Der letzte Cup-Titel des SK Rapid ist schon so lange her, da zahlten wir noch mit Schilling und in der Bundesliga wurden nur zwei Punkte vergeben.
Der letzte Cup-Titel ist sogar schon so lange her, dass eine Generation den Final-Triumph 1995 gar nicht mehr miterlebte - nicht einmal in jungen Jahren.
Und Rapids letzter Cup-Titel ist so lange her, dass doch schon einige mit dem Namen Peter Guggi gar nichts mehr anfangen können.
Der 51-jährige Grazer war es, der die Grün-Weißen mit seinem Goldtor beim 1:0 im Finale gegen DSV Leoben am 5. Juni 1995 zum bisher letzten Erfolg im heimischen Cup schoss.
Seitdem sind 24 Jahre vergangen. Am 1. Mai (ab 16:30 Uhr LIVE im LIVE-Ticker) drückt der frühere Defensivspieler Rapid gegen RB Salzburg wieder die Daumen, dass die Geschichtsbücher neu geschrieben werden.
Guggi bestätigt: "Es ist ja fast schon peinlich, 24 Jahre zurückzuschauen, das ist eine extrem lange Zeit. Rapid hätte es endlich verdient, wieder einen Titel zu holen, weil die Mannschaft nicht so schlecht ist, wie sie dargestellt wird."
In der aktuellen Mannschaft ortet er auch durchaus Führungsspieler, wie es damals Michael Konsel, Peter Schöttel oder Didi Kühbauer waren. Was er über seinen ehemaligen Mitspieler und nunmehrigen Trainer denkt, was ihm der Cup-Sieg noch heute bedeutet und warum der Fluch endlich ein Ende haben soll, verrät er im großen LAOLA1-Interview.
Außerdem stellt er noch einmal jene Mannschaft vor, die damals den Pokal im Wiener Ernst-Happel-Stadion in den Nachthimmel hievte - für all jene, die sich nicht mehr erinnern können, noch nicht geboren waren oder gerne in alten Zeiten schwelgen.
LAOLA1: Wie viel ist dir das Goldtor im Cup-Finale 1995 noch immer wert?
Peter Guggi: Ganz viel! Es ist natürlich ein einschneidendes Erlebnis gewesen und etwas, worauf man nach 24 Jahren noch immer zurückblicken muss. Leider in dem Fall, weil es hätte mich schon jemand ablösen können.
LAOLA1: Wie oft wirst du noch darauf angesprochen? Oder ist das nur ein Thema, wenn Rapid mal wieder ins Cup-Finale kommt?
Guggi: Es ist permanent ein Thema. Natürlich ist es ganz normal, dass sich die Medien melden, wenn Rapid im Endspiel ist. Aber ich werde auch jederzeit von normalen Kunden bei mir in der Firma oder von Privatpersonen immer wieder einmal darauf angesprochen, wie lange das noch andauern wird und wann Rapid endlich einen Cup-Titel holt. Schauen wir einmal, ob es diesmal funktioniert, dass das vorbei ist.
LAOLA1: 24 Jahre sind schon eine wahnsinnig lange Zeit. In unserem letzten Interview wolltest du schon nichts von einem „Guggi-Fluch“ hören. Wie würdest du es sonst bezeichnen?
Guggi: Das möchte ich wirklich nicht so hören (lacht). Einen Fluch gibt es von meiner Seite nicht. Aber das Ganze ist halt schon lange anhaltend, es sollte endlich soweit sein. Ich denke jedes Mal, wenn Rapid im Finale ist, dass dieses Thema erledigt sein könnte. Es wäre dann ein lachendes und ein weinendes Auge dabei. Sonst wären es dann schon 25 Jahre.
LAOLA1: Warum war Rapid seit damals nie mehr titelreif? Was war das Besondere an der erfolgreichen Mannschaft von damals?
Guggi: Besonderes möchte ich gar nicht herausstreichen, aber es war eine andere Zeit. Der Fußball hat sich extrem verändert. Bei uns war halt das Kollektiv unser großes Plus, das uns zusammengehalten hat und wir deshalb umsetzen konnten, was wir uns vorgenommen haben. Momentan schaut es so aus, dass sie sich bemühen, alles umzusetzen – aber es funktioniert nicht. Salzburg ist natürlich eine Übermacht momentan, aber man hat letztes Jahr gesehen, dass sie auch gegen Sturm verlieren können. Diese Chance lebt heuer wieder, aber es ist halt nicht einfach, in einem Cup immer wieder ins Finale zu kommen. Das gelingt Salzburg, aber sonst keiner anderen Mannschaft, die das permanent schafft.
"Wenn man sich die Fan-Kurven anschaut, will ich gar nicht wissen, wie viele Junge gar nicht wissen, dass Rapid vor 24 Jahren den letzten Cup-Titel geholt hat."
LAOLA1: Andere Teams haben aber in der Zwischenzeit Cup-Titel geholt, das zeigt, dass bei Rapid in den letzten Jahren nicht gut gearbeitet wurde. Hat bei euch einfach alles zusammengepasst?
Guggi: So ist es! Es ist ja fast schon peinlich, 24 Jahre zurückzuschauen, das ist eine extrem lange Zeit. Rapid hätte es endlich verdient, wieder einen Titel zu holen, weil die Mannschaft nicht so schlecht ist, wie sie dargestellt wird. Dass sie heuer das Meister-Playoff nicht erreicht haben und jetzt unten die Spiele souverän absolvieren, ist keine Frage. Aber im Fokus steht natürlich, einen Titel zu gewinnen – und das ist nicht einfach.
LAOLA1: Wenn man es so nimmt, gibt es schon eine ganze Generation, die den letzten Cup-Titel Rapids gar nicht mehr mitgekriegt hat.
Guggi: Richtig, wenn man sich die Fan-Kurven anschaut, will ich gar nicht wissen, wie viele Junge gar nicht wissen, dass Rapid vor 24 Jahren den letzten Cup-Titel geholt hat. Zumindest Meister sind sie in der Zwischenzeit geworden (Anm.: 1996, 2005, 2008). Es ist halt schon erschreckend, dass es bei einem Traditionsverein wie Rapid so lange gedauert hat.
Zur Erinnerung stellt Peter Guggi die Cup-Helden von 1995 (Startelf und Einwechselspieler) vor:
Michael Konsel: Er war natürlich die klare Nummer 1 damals bei uns im Tor – kein Thema. Er war Nationalteam-Torhüter und einer der erfahrensten Spieler bei Rapid zu diesem Zeitpunkt.
Peter Schöttel: Er war bis vor kurzem noch Rekordspieler, bevor er von Steffen Hofmann abgelöst wurde. Er war eine tragende Figur als letzter Mann und einwandfrei von der Einstellung her, da hat es nichts gegeben. Er hat damals ein kongeniales Duo mit Robert Pecl in der Innenverteidigung gebildet.
Robert Pecl: Robert hat sich damals schwer verletzt und musste die Karriere danach beenden. Dadurch bin ja ich auch zu Rapid gewechselt, das war der Wunsch von Trainer Ernst Dokupil, dass ich der Pecl-Ersatz werde. Pecl ist in der 90. Minute noch eingewechselt worden, hat somit den Cup-Titel geholt – das war auf alle Fälle ein Abschiedsgeschenk.
Peter Guggi: Ich bin stolz, dass ich Pecl ersetzen durfte, weil er war auch Teamspieler, einer unserer erfahrensten Akteure und einer der zweikampfstärksten Spieler in der Bundesliga damals. Dass dann mir auch noch das Gold-Tor gelungen ist, ist eine andere Geschichte.
Zoran Barisic: Zoki war natürlich einer der technisch perfektesten Spielern im Team, aber sicher der Freistoß-König schlechthin. Meine Freistöße waren eher die scharfen aus großer Distanz, aber nicht so gefinkelt und gezielt wie bei ihm. Und als Trainer hat er auch bewiesen, dass er das auch vermitteln kann.
Michael Hatz: Rechter Verteidiger, sensationell im Zweikampfverhalten. Er war eine richtige Kampfmaschine, die gerackert hat bis zum Umfallen. Über ihn gibt es nichts Negatives zu sagen. Er hat das Spiel auch nach vorne getrieben und war kopfballstark. Das war schon hochwertig.
"Didi war natürlich damals der Spieler schlechthin zu diesem Zeitpunkt. Er war das Um und Auf, hatte die Ideen, hat das Spiel an sich gerissen und alle mitgerissen. Das war eine Institution für uns, an der wir uns anhalten konnten."
Didi Kühbauer: Der aktuelle Rapid-Trainer, der es schaffen könnte, den Cup-Sieg nicht nur als Spieler sondern auch als Trainer zu holen. Das wäre natürlich wünschenswert für ihn. Ich halte ihm die Daumen und hoffe, dass es klappt – dann werde ich auch abgelöst. Didi war natürlich damals der Spieler schlechthin zu diesem Zeitpunkt. Er war das Um und Auf, hatte die Ideen, hat das Spiel an sich gerissen und alle mitgerissen. Das war eine Institution für uns, an der wir uns anhalten konnten. Dass er dem Fußball erhalten bleibt, war mir damals schon klar. Es ist sensationell, was er bis jetzt geleistet hat – auch als Trainer. Bei St. Pölten so eine grandiose Zeit hinzulegen und dann zu Rapid zu wechseln, war natürlich ein weiterer Meilenstein für ihn. Jetzt schauen wir mal, was dabei herauskommt. Als Spieler war er sicher emotionaler als jetzt vielleicht als Trainer. Das hält er schön im Hintergrund. Er kann seine Emotionalität, die er damals gehabt hat, aber sicher in der Kabine ausspielen. Das muss nicht jeder wissen.
Stephan Marasek: Er war eine Maschine auf der linken Flügelzange. Ein richtiger Kämpfer, der auf und ab gelaufen ist. Er war damals auf unserer linken Seite einfach nicht wegzudenken.
Sergej Mandreko: Man kennt ihn als quirligen, offensiven Mittelfeldspieler, der auch oft als Stürmer eingesetzt wurde. Er hat einwandfreie Leistungen abgeliefert und ich bin dankbar, dass er damals bei uns gespielt hat. Leider ist er heute sehr krank (Anm.: Mandreko leidet an der Nervenkrankheit ALS). Gute Besserung von meiner Seite. Ich hoffe, dass er das irgendwie wieder hinbekommt. Da sind dann alle Leidenswege hin oder her, wie etwa 24 Jahre ohne Cup-Titel, nebensächlich.
Sascha Bürringer: Er wurde im Cup-Finale in der 38. Minute für Mandreko eingewechselt, weil der angeschlagen raus musste. Bürringer war damals ein junger Bursch mit 18 Jahren, der aus der eigenen Rapid-Jungend gekommen ist. Er hat seine Sache damals sehr gut gemacht.
Andreas Heraf: Andi und ich haben damals die Defensivarbeit im Mittelfeld geleistet, das war unsere Grundaufgabe. Wir haben unsere Thematik diesbezüglich sehr gut gespielt. Wir haben das ein paar Jahre gut rübergebracht und Kühbauer sowie den anderen Offensivkräften den Rücken freihalten können. Wir haben uns gut verstanden, hatten eigentlich immer ein super Verhältnis. Es war herrlich, mit ihm zusammenzuspielen, weil einer für den anderen da war und den Rücken gestärkt hat. Das war schon ein Rückhalt für uns beide. Er ist wie Schöttel, Barisic, Kühbauer und Co. Trainer geworden, aktuell beim FAC. Was da beim Damen-Nationalteam in Neuseeland abgelaufen sein soll, kann ich mir nicht vorstellen, davon halte ich nichts. Er hat seine Leistungen auch in den ÖFB-Nachwuchs-Teams gebracht. Ich glaube, er hat das bisher sehr gut gemacht.
Marcus Pürk: Er war damals schon als junger Stürmer dabei. Ein quirliger Mann, der mit seinen 19 Jahren sogar von Beginn an gespielt hat. Ein aufstrebender Spieler zu dem Zeitpunkt, der eine Top-Leistung gezeigt hat. Ich bin froh, dass ich ihn kennenlernen durfte und dass er heute noch im Fußball tätig ist.
Maciej Sliwowski: Er war eine Kampfmaschine ganz vorne, der 90 Minuten gearbeitet hat und so viele Kilometer abgespult hat, wie die meisten Mittelfeldspieler nicht. Er ist nur auf und ab, kreuz und quer gelaufen. Er ist schon eine Person gewesen, die seinesgleichen gesucht hat.
Trainer Ernst Dokupil: Er war erfolgreich mit Rapid, hat den Cup-Sieg geholt (1995), den Meister-Titel (1996), wir waren im Europacup-Finale (Cup der Cupsieger 1996), haben die Champions League erreicht – was soll man gegen so einen Trainer sagen? Hut ab, was er alles erreicht hat! Er war eine Institution unter den Trainern. Wir waren auch zufrieden mit ihm, da hat alles gepasst. Auch Herbert „Funki“ Feurer und das gesamte Trainerteam waren 1A. Das hat hundertprozentig funktioniert, sonst hätten wir wahrscheinlich auch nicht diesen Erfolg feiern können. Er hat mit seiner Art genau gewusst, wie es funktionieren kann und wer mit wem harmoniert. Das war perfekt!
"Natürlich gibt es auch in der jetzigen Mannschaft Führungsspieler. Ein Stefan Schwab wird immer ein Führungsspieler sein. Er ist Kapitän, man sieht, was er für Leistungen bringt."
LAOLA1: Ansonsten fand im Kader ein Umbruch. Neben Oldies wie Kurt Garger rückten Youngster wie Raimund Hedl oder Patrick Jovanovic nach.
Guggi: Es waren viele Komponenten, die schlagend wurden. Das Jahr davor war kein erfolgreiches, weil wirtschaftlich das Konkursverfahren erst angefangen hat zwischen 1993/94 und 1994/95. Da hat ein kompletter Umbruch stattgefunden. Die Jungen haben nachgedrückt, man musste etwas verändern und mit Dokupil hat das dann den richtigen Weg genommen. Die Erfolgsgeschichte hat sich damit neu geschrieben für Rapid – das ist eine große Leistung gewesen. Man hat eigentlich gedacht: Wie fangt das an? Wie schaut das aus? Wo kommen wir hin? Dass das Ganze dann so ausgeartet ist, dass wir diese Erfolge in so kurzer Zeit einfahren konnten, hätte keiner erahnt. Es hat vielleicht bessere Einzelspieler gegeben, aber wir waren eine Einheit, die füreinander da war. Das war das Um und Auf.
LAOLA1: Was auffällt: Damals standen richtig viele Führungsspieler im Kader. Siehst du in der aktuellen Rapid-Elf überhaupt diese klaren Leader?
Guggi: Natürlich gibt es auch in der jetzigen Mannschaft Führungsspieler. Ein Stefan Schwab wird immer ein Führungsspieler sein. Er ist Kapitän, man sieht, was er für Leistungen bringt. Bei den Führungsspielern muss man auch Torhüter Richard Strebinger dazuzählen, und auch einen Mario Sonnleitner, der seit Jahren mit einem Rapid-Herz am Werk ist und sich zerreißt. Es gibt sie also. Bei uns gab es damals Konsel, Schöttel und Kühbauer, die klare Führungsspieler waren. Die haben genauso dieses Werk‘l im Laufen gehalten und das müsste auch heute bei Rapid umsetzbar sein. Man muss halt ein Kollektiv formen. Das war die Schwierigkeit, der einzelnen Trainer, die zuletzt bei Rapid tätig waren. Ich hoffe, Didi gelingt es, dass er das Kollektiv so zusammenbringt, das es funktionieren kann.
LAOLA1: Du glaubst also, dass Rapid im Kollektiv, mit der richtigen Einstellung und Zusammenhalt auch eine Übermacht wie Salzburg im Cup-Finale schlagen kann – so wie es Sturm letzes Jahr vorgezeigt hat?
Guggi: Das auf alle Fälle! Sie müssen alle mit Herz dabei sein, dann funktioniert das auch. Ich werde wahrscheinlich in Klagenfurt dabei sein, noch ist es nicht ganz sicher. Aber ich hoffe, ich kann danach einen Rapid-Sieg feiern.