Selten wurde dem ÖFB-Cup-Finale so entgegengefiebert wie in diesem Jahr.
Aufgrund der Corona-Krise rollt am 29. Mai nach zweieinhalbmonatiger Pause erstmals wieder das runde Leder. Im Klagenfurter Wörthersee-Stadion trifft RB Salzburg auf den klaren Außenseiter aus der HPYBET 2. Liga SC Austria Lustenau.
Die Ausgangsposition ist klar, die Bullen sind haushoher Favorit. Doch Martin Grasegger macht den Vorarlbergern durchaus Mut. Nur wenige wissen wie er, welche Sensationen im Cup möglich sind.
Der nunmehrige Blau-Weiß-Linz-Verteidiger sorgte 2013 im Dress des damaligen Drittligisten FC Pasching für das größte Cup-Wunder aller Zeiten und bahnte sich ein Jahr später mit Zweitligist SKN St. Pölten den Weg bis ins Endspiel.
"Ich habe schon ein paar Erlebnisse mitgemacht im Cup. Sehr positive Erlebnisse, vor allem 2013 mit dem Cupsieg mit Pasching. Das war schon ein super Erlebnis, das man sicher ewig in Erinnerung behält. Der Cup hat einfach eigene Gesetze und man merkt es jetzt wieder. Austria Lustenau hat gezeigt, dass man auch als Zweitligist ins Finale kommen kann. Und im Finale ist dann noch einmal alles möglich", erzählt Grasegger im LAOLA1-Interview.
Und wer weiß, vielleicht startet Lustenau nach dem Cup-Finale eine ähnliche denkwürdige Sause auf Mallorca wie es Pasching vor sieben Jahren vorgemacht hat.
"Das war schon einzigartig"
Bei der Frage nach dem größten Erfolg in seiner Karriere muss der mittlerweile 31-jährige Innenverteidiger nicht lange überlegen. Mit Rapid und Salzburg schaltete Pasching damals Großkaliber aus und versetzte dann auch noch im Finale dem bereits feststehenden Meister Austria Wien (Endstand: 1:0, Torschütze: Daniel Sobkova) den Dolchstoß.
"Das war auf jeden Fall der emotionalste! Der Cupsieg damals war wirklich eine coole Sache, eben auch weil wir in den letzten drei Runden die Größten Österreichs geschlagen haben und das jeweils auswärts. Das als Drittligist, das war schon einzigartig", erinnert sich Grasegger an das denkwürdige Finale im Ernst-Happel-Stadion, wo die oberösterreichischen Fans ihre Helden mit einem "Der beste Klub der Welt"-Transparent empfingen.
Damit steht dieser Erfolg in seiner persönlichen Rangliste noch vor der Bundesliga-Erfahrung und dem Aufstieg mit dem SKN St. Pölten 2016. "Aber weil es einfach so unerwartet war, war der Cupsieg in dieser Situation das Größte, was ich erreicht habe."
Es war ein Meilenstein in der österreichischen Fußballgeschichte, ein Märchen das in die Geschichte einging. Ein zu diesem Zeitpunkt noch kleines Team, das den großen Favoriten das Fürchten lehrte.
Bei Mallorca-Sause wurden Cup-Helden erkannt
Gleichzeitig war es der größte Außenseitersieg im ÖFB-Cup, der noch dazu international Anerkennung fand. So richtig bewusst wurde dies Grasegger und seinen Kollegen bei den anschließenden Feierlichkeiten, die sich über mehrere Tage zogen.
Direkt nach dem Cup-Wunder ging es mit dem Flieger nach Mallorca, wo die große Sause stieg. Mit einem Grinsen erinnert sich der Defensivspieler an diese Zeit zurück.
"Wir haben dann eben später auch den Sieg in Mallorca gefeiert und sind dort von vielen Deutschen angeredet worden, ob wir etwa wirklich die aus Pasching sind. Das war ein ganz cooles Jahr", lacht der Routinier.
Der Traum von der Mallorca-Party - oder woanders - könnte auch Austria Lustenau Flügel verleihen. Aus eigener Erfahrung spricht Grasegger dem Liga-Rivalen Mut zu.
"Man darf sich einfach nicht anscheißen!"
Und gibt Tipps, wie man es als Außenseiter angehen sollte. "Man darf sich einfach nicht anscheißen! Man muss einfach ganz frei aufspielen, als Zweitligist hat man nichts zu verlieren. Das ist eigentlich das schönste Spiel, das du haben kannst in einem Cup-Finale. Man ist eben der Underdog und kann nur gewinnen."
Vor allem war es nicht Graseggers einziger Vorstoß ins Cup-Finale, der für Furore sorgte. Ausgerechnet ein Jahr später stürmte er mit St. Pölten bis ins Endspiel und musste sich dort nur Salzburg geschlagen geben.
Die Mozartstädter stellen sich nun auch Lustenau in den Weg, eine auf den ersten Blick schier unmögliche Aufgabe. "Also gegen Salzburg zu bestehen, da muss wirklich alles passen. Aktuell hat der LASK die Nase vorne, aber im Grunde genommen war Salzburg in den letzten Jahren mit Abstand die stärkste Mannschaft in Österreich. Da braucht man wirklich Glück und es muss alles zusammenpassen, dass man was erreichen kann. Aber es gibt einfach Ausnahmetage. Warum sollte so einer dieses Jahr nicht sein?"
Alles in allem war es damals kein Zufall, dass ausgerechnet Pasching und St. Pölten zwei Jahre in Folge den Cupbewerb aufmischten. Bei beiden Klubs hielt damals Trainer Gerald Baumgartner das Zepter in der Hand - ein wahrer Cup-Spezialist, wie sich darüber hinaus bewahrheiten sollte.
Baumgartner-Effekt: "Haben keine Angst vor irgendeinem Gegner gehabt"
Der nun auf Aufstiegskurs mit SV Ried befindliche Chefcoach holte Grasegger damals auch zum SKN. "Das war schon irgendwie witzig! Wir hatten den Cup gewonnen und ein halbes Jahr später hat er mich nach St. Pölten geholt. Dort sind wir dann direkt wieder ins Cup-Finale gekommen. Das war auch eine coole Sache."
Die Faszination für diesen Bewerb wurde geweckt. Und Baumgartner konnte die Mannschaft perfekt auf diese "Alles-oder-Nichts"-Spiele einstellen, wie Grasegger viele Jahre später verrät.
"Er hat die Mannschaft schon richtig motivieren können. Wir waren immer auf 120 Prozent vor jedem Spiel. Wir haben immer gewusst – egal, ob wir eine oder zwei Ligen drunter spielen wie damals mit Pasching: Wir haben Chancen, und das hat er uns auch so vermittelt. Wir waren nicht nervös, wir haben keine Angst vor irgendeinem Gegner gehabt. Wir haben einfach frei aufgespielt und das war in der Zeit einfach das Erfolgsrezept."
Generell haben diese Jahre aufgezeigt, was im ÖFB-Cup möglich ist und haben ein Feuer bei kleineren Klubs entfacht, auch einmal eine Sensation wie Pasching oder St. Pölten zu schaffen.
Cup-Attraktivität: "In Österreich wird der Cup als zweite Belastung gesehen"
Trotzdem wird der Cup-Bewerb in Österreich - trotz Verbesserungsversuchen in den vergangenen Jahren - noch immer stiefmütterlich behandelt. So richtig attraktiv ist das Format nur für wenige Klubs.
Das kann der ehemalige ÖFB-Nachwuchsteamspieler - vielleicht auch aufgrund der positiven Erfahrungen der Vergangenheit - überhaupt nicht nachvollziehen.
"Es ist so ein bisschen ein österreichisches Thema, weil wenn man nach Deutschland schaut, ist der DFB-Pokal dort groß, da wird das ganz anders aufgezogen. Da ist eine große Medien-Präsenz, jeder will im Pokal weit kommen. Bei uns ist die Attraktivität leider eher weniger vorhanden."
Grasegger geht sogar so weit, zu behaupten: "In Österreich wird das eher als zweite Belastung gesehen, was ich eigentlich nicht verstehe. Gerade als Zweitligist oder Regionalligist kann man sich ins Rampenlicht spielen. So wie wir damals kann man sich über den Cup für internationale Spiele qualifizieren. Das war damals für jeden einzelnen Spieler von uns ganz wichtig."
Austria Lustenau hat es gegen RB Salzburg in der Hand. Ob sich das Team von Roman Mählich nichts scheißt, den Liga-Krösus ärgern und es danach auf Mallorca (sofern es die Corona-Einschränkungen möglich machen) krachen lassen kann, wird sich weisen. Grasegger wird seine Liebe zum ÖFB-Cup aber garantiert nie verlieren.