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Horror-Los Salzburg? "In allen Belangen ein Glücksgriff"

Vor zwei Wochen hatte der FC Dornbirn noch keine Mannschaft, zum Saisonauftakt kommen jetzt die "Bullen". Eric Orie sieht es als Chance für einen Neuanfang.

Horror-Los Salzburg?

"Super! Was Besseres kann uns nicht passieren."

Eric Ories Reaktion auf den Cup-Gegner des FC Dornbirn mag überraschen. Nach der verweigerten Zulassung für die 2. Liga war für Dornbirn sehr lange unklar, wie es weitergehen soll. Ein hoher Schuldenberg drückte, der Fortbestand des Traditionsvereins war ungewiss.

Zum Zeitpunkt der Cup-Auslosung verfügten die "Rothosen" nicht einmal über einen Kader für die anstehende Saison. Und dann bescherte "Losfee" Dominik Thalhammer auch noch ausgerechnet Red Bull Salzburg (Freitag, ab 18:00 Uhr im LIVE-Ticker >>>). Puh.

"Sowas ist einfach schön. Es ist gleich das größte Spiel, dass man in der Saison haben kann. Und es ist, denke ich, ein Glück, dass wir im Verein einen Neuanfang haben", zeigt sich Orie dennoch überaus zufrieden.

"Dass wir direkt so einen Gegner haben, wo viele Zuschauer kommen werden - wo wir aber auch zeigen müssen, dass wir in der Lage sind, dieses Spiel daheim zu organisieren. Es ist in allen Belangen, glaube ich, ein Glücksgriff."

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Auf die Birkenwiese kommt zwar laut Orie "das Beste, was Österreich zu bieten hat – natürlich mit Sturm Graz." Man könne nur froh sein, wenn man so einen Start habe. "Das kann nämlich auch ein Signal sein, dass es hier wieder in eine andere Richtung geht." Orie nimmt es gelassen. Nach einem Jahr, wie es der FC Dornbirn erlebte, scheint ein Cup-Gegner nicht wirklich zu schrecken. 

Lachend meint er trotzdem: "Manchmal denke ich mir: Ich weiß nicht, was ich verbrochen habe - irgendwie habe ich immer so schwierige oder komische Situationen. Wir sind im Endeffekt zwei Wochen im Training, und als zweites Spiel hast du Red Bull Salzburg. Das ist schon kurios."

Eine Mannschaft aus dem Nichts

Hinter Orie liegen chaotische Wochen, wie er selbst sagt. Die Deadline für Neuzugänge war am 15. Juli – erst eine Woche zuvor hatte Dornbirn Gewissheit, dass es 2024/25 tatsächlich in der Regionalliga West losgeht. Es dauerte, ehe Orie möglichen Neuzugängen den aufgezeigten Weg bestätigen konnte.

"Das war natürlich schon hart - weil auch wenige Spieler noch am Markt waren", sagt er. Einheimische hatten ihren eigenen Vereinen bereits zugesagt, die meisten Spieler, die mit Dornbirn in der 2. Liga spielten, wollten im Profifußball bleiben und sich noch nicht Mitte Juli festlegen.

Ories weites Netzwerk machte möglich, dass aus dem Nichts ein Kader entstand. Er fand Spieler mit dem nötigen Profil, Spieler, die auf Dornbirn Lust hatten. Das hatten nicht alle. Hat das turbulente letzte Jahr die Sache schwierig gemacht? "Natürlich. Ich würde lügen, wenn ich nein sagen würde", meint Orie.

Die Skepsis sei groß gewesen, nach dem Einstieg eines Sportmanagers, der keiner war, einem erfundenen Investor, der nicht investierte, vier Trainern in einer Saison, den enormen finanziellen Problemen und dem Rückzug des bisherigen Vorstands. 

Chaos auf der Birkenwiese: Viel heiße Luft >>>

Matheus Favali kehrt für die RLW nach Dornbirn zurück
Foto: © GEPA

Orie holte Spieler, die zuletzt lange verletzt fehlten, wenig Spielzeit bekamen oder sich für die Rückkehr in den Profifußball empfehlen wollen. Er verpflichtete Spieler aus dem Unterhaus, zog Talente von den Juniors in die Kampfmannschaft hoch. Es kamen unter anderem die Ex-Bregenzer Reinaldo, Tamás Herbaly und Matheus Favali sowie Maksym Potopalskyi von den Altach Juniors.

Wenngleich die Kürze der Zeit keinen "super genialen Plan" erlaubt habe, sei ihm wichtig gewesen, gute Charaktere zu holen, so Orie. So ein Projekt sei ja kein Selbstläufer, man müsse kämpfen, ein bisschen flexibel sein, etwas Neues aufbauen wollen. "Die Spieler, die da sind, wollen etwas erreichen. Wir haben geschaut, dass wir hungrige Spieler haben."

"Unser Feind ist eigentlich nur..."

Vom Kader der Vorsaison sind nur noch die Torhüter Raphael Morscher und Fabian Schulz sowie Noah Moosbrugger, Noa Mathis, Lorenz Rusch und Matheusinho geblieben. 20 Spieler haben den Verein verlassen, darunter fast alle Stammspieler. Es habe sehr geschmerzt, das Team zerfallen zu sehen, dass er über Jahre aufgebaut habe, gibt Orie zu. Das Team, das mit dem Rücken zur Wand noch einmal ordentlich aufzeigen konnte.

Orie meint: "Ich glaube, dass ich da richtig gelegen bin - mit der Philosophie und auch mit den Typen, die wir zusammengeholt haben. Da ist ein Band entstanden, das hat man auch gesehen. Sonst hätten wir unter diesen Umständen nicht in 11 Spielen noch 23 Punkte geholt." Dass viele Spieler sich innerhalb der Liga verbessert haben, gibt Orie recht.

Fünf gingen nach Bregenz (Nussbaumer, Umjenovic, Renan, Fetahu, Marte), Bitsche und Odehnal zum FAC, Marceta nach Horn. "Jetzt heißt es, in Dornbirn wieder neue Geschichte zu schreiben - mit neuen Spielern", so Orie. 

Orie ist ehrgeizig, realistisch - aber durchaus auch optimistisch
Foto: © GEPA

Dass diese Eingewöhnungszeit brauchen, davon ist er überzeugt. Der 56-Jährige zeigt sich aber auch ambitioniert: "Ich mache das nicht, weil ich Fünftletzter in der Regionalliga werden will. Ich bin schon ehrgeizig und rechne mir Chancen aus - weil ich auch überzeugt bin von dem, was ich tue, von den Spielern, die ich geholt habe."

Wenn man direkt ein paar Spiele gewinnen könne, könne wieder etwas entstehen, meint er – und spricht aus der Erfahrung der letzten Saison: "Wer hätte gedacht, dass wir im letzten Drittel der Meisterschaft ein Top-3-Team werden?"

Vom Meistertitel will Orie aber überhaupt nicht reden, ein Saisonziel traut er sich noch nicht auszusprechen. Nicht, weil er Angst davor habe – sondern, weil es schlichtweg noch zu früh sei, nach gerade einmal zwei Trainingswochen. 

"Unser Feind ist eigentlich nur die Zeit - und dass wir wirklich einen Minikader haben. Der verzeiht nicht viele Verletzte", sagt Orie. 21 Spieler stehen aktuell in der Kampfmannschaft.

Langfristigkeit? Aktuell noch nicht  

Aktuell ist Orie beim FC Dornbirn weiterhin Sportdirektor und Trainer in Personalunion. Wie lange, das ist aktuell noch offen. Anders ging es aber nicht. "Ich habe mir gedacht, derjenige, der hier am schnellsten alles ins Laufen bringen kann, bin ich - weil ich jene Spieler kenne, die hiergeblieben sind und die, die von den Juniors gekommen sind."

Einem neuen Trainer mit eigener Spielphilosophie und eigenen Ideen gegenüber wäre es unfair gewesen, in so einer Situation zu übernehmen – ohne Zeit und mit Spielern, die ihm nicht vertraut sind, so Orie. So könne man vielleicht schneller eine Handschrift entwickeln und schauen, was der richtige Zeitpunkt sei. 

Aufeinandertreffen der Extreme

Schritt für Schritt. Das hat man in Dornbirn zuletzt gelernt.

Der nächste Schritt lautet ÖFB Cup, 1. Runde. Heimspiel, Red Bull Salzburg. Daraus, dass Dornbirn sportlich wohl für keine Überraschung sorgen wird, macht Orie keinen Hehl. "Ein paar haben in der Regionalliga oder noch niedriger gespielt - und die spielen jetzt gegen Konaté oder Kjaergaard. Die sehen wir nachher wieder in der Champions League", sagt er. 

Viele Salzburger wie Samson Baidoo kennen die Birkenwiese noch aus der 2. Liga
Foto: © GEPA

Den Gegner kennt er, viele der heutigen Salzburger spielten in den Vorjahren beim FC Liefering gegen Ories Dornbirner. "Daghim haben wir letztes Jahr gehabt, Baidoo hat vor ein paar Jahren noch gegen uns gespielt. Auch Diambou oder Konaté, Nene, Kjaergaard oder Krumrey."

Es nütze sowieso nichts, wegen des Gegners zu jammern, "und Fußball spielen tun unsere Spieler ja auch schon länger." Man probiere, das Beste draus zu machen, wolle das Spiel seriös angehen. "Wie es sich gehört. Aber dass natürlich das eine Äußere gegen das andere Äußere spielt - das ist klar."

Und wenn schon besserer Gegner, dann doch am liebsten Salzburg. Für die Spieler ist es ein Highlight, für den Verein ein Neustart, für die Fans attraktiv. Orie sagt: "Wir könnten auch ein Team wie Amstetten daheim haben. Und dann fliegst du wahrscheinlich auch raus - weil wir überhaupt noch nicht wissen, wo wir sind."

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