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Xavis letzter "Clasico": Abschied mit einem Knall?

Seit Xavi seinen Abschied verkündete, läuft die Barcelona-Maschine - zumindest in LaLiga - wieder an. Woran das liegt und warum das Real-Duell so wichtig ist.

Xavis letzter Foto: © getty

Als Spieler des FC Barcelona hat Xavi Hernandez alle möglichen Titel gewonnen.

Als Trainer bleibt der Klubikone dieses Kunststück verwehrt - soviel steht seit dem Champions-League-Aus am Dienstag fest. Gegen Paris Saint-Germain schoss sich "Barca" in Person von Ronald Araujo selbst ins Bein, musste nach einem Platzverweis gegen den Innenverteidiger über 60 Minuten lang in Unterzahl agieren und sich am Ende hilflos aus der Königsklasse verabschieden.

Die Bilanz der vergangenen Jahre in europäischen Wettbewerben ist ernüchternd: Seit dem letzten CL-Triumph in der Saison 2014/15 erreichte man nur ein einziges Mal das Halbfinale (2018/19), in den beiden abgelaufenen Spielzeiten war überhaupt schon nach der Gruppenphase Schluss. Die einst gefürchtetste Mannschaft der Welt muss mittlerweile zumeist anderen die große Bühne überlassen.

Xavi droht nun ein ähnlich unrühmlicher Abgang wie Vorgänger Ronald Koeman. Ein letzter Hoffnungsschimmer bleibt allerdings noch. Eine letzte Chance, sich doch noch mit einem großen Knall von seinem Herzensklub zu verabschieden: Der "El Clasico" am Sonntag gegen Erzrivale Real Madrid (ab 21:00 Uhr im LIVE-Ticker).

Ein Sieg, und der Kampf um die Meisterschaft wäre wieder spannend. Aktuell hat Barcelona bei noch sieben ausstehenden Partien acht Punkte Rückstand. So ganz hat Xavi den Titel noch nicht abgeschrieben.

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Xavi liefert unter Druck

Im November 2021 übernahm der 44-Jährige das Traineramt von Koeman. Trotz anfänglichen Schwierigkeiten stabilisierte sich Barca im Saisonverlauf und schloss die spanische Liga auf Tabellenplatz zwei ab. Vor Xavis Ankunft war man zwischenzeitlich auf Rang neun abgerutscht.

Die finanzielle Lage der "Blaugrana" ist bekannt: Nach jüngsten Angaben beläuft sich der Schuldenberg auf über vier Milliarden Euro, seit Jahren wird wirtschaftlich auf einem schmalen Grat gewandert. 

Dennoch ging der Verein für Xavis erste volle Saison ein großes Risiko ein und gab viel Geld für Starspieler wie Robert Lewandowski, Jules Kounde und Raphinha aus. Das benötigte Kapital generierten die Katalanen aus der Veräußerung von Klubanteilen, was in vielen Kreisen nicht unbedingt mit positiver Resonanz aufgenommen wurde: Die langfristige Stabilität werde für kurzfristigen Erfolg aufs Spiel gesetzt, lautete die breite Meinung.

Xavi stand unter Druck und lieferte - Barca holte 2022/23 mit zehn Punkten Vorsprung die 27. Meisterschaft der Vereinsgeschichte und sicherte sich zudem den Sieg in der Supercopa. Trotz einer enttäuschenden Kampagne auf internationaler Bühne (Gruppen-Aus in der Champions League, Aus gegen Manchester United in der ersten Europa-League-K.o.-Runde) keimte Hoffnung auf eine neue große Ära mit der Legende Xavi an der Seitenlinie auf.

Der überraschende Rückzug: "Es ist grauenhaft"

Doch der Lauf hielt nicht an. In der Saison 2023/24 ließen die Katalanen einiges an ihrer zuvor gewonnenen Leichtigkeit vermissen und verloren schon bald den Anschluss an Real Madrid. Nicht nur die Ergebnisse, sondern auch die teils unattraktive Spielweise und fehlende Dominanz stießen eingefleischten "Blaugranas" zunehmend auf.

Das Bild des "Perfect Matches" zwischen dem Verein und seiner Ikone bröckelte plötzlich.

Nach dem Aus in der Copa del Rey gegen Athletic Bilbao und der krachenden 3:5-Pleite gegen Villarreal zog Xavi am 27. Jänner die Reißleine und verkündete völlig überraschend seinen Rücktritt mit Saisonende. Der Trainer bemängelte fehlende Wertschätzung und schlug bei seiner Begründung überaus drastische Töne an: "Sie lassen dich wertlos wirken an jedem Tag. Du riskierst dein Leben in jedem Moment. Es ist grauenhaft", erklärte er.

Das Tischtuch schien zerrissen, die Saison sollte nun so gut es geht zu Ende gespielt werden. Barca steuert auf eine weitere ernüchternde Episode in der Post-Messi-Ära zu.

Doch zumindest in der Liga läuft es im Frühjahr plötzlich wieder. Seit Xavis Ankündigung ist man weiterhin ungeschlagen, gewann acht von zehn Spielen und konnte sich wider Erwarten etwas an Spitzenreiter Real heranpirschen. Doch was hat sich seit Ende Jänner geändert? 

 

Saisonstatistiken FC Barcelona:

Statistik Spiele Siege Remis Niederlagen Tore/Spiel Gegentore/Spiel
vor Xavis Rücktritt 21 13 5 3 2,05 1,38
seit Xavis Rücktritt 10 8 2 0 1,90 0,50

Die defensive Stabilität ist zurück

Ein Blick auf die Statistiken zeigt deutlich: Barca hat in der Defensive zu alter Stärke zurückgefunden. In der Meistersaison kassierte Torhüter Marc-Andre ter Stegen nur 18 Gegentreffer und spielte 26-mal zu Null, womit er einen für unerreichbar erachteten LaLiga-Rekord einstellte. Die bemerkenswerte Marke von knapp über 0,5 Gegentoren pro Spiel (zweimal musste Ersatzmann Inaki Pena hinter sich greifen) unterbietet die Xavi-Elf in den letzten Wochen sogar.

Ein großer Anteil an der neu gewonnenen Souveränität darf dem blutjungen Pau Cubarsi zugeschrieben werden. Der 17-jährige Innenverteidiger spielte sich quasi mit besagtem Stichtag in die Startelf Barcas und ist seither nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken. 

Pau Cubarsi: Das jüngste "La Masia"-Wunderkind
Foto: © getty

Generell muss Xavi zugute gehalten werden, dass er nicht davor scheut, jungen Spielern großes Vertrauen zu schenken. Neben Toptalent Lamine Yamal (16 Jahre) und Cubarsi stehen mit Außenverteidiger Hector Fort (17), Stürmer Marc Guiu (18) und Innenverteidiger Mikayil "Mika" Faye (19) die nächsten Youngsters in den Startlöchern. 

Sofern sich der Trainer ohne weiteren Titel verabschiedet, könnte er zumindest als Wegbereiter einer neuen großen "La Masia"-Generation in Erinnerung bleiben. Eine prägende Spielphilosophie à la Pep Guardiola wird er jedoch nicht mehr durchsetzen können.

Schlüsselfaktor Effizienz

Denn so gut die Defensive seit Wochen steht, so hartnäckig halten sich die Probleme im letzten Drittel. In der Vergangenheit erzielte Barca stetig über 100 Liga-Tore pro Saison, der Schnitt ist in den vergangenen Jahren von zeitweise über drei Toren pro Spiel auf unter zwei gesunken. 

Trotz guter Resultate hat sich der Offensiv-Output in der aktuellen Phase sogar noch verschlechtert: Während sich die erzielten Tore konstant bei rund zwei Treffern pro Spiel bewegen, ist der xG-Wert seit Xavis Rücktrittserklärung deutlich unter die tatsächliche Trefferquote gesunken. Barcas Angreifer performen aktuell also über den Erwartungen. 

 

Die angeführten Werte wurden der Statistikseite fbref.com entnommen:

Statistik Spiele xG XGA Ballbesitz Torschüsse
vor Xavis Rücktritt 21 2,30 1,11 64,48% 16,67
nach Xavis Rücktritt 10 1,68 0,78 64,30% 12,70

Eine ähnliche Tendenz ist bei der Anzahl an Abschlüssen zu erkennen. In den vergangenen zehn Ligaspielen hatten die Katalanen im Schnitt rund vier Torschüsse weniger zu verzeichnen als davor. Einzig beim Ballbesitz hält die Xavi-Elf die gewohnt hohen Barca-Normwerte von rund 64 Prozent konstant.

Die Mannschaft agiert seit Wochen demnach deutlich effizienter als noch im Herbst. Das neue Lieblingsergebnis scheint ein 1:0 zu sein, mit welchem Pflichtsiege wie gegen Osasuna, Mallorca, Las Palmas und zuletzt Cadiz eingefahren wurden.

Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die "Blaugrana" dank wiedergefundener defensiver Stabilität, die indirekt mit dem Aufstieg des jungen Pau Cubarsi verknüpft werden kann, und kontrollierter sowie effizienter Offensive aktuell an die Leistungen der Vorsaison anknüpfen können. Dem Aufeinandertreffen mit dem Erzrivalen darf somit optimistisch entgegengefiebert werden.

Was bedeutet der Clasico für Xavis Zukunft?

Zu sehr an Statistiken aufhängen sollte man sich im Fußball jedoch ohnehin nicht. Fakt ist, dass der FC Barcelona zuletzt dreimal in Folge gegen Real den Kürzeren zog. Um eine reele Chance auf den Meistertitel zu wahren, muss Barca diese Serie am Sonntag beenden. Bei einem Sieg würde man den Rückstand bei dann noch sechs ausstehenden Partien auf fünf Punkte verkürzen. 

Was Xavis Zukunft betrifft, ist schwer einzuschätzen, welche Umstände den Trainer doch noch dazu bewegen würden, seine Entscheidung aus dem Jänner zu revidieren. Der Klub hätte gerne, dass der 44-Jährige bleibt, auch weil es an Alternativen mangelt.

Laut der Fachzeitschrift "Sport" gibt es nur zwei Optionen: Entweder bei Xavi findet ein Umdenken statt, oder Barcas Athletik-Trainer und Ex-Spieler Rafael Marquez übernimmt. Aktuell soll den Verantwortlichen rund um Präsident Joan Laporta Plan A deutlich lieber sein. 

"Ich möchte, dass er bleibt", verlautbarte Laporta unlängst. 

Vielleicht kann ein Sieg im Clasico und eine damit verbundene hochspannende Titelentscheidung Xavis Feuer wieder entflammen.


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