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Der steile Aufstieg und dramatische Absturz des FC Basel

Der neue Klub von Yusuf Demir ist nach Jahrzehnten des Erfolgs in eine gefährliche finanzielle Lage gerutscht. Das erwartet Demir im schwer kriselnden Basel:

Der steile Aufstieg und dramatische Absturz des FC Basel Foto: © getty

In der Serie "Das Tor zur Welt" nehmen wir internationale Fußball-Klubs und ihre Geschichten genau unter die Lupe. Wir beleuchten die Hintergründe, die in der schnellen, täglichen Berichterstattung gerne untergehen.

Von Premier-League-Aufsteiger Luton Town über den FC Vaduz und Torino bis Dinamo Zagreb haben wir schon einige Klubs portraitiert. Hier kannst du alle nachlesen >>>

Diesmal nehmen wir den FC Basel, den neuen Klub von Yusuf Demir, der sich trotz großer sportlicher Erfolge in der jüngeren Vergangenheit momentan im freien Fall befindet, unter die Lupe.


"Was der FC Basel schafft, sollte auch für uns möglich sein", verteilte Ralf Rangnick im Jahr 2014 - auf seine Art - das größtmögliche Kompliment an den FC Basel.

Der nunmehrige ÖFB-Teamchef war zu diesem Zeitpunkt noch als Sportdirektor von Red Bull Salzburg sowie gleichzeitig RB Leipzig tätig und verriet mit diesem Sager zwischen den Zeilen, dass Basel das große Vorbild für den 2012 eingeschlagenen "Bullen"-Erfolgsweg war.

Kein Wunder, denn die "Bebbi" waren damals quasi Stammgast in der UEFA Champions League und erzielten gleichzeitig hohe Transfereinnahmen mit dem Verkauf von jungen Spielern wie Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka, Mohamed Salah oder auch Aleksandar Dragovic

Trotz der ständigen Abgänge von Stammspielern stellten die Nordwestschweizer Jahr für Jahr eine schlagkräftige Truppe, die nicht nur von 2010 bis 2017 durchgängig Schweizer Meister wurde, sondern auch riesige Erfolge im Europacup feiern konnte.

Über 350 Millionen Euro nahm der FC Basel in den vergangenen 15 Jahren durch den Verkauf von Spielern ein (laut transfermarkt.at), rund 100 weitere Millionen Euro kamen durch Erfolgsprämien im Europacup hinzu.

Beinahe könnte man meinen, dass in Basel in jüngerer Vergangenheit so nachhaltig gearbeitet wurde, dass der Erfolg auf Jahre garantiert ist und die finanzielle Zukunft äußerst rosig ausschaut. Aber nur beinahe.

"Das Jahr 2023 wird finanziell das schwierigste in der Geschichte des FCB", ließ Basel-Präsident David Degen im Mai dieses Jahres verlautbaren. Bereits im Frühling musste um die Liquidität gekämpft werden, geht die Horrormeldung des Ex-Kickers weiter.

Was ist beim neuen Klub von Yusuf Demir also falsch gelaufen? Und wie planen die Verantwortlichen der "Bebbi", ihr strukturelles Defizit, welches im Geschäftsjahr 2022 über 30 Millionen Euro betrug, zu reduzieren? LAOLA1 klärt auf:

Die (finanziellen) Europacup-Erfolge des FC Basel in den letzten 15 Jahren:

Saison Aus in: Eingenommene Prämien (in EUR umgerechnet)
2009/10 Europa League, Gruppenphase 3.315.980,86 (2009)
2010/11 Champions League, Gruppenphase 7.405.540,77 (2010)
2011/12 Champions League, Achtelfinale 8.114.176,24 (2011)
2012/13 Europa League, Halbfinale 5.878.205,33 (2012)
2013/14 Europa League, Viertelfinale 13.853.933,30 (2013)
2014/15 Champions League, Achtelfinale 9.371.967,58 (2014)
2015/16 Europa League, Achtelfinale 6.218.074,35 (2015)
2016/17 Champions League, Gruppenphase 9.233.508,74 (2016)
2017/18 Champions League, Achtelfinale 5.612.035,60 (2017)
2018/19 Europa-League-Qualifikation, Playoff 4.736.240,12 (2018)
2019/20 Europa League, Viertelfinale 2.418.933,87 (2019)
2020/21 Europa-League-Qualifikation, Playoff 4.336.564,48 (2020)
2021/22 Europa Conference League, Achtelfinale 9.446.287,16 (2021)
2022/23 Europa Conference League, Halbfinale 8.360.000 (2022, geschätzt*)
2023/24 Europa-Conference-League-Qualifikation, 2. Runde 4.250.000 (2023, geschätzt*)

*für die Jahre 2022 und 2023 liegen noch keine Geschäftsberichte vor

Die finanziellen Bewegungen des FC Basel in den letzten 15 Jahren zusammengefasst:

Transfereinnahmen seit 2009/10 (laut transfermarkt.at) Transferausgaben seit 2009/10 (laut transfermarkt.at) Europacup-Einnahmen seit 2009
357.210.000 € 137.620.000 € 102.551.448,4 €

Jahrzehntelang ein No-Name im Schweizer Fußball

Wie viele Geschichten des Scheiterns beginnt auch jene des FC Basel mit einem Hauch von Größenwahn.

Obwohl die 1893 gegründeten Rot-Blauen, deren Vereinsfarben der Schweizer Gründer des FC Barcelona, Joan Gamper, zu den "Blaugrana" brachte, zu den ältesten Erstligavereinen der Schweiz zählen, spielten sie sportlich nämlich lange Zeit kaum eine Rolle.

1933 wurde nach 40 Jahren rot-blauen Bestehens mit einem Cup-Sieg der erste Titel der Vereinsgeschichte bejubelt, 1953 folgte der erste Meistertitel. Um richtig erfolgreich zu werden, benötigte es aber fast 25 weitere Jahre sowie die Hilfe eines gewissen Helmut Benthaus.

Der einstige deutsche Nationalspieler wagte gegen Ende seiner Spielerkarriere ein Abenteuer in der Schweiz und versuchte sich als Spielertrainer des FC Basel. Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden.

Zwischen 1967 und 1980 führte die lebende Basler Legende seine "Bebbi" zu sieben Meistertiteln. Auch die ersten internationalen Erfolge des Klubs datieren aus der Benthaus-Ära.

Alles neu mit der Jahrtausend-Wende

Danach verschwand der Klub allerdings erneut in der Zweitklassigkeit und damit wieder in der sportlichen Bedeutungslosigkeit. Erst seit der Jahrtausendwende ist man in Basel wieder stolz auf seine Vereinsgeschichte.

1999 stießen gleich zwei äußerst wichtige Personen zu den "Bebbi", die deren Geschichte in den kommenden Jahren prägen sollten: Zum einen Mäzenin Gisela Oeri, die finanziell den Weg nach oben ebnete, zum anderen Coach Christian Gross, der in den folgenden zehn Jahren den sportlichen Beitrag dazu leistete, indem er Rot-Blau zu den Meistertiteln neun bis zwölf sowie erstmals in die Champions League führte.

Der FC Salzburg musste im Europa-League-Achtelfinale 2014 ein bitteres Aus gegen den FC Basel hinnehmen
Foto: © GEPA

Zu diesem Zeitpunkt wurde in Basel noch langfristig gedacht. Die Kaderplanung wurde auf drei Säulen aufgebaut: Ein Drittel des Kaders soll sich aus gestandenen Kickern zusammensetzen, eines aus selbst ausgebildeten Eigenbauspielern und ein weiteres aus internationalen Spitzentalenten.

Eine Idee, die voll aufging. Unter Gross' Nachfolgern, die unter anderem auf auch in heimischen Gefilden bekannte Namen wie Thorsten Fink, Heiko Vogel oder (etwas später) auch Marcel Koller hören, wurde zum einen der Schweizer Fußball nach allen Regeln der Kunst dominiert, zum anderen auf internationaler Ebene Kaliber wie Manchester United, der FC Chelsea oder der FC Liverpool eliminiert. Auch der FC Salzburg musste einmal dran glauben.

2017 als Wendejahr

Da zu diesem Zeitpunkt Unsummen mit dem Verkauf von Spielern, die entweder ins Drittel der Eigenbauspieler fallen (z.B. Breel Embolo/2017 um 26,5 Mio. Euro zum FC Schalke oder Xherdan Shaqiri/2013 um 11,8 Mio. Euro zum FC Bayern) oder jenes der gescouteten internationalen Talente (z.B Mohamed Salah/2014 um 16,5 Mio. Euro zum FC Chelsea oder Aleksandar Dragovic/2014 um 10 Mio. Euro zu Dynamo Kiew), eingenommen wurden, machte sich auch niemand Sorgen, als in Basel plötzlich die Personalkosten explodierten.

Betrugen diese im Geschäftsjahr 2008 noch 28,43 Millionen Euro, lagen sie 2017 bereits bei 51,88 Millionen Euro. In Basel wurde damals groß gedacht - doch der sportliche Erfolg spielte (zumindest national) plötzlich nicht mehr mit.

Ab der Saison 2017/18 dominierten auf einmal die BSC Young Boys die Schweizer Super League, gewannen seither fünf von sechs möglichen Meistertiteln. Dazwischen kürte sich einmal der FC Zürich sensationell zum Schweizer Meister.

Die Saison 2017/18 war auch jene, mit der das Herz und Hirn in der Führungsspitze verloren ging: Der hochangesehene Präsident Bernhard Heusler sowie Erfolgs-Sportdirektor Georg Heitz verließen nach elf bzw. neun Jahren freiwillig den Verein, um sich anderen Aufgaben zu widmen.

Das bekannte Problem mit dem Stallgeruch

Bei der Nachbesetzung der beiden vakanten Posten wurde vermeintlich weniger auf Kompetenz als auf "Stallgeruch" Wert gelegt. Mit Bernhard Burgener wurde ein in Basel hiesiger Medienmanager von den Vereinsmitgliedern zum neuen Präsidenten gewählt, die Sportdirektoren-Rolle nahm der in dieser Hinsicht völlig unerfahrene ehemalige Basler Erfolgs-Stürmer Marco Streller ein.

Plötzlich wurde am Rheinknie vom erfolgreichen Drei-Säulen-Modell abgewichen, Burgener stellte ein neues vor: "Wir wollen die Erfolgsgeschichte weiterschreiben, ein klares Bekenntnis zur Region geben mit 6 bis 8 Baslern im Team, unter ihnen 4 bis 6 aus dem Nachwuchs. Zudem wollen wir 2 bis 4 internationale Talente."

Die Erfolgsgeschichte wurde nicht weitergeschrieben. Zumindest nicht so wie gewohnt.

Dadurch, dass Basel ab 2017 maximal nur mehr Vizemeister wurde, war der Weg in die Champions League, an der die "Bebbi" zwischen 2008 und 2017 nicht weniger als sieben Mal teilnahmen, auf einmal versperrt. 2019/20 waren die Rot-Blauen zum letzten Mal an der Qualifikation zum höchsten europäischen Bewerb beteiligt, scheiterten aber am LASK.

Plötzlich geht das Geld aus

Zwar feierten die Rot-Blauen weiterhin riesige europäische Erfolge - unter anderem erreichten sie 2020 das Viertelfinale der Europa League und erst im Frühjahr dieses Jahres das Halbfinale der Europa Conference League -, die fehlende Bühne der "Königsklasse" machte sich langsam aber sicher im Geldbörserl bemerkbar.

Neben dem Ausbleiben der Champions-League-Prämien belasteten auch zahlreiche vom sportlichen Misserfolg resultierende Trainerwechsel - seit 2017 fanden sich nicht weniger als neun verschiedene Coaches an der rot-blauen Seitenlinie wieder - die zuvor unter Heusler und Co. angehäuften Reserven im hohen zweistelligen Millionenbereich schwer.

Auch die eingehenden Transfers saßen plötzlich nicht mehr wie gewohnt. Teuer geholte Top-Talente wie zum Beispiel der um 4,1 Millionen Euro vom FC Red Bull Salzburg verpflichtete Dimitri Oberlin floppten teils beträchtlich, zurückgeholte Alt-Basler wie Valentin Stocker oder Zdravko Kuzmanovic bezogen enorm hohe Gehälter, die den Leistungen am Feld nicht immer entsprachen.

Zwischen brennenden Puppen und blutigen Schweineköpfen

Als Präsident Burgener 2020 entschied, der finanziellen Schieflage entgegenzuwirken, und Gespräche mit der britischen Investitionsfirma Centricus suchte, um ihr 20 bis 30 Prozent des bis dahin unabhängigen FCB abzutreten, zog der zuvor schon wegen unterstellter Abgehobenheit kritisierte Burgener endgültig den Unmut der stolzen Basler Fans auf sich.

Mit zahlreichen, teils äußerst geschmacklosen Protestaktionen wie der Verbrennung einer Puppe, die Burgener darstellen soll, sowie einem vor der Geschäftsstelle platzierten blutigen Schweinekopf erreichten die FCB-Anhänger 2021 ihr Ziel: Burgener legte sein Amt zurück.

"Wir haben den Klub in einem schlechten organisatorischen Zustand vorgefunden. Der FCB war nicht so geführt, wie man heute ein Unternehmen führt."

Dani Büchi, Basler Verantwortlicher

Dem Rücktritt war ein monatelanger Machtkampf zwischen Burgener und Ex-Basel-Kicker David Degen, der den Verkauf der Basler Anteile aufgrund eines Vorkaufsrechts verhindern hätte können und dies wohl auch getan hätte, wenn es so weit gekommen wäre, vorausgegangen.

Sportdirektor Streller war zu diesem Zeitpunkt dieser Vorkommnisse übrigens schon seit zwei Jahren nicht mehr im Amt. Er trat 2019 aufgrund von Streitigkeiten mit Burgener ob einer Trainerfrage zurück.

Das Vermächtnis Burgeners: Fast 80 Millionen Euro an aufgebrauchten Rückstellungen, Reserven und Eigenkapital, wie Dani Büchi, der Delegierte des Basler Holding-Verwaltungsrates, kurz nach seinem Amtsantritt 2021 vorrechnete.

Das vernichtende Urteil des langjährigen Unternehmers damals: "Wir haben den Klub in einem schlechten organisatorischen Zustand vorgefunden. Der FCB war nicht so geführt, wie man heute ein Unternehmen führt."

Degen räumt auf

Seit diesem Machtkampf heißt der starke Mann in Basel David Degen. Mit 40 Prozent Anteil an der FC Basel Holding AG, die wiederum 75% an der FC Basel 1893 AG hält (der Rest gehört dem Verein FC Basel), ist er der größte Aktionär im Klub und gleichzeitig dessen Präsident.

Und Degen geht in seiner neuen Rolle auf. Wie einst auf dem Fußballfeld räumt der ehemalige Schweizer Nationalspieler ohne Rücksicht auf Verluste alles ab und den Klub somit auf.

Um die - bereits unter Burgener zurückgegangenen - Personalkosten weiter zu senken, entließ Degen im November 2022 laut "bz Basel" 11 bis 13 Angestellte der über Jahre aufgeblähten Basler Geschäftsstelle. Die von seinen Vorgängern ausverhandelten teuren Rentenverträge von routinierten Spielern ließ er auslaufen bzw. löste sie auf.

Als Spieler trug David Degen 208 Mal das Trikot der "Bebbi" - nun ist er deren Präsident
Foto: © getty

Auch die Stadionmiete - der St. Jakob-Park befindet sich im Besitz einer Genossenschaft und nicht in jenem des FC Basel - konnte zuletzt drastisch gesenkt werden. Dank eines neu ausgearbeiteten Nutzungsmodells zahlen die Rot-Blauen künftig nur mehr 1,71 Millionen Euro Nutzungsgebühr pro Jahr und damt laut "bz Basel" rund 2 Millionen Euro weniger als zuvor.

Nun sei man laut Basel-CEO Chris Kauffmann "auf einem guten Weg", verrät der Deutsche dem "Blick". Das Jahr mit einer schwarzen Null abzuschließen, sei dennoch "unrealistisch". Aktuell wird im neuen Geschäftsjahr eine Halbierung des strukturellen Defizits angesteuert, so Kauffmann. Zur Erinnerung: Dieses betrug im Vorjahr über 30 Millionen Euro.

Mannschaft momentan kaum konkurrenzfähig

Basels harter Sparkurs macht freilich auch vor der Mannschaft nicht Halt. Rund 43 Millionen Euro wurden in diesem Transferfenster bereits eingenommen, nur ein Bruchteil davon floss in neue Spieler. Diese sind zum Großteil junge Perspektivspieler ohne oder mit kaum Erstliga-Erfahrung.

Da mit diesem Sommer auch zahlreiche Leihen der "Bebbi" ausliefen, kamen ihnen nicht weniger als acht Stammspieler der Vorsaison abhanden. Sollten auch noch Wouter Burger und Riccardo Calafiori, die dem Vernehmen ebenfalls kurz vor einem Transfer stehen, folgen, fehlt Basel die komplette Stammelf an Feldspielern aus der Vorsaison - und das, obwohl Degen im Mai noch behauptete, 90 Prozent der Mannschaft halten zu wollen.

Der Kader, der Neo-Coach Timo Schultz zu Saisonbeginn von den Basler Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wurde, war und ist - brüsk formuliert - nicht konkurrenzfähig.

Die "Bebbi" kassierten in den ersten vier Meisterschaftsrunden drei Niederlagen, scheiterten nur wenige Wochen nach ihrem Fast-Final-Einzug in der Europa Conference League in Runde zwei der Qualifikation zu eben jenem Bewerb - und das gegen einen kasachischen Vertreter namens Tobol Kostanay. Es war bereits das dritte Basler Aus in einer Europacup-Qualifikation in den vergangenen sechs Spielzeiten.

Ein weiterer schwerer finanzieller Rückschlag für die Rot-Blauen, die in der Vorsaison noch fast zehn Millionen Euro an Europacup-Einnahmen verzeichnen durften - auch wenn die Basler Verantwortlichen stets betonen, ohnehin nicht mit diesen Geldern zu kalkulieren.

"Auf der Wiese der Hoffnung weiden viele Narren"

Der nie zimperlich artikulierende "Blick" prognostiziert den Baslern in der aktuellen Kaderzusammenstellung einen Kampf gegen den Abstieg, die bisherigen rot-blauen Transferbewegungen werden hart kristiert.

"Management by Casino lautet das Motto. Man macht den grünen Rasen zum Roulette-Tisch", so die "Blick"-Einschätzung der bisherigen Arbeit von Heiko Vogel, dem mittlerweile als Sportdirektor zurückgekehrten Ex-Coach.

 

"Man setzt auf die vorwiegend im Ausland eingekauften Talente und hofft dann, dass die Kugel richtig fällt und sich der Einsatz multipliziert. Roulette spielen statt nachhaltig und strategisch planen."

"Blick"-Kolumnist Felix Bingesser

Die Tageszeitung unterstellt dem einstigen Sturm-Trainer, ein Zocker zu sein und mit der Hoffnung auf eine Leistungsexplosion der zahlreich verpflichteten Talente zu gamblen: "Man setzt auf die vorwiegend im Ausland eingekauften Talente und hofft dann, dass die Kugel richtig fällt und sich der Einsatz multipliziert. Roulette spielen statt nachhaltig und strategisch planen. Aber Achtung, liebe Basler. Auf der Wiese der Hoffnung weiden viele Narren. Meistens gewinnt das Casino. Und der Einsatz ist weg."

Die Basler Vorgehensweise sei eine "Harakiri-Strategie", die ihn ähnlicher Form in der Vorsaison zwar noch funktionierte, doch: "Das Tafelsilber ist verscherbelt." 

Als weiterer valider Punkt wird angeführt, dass die europäische Bühne, auf der sich in der Vergangenheit zahlreiche rot-blaue Talente einen hohen Marktwert erspielten, fehlt. "Die Folgen sind fatal. Der FCB verliert weiter an Strahlkraft und wird auch auf nationaler Ebene zu einem ganz gewöhnlichen Mittelfeldklub."

Torwart Hitz: "Erfahrung würde nicht schaden"

Doch nicht nur medial wird der aktuelle sportliche Kurs der "Bebbi" zerrissen. "Dass das Kader (der Kader ist im Schweizerdeutsch ein Neutrum, Anm.) nicht reicht, ist klar", hielt Torwart Marwin Hitz am vergangenen Wochenende in einer Brandrede fest.

Der 35-Jährige ist einer der wenigen verbliebenen Routiniers im Kader und bekannt dafür, nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg zu halten - auch wenn diese in krassem Gegensatz zu jener der Basler Klubführung stehen dürfte. Ähnlich wie der "Blick" ist nämlich auch Hitz nicht von der Strategie, vermeintlich wahllos Talente aus dem Ausland einzukaufen und auf ihren Durchbruch zu hoffen, überzeugt.

"Erfahrung würde nicht schaden. Spieler, die so eine Situation schon mal erlebt haben. Spieler, die die Liga kennen. Die nicht aus der 2. Liga aus einem fremden Land kommen. Es ist für die jungen Spieler extrem schwierig. Sie spüren den Druck, gewinnen zu müssen. Sie kommen aus Ligen, wo es keine Zuschauer hat, über die die Zeitungen nicht schreiben und wo es keine Erwartungen gibt", so die deutlichen Worte des ehemaligen Nati-Goalies.

Zuletzt wurde mit Maurice Malone immerhin ein mit 23 Lebensjahren sowie einer starken Bilanz als Leihspieler des WAC ausgestatteter, halbwegs erfahrener Stürmer verpflichtet.

Fällt Demirs Kugel in Basel endlich richtig?

Gelingt Yusuf Demir in Basel endlich der internationale Durchbruch?
Foto: © FC Basel

Auch die neueste Ergänzung des Basler "Roulettes", um die Analogie des "Blick" aufzugreifen, verfügt über vergleichsweise viel Erfahrung: Yusuf Demir, seines Zeichens immerhin vierfacher österreichischer Teamkicker und ehemaliger Champions-League-Spieler des FC Barcelona.

In Österreich hofft man schon seit Längerem, dass seine Kugel richtig fällt und er sein unglaubliches Potenzial endlich im Erwachsenenfußball ausschöpfen kann - zuletzt bekam er in Istanbul keine Chance auf den Durchbruch. Zumindest an Einsatzzeit und damit an Möglichkeiten, sich zu beweisen, wird es dem 20-Jährigen ob der schwachen teaminternen Konkurrenz in Basel nicht mangeln.

Der Wiener, der pikanterweise von der Agentur "SBE Management AG", die im Besitz von Philipp Degen, Zwillingsbruder des Basler Vereinspräsidenten, steht, beraten wird, wird zunächst von Galatasaray ausgeliehen. Danach soll der FCB laut türkischen Medien eine Kaufoption besitzen.

Ob der FC Basel in dieser Form die richtige nächste Karrierestation für Demir ist, muss sich erst weisen. Einerseits wird der Linksfuß in Basel eine völlig zerrüttete Mannschaft vorfinden, die gleichzeitig unter großem Druck von Schweizer Medien und Fans steht, andererseits hat sich der FCB in der Vergangenheit bisher unzählige Male als tolles Sprungbrett für Spieler, die einem ähnlichen Profil Demirs entsprechen, erwiesen - auch ohne der Bühne Europacup.

Eines ist jedenfalls sicher: Sollte der FC Basel in den vergangenen Jahren aus dem Blickfeld Ralf Rangnicks gerutscht sein, ist er seit Mittwoch wieder in dieses zurückgekehrt - wenngleich aus völlig anderen Gründen als vor einem Jahrzehnt.

Das Tor zur Welt - alle Episoden:

#1 Nottingham Forest

#2 AC Monza

#3 FC Vaduz

#4 FC Torino

#5 Hapoel Be'er Sheva

#6 FC Andorra

#7 Dinamo Zagreb

#8 Argentinien

#9 FC Malaga

#10 Katar

#11 Australien

#12 Serbien

#13 Napoli

#14 FC Zürich

#15 Real Sociedad

#16 FC Südtirol

#17 SSV Ulm

#18 Olympique Lyon

#19 Luton Town

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