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"Wir werden Red Bull in Sachen Fußballkultur vorführen"

Austria vs. Red Bull Salzburg - mehr Brisanz geht nicht! Die violetten Fans wollen keinen Hass schüren, sondern die ganze Republik zum Staunen bringen.

Foto: © GEPA

Christoph erinnert sich noch genau. Es war der 11. August 1993. Er war sieben Jahre alt. Es war ein Mittwochabend im alten Lehener Stadion in Salzburg. Die Atmosphäre hat ihn gefesselt. Austria Salzburg gegen den von Hans Krankl trainierten VfB Mödling. Die Violetten verloren 1:2, es war eine der ganz wenigen Niederlagen des späteren Meisters in dieser Saison. Nach dem Spiel waren am Himmel Perseiden zu sehen. Auf der Heimfahrt ist Christoph im Auto eingeschlafen.

Es gibt Dinge, die vergisst man nicht, mögen sie auch noch so lange zurückliegen. Das gilt für das erste Fußball-Spiel, das die Liebe zu diesem Sport entfachte, genauso wie für die Momente, in denen man wegen ihr leidet.

Von diesen Momenten haben Christoph und viele andere Fans des SV Austria Salzburg unzählige erlebt.

Einer, der bis heute nachwirkt, war im Jahr 2005, als der Getränkekonzern Red Bull den Klub übernahm und versuchte, die Farben und die Geschichte des Vereins auszulöschen.

Austria Salzburg: Die unglaubliche Geschichte des Kult-Klubs

Ein Versuch, der scheiterte. Austria Salzburg wurde, getragen von den Fans, neu gegründet. Die "Roten Bullen" sind für die Violetten seit den Ereignissen 2005 ein rotes Tuch.

Das "Konstrukt": Der Name Red Bull ist verpönt

"Wir kritisieren diesen Konzern gar nicht, wir lehnen ihn einfach ab", sagt Christoph Fazekas.

Er ist seit jenem 11. August 1993, also seit nunmehr 30 Jahren, Fan der Salzburger Austria und seit kurzem lebenslanges Mitglied des Vereins.

Wie groß die Ablehnung gegenüber Red Bull im violetten Fanlager ist, beweist die Tatsache, dass der Name des Konzerns gar nicht erst in den Mund genommen wird. "Wir nennen es bei uns intern einfach das 'Konstrukt'", erzählt Christoph.

Es ist mehr Gleichgültigkeit denn Feindschaft. Diese Gleichgültigkeit wird auch beim mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen zwischen Austria und Red Bull Salzburg am Dienstag im ÖFB-Cup (20:45 Uhr im LIVE-Ticker) deutlich werden. Das Red-Bull-Logo oder die Aufstellung der Gäste-Mannschaft wird man im Match-Magazin der Violetten vergeblich suchen.

"Wir wollen das nicht ins Lächerliche ziehen, das wird uns auch oft vorgeworfen. Aber wir haben allen Grund dazu, dieses Konstrukt abzulehnen. Dieses Spiel wird ohne die Red-Bull-Doktrin stattfinden – ob sie das verstehen oder nicht. Denn es ist unser Heimspiel und das wird man ganz brachial merken", kündigt Christoph an.

"Wir werden eine Choreografie über das Stadion ziehen, dass den Leuten der Mund offen bleibt. Wir werden unser Verständnis von Fankultur deutlich machen, so dass das ganze Bundesland, die ganze Republik, staunt."

Doch in diesem Duell geht es um mehr als nur einen "Roten Bullen" oder Spieler-Namen auf einem Stück Papier. Es geht um die Art, wie Fußball verstanden und gelebt wird. Das Geschehen auf dem Rasen scheint eher nebensächlich zu sein.

"Ich bin mir ganz sicher, dass wir sie nicht nur in Sachen Fankultur sondern generell in Punkto Fußballkultur vorführen werden. Denn da haben sie nichts zu bieten. Was Fußballkultur angeht, sind wir der Favorit", posaunt Christoph.

"Wir werden einen Abend erleben, an dem wir das Grödiger Stadion füllen und wir werden da eine Choreografie drüber ziehen, dass den Leuten der Mund offen bleibt. Wir werden unser Verständnis von Fankultur deutlich machen, so dass das ganze Bundesland, die ganze Republik, staunt."

Dabei gehe es nicht darum, Hass zu schüren. "Es soll einfach die Ablehnung dieser Auffassung von Fußball gegenüber demonstriert werden."

Die Austria will es in die Herzen der Fans schaffen

Gleichzeitig will der aktuelle Regionalligist, der am 13. September sein 90-jähriges Jubiläum beging, die eigenen Werte transportieren. Die Liebe zum Spiel und den massiven Zusammenhalt.   

"Das Besondere an Austria Salzburg ist diese unfassbare, über Jahre anhaltende Leidensfähigkeit der Fans – auch wenn nicht immer alles nur schlecht war. Dieses unglaubliche Durchhaltevermögen, das den Verein und die Fans vereint, ist das Bemerkenswerte", sagt Christoph.  

Leidensfähig muss man als Anhänger der Violetten definitiv sein. Nach dem Neustart 2005 kämpfte sich der Verein zurück in den Profi-Fußball. 2015 schlitterte man als damaliger Zweitligist in die Insolvenz. In der Saison 2016/17 konnte ein erneuter Kollaps nur knapp verhindert werden. Heute kickt Austria Salzburg in der Regionalliga West, vor wenigen Wochen verlautete man, offiziell schuldenfrei zu sein.

"Es gab viele Rückschläge, aber uns ist nie die Luft ausgegangen. Wir haben einen harten Kern, der das eisern durchzieht. Ohne die Fans würde es den Verein definitiv nicht mehr geben", ist Christoph sicher.

"Die große Herausforderung ist, alles aufrechtzuerhalten. Das ist in Wahrheit noch viel schwieriger, als es damals gewesen ist, das alles neu aus der Taufe zu heben. Das war bemerkenswert, aber noch bemerkenswerter ist diese Ausdauer seither."

"Ich bin mir nicht sicher, ob jeder, der als Konstrukt-Kunde ins Stadion geht, wieder als Konstrukt-Kunde raus kommt, sondern das Stadion vielleicht als Austria-Salzburg-Fan verlässt."

Die Loyalität zum Verein sei ein Sport für sich, sagt Christoph. Für den man bei der Austria noch mehr Menschen begeistern will. Als Bühne dafür soll das Cup-Duell gegen Red Bull Salzburg dienen.

"Wir wollen die ganz besondere Austria-Aura wieder einmal einer breiteren Masse näherbringen. Wir wollen es in die Herzen von noch mehr Leuten schaffen, speziell im Salzburger Land", sagt Christoph stellvertretend für die SVAS-Familie. "Das ist unsere Mission."

Der eingefleischte Austrianer hält es sogar für möglich, dass der eine oder andere Red-Bull-Fan am Dienstag die Seiten wechselt.

"Ich bin mir nicht sicher, ob jeder, der als Konstrukt-Kunde ins Stadion geht, wieder als Konstrukt-Kunde raus kommt, sondern das Stadion vielleicht als Austria-Salzburg-Fan verlässt."

Diese eine Sache verbindet Austria und Red Bull

Unabhängig davon, welchem Verein man zugetan ist, in einem sich beide Klubs einig: Jeder Zuschauer sollte das Stadion in Grödig am Ende in einer friedvollen Atmosphäre verlassen können.

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"Das ist unser großes gemeinsames Anliegen, das wir mit Red Bull haben. Das verbindet uns in diesem Fall", erklärt Christoph, der sich "100-prozentig sicher" ist, dass alles friedlich ablaufen wird.

Gerade die Austria-Salzburg-Fans haben in der Vergangenheit mit ihrem Verhalten nicht nur positive Schlagzeilen geschrieben.

"Ja, es hat bei uns einige wenige Vorfälle mit den Fans gegeben, aber auch nicht mehr als bei anderen Vereinen, bei uns wird das nur immer hochgekocht. Wir sind genauso familienfreundlich wie Red Bull, da grenzen sie sich gegenüber uns nicht ab. Bei Austria Salzburg geht es mehr als friedlich zu", betont Christoph.

Von Seiten der Austria sei massives Interesse da, dass alles ohne Zwischenfälle abläuft. "Das hat längst jeder geschnallt. Alle im Verein wissen Bescheid, worum es geht. Austria Salzburg kann von diesem Match im Großen und Ganzen nur profitieren."

Es könnte also aus vielerlei Sicht ein Fußballspiel werden, das man nicht so schnell vergisst.

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