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Das Leben eines ÖFB-Legionärs in Russland

Dardan Shabanhaxhaj: Wie Rubin Kazan ein Sprungbrett sein soll. Warum es bei Sturm nicht klappte. Weshalb er einen eigenen Fußball-Verein gegründet hat.

Das Leben eines ÖFB-Legionärs in Russland Foto: © FC Rubin Kazan

Für eine kolportierte Ablöse von 1,2 Millionen Euro ist ÖFB-Legionär Dardan Shabanhaxhaj im Winter von NS Mura in Slowenien zu Rubin Kazan nach Russland übersiedelt – 30 Prozent der Transfer-Summe gehen an seinen Stammklub SK Sturm Graz.

Die Brisanz dieses Wechsels lässt sich angesichts der politischen Weltlage auch im folgenden LAOLA1-Interview logischerweise nicht ausblenden, wobei es vor allem um die sportliche Komponente gehen soll.

Der 22-Jährige erklärt, warum er seinen neuen Arbeitgeber als nächsten Schritt in eine Top-5-Liga sieht, die sein erklärtes Ziel darstellt.

Zudem spricht er über die Situation von Eigenbauspielern aus der Akademie bei Sturm sowie einen angehenden Fußball-Meister aus Graz.

Damit sind weder Sturm, noch der GAK gemeint. Shabanhaxhaj ist nämlich auch Vereinsgründer und hat mit Graz United Großes vor.


LAOLA1: Beginnen wir sportlich: Warum hast du dich für einen Transfer zu Rubin Kazan entschieden?

Dardan Shabanhaxhaj: Ich hatte einen tollen Herbst beim NS Mura, woraufhin Rubin Kazan Interesse an mir bekundet hat. Bei Rubin spielt mit Mirlind Daku seit Sommer 2023 ein früherer Mitspieler bei Mura, der auch von meiner Berateragentur vertreten wird. Das hat viele Türen geöffnet. Er war ein großer Faktor, weshalb es von außen betrachtet gut gepasst hat.

LAOLA1: Du hast deine ersten beiden Liga-Spiele hinter dir. Wie erlebst du den Verein bisher?

Shabanhaxhaj: Bis jetzt läuft es gut. Natürlich ist es am Anfang schwer, aber das Trainer-Team und die Mannschaft helfen mir sehr, ich wurde top aufgenommen. Es ist ein echt großer Verein. Bei meinem Debüt haben wir auswärts 1:1 bei Tabellenführer FK Krasnodar gespielt. Die Atmosphäre war grandios. Ich glaube, auf der ganzen Welt gibt es kein zweites Stadion wie das in Krasnodar. Das war wirklich ein Wahnsinn.

LAOLA1: Dein Trainer ist ein gewisser Rashid Rakhimov – ein bekannter Name in Österreich, der früher jahrelang bei der Austria, der Admira und in Ried gespielt hat. Das war zu einem guten Teil vor deiner Geburt 2001, aber bietet seine Österreich-Vergangenheit trotzdem einen Anknüpfungspunkt?

Shabanhaxhaj: Wir haben uns schon über ein paar Sachen unterhalten. In der Vorbereitung haben wir gegen den SKN St. Pölten mit Herrn Semlic, meinem früheren Adademie-Trainer bei Sturm, gespielt. Dort ist mit Tino Wawra ein früherer Mitspieler von ihm Sportdirektor. Darüber redet man zum Beispiel. Wer Rashid kennt, weiß, dass er ein harter Kerl ist, der von seinen Spielern Disziplin und harte Arbeit fordert. Das versuche ich umzusetzen. Bis jetzt gelingt das.

"Man spürt hier gar nichts. Kazan ist eine sehr organisierte, große Stadt, die wirklich sehr schön ist."

Dardan Shabanhaxhaj

LAOLA1: Wir kennen die weltpolitische Lage. War dies aus diesem Blickwinkel ein Transfer, über den man doppelt und dreifach nachdenkt?

Shabanhaxhaj: Auf jeden Fall. Man fragt sich, ob es sicher ist. Oder wie ist es mit der Familie? Können meine Frau und mein Vater ohne Probleme zu mir kommen? Wie ist die Situation vor Ort?

LAOLA1: Wie erlebst du es?

Shabanhaxhaj: Man spürt hier gar nichts. Kazan ist eine sehr organisierte, große Stadt, die wirklich sehr schön ist. Es gibt tolle Sehenswürdigkeiten. Ich bin erst neu hier, also kann man nicht sagen, dass ich mich wie zu Hause fühle, aber ich fühle mich sehr gut. Meine Familie kann mich auch besuchen. Ich habe ein Visum, das dreieinhalb Jahre gültig ist. Durch dieses Dokument können Angehörige wie mein Vater zu mir kommen.

LAOLA1: Gibt es Dinge, auf die du im täglichen Leben achten musst?

Shabanhaxhaj: Ich hätte es mir nicht so erwartet, aber es ist tatsächlich ganz normal. Der einzige kleine Unterschied ist, dass wir den Internet-Zugang mit VPN benutzen müssen, um zum Beispiel Facebook oder Instagram zu verwenden.

LAOLA1: Wie hat dein Umfeld auf diesen Wechsel reagiert? Gab es auch Unverständnis?

Shabanhaxhaj: Von meiner Familie gab es volle Rückendeckung. Ohne die Insider-Informationen von Mirlind Baku wären die Reaktionen vielleicht negativer ausgefallen. Aber so wussten wir, wie es vor Ort tatsächlich ausschaut, und dass es vor allem in diesem Gebiet nicht so extrem ist. Bei Mirlind ging es auch sportlich bergauf. Deswegen waren die Reaktionen auf den Verein nur positiv.

LAOLA1: Wie läuft es sprachlich?

Shabanhaxhaj: Mit Benjamin Duray gibt es einen Co-Trainer aus Deutschland. Viele im Verein sprechen Englisch. Aber generell ist es so, dass nicht sehr viele Leute in Russland Englisch sprechen. Ich werde versuchen, die Sprache zu lernen, um mich besser einfinden zu können.

LAOLA1: Dein Vertrag läuft bis 2028. Rubin ist nach einem Jahr Zweitklassigkeit der Wiederaufstieg gelungen. Kann man von einem schlafenden Riesen sprechen, der gerade erwacht?

Shabanhaxhaj: Rubin Kazan hat einen großen Namen, man kennt den Verein international. Wir versuchen wieder zu alter Klasse zu kommen und möchten so hoch wie möglich abschneiden. Derzeit haben wir als Achter einen einstelligen Tabellenplatz. Wir versuchen uns jedes Jahr und jeden Monat zu verbessern. Das Potenzial dafür stimmt. Wir haben viel Qualität und Klasse in der Mannschaft. Und an die infrastrukturellen Bedingungen hier kommt außer vielleicht RB Salzburg kein Verein aus Österreich ran. Das Trainingszentrum ist wirklich top. Aber das gilt allgemein für die Liga. Die Stadien sind riesig. Und so ein Trainingszentrum wie jenes in Krasnodar habe ich lange nicht mehr gesehen.

"Jeder Fußballer will in die Top-5-Ligen. Je höher, desto besser. Ich sehe mich auch dort, weshalb auch der Sprung zu Rubin Kazan sehr gut ist."

Dardan Shabanhaxhaj

LAOLA1: Gehen wir einen Schritt zurück zum NS Mura. Wie sehr haben dich diese eineinhalb Jahre weg von Sturm weitergebracht, und warum lief es speziell im Herbst mit sieben Liga-Toren so gut?

Shabanhaxhaj: Ich wurde bei NS Mura top aufgenommen und bin sehr glücklich, dass ich dort war und einen positiven Eindruck hinterlassen habe. Den starken Herbst führe ich auf harte Arbeit zurück. Ich versuche aus mentaler Sicht immer das Beste aus mir herauszuholen, auch aus physischer Sicht habe ich sehr hart an mir gearbeitet. Ich wollte unbedingt den nächsten Schritt machen.

LAOLA1: Das heißt, Mura war von Beginn an als Zwischenschritt gedacht.

Shabanhaxhaj: Klar. In meinen Augen war es nie eine Bleibe, in der ich mein ganzes Leben verbringen möchte. Wobei ich dezidiert festhalten möchte: Das sind Top-Leute dort. Die Atmosphäre durch die Fans ist sehr gut. Es hat vieles gepasst. Aber ich will das Meiste aus meiner Karriere herausholen.

LAOLA1: Welches Karriere-Ziel setzt du dir?

Shabanhaxhaj: Jeder Fußballer will in die Top-5-Ligen. Je höher, desto besser. Ich sehe mich auch dort, weshalb auch der Sprung zu Rubin Kazan sehr gut ist. Bei Rubin hat früher Khvicha Kvaratskhelia gespielt, der jetzt bei Napoli einer der teuersten Spieler der Serie A ist. Es gibt viele Spieler, die den Sprung aus der russischen Liga geschafft haben. Die Liga ist auch gut.

LAOLA1: Welche Liga wäre dein Traum?

Shabanhaxhaj: Die Premier League ist für jeden Fußballer verlockend, auch La Liga. Aber optimal wäre wahrscheinlich die deutsche Bundesliga. Deutsch ist nun mal die Sprache, die ich sehr gut beherrsche, das würde die Integration erleichtern.

"Sturm Graz ist mein Kindheitsverein. Ich werde diesen Verein bis zu meinem Tod respektieren."

Dardan Shabanhaxhaj

LAOLA1: Du hast 17 Bundesliga-Spiele für Sturm Graz absolviert. Worauf führst du zurück, dass es unterm Strich bei deinem Jugendverein nicht klappen wollte?

Shabanhaxhaj: Ich würde sagen, dass ich nie eine echte Chance bekommen habe bei Sturm Graz. Aber das ist für viele Jugendspieler aus der Akademie der Fall gewesen. Bei RB Salzburg wird mehr auf die Akademie gesetzt. Bei Sturm würde die Qualität der Akademie-Spieler in meinen Augen auch stimmen. Ansonsten ist Sturm Graz ein Top-Verein, dem ich sehr viel verdanke und über den ich niemals schlecht reden könnte.

LAOLA1: Inwiefern?

Shabanhaxhaj: Sturm Graz ist mein Kindheitsverein. Ich werde diesen Verein bis zu meinem Tod respektieren. Auch was Andreas Schicker aufgebaut hat, kann man nur respektieren. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass ich mehr Chancen bekomme. Aber schauen wir, man weiß ja nie, wo man in Zukunft landet (grinst).

LAOLA1: Lass uns noch über einen anderen Grazer Verein auf Meister-Kurs plaudern. Ich nehme an, du weißt, welchen ich meine.

Shabanhaxhaj (lacht): Ich habe da so eine Ahnung: Graz United.

LAOLA1: Du bist der Gründer und Obmann dieses Vereins, der vor eineinhalb Jahren in den Ligen-Betrieb eingestiegen ist. Was ist die Motivation, als Profi-Kicker einen Fußball-Verein zu gründen?

Shabanhaxhaj: Die Motivation war, dass ich viele Leute kannte, die große Qualität, aber in anderen Vereinen nicht die Möglichkeit oder eine gewisse Wertschätzung bekommen haben. Dieses Potenzial habe ich gesehen und mir gedacht: Wieso nicht?

LAOLA1: Graz United führt die 1. Klasse Mitte A an, lustigerweise vor dem Verein aus meiner Heimatgemeinde St. Radegund. Wo soll es hingehen?

Shabanhaxhaj: Nichts gegen St. Radegund, aber ich hoffe natürlich, dass wir Meister werden, und aktuell steht es nicht so schlecht für uns (grinst). Generell soll es so hoch wie möglich gehen, aber ich möchte nichts verschreien. Das liegt auch an den Jungs, wie viel sie opfern und in den Verein investieren. Irgendwann wird es auch darauf ankommen, ob Sponsoren anbeißen oder nicht. Aber das Projekt hat definitiv sehr viel Potenzial.

LAOLA1: Wie aktiv kannst du deine Rolle als Obmann derzeit wahrnehmen. Nimmst du virtuell an Besprechungen teil?

Shabanhaxhaj: Es ist ein bisschen weniger geworden, das muss ich ehrlich zugeben. Aber ich habe tolle Leute dort, die sich um alles kümmern, und vollstes Vertrauen in meinen Obmann-Stellvertreter sowie in das Top-Trainer-Team um Ibrahim Bingöl. Am Ende werden wir eh sehen, wie es mit mir lief und wie es jetzt "halbert" ohne mich laufen wird (lacht).

LAOLA1: Als Profi mit Anfang 20 einen Fußball-Verein zu gründen, ist ungewöhnlich. Welche Rückmeldungen hast du bekommen?

Shabanhaxhaj: Es gab viele Reaktionen. Viele feiern es, viele feiern es nicht. Es wird auf die Entwicklung ankommen. Wird es etwas Großes, werden viele sagen: Boah, das war eine super Idee! Wird es nichts Großes, habe ich dennoch vielen Jungs und Jugendlichen eine Möglichkeit gegeben, Fußball zu spielen. Das ist der Sport, den ich liebe und den ich einfach weitergeben will.


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