Niederlagenserie?
Hadzikic: Ja, das gibt es natürlich auch. Dann gibt’s keine Restaurant-Einladungen (lacht). Den Leuten ist das einfach nicht “wurscht”. Die bezahlen für ihre Tickets, kommen zum Spiel und wollen, dass wir gewinnen. Das verstehe ich auch.
"Wenn wir gegeneinander spielen, reden Marko und ich ganz normal miteinander, wir kennen uns ja auch schon sehr lang. Er war ja bei Rapid und ich bei der Austria, da haben wir schon zu Akademiezeiten gegeneinander gespielt."
LAOLA1: Seit März bist du bei Velez die unumschränkte Nummer eins. Du konntest in dieser Saison von fünf Partien drei zu Null spielen und musstest überhaupt erst zwei Gegentore hinnehmen. Wie fällt bisher deine persönliche Bilanz aus?
Hadzikic: Die fällt natürlich positiv aus, ähnlich wie bei meiner Ankunft in Velez, als ich in den ersten fünf Spielen kein einziges Tor bekommen habe. Meine Statistik ist gut, aber natürlich kann man sich immer verbessern. Ich bin bisher wirklich zufrieden.
LAOLA1: Welche Ziele hat der Klub für diese Saison?
Hadzikic: Der Verein will sich unbedingt für Europa qualifizieren. Das halte ich für möglich, weil wir wirklich eine gute Mannschaft haben. Vielleicht geht sogar mehr, aber es ist noch zu früh in der Saison, um das zu sagen. Es gibt viele gute Mannschaften in der Liga.
LAOLA1: In Runde drei hättet ihr eigentlich das Stadtderby gegen Zrinjski gehabt. Dieses wurde aber wegen deren Europa-League-Duell mit dem LASK auf den 18. Oktober verschoben. Bei eurem Lokalkonkurrenten ist mit Marko Maric ebenso ein Österreicher die Nummer eins. Steht ihr in irgendeiner Form in Kontakt?
Hadzikic: Direkten Kontakt gibt es keinen. Ich glaube auch nicht, dass irgendwelche Spieler der beiden Vereine untereinander Kontakt haben oder dass sich jemand privat trifft. Wenn wir gegeneinander spielen, reden Marko und ich ganz normal miteinander, wir kennen uns ja auch schon sehr lang. Er war ja bei Rapid und ich bei der Austria, da haben wir schon zu Akademiezeiten gegeneinander gespielt.
LAOLA1: Was traust du eurem Lokalrivalen heuer in der Premijer Liga zu?
Hadzikic: Sie sind ein eingespieltes Team und schon seit drei, vier Jahren zusammen. Sie haben ja in der Vergangenheit schon sehr viele Titel gewonnen. Sie sind so wie wir sicher wieder ein Kandidat für Europa. Aber es würde mich und wohl auch die Stadt freuen, wenn wir am Ende vor ihnen sind.
LAOLA1: Die Rivalität zwischen Zrinjski und Velez ist aufgrund der Historie des Landes sowie beider Klubs groß. Wie würdest du diese beschreiben?
Hadzikic: Wie bei Austria und Rapid.
LAOLA1: Nach mehr als einem halben Jahr hast du dich in Mostar sicher schon eingelebt. Wie lebt es sich dort?
Hadzikic: Im Sommer ist es sehr heiß, da hat es oftmals über 40 Grad. Aber es ist wirklich extrem schön, hier zu leben. Es gibt sehr viele Sehenswürdigkeiten. Mostar ist eine tolle Stadt.
LAOLA1: Die “Stari Most”, also die “Alte Brücke”, ist das Wahrzeichen der Stadt. Was sollte man bei einem Besuch in Mostar außerdem unbedingt gesehen haben?
Hadzikic: Auf jeden Fall die Kravica-Wasserfälle und die Bunaquelle bei Blagaj (und das dort befindliche Tekke-Kloster, Anm.). Zudem gibt es rundherum Berge, die man bewandern kann. Von dort aus kannst du ganz Mostar sehen. Da gibt es schon einige Sachen, die einen Besuch wert sind.
LAOLA1: Was gefällt dir persönlich am besten an der Stadt?
Hadzikic: Die Leute hier sind sehr freundlich. Hier ist alles sehr entspannt und es gibt keinen großen Stress. Das mag ich sehr.
LAOLA1: Du hast ja bosnische Wurzeln. Wie blickst du auf die Geschichte Mostars?
Hadzikic: Das, was war, ist leider passiert. Ich habe viele Freunde aus Ex-Jugoslawien und bei uns ist das nie ein Thema. Auch nicht bei meinen Mitspielern, wir haben ja auch Spieler aus Serbien und Kroatien.