Nach Uli Hoeneß und Günter Netzer soll auch der ehemalige DFB-Präsident Fritz Keller im Sommermärchen-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt/Main aussagen.
Dies kündigt Oberstaatsanwalt Jesco Kümmel am Donnerstag beim dritten Verhandlungstag an. Keller soll dabei wegen widersprüchlicher Aussagen in einem Protokoll des Beratungsunternehmen Esecon befragt werden. Der 66-jährige Keller war von 2019 bis 2021 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.
In dem Prozess, der im März begonnen hat, geht es um eine Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die der Deutsche Fußball-Bund im April 2005 über die FIFA an den französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus überwiesen hatte.
Exakt diese Summe hatte WM-Chef Franz Beckenbauer drei Jahre zuvor als Darlehen von Louis-Dreyfus erhalten - und 6,7 Millionen waren letztlich beim früheren FIFA-Vizepräsidenten Mohammed bin Hammam gelandet.
Weiß Hoeneß mehr?
Bayerns Ehrenpräsident Hoeneß soll am 15. April aussagen. Der 72-Jährige hatte im Sport1-Doppelpass 2020 und im Podcast "11Leben" 2021 Andeutungen gemacht, dass er mit Blick auf die Millionenzahlung rund um die WM 2006 mehr wisse.
Der frühere Nationalspieler Netzer soll im Mai aussagen. Bei dem Prozess sind bis Ende Oktober Fortsetzungstermine angesetzt. Auch eine Vorladung des früheren FIFA-Funktionärs Urs Linsi ist für Oberstaatsanwalt Kümmel "zwingend".
Der "Spiegel" und dann die "Süddeutsche Zeitung" berichteten zuletzt von einem Dokument aus einer internen Untersuchung zum Sommermärchen, die der Verband vor einigen Jahren durch Esecon vornehmen ließ. In einem von Horst R. Schmidt nicht autorisierten Protokoll soll der frühere DFB-Generalsekretär gesagt haben: "Dennoch muss vermutet werden, dass das Geld zum Stimmenkauf genutzt worden ist."
Vorwürfe bislang zurückgewiesen
Den ehemaligen Spitzenfunktionären Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Schmidt wird von der Staatsanwaltschaft zur Last gelegt, dass die Millionensumme in der Steuererklärung des Verbandes für das Jahr 2006 unberechtigt als Betriebsausgabe in die Gewinnermittlung eingeflossen sein soll.
DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner begründete am Donnerstag ausführlich die aus seiner Sicht Rechtmäßigkeit dieser Betriebsausgabe. Er und Schmidts Rechtsbeistand Tilman Reichling weisen den Vorwurf zurück, dass mit dem Geld bei der WM-Vergabe Stimmen gekauft worden seien.
Oberstaatsanwalt Kümmel machte keinen Hehl daraus, dass er die Erklärungen Leisners für "Unsinn" hält. Er sprach von der Möglichkeit, dass der DFB "ein halblegales Korruptionsmodell entwickelt hat".