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Behouneks Traumsaison: "Der Grund, warum man Fußballer wird"

Wahrgewordene Träume, künftige Duelle mit Weltstars und die WSG Tirol ohne Thomas Silberberger - Niederlande-Legionär Raffael Behounek im LAOLA1-Interview.

Behouneks Traumsaison: Foto: © GEPA

Santo subito!

Raffael Behounek und seine Teamkollegen haben mit Anfang Mai alle Voraussetzungen erfüllt, um im Namen der Fans vom Willem II Tilburg endgültig heiliggesprochen zu werden.

Anfang Mai vollbrachten der ÖFB-Legionär und sein Klub tatsächlich das Double aus Meistertitel und Eredivisie-Aufstieg. Im Zuge eines bis zur letzten Sekunde spannenden Saisonfinishs bewiesen die "Tricolores" Nerven aus Stahl und krönten so eine sensationelle Saison in der zweitklassigen Keuken Kampioen Divisie.

Der Wiener avancierte nach seinem Abschied von der WSG Tirol auf seinem ersten Auslandsabenteuer sofort zum Führungsspieler und Publikumsliebling. Beste Zweikampfquote der Liga, nur 90 Pflichtspielminuten verpasst und von den Fans zum Spieler der Saison gewählt - Behounek hatte einen Löwenanteil an der Traumsaison der "Superkruiken".

Im LAOLA1-Interview spricht der 27-jährige Abwehrchef nun über den Wahnsinn der letzten Wochen, kommende Herkulesaufgaben in der Eredivisie, Niveau-Unterschiede im Schiedsrichterwesen und die WSG Tirol im Zeichen des Abschieds von Thomas Silberberger.

Diese ÖFB-Spieler wurden in den Top-5-Ligen Meister


LAOLA1: Am vorletzten Spieltag den Aufstieg fixiert, eine Woche darauf dann den Meisterteller überreicht bekommen. Hast du überhaupt schon realisiert, was für eine Erfolgsstory ihr in den letzten Wochen geschrieben habt?

Behounek: Ich weiß noch gar nicht, wie ich das alles einordnen soll, weil es in den letzten Wochen schon sehr viel war. Es ist einfach ein superschönes Gefühl. Wir haben es tatsächlich geschafft. Wenn man in die Gesichter der Leute blickt, in der Stadt herumgeht und sieht, wie stolz alle sind und wie groß die Identifikation mit dem Verein ist… da merkt man, dass man viel richtig gemacht hat in dieser Saison.

LAOLA1: Die Ekstase rund um Willem II Tilburg hat in den vergangenen Wochen keine Grenzen mehr gekannt. Vom Platzsturm der Fans am letzten Spieltag, der großen Titel-Party am Tilburger Hauptplatz bis zum feierlichen Abendessen mit Bondscoach Ronald Koeman: Wie hast du den Partymarathon der letzten Wochen überstanden?

Behounek: Noch gar nicht (lacht). Der Verein hat uns zur Belohnung eine Reise nach Ibiza spendiert. Da geht es dann sicher noch weiter. Es ist einfach unglaublich schön.

LAOLA1: Was war für dich, in all dem Trubel des Aufstieg- und Titelrennens der emotionalste Moment? Wann hast du realisiert, dass ihr es tatsächlich geschafft habt?

Behounek: Das erste Mal war nach dem 1:1 gegen Groningen am 36. Spieltag. Das war das erste Mal, wo dieser ganze Druck abgefallen ist. Man hat gemerkt: "Jetzt ist es getan." Das Spiel gegen Dordrecht, in dem wir den Aufstieg fixiert haben, war noch wesentlich emotionaler, als das letzte Spiel in dem wir den Meistertitel fixiert haben. Das waren schon Momente, die sehr emotional waren und in denen der ganze Druck, der nur schwer auszublenden war, auf einmal wegfiel.

Freudentaumel nach Gewinn der Meisterschaft am letzten Spieltag:



LAOLA1: Ihr habt Aufstieg und Titel an den letzten beiden Spieltagen jeweils mit zwei Toren in der Nachspielzeit fixiert. Das muss eine Achterbahn der Gefühle gewesen sein…

Behounek: Wir sind als Meister in der ganzen Saison 18-mal mit 0:1 in Rückstand gewesen. 18-mal! Und trotzdem haben wir nur fünf Spiele verloren. Wir sind immer zurückgekommen, irgendwann hat sich da ein Selbstverständnis aufgebaut. Wir haben unser Ding gemacht und gewusst, wir lassen nicht viel zu und werden treffen. Wenn es im Spiel um den Aufstieg 4:0 zur Halbzeit steht, ist das zwar schön und gut, aber auf diese Art und Weise aufzusteigen, macht es dann noch einmal spezieller und emotionaler. Da ist es wurscht, ob du 1. Klasse oder Champions League spielst, dieses Gefühl wird immer dasselbe sein.

Das Goldtor zum Eredivisie-Aufstieg in der 93. Minute:

LAOLA1: Das Aufstiegs- und Meisterrennen war an Spannung nicht zu überbieten. Wie intensiv hast du den Saisonendspurt wahrgenommen und wie kräfteraubend war es, nach so einer Spielzeit in den letzten Wochen mit dem großen Coup nicht vielleicht doch noch die Nerven zu verlieren?

Behounek: Es war schon sehr anstrengend. Wir haben über 38 Spiele quasi mit derselben Startelf gespielt. Da hat man am Ende schon gemerkt, dass ein paar Spieler überspielt waren. Wir haben 40 Pflichtspiele in der Saison gehabt, in Österreich waren es ja nach ÖFB-Cup-Saison bestimmt zehn Partien weniger. Da war mit der WSG aber meistens sowieso in Runde eins oder spätestens zwei Schluss (lacht). Es gab keine Winterpause, die Sommervorbereitung war länger. Und man hat gemerkt, je näher es zur Entscheidung hingeht, desto nervöser wird alles. Die Anspannung wird größer, es geht nicht mehr alles so leicht von der Hand. Es war ein Jahr brutal harter Arbeit und ich bin wahnsinnig froh, dass das dann so souverän funktioniert hat.

"Da ist es wurscht, ob du 1. Klasse oder Champions League spielst. Dieses Gefühl wird immer dasselbe sein."

Raffael Behounek über die Emotionen nach dem Last-Minute-Tor zum Eredivisie-Aufstieg

LAOLA1: Daraus, dass der Start ins neue fußballerische Kapitel auch Hürden und Schattenseiten mit sich brachte, hast du nie einen Hehl gemacht. Wie beurteilst du deine persönliche Entwicklung nach einem Jahr Niederlande?

Behounek: Es war ja für einige ein eher unverständlicher Wechsel. Paar waren froh, dass ich nicht mehr in der Bundesliga spiele, paar haben gedacht: "Was tut er denn jetzt?". Für mich war immer klar, solange ich mit meinen Entscheidungen in den Spiegel schauen kann, dann passt alles. Jetzt im Nachhinein ist es natürlich einfach zu sagen: "Schaut’s her, ich habe eh recht gehabt". Natürlich ist nicht alles reibungslos verlaufen. Das erste Mal Ausland, man muss sich auch privat in einem fremden Land zurechtfinden. Mit der Zeit ist aber alles step-by-step gekommen.

LAOLA1: Auch an den niederländischen Fußball musstest du dich erst einmal gewöhnen. Inwiefern hast du dich fußballerisch in deiner ersten Saison in Tilburg weiterentwickelt?

Behounek: Ich würde schon sagen, dass mein Spielstil wesentlich besser in die Niederlande passt. In Österreich wird halt eher das risiko- und humorlose Spiel bevorzugt. Hoch und weit bringt Sicherheit. Ich bin viel erwachsener, wesentlich klarer in meinem Spiel geworden und glaube schon, dass ich mein Spiel auf ein anderes Level gebracht habe. Am Ende des Tages ist es halt auch einfacher, wenn du sehr gute Mitspieler um dich herumhast. Bei allem Respekt: In Tirol hatten wir teilweise Spieler im Kader, die es bei einem durchschnittlichen 2. Liga-Verein schwer gehabt hätten.

Luuk de Jong & Hirving Lozano - nur zwei der Stars, mit denen es Behounek in der Eredivisie zu tun bekommen wird
Foto: © getty

LAOLA1: Für dich und Willem II Tilburg geht es nun nächstes Jahr in eine der größten Ligen der Welt. Was empfindest du, wenn du daran denkst, nächste Saison vor 50.000 Menschen in Amsterdam, Eindhoven oder Rotterdam zu spielen?

Behounek: Ich empfinde in erster Linie stolz, weil ich es nicht als selbstverständlich ansehe, insbesondere als Österreicher ins Ausland zu gehen und auf Anhieb Leistungsträger und Führungsspieler zu sein. Die Niederlande liegen in der Fünfjahreswertung auf Rang sechs, Österreich ist 13. Das ist dann eine ganz andere Fußballwelt. Du hast diese großen Klubs wie Ajax, PSV, Feyenoord oder Vereine wie Alkmaar, Twente, Utrecht – das sind alles große Adressen mit tollen Stadien. Der Qualitätsunterschied zur österreichischen Bundesliga ist ein ordentlicher. Da muss ich mich sicher anpassen. Wir werden leider nicht mehr so viele Spiele gewinnen wie dieses Jahr, aber das werden absolute Highlights in der Amsterdam Arena oder in Rotterdam zu spielen. Das ist der Grund, warum man Fußballer werden möchte. Am Ende des Tages wird keiner Fußballer, weil er vor 1000 Leuten in Tirol, vor 2000 in Hartberg und 2500 in Wolfsberg spielen möchte. Es ist viel Vorfreude, aber mit dem Wissen dass das ein hartes Stück Arbeit wird.

LAOLA1: Als Abwehrspieler wirst du nächste Saison auch auf absolute Weltklasse-Kicker treffen. Wie bereitest du dich auf diese sportlich wohl härtesten Duelle deiner Karriere vor?

Behounek: Ehrlich gesagt: Das weiß ich noch nicht. Ich werde auf eine ganz andere Qualität treffen. Sturm Graz ist österreichischer Meister und PSV Eindhoven hat ihnen in der CL-Quali letztes Jahr absolut die Grenzen aufgezeigt. Sturm ist aktuell das Nonplusultra in Österreich, ich weiß aus eigener Erfahrung wie unangenehm es ist, gegen sie zu spielen. Aber sie waren in in allen Belangen total chancenlos. Das wird auf jeden Fall eine Aufgabe nächstes Jahr. 

"Ich weiß worum es geht, wenn der Trainer was sagt. Hin und wieder, wenn er mir auf den Keks geht, tu ich auch so als würde ich ihn nicht verstehen (lacht)."

Behounek über seine - mal mehr, mal weniger - gut ausgeprägten Niederländisch-Kenntnisse

LAOLA1: Was muss sich auch im Verein über den Sommer tun, dass ihr gut gewappnet in die Eredivisie-Saison gehen könnt? Wirst du über den Sommer auch die eine oder andere Extra-Trainingsschicht einlegen?

Behounek: Wir werden paar neue Spieler brauchen, das ist eh immer so. Ich hoffe, dass der Verein die richtigen Schlüsse zieht und wir uns auf allen Positionen gut verstärken. Dann glaube ich schon, dass wir eine ganz passable Rolle spielen können. Wir werden nicht in den Top-5 landen, aber der Verein ist zu einfach zu groß um gleich wieder abzusteigen. Es sollte mit diesen Fans, mit dieser Stadt der Anspruch sein, sich auf Dauer in der ersten Liga festzusetzen. Ich werde über den Sommer auch auf jeden Fall mehr tun als sonst, das habe ich auf jeden Fall vor. Aber da denkt jetzt noch keiner dran (lacht).

LAOLA1: Wie geht es dir mittlerweile abseits des Platzes in den Niederlanden? Wie geht es dir mit der Sprache, wie wohl fühlst du dich?

Behounek: Sprachlich verstehe ich mittlerweile alles, reden kann ich aber leider nicht so gut. Ich weiß worum es geht, wenn der Trainer was sagt. Hin und wieder, wenn er mir auf den Keks geht, tu ich auch so, als würde ich ihn nicht verstehen (lacht). Dann sagt man einfach "Ich hab nichts verstanden". Ich habe mich gut eingelebt, bin mittlerweile auch wesentlich ausgeglichener und entspannter geworden. Ich muss schon sagen, dass ich mich in Österreich zum Ende hin zu wenig wertgeschätzt gefühlt habe.

In Bundesliga-Zeiten krachte "Raffa" regelmäßig mit den heimischen Unparteiischen aneinander
Foto: © GEPA

Ich habe bei weitem nicht so viel mit den Schiedsrichtern reden müssen. Und das liegt nicht daran, dass mein Holländisch schlecht ist…

LAOLA1: Sondern...? Machst du in puncto Schiedsrichter einen Unterschied zwischen den Niederlanden und Österreich aus? 

Behounek: Ich möchte mir eigentlich nicht wieder ein Fass aufmachen. Nicht über einen österreichischen Schiedsrichter könnte ich sagen, der ist ungut. Aber die Qualität ist, warum auch immer, einfach nicht gut. Das ist noch freundlich ausgedrückt. In Kombination mit der "Ja-keinen-Fehler-zugeben-Mentalität", kann das schwer anstrengend sein.

Ich kann mich in 38 Spielen heuer nicht an eine einzige skandalöse Entscheidung erinnern. Und das ohne Videoschiedsrichter! Die niederländischen Schiris haben ein ganz anderes Auftreten, sind in allen Belangen viel professioneller. Ich hätte nie gedacht, dass der Qualitätsunterschied so extrem sein kann. Jetzt regen sich die Leute in den Niederlanden schon ständig über die Schiris auf. Da sage ich: Schau dir einmal 10 Spiele in der Bundesliga an, danach beschwerst du dich nie wieder. Wir sind in Österreich völlig auf dem Holzweg.

"Ich denke schon, dass der WSG nun etwas fehlt. Viele Leute sagen, die WSG Tirol braucht als Verein niemand. Jetzt geht aber derjenige, mit dem sich die Leute noch halbwegs identifizieren haben können."

Behounek über den Abschied von WSG-Trainerhaudegen Thomas Silberberger

LAOLA1: Die WSG Tirol hat, wie von dir in unserem letzten Gespräch prophezeit (zum Interview>>>), den Klassenerhalt geschafft. Wie intensiv hast du den Kampf deines Ex-Vereins gegen den Abstieg mitverfolgt?

Behounek: Die Qualifikationsgruppe habe ich nicht mehr so intensiv verfolgt. Die Spiele sind einfach nicht attraktiv anzuschauen. Der Modus, gepaart mit dieser Qualität, erzeugt dann dieses Endprodukt. Da kann die Bundesliga und alle, die dafür gestimmt haben, stolz auf sich sein. Sie haben die Klasse letztendlich souverän gehalten, was natürlich auch an desaströsen Lustenauern gelegen hat.

LAOLA1: Trainer-Urgestein Thomas Silberberger, unter dem auch du drei Jahre lang gespielt und zu dem du eine besondere Beziehung gepflegt hast, verlässt Wattens nach elf Jahren im Amt. Wie beurteilst du seine Entscheidung?

Behounek: Für mich ist seine Entscheidung sehr schlüssig. Ich habe die letzten eineinhalb Jahre schon gemerkt, dass er sich verändert hat. Elf Jahre in einem Verein, das ist eine Ewigkeit. Ich habe mich oft gefragt, ob er nicht Lust auf eine Veränderung hat. Er hat mit dem "Köcki" (Anm. WSG-Manager Stefan Köck) quasi den Verein geschmissen. Was gibt es besseres, als sich mit einem guten Haberer seinen Traum zu verwirklichen?

Behounek und Silberberger verband stets eine besondere Beziehung
Foto: © GEPA

Es hat sich bei ihm abgenutzt. Auch mit der Qualifikationsgruppe, das hat ihm sehr viel Energie geraubt. In meinem letzten Bundesliga-Jahr hatten wir vor der Punkteteilung 29 Punkte und Altach 17. Dann wurde geteilt und wir haben das erste Duell mit Altach verloren. Da schrumpft der Rückstand innerhalb einer einzigen Woche von zwölf auf drei Zähler. Da drehe ich auch durch. Ich bin sehr gespannt, was er jetzt macht und wünsche ihm alles Gute.

LAOLA1: Was bedeutet Silberbergers Abschied für den Verein?

Behounek: Ich denke schon, dass der WSG nun etwas fehlt. Viele Leute sagen, die WSG Tirol braucht als Verein niemand. Jetzt geht aber derjenige, mit dem sich die Leute noch halbwegs identifizieren haben können.

LAOLA1: Mittlerweile steht fest, dass Philipp Semlic neuer WSG-Trainer wird (Alle Infos>>>). Wie beurteilst du seine Verpflichtung und was erwartet den Erben von Thomas Silberberger in Wattens?

Behounek: Ich denke, es war eine zu erwartende Lösung. Er wird dem Verein vermutlich nicht allzu viel kosten, ist Österreicher und hat seine Aufgabe insbesondere bei Lafnitz immer ganz ordentlich gemacht.

Es braucht gar nicht so viel, weil der Verein keine Fans hat. Auch in Freiburg geht ein Christian Streich nach Jahrzehnten - da kann es dann aber schnell ungemütlich werden, wenn die Fans nicht überzeugt sind. Bei der WSG Tirol musst du Danke sagen, dass es zehn Hanseln auf der Tribüne gibt, die "Wattens, Wattens" rufen. Man hat keinen Druck, nicht als Trainer und nicht als Spieler. Wenn die WSG am Ende des Tages die Liga hält, geben sich alle die Hand, es war ein super Jahr und es wird einer gebechert.




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