Im Fußball kann es schnell gehen.
2017 lief nahezu perfekt für Maximilian Wöber. Im März spielte er noch für die Rapid Amateure in der Regionalliga Ost, im August wechselte er zu Ajax Amsterdam.
Im Oktober erkämpfte er sich einen Stammplatz bei den Niederländern, schoss sein erstes Tor für den Rekordmeister und wurde ins Team des Monats gewählt.
Als es Anfang November Anzeichen dafür gab, dass der Österreicher seinen Stammplatz verlieren könnte, kamen ihm Verletzungen zweier Konkurrenten zugute und er sammelte fortan als Linksverteidiger Spielpraxis. Das Momentum war auf Wöbers Seite.
Seit Mitte Dezember scheint es aber verloren zu sein. Von 540 möglichen Einsatzminuten in der Eredivisie absolvierte der vor kurzem 20 Jahre gewordene Wiener seither nur noch 50.
Verletzungssorgen und neuer Konkurrent
Die Abwärtsspirale begann am 14. Dezember gegen Excelsior (3:1/16. Spieltag), als Wöber nach nur 31 Minuten vom Spielfeld getragen werden musste. Die Verletzung erwies sich zwar glücklicherweise nicht als so schwer wie befürchtet, jedoch sorgte das beleidigte Innenband zumindest für ein vorzeitiges Hinrunden-Aus und beeinträchtigte die Vorbereitung des Wieners auf die Rückrunde.
Diese wurde umso wichtiger, weil es nach der Entlassung von Marcel Keizer galt, sich für den neuen Trainer Erik ten Hag ins Schaufenster zu spielen. Ein neuerlicher Rückschlag am Knie im letzten Testspiel gegen Duisburg (1:1), eine Woche vor dem Rückrunden-Auftakt gegen Feyenoord, erschwerte Wöber diese Mission.
Parallel dazu schlug Ajax auch am Transfermarkt zu und verpflichtete den Argentinier Nicolas Tagliafico für vier Millionen Euro. Der gelernte Linksverteidiger sollte die reihenweisen Notlösungen auf dieser Problemposition beenden.
Gegen Feyenoord (2:0/19. Spieltag) lieferte der Neuzugang von Independiente prompt den Assist zur Führung und wurde zum „Man of the Match“ gewählt. In der 89. Minute wurde er ausgewechselt, für Maximilian Wöber.
Wöbers Problem heißt de Jong
Der Platz des Linksverteidigers scheint vergeben, was Wöber im „Kurier“ aber nicht allzu tragisch fand: „Das ist für mich nur eine zusätzliche Option. Ich sehe meine Zukunft jetzt noch mehr als Innenverteidiger.“
Dort steht ihm nun aber überraschend Frenkie de Jong im Weg. Während Wöber als Linksverteidiger aushelfen musste, wurde der Niederländer als Innenverteidiger installiert. Oder Libero. So ganz genau ist das schwer zu beschreiben: Der gelernte zentrale Mittelfeldspieler erfand in den letzten Monaten die Position neu. Experten bezeichnen ihn gar als „Quarterback“, weil er durch sein ausgezeichnetes Positionsspiel und starke Dribblings als Hybrid ohnehin immer im Mittelfeld auftaucht.
Der 20-Jährige ist jedenfalls nicht mehr aus der Startelf wegzudenken – zum Leidwesen von Maximilian Wöber, dem 2018 weiterhin kein Glück bringt.
Beim 4:2-Erfolg egen Roda wäre der zweifache ÖFB-Teamspieler in der Startelf gestanden, weil Stamm-Innenverteidiger Matthijs de Ligt gelbgesperrt war. Eine Prellung am linken Knöchel machte diese Chance zunichte, der Österreicher stand nicht im Kader.
Bis zum Spiel gegen Twente am Sonntag (12:30 Uhr/23. Spieltag) soll Wöber zwar wieder fit sein, wird dann aber wie zuletzt wahrscheinlich nur die Rolle als Einwechseloption Nummer eins innehaben.
Wöbers Lösung heißt auch de Jong
Langfristig könnte sich aber eine Chance für Wöber ergeben. Eher nicht als Linksverteidiger, weil Tagliafico hier gesetzt sein dürfte. In der Innenverteidigung könnte jedoch ein Platz frei werden, weil de Jong auf Dauer wohl seine angestammte Position im Mittelfeld einnehmen wird.
Dort fühlt sich der Youngster auch wohler, dort sehen ihn auch Fachleute. So meint Ronald de Boer in seiner Kolumne für „Voetbal International“, dass er Wöber gerne wieder in der Innenverteidigung sehen würde: „Dann könnte De Jong im Mittelfeld für mehr Tempo im Spiel sorgen. Ihm gehört die Zukunft.“
Der 31-jährige Lasse Schöne wäre der Leidtragende. Gegen NAC Breda (3:1) wurde der Däne auch für Wöber ausgewechselt, woraufhin De Jong vorrückte.
Wann dies aber dauerhaft geschieht, ist schwer abzusehen. Obwohl sich Wöber sportlich nichts zuschulden kommen hat lassen und bei seinen Auftritten einen guten Eindruck hinterließ, muss der 20-Jährige nun also Geduld beweisen. Er weiß ja: Im Fußball kann es schnell gehen.