Neusiedl, Wien, Rijeka, Sarpsborg, Mödling, Wolfsberg und Vilnius. Was wie eine interessante Route für den nächsten gemeinschaftlichen Roadtrip klingt, sind die zahlreichen bisherigen Karrierestationen des Mario Pavelic.
Mit dem litauischen Meister Zalgiris Vilnius schlug der einzige aktive ÖFB-Legionär im Baltenland in der Champions-League-Qualifikation jüngst Malmö FF. Eine internationale Gruppenphase ist dem Hauptstadtklub nicht mehr zu nehmen, auch in der Liga läuft es wie meist rosig.
Da darf man auch einmal von mehr träumen: "Die Chancen stehen nicht so schlecht, dass man es in die Champions League schaffen könnte", meint der ÖFB-Legionär im LAOLA1-Interview.
Wie es dem langjährigen Rapid-Profi seit seinem Abgang aus Wien-Hütteldorf erging, wie er sich in seiner neuen Fußball-Heimat eingelebt hat und wie stark die Beziehung zum heimischen Fußball nach wie vor ist, erzählt Pavelic im folgenden Interview.
"Nachdem mein Vertrag beim WAC nicht verlängert wurde, bin ich erst einmal daheim gesessen und habe auf Angebote gewartet."
LAOLA1: Wie kommt ein Eisenstädter nach Vilnius?
Mario Pavelic: Es war alles sehr überraschend. Nachdem mein Vertrag beim WAC nicht verlängert wurde, bin ich erst einmal daheim gesessen und habe auf Angebote gewartet. Das war im Sommer 2021. Verkompliziert wurde die Situation dadurch, dass die Vereine zu der Zeit noch hart von der Corona-Krise getroffen waren und ich beim WAC in den letzten Monaten einfach nicht genug gespielt habe, um mich für nationale Top-Klubs in die Auslage zu spielen. Dementsprechend gab es auch wenige Angebote. Beim ersten Angebot von Vilnius war ich schon ein wenig überrascht (lacht). Wir konnten dann innerhalb eines Monates zusammenfinden, sie wollten mich unbedingt haben. Ich habe mich dann erst einmal über die Liga schlau gemacht. Ich kannte nur ein paar Teams aus diversen Europacup-Spielen. Für mich war am wichtigsten, dass ich wieder Spielminuten sammeln kann und das Zuckerl war natürlich, dass Zalgiris in der litauischen Liga zu den dominierenden Mannschaften gehört. Zu meinem Spielstil passt das einfach. Auch die Möglichkeit wieder international zu spielen, hat mich gereizt.
LAOLA1: Wie hast du dich mittlerweile eingelebt? Gab es anfangs ein paar Kulturschocks?
Pavelic: Ehrlich gesagt gar nicht. Ich habe mir erst einmal auf Google angeschaut, was mich da ungefähr erwartet und als ich ankam, war ich sehr positiv überrascht, wie schön die Stadt ist. Ich habe mich eigentlich ohne große Startschwierigkeiten eingelebt. In der Mannschaft gab es mehrere Spieler aus Balkan-Ländern, das hat die Eingewöhnung für mich noch leichter gemacht.
LAOLA1: Nationalsport in Litauen ist Basketball, was für einen Stellenwert hat Fußball dort überhaupt?
Pavelic: Dass Basketball Nationalsport ist, merkt man auf jeden Fall. Zu den Liga-Spielen in Litauen kommen nicht sehr viele Zuschauer, nur bei den Partien gegen Suduva Marijampole oder Kauno Zalgiris ist ein bisschen was los (lacht). Mit der österreichischen Bundesliga ist das nicht zu vergleichen, sowohl von der Qualität der Teams als auch vom Zuschauerinteresse her. Ich muss aber ehrlich zugeben, dass ich mir die Liga schwächer vorgestellt habe. Es gibt einige gute Kicker hier.
"Die fixe Qualifikation für die Conference-League-Gruppenphase ist schon richtig geil. Champions League habe ich bisher auch noch nicht gespielt. Wer weiß, was passiert."
LAOLA1: Jetzt bist du Stamm-Innenverteidiger beim Hauptstadtklub. Kannst du da unbemerkt auf die Straße gehen?
Pavelic: Ursprünglich kam ich als Rechtsverteidiger nach Vilnius. Bevor ich unterschrieben habe, habe ich mir den Kader von Zalgiris angeschaut und gesehen, dass der Stamm-Rechtsverteidiger schon 38 Jahre alt ist. Dementsprechend habe ich mir da gute Chancen auf Einsatzzeiten ausgerechnet. Der hat sich dann auch kurz nach meiner Unterschrift verletzt und ich habe in der Folge kaum ein Spiel verpasst. Die Saison haben wir dann mit dem Double gekrönt. Dann ist ein Innenverteidiger gegangen und der Trainer hat mich gefragt, ob ich mir zutraue, diese Position zu spielen. Seitdem spiele ich fast nur noch als Innenverteidiger und ich muss zugeben, dass ich mich auch in der Abwehrzentrale sehr wohl fühle. Auch in unseren Champions-League-Qualifikationsspielen gegen Malmö hatte ich gar keine Probleme. Dem geschuldet, dass Fußball in Litauen nicht die beliebteste Sportart ist, werde ich auch kaum erkannt. Dass mal jemand herkommt und mich fragt, ob ich ein Foto mit ihm machen will, ist die absolute Seltenheit.
LAOLA1: Ihr werdet nach eurem Sieg in Malmö an einer internationalen Gruppenphase teilnehmen. In der Form hat es das für Zalgiris Vilnius noch nie gegeben. Wie ist die Stimmung im Klub?
Pavelic: Das ist auf jeden Fall historisch. Der Trainer hat sich unglaublich gefreut. Wir waren auch letztes Jahr drauf und dran uns zu qualifizieren, da wären wir beinahe auf Sturm Graz getroffen. Wir haben gegen Malmö auf jeden Fall die Außenseiterrolle angenommen, konnten das Heimspiel dann auch verdient mit 1:0 gewinnen. Ein ehemaliger Mitspieler, der dort gespielt hat, hat mir dann angekündigt, dass sie auswärts viel stärker sind, aber wir haben die Geschichte auch in Schweden mit einem 2:0-Sieg gut über die Bühne gebracht. Die fixe Qualifikation für die Conference-League-Gruppenphase ist schon richtig geil. Champions League habe ich bisher auch noch nicht gespielt (lacht). Wer weiß, was passiert.
LAOLA1: Ihr seid amtierender Double-Sieger, das war auch dein erster Meistertitel als Spieler. Auch in dieser Saison sieht es nicht schlecht aus. Gibt es in Vilnius "Salzburg-esque" Ansprüche, was den nationalen Fußball angeht?
Pavelic: Würde ich schon sagen. Vom Kader und vom Finanziellen her, sind wir eigentlich allen anderen nationalen Konkurrenten überlegen. Man kann das schon mit Salzburg vergleichen. Natürlich sind wir vom spielerischen Niveau her von Salzburg sehr weit weg (lacht).
"Der volle Fokus liegt jetzt darauf sich vielleicht sogar für die Europa League zu qualifizieren, vielleicht sogar für die Champions League. Die Chancen stehen nicht so schlecht, dass man es in die Champions League schaffen könnte."
LAOLA1: Im Kader von Vilnius stehen 17 Legionäre. Viel Litauisch wird bei euch in der Kabine nicht gesprochen?
Pavelic: Wir haben sehr viele Legionäre, dieses Jahr sind sogar noch ein paar dazugekommen. Natürlich gibt es dann intern ein paar Gruppen, aber wir verstehen uns alle sehr gut miteinander. Ich bin wirklich sehr zufrieden in Vilnius, die gute Team-Chemie spürt man auch auf dem Platz. In der Kabine wird mehrheitlich Litauisch und Englisch gesprochen, weil unser Trainer aus Kasachstan kommt auch ein wenig Russisch. Ein wenig Fußball-Russisch habe ich dadurch mittlerweile auch schon gelernt (lacht).
LAOLA1: Bei Zalgiris bist du in der Innenverteidigung eine unverzichtbare Stammkraft. Das war in deiner bisherigen Karriere nicht immer so. Balsam für die Seele?
Pavelic: Seit meiner Zeit bei Rapid, wo ich in drei Saisonen sicher zum Stammpersonal gehört habe, war das eher nicht der Fall. Da habe ich im Durchschnitt sicher 30 Spiele pro Saison bestritten. Bei Rijeka war ich eigentlich anfangs auch Starter, aber durch das Verpassen des internationalen Geschäfts ist Unruhe im Verein entstanden. Da kam dann mit Trainerwechsel und Verletzungen alles zusammen. Dann wurde ich nach Norwegen verliehen, wo ich auch nicht viel gespielt habe. Bei der Admira war ich dann auch nur ein halbes Jahr, dann gings weiter zum WAC. Dort war es auch nicht so berauschend, in Vilnius konnte ich dann erstmals wieder richtig Selbstvertrauen tanken.
LAOLA1: Trotzdem läuft dein Vertrag nur noch bis Ende des Jahres. Was sind Mario Pavelics Zukunftspläne?
Pavelic: Ende des Jahres bin ich dann wieder ablösefrei zu haben, dann werden wir sehen, was sich ergibt.
LAOLA1: Also hast du mit Vilnius schon abgeschlossen?
Pavelic: Vertraglich abgeschlossen. Mein Vertrag endet mit Ende des Jahres und dann wird sich zeigen, wie es weitergeht. Auch in Vilnius zu verlängern, kann noch eine Überlegung sein. Wir sind da noch gar nicht ins Gespräch gekommen, dafür ist es auch noch viel zu früh. Der volle Fokus liegt jetzt darauf sich vielleicht sogar für die Europa League zu qualifizieren, vielleicht sogar für die Champions League (lacht). Die Chancen stehen nicht so schlecht, dass man es in die Champions League schaffen könnte. Aber man muss am Boden bleiben, mit der Conference League sind wir auch sehr zufrieden. Mit dem nächsten Gegner, Bodo/Glimt, haben wir noch eine Rechnung aus dem Vorjahr und dem Jahr davor offen. Da haben wir immer knapp verloren.
"Seine Trainings habe ich noch als sehr intensiv in Erinnerung. Körperlich wird er die Mannschaft auf jeden Fall gut vorbereiten."
LAOLA1: Wärst du, wenn du die Wahl gehabt hättest, gerne bis heute bei Rapid geblieben oder sagst du rückblickend, dass dich diese ganzen internationalen Stationen als Spieler besser gemacht haben?
Pavelic: Ich trage Rapid immer noch im Herzen. Als Kind war ich schon Fan und bin dann von den Nachwuchsteams bis in die erste Mannschaft gekommen. Das sind wunderschöne Erinnerungen. Da frage ich mich manchmal, warum ich nicht einfach dortgeblieben bin. Aber ich muss sagen, dass ich keinen meiner Schritte bereue. Ich habe super Erfahrungen gesammelt und auf dem Weg tolle neue Leute kennengelernt. Damals, als ich meinen Abschied genommen habe, hatte ich noch keinen neuen Vertrag vorliegen und Rijeka war sehr interessiert an mir.
LAOLA1: Wie sehr verfolgst du die heimische Liga? Was traust du deinem Herzensverein diese Saison zu?
Pavelic: Seit meinem Abgang aus der Bundesliga bin ich auf "Sky" immer live dabei (lacht). Rapid verfolge ich eigentlich immer, wenn es sich ausgeht. Diese Saison wird auf jeden Fall interessant. Es gab wieder einen großen Umbruch. Wichtig wird sein, dass sie die Neuzugänge schnell integrieren. Ferdinand Feldhofer kenne ich ja bestens aus meiner Zeit beim WAC. Der macht eine gute Arbeit, wo auch immer er ist. Seine Trainings habe ich noch als sehr intensiv in Erinnerung (lacht). Körperlich wird er die Mannschaft auf jeden Fall gut vorbereiten. Die Neuzugänge versprechen einiges. Ich denke, sie werden dieses Jahr wieder vorne mit dabei sein.