Mit der WSG Tirol spielte Kofi Schulz in der Vorsaison noch in der ADMIRAL Bundesliga. Zuvor war der heute 35-jährige Deutsche auch in LigaZwa, Griechenland, Deutschland und England aktiv.
Sein neuer Arbeitgeber ist noch einmal weitaus exotischer. Seit wenigen Monaten läuft er für den iranischen Erstligisten Mes Rafsanjan auf.
Wie es sich anfühlt, in einem so exotischen Fußballland zu spielen, die Anpassung an eine neue Kultur und was ihn zu diesem außergewöhnlichen Wechsel bewogen hat.
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LAOLA1: Diesen Sommer bist du in die iranische Liga zum Mel Rafsanjani gewechselt. Wie waren die ersten Wochen für dich?
Kofi Schulz: Die ersten paar Wochen hier waren auf jeden Fall sehr, sehr positiv. Ich habe natürlich auch gedacht, dass es anders sein wird, dass ich mich viel mehr anpassen muss an die Kultur. Aber ich muss sagen, die Leute hier sind so freundlich und hilfsbereit, dass es das sehr beschleunigt hat. In den ersten drei Tagen hatte ich schon alles unter Dach und Fach.
LAOLA1: Wie kam es zum Wechsel in den Iran?
"Mir war ziemlich schnell klar, dass die Liga eine fantastische Plattform ist."
Schulz: Ich habe mit meinem Berater schon im März angefangen mich umzuschauen. Ich hab' eine Challenge gesucht nach der WSG. Also war mir dann auch klar, dass ich nochmal etwas erleben möchte, in eine Liga gehen möchte, wo ich einfach etwas Neues erleben kann. Da habe ich mich mit meinem Berater Reza Mostafaie zusammengesetzt und wir haben dann geplant. Da er selber Iraner ist und mir von der Liga erzählt hat, war mir ziemlich schnell klar, dass die Liga eine fantastische Plattform ist - auch für meine Karriere und für den Werdegang, um nochmal etwas zu erleben, was ich bisher noch nicht gehabt habe.
LAOLA1: Und warum fiel die Entscheidung auf Mes Rafsanjan?
Schulz: Der Trainer hat eine große Rolle gespielt. Und Moharrram Navidkia ist eine große Figur im iranischen Fußball und hat auch in Deutschland gespielt. Da war ziemlich schnell klar, dass ich diesen Schritt machen möchte.
LAOLA1: Welche Rolle spielte die politische Situation im Iran beim Wechsel für dich?
Schulz: Natürlich hab ich die politische Situation im Blick gehabt. Man liest ja auch viel in den Nachrichten. Das hat natürlich auch Zweifel ausgelöst, da bin ich ehrlich. Letztendlich hat mich der sportliche Aspekt gereizt und auch eine Rolle gespielt. Die vielen Gespräche mit meiner Frau und anderen Familienangehörigen haben mich dann auch dazu motiviert, den Schritt zu machen. Ich fühle mich sehr sicher im Land und auf den Straßen. Die Perser sind sehr gastfreundliche Leute und die Menschen aus Rafsanjan sehr warmherzig. Ein wichtiger Faktor war auch Christopher Knett, der hier auch lange gespielt hat und ehrlich über das Leben und den Fußball hier berichten konnte, was die Entscheidung auch nochmal erleichtert hat.
LAOLA1: Wie kommunizierst du dann mit Mannschaft und Trainerteam?
Schulz: Es ist einfacher mit dem Trainer (Anm. Moharram Navidkia) zu sprechen, weil er auch perfekt Deutsch kann. Aber wir haben natürlich auch einen Dolmetscher, der auf Englisch übersetzt. Die zwei Legionäre sprechen hervorragend Englisch. Eigentlich spricht jeder in der Mannschaft relativ gut Englisch. Und deswegen ist es von der Kommunikation her gar kein Problem. Aber ich will mich an die Kultur so schnell wie möglich anpassen und an die Leute und nehme deshalb auch täglich Stunden in Farsi.
"Die Top-Mannschaften in Österreich sind natürlich eine andere Liga."
LAOLA1: Was wusstest du vor deinem Wechsel über die Liga?
Schulz: Naja, als die Möglichkeit dann kam, dass es echt klappen würde mit dem Iran, habe ich mich dann auch mit der Liga auseinandergesetzt. Da wusste ich, dass es natürlich eine sehr, sehr physische Liga ist. Wie ich jetzt auch in den vergangenen Spielen mitbekommen habe. Das liegt mir natürlich sehr, da ich sehr physisch spiele. Ich denke, dass meine Ausbildung und dieses Physische sehr, sehr gut fusionieren. Ich könnte hier eine gute Rolle spielen. Weil auch ich taktische Dinge mitbringe, die in Europa ganz weit oben stehen.
LAOLA1: Wie vergleichst du die iranische Liga mit der Österreichischen Bundesliga? Wie ist es vom Niveau her?
Schulz: Die Liga ist natürlich anders als die Bundesliga. Aber in England wird auch ganz anders gespielt und deswegen glaube ich, dass die Liga sehr unterschätzt wird von außen. Weil sie wirklich sehr viel Tempo hat und sehr physisch ist. Aber es ist natürlich schwer einzuschätzen, gegen die Top-Vereine habe ich jetzt noch nicht gespielt. Ich habe sie natürlich im Fernsehen gesehen und kann sagen, dass es vom Niveau her etwa gleich ist. Aber die Top-Mannschaften in Österreich sind natürlich eine andere Liga, wenn ich Red Bull Salzburg oder Sturm Graz hernehme. Die sind auch in Europa mittlerweile eine Top-Adresse. Da ist der iranische Fußball auf einem guten Weg, auch dort hinzukommen. Ich glaube, dass Vereine wie Sepahan, Esteghlal, Tractor oder Persepolis sehr gute Qualität haben. Außerdem gibt es viele gute Spieler, die aus der Liga gekommen sind - wie ein Mehdi Taremi, der jetzt bei Inter spielt.
LAOLA1: Welche Unterschiede gibt es von der Infrastruktur und dem Drumherum zwischen der iranischen Liga und den europäischen Ligen, in denen du gespielt hast?
Schulz: Bei manchen Vereinen gibt es jetzt nicht die Top-Infrastrukturen. Das war mir auch bewusst, bevor ich hierher kam. Das war bereits in Griechenland so. Ich würde sagen, in Österreich, Deutschland und der Schweiz hat man schon ein Privileg, weil es dort mehr Trainingsplätze gibt und die Infrastruktur besser ausgebaut ist. Aber hier ist es so, dass sich die Vereine von Jahr zu Jahr verbessern. Es gibt manche Sachen, die sind auch neu für mich. Aber du hast zum Beispiel persönliche Betreuer, die für dich fast alles machen. Da ist man in Europa ein bisschen mehr auf sich selbst angewiesen. Ein großer Unterschied ist noch, dass es nicht bei allen Spielen den VAR gibt. Man gewöhnt sich schon dran und auf einmal gibt es kein VAR mehr. Aber da ist der iranische Verband auch dran.
"Du hast immer volle Stadien, das ist natürlich exzellent."
LAOLA1: Was sagst du bisher zur Stimmung in den Stadien, gerade im Vergleich zu deiner letzten Station, der WSG?
Schulz: Du hast immer volle Stadien, das ist natürlich exzellent. Wir hatten zuletzt ein Spiel mit locker 15.000 bis 20.000 Zuschauern. Es ist zwar ein kleines Stadion, aber es war voll. Eine richtig gute Atmosphäre - Gänsehaut einfach. Es macht schon Spaß. Die Fußballkultur ist etwas ganz anderes hier. Wenn ich das vergleiche mit der WSG, wo wir gar keine Fans hatten, und ich dann hier herkomme, wo du teilweise vor 40.000 bis sogar 100.000 Leuten spielst. Wenn wir jetzt gegen einen kleineren Klub spielen, dann sind es jetzt auch 5.000, 6.000 oder sowas. Aber gegen die Top-Teams ist das Stadion randvoll. Fußball ist hier die Sportart Nummer eins. Ich bin wirklich positiv überrascht vom iranischen Fußball. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch neben dem Platz. Das ist auch einer der Gründe, warum ich überhaupt Iran gewechselt bin.
LAOLA1: Verfolgst du deine Ex-Vereine noch?
Schulz: Ja, natürlich. Vor allem die WSG verfolge ich noch und schaue mir die Highlights an. Mich hat es richtig gefreut, dass Freunde, mit denen ich regelmäßig in Kontakt bin, eine gute Rolle spielen. Es freut mich sehr, dass Cem Üstündag sein erstes Bundesliga-Tor erzielen konnte. Das ist richtig cool gewesen. Viele wissen gar nicht, dass Skrbo und Üstündag unzertrennlich sind, die kennen sich schon seit der Geburt. Die verbringen, glaube ich, mehr Zeit zusammen als jede andere Person. Das hat dann genau gepasst und war schon fast ironisch, dass Skrbo Üstündag dann das Tor auflegt. Ich kenne die Jungs, sie sind aus der Akademie in die erste Mannschaft gekommen, mit dem Traum Bundesliga zu spielen. Zwei Jahre später verfolgt man das und sieht, wie sie in der Bundesliga spielen. Ich hab den Jungs dann gleich geschrieben und mich richtig gefreut für die Mannschaft. Ich hoffe, es geht so weiter für die WSG. Das macht mich richtig glücklich.
LAOLA1: Wie schauen die Ziele von dir und vom Klub diese Saison aus?
Schulz: Ich bin neu dazugestoßen, hatte keine Vorbereitung, bin jetzt aber auf einem guten Fitnesslevel. Da war es einfach wichtig, dass man sich erstmal herantastet und schaut, wie das Niveau ist und wie überhaupt die Verhältnisse sind. Der Trainer hat ein gutes Händchen bewiesen und uns Legionären erlaubt, uns erstmal anzupassen. Wenn man direkt reingeworfen wird ins kalte Wasser, dann ist das auch schwierig. Dadurch, dass das Ende der letzten Saison so gut lief für die Mannschaft, wurden die Ziele gesteckt und wir wollen an die obere Tabellenhälfte herankommen. Ich finde es cool, dass wir das anstreben. Wir haben Spieler, die riesige Erfahrungen in der Liga haben und sie auch schon gewonnen haben.
"Solange ich noch über 36 km/h im Sprint komme, mache ich weiter."
LAOLA1: Mit 35 Jahren hast du ein Abenteuer im Iran begonnen. Wie lange soll es weitergehen, ist ein Karriereende schon in Sicht?
Schulz: Ich hatte das Glück, dass ich noch nie wirklich schwere Verletzungen hatte. Und deswegen bin ich jetzt noch wirklich relativ gut beieinander. Und ja, ich habe immer einen Witz gemacht, solange ich noch über 36 km/h im Sprint komme, mache ich weiter. Aber sobald ich merke, dass ich darunter bin, hänge ich die Schuhe auf. Also bis jetzt ist es noch nicht so. Bis jetzt stehe ich noch relativ gut im Saft. Ich hoffe, dass ich noch ein paar Jahre spielen kann. Ohne, dass mir meine Frau Druck macht. Es kommt auf jeden Fall darauf an, wie das mit der Familie ist. Aber wie lange ich weitermache, das weiß ich noch nicht. Solange ich mich noch gut fühle, gebe ich Gas und hoffe, dass ich eine gute Rolle spiele.
LAOLA1: Gibt es für dich noch Länder, Ligen, in denen du unbedingt noch spielen willst in deiner Karriere?
Schulz: Ich bin ja eigentlich so ein Weltenbummler. Ich mag es sehr, andere Kulturen und andere Länder auch zu sehen und habe auch schon relativ viel gesehen. Ich versuche mich jetzt darauf zu fokussieren, dass ich hier gute Leistungen bringe. Und dann ja, vielleicht bleibe ich in der iranischen Liga.