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Ballon d'Or: Warum die Siegerfrage keine Frage ist

Real-Superstar Karim Benzema geht als großer Favorit in die Wahl zum besten Spieler der letzten Saison. Acht Gründe sprechen für den Franzosen.

Ballon d'Or: Warum die Siegerfrage keine Frage ist Foto: © getty

Am Montagabend findet wieder die alljährliche Ballon d’Or Verleihung statt.

30 Fußballer sind für den Award zum besten Spieler der Saison 2021/22 nominiert. Zum ersten Mal in der Geschichte der Verleihung wird dabei tatsächlich der beste Spieler einer Saison, im Gegensatz zum Kalenderjahr, gekürt. Eine weitere Besonderheit: Lionel Messi ist zum ersten Mal seit 2005(!) nicht nominiert.

Wirklich spannend dürfte die Wahl nicht werden, wobei diese schon mehrfach für nicht immer nachvollziehbare Wendungen gesorgt hat – pinzipiell hat aber ein Spieler in der letzten Spielzeit zu dominant performt.

Die Rede ist von Real-Superstar Karim Benzema. Es gibt acht gute Gründe, warum er am Montag erstmals als Ballon-d'Or-Sieger hervorgehen wird.

1. Benzemas Statistiken

Benzema spielte mit 34 Jahren die statistisch beste Saison seiner Karriere. Mit 27 Ligatoren stellte er 2021/22 einen persönlichen Rekord auf, wurde mit neun Toren Vorsprung Torschützenkönig in La Liga. Dazu kommen herausragende 15 Tore in 12 Champions-League-Spielen, zwei mehr als ein gewisser Robert Lewandowski auf seinem Konto verbuchen konnte. Insgesamt platziert sich Benzema in der Torschützenliste der Top-5-Ligen auf Platz zwei hinter dem Polen, der Abstand zum Rest der Welt ist beachtlich.

Rang Spieler Verein Ligatore CL-/EL-Tore Tore Gesamt
1 Robert Lewandowski Bayern München 35 13 48
2 Karim Benzema Real Madrid 27 15 42
3 Kylian Mbappe Paris SG 28 6 34
4 Mohamed Salah Liverpool 23 8 31
5 Ciro Immoblie Lazio Rom 27 4 31

2. Benzema, der Teamplayer

Benzema ist zwar ein geborener Mittelstürmer, hilft seinem Team aber noch in vielen anderen Aspekten. Er arbeitet nach hinten mit, holt sich Bälle oft aus der eigenen Hälfte und bereitet für seine Mitspieler vor. Benzema hatte am Ende der Saison 12 Liga-Assists zu Buche stehen, auch das ist ein persönlicher Rekord. Insgesamt kam er damit auf unglaubliche 39 direkte Torbeteiligungen in den 32 Ligaspielen, in denen er auf dem Platz stand.

3. Titel, Titel, Titel und noch ein Titel

Klar, der Ballon d’Or ist eine individuelle Auszeichnung, die einzelne Spielerleistungen würdigt, am Ende kommt es aber immer darauf an, wie sehr ein Spieler seiner Mannschaft zu Erfolgen verhelfen kann. Real Madrid gewann letzte Saison die Champions League, die spanische Liga und den spanischen Supercup. Einzig das Viertelfinal-Aus in der Copa del Rey verhinderte eine perfekte Saison.

Obendrein gewann Benzema im letzten Herbst noch die UEFA Nations League mit Frankreich, traf dabei sowohl im Halbfinale als auch im Finale. Viel mehr geht nicht.

4. Real mit Benzema > Real ohne Benzema

Die Wichtigkeit eines Spielers für eine Mannschaft wird meistens erst dann offensichtlich, wenn dieser nicht verfügbar ist. In den acht Spielen, in denen Benzema fehlte, gelangen Real nur drei Siege. Ohne den Franzosen geriet Real im Clasico gegen Barcelona mit 0:4 unter die Räder, auch bei der besagten 0:1-Cup-Niederlage gegen Bilbao fehlte er verletztunsbedingt. Benzema ist nicht nur aufgrund seiner Tore, sondern viel mehr wegen seiner Präsenz am Platz unersetzlich für Carlo Ancelotti und auch deshalb Kapitän.

Benzema bejubelt seinen 2:3-Anschlusstreffer gegen Chelsea
Foto: © getty

5. Big-Game Präsenz

Es ist stark zu bezweifeln, ob Real Madrid ohne Benzema am 28. Mai im Champions-League-Finale gestanden wäre. Der Franzose war in jeder Runde der K.o.-Phase entscheidend für das Weiterkommen von Real verantwortlich. Im Achtelfinal-Rückspiel gegen PSG drehte er einen 0:1-Rückstand mit einem Hattrick innerhalb von 15 Minuten im Alleingang in einen Real-Triumph. Im Viertelfinal-Hinspiel gegen Chelsea traf er auswärts erneut dreifach, nur um eine Woche später den entscheidenden Treffer in der Verlängerung zu erzielen. Auch im spannenden Halbfinal-Matchup gegen Manchester City schoss Benzema drei der sechs Real Treffer. In den Aufeinandertreffen der besten Spieler der Welt war der Franzose also noch ein Level über dem Rest.

6. Anführer-Qualitäten

Das Champions-League-Halbfinale gegen Manchester City unterstrich einmal mehr die Leaderqualitäten von Benzema. Als Real in der Schlussphase einen Elfmeter zugesprochen bekam, übernahm Benzema die Verantwortung - und das obwohl er im Laufe der Saison schon mehrere Elfmeter vergeben hatte - und konnte Ederson eiskalt mit einem Lupfer in die Mitte des Tores bezwingen. Auch in der Verlängerung des Rückspiels trat Benzema vom Elfmeterpunkt an und verwandelte sicher. Der Real-Kapitän marschiert vorneweg, er unterstützt seine Mitspieler und verbessert sie, wie auch die Leistungsexplosion von Vinicius Jr. in der vergangenen Saison zeigte.

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7. Benzemas aufpoliertes Image

Der Ballon d'Or wird bekanntlich von der französischen Zeitschrift "France Football" überreicht, dessen Objektivität in den letzten Jahren immer wieder in Frage gestellt wurde. Vor allem die Wahl zugunsten von Lionel Messi im vergangenen Jahr, in dem Robert Lewandowski Rekord über Rekord aufstellte, sorgte für Kritik und wurde viele eher seinem Wechsel zu Paris als seinen sportlichen Leistungen zugeschrieben. Benzema hatte in Frankreich lange kein gutes Standing und schrieb des Öfteren negative Schlagzeilen, unter anderem wurde er aufgrund versuchter Erpressung mit einem Sex-Video angeklagt und aus dem französischen Nationalteam ausgeschlossen.

Das Verfahren wurde letztes Jahr abgeschlossen, Benzema wurde zu einer Geldstrafe und Bewährungsstrafe verurteilt. Mittlerweile ist er zurück in der Nationalmannschaft und die vergangenen Vorfälle verschwinden langsam im Gedächtnis der Franzosen. Eine Tendenz, die Benzema bei der Wahl durchaus helfen könnte.

8. Kein Konkurrent kommt an Benzema ran

Zu guter Letzt lohnt es sich, einen Blick auf Benzemas härteste Gegner bei der Wahl zu werfen. Jeder der vorgestellten Spieler kann mit Sicherheit gute Argumente vorweisen, hinkt dem Franzosen aber in gewissen Aspekten hinterher.

Robert Lewandowski erzielte zwar mehr Tore als Benzema, spielte aber damals noch in der Deutschen Bundesliga und gewann "nur" einen Titel. Gleiches gilt für Kylian Mbappe mit PSG in der französischen Ligue 1. Liverpools Mohamed Salah spielt möglicherweise in der besten Liga der Welt, seine tolle Saison wurde aber durch eine abbauende Formkurve im Saisonverlauf etwas getrübt. Sein ehemaliger Mannschaftskollege Sadio Mané gewann zwar den Afrika-Cup mit dem Senegal, stand bei Liverpool aber oft im Schatten von Salah und wurde nicht zwingend als Topstar des Teams angesehen.

Verteidiger wie Virgil van Dijk oder Torhüter wie Thibaut Courtois haben bei der Wahl naturgemäß nur sehr geringe Chancen. In den letzten 20 Jahren wurde ein einziger Defensivspieler mit dem Ballon d'Or gekürt, und zwar Fabio Cannavaro im Jahre 2006 nach einem WM-Titel mit Italien.

Fazit

Am Ende steht fest: Niemand konnte Karim Benzema in der vergangenen Saison so richtig das Wasser reichen. Die Kombination aus individuellen Errungenschaften und Titelgewinnen mit Verein und Nationalmannschaft sorgen für eine der besten Spielzeiten, die ein einzelner Spieler vielleicht jemals absolviert hat. Mit bald 35 Jahren ist Benzema im Herbst seiner Karriere angelangt, und es wird Zeit, diese nach langen Jahren im Schatten von Cristiano Ronaldo endlich gebührend zu würdigen.


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