Wer Hertha Wels sagt, muss auch Sulimani sagen.
Kein Name war in den letzten Jahren so eng mit dem oberösterreichischen Regionalligisten, der am Freitag den FC Red Bull Salzburg in der heimischen HOGO Arena zum Auftakt des ÖFB-Cups empfängt (17 Uhr im LIVE-Ticker), verbunden.
Emin, Benjamin, Harun und Florim – alle vier Brüder starteten ihrer Karriere bei der WSC Hertha und sind dem Verein auch heute noch eng verbunden.
Speziell Emin, der Älteste, nutzte das Sprungbrett Hertha, galt in jungen Jahren als große rot-weiß-rote Mittelfeldhoffnung und wurde 2009 mit der Wiener Austria Cup-Sieger. Mittlerweile hat der heute 34-Jährige seine aktive Karriere nach mehreren schweren Verletzungen längst beendet, ist zur WSC Hertha zurückgekehrt und dort als Co-Trainer engagiert.
Mit LAOLA1 spricht Emin Sulimani darüber, warum in seiner Spielerkarriere nicht alles nach Wunsch verlaufen ist, welche Ambitionen die Hertha hat und weshalb Red Bull Salzburg in seinen Augen DER europäische Vorzeigeverein ist:
LAOLA1: Du hast lange in der Bundesliga gespielt. Mit 26 Jahren hast du deinen Vertrag mit der Admira aufgelöst, hast dann zwei Jahre keinen Verein gefunden und 2014 bist du zur WSC Hertha zurückgewechselt. Warum hat es damals nicht mehr mit einem Engagement in der Bundesliga oder in der 2. Liga geklappt?
Emin Sulimani: Die Geschichte ist viel umfangreicher, als ich sie erzählen könnte. Es gab viele Faktoren, die da mitgespielt haben. Ich habe viele Operationen hinter mir, wollte lange nicht wahrhaben, dass ich nicht mehr spielen kann. Ich habe viele Dinge versucht, um wieder zurückzukommen, aber es hat nicht mehr funktioniert. Ich hatte riesige körperliche Probleme. Das hat in Wahrheit schon bei der Austria begonnen und das habe ich zum LASK und dann auch zur Admira mitgenommen. Irgendwann musste ich einsehen, dass meine größte Leidenschaft nicht mehr möglich ist.
LAOLA1: Deine erfolgreichste Zeit hattest du bei der Wiener Austria. Du hast den Klub unter anderem in der Saison 2009/10 in die Europa League geschossen.
Sulimani: Definitiv! Ich habe mich dort extrem wohlgefühlt. Diese Zeit vermisse ich sehr. Im Fußball ist vieles vergänglich, trotzdem denke ich gerne zurück und ich würde das Ganze gerne wieder erleben. Diese Zeit war von Erfolg geprägt, wir hatten eine super Mannschaft mit einer sehr hohen Qualität. Wir haben viel erreicht. Ich bin sehr stolz, Teil dieser Mannschaft gewesen zu sein.
LAOLA1: 2015 hast du deine aktive Karriere beendet, dem Fußball bist du dennoch erhalten geblieben. Mittlerweile bist du Co-Trainer bei der WSC Hertha.
Sulimani: Genau. Ich habe im Frühjahr die UEFA-A-Lizenz abgeschlossen – zum Glück, muss ich dazusagen (lacht). Ich bin jetzt schon viele Jahre bei der Hertha. Ich habe das mitverfolgt, was im Entstehen ist. Wir haben in der Bezirksliga angefangen und jetzt sind wir ein gestandener Regionalligist, der vorne mitspielt. Wir haben große Pläne, es wächst stetig und ich hoffe, wir können unsere Ziele auch erreichen.
LAOLA1: Bevor wir zu Hertha kommen, nochmal zurück zu deiner Person. Du hast die A-Lizenz jetzt abgeschlossen. Ist das langfristige Ziel, Cheftrainer zu werden – vielleicht sogar bei der Hertha?
Sulimani: Das Ziel ist natürlich, früher oder später als Cheftrainer zu arbeiten. Ich habe mich schon als Spieler dem Fußball komplett hingegeben, weil es meine große Leidenschaft ist. Für mich gibt es sieben Tage die Woche nur Fußball, es dreht sich alles um das Thema. Aber der Aufgabenbereich als Trainer ist sehr umfangreich, man muss sehr viel investieren, muss viel dazulernen. Ob es dann einmal bei der Hertha klappt oder wo anders, ist gar nicht das primäre Thema. Für mich geht es darum, mich weiterzuentwickeln und zu lernen, damit ich diesen Schritt auch machen kann, wenn er sich irgendwann anbietet.
LAOLA1: Die Hertha hatte in den letzten zwei Saisonen ziemliches Pech mit Corona. Der Verein wäre zweimal am Aufstieg in die 2. Liga interessiert gewesen, auch sportlich war man nahe dran. Dann kam jeweils der Abbruch der Regionalliga Mitte. Wie bitter waren die letzten zwei Jahre aus eurer Sicht?
Sulimani: Natürlich sehr. Der Verein hat sehr große Anstrengungen unternommen, damit wir überhaupt dort hinkommen. Auch finanziell war der Aufwand dementsprechend. Es war alles danach ausgerichtet. Dass dann zwei Mal durch Corona die Chance verwehrt geblieben ist, ist natürlich bitter. Aber in Wahrheit geht es allen anderen auch so. Das ist eine Sache, die die ganze Welt betrifft, also muss man das einordnen können. Nichtsdestotrotz haben wir auch heuer wieder eine sehr gute, schlagkräftige Mannschaft, die das Potenzial hat, ganz vorne mitzuspielen.
LAOLA1: Das heißt, der Anspruch in dieser Saison ist der Aufstieg in die 2. Liga?
Sulimani: In unserem Denken ist, dass wir die Qualität haben, ganz vorne mitzuspielen. Ob es dann dafür reicht, dass man ganz vorne ist? Ich bin lange genug im Fußball, ich weiß, dass da viele Faktoren mitspielen. Aber natürlich ist bei uns alles darauf ausgelegt, bis zum Schluss um den Aufstieg mitzukämpfen.
LAOLA1: Vom Spielermaterial wäre das auf jeden Fall möglich. Die Hertha hat sich im Sommer unter anderem mit Simon Gasperlmair von Blau-Weiß Linz sowie Amar Hodzic vom WAC verstärkt. Das sind durchaus Kaliber für die Regionalliga.
Sulimani: Definitiv! Dazu kommen die bestehenden Spieler: Roko Mislov, ehemaliger Bundesliga-Spieler, mein Bruder Harun, der genauso wie Florian Maier in der 2. Liga gespielt hat, Tobias Messing wurde von Blau-Weiß Linz ausgeliehen. Also wir haben wirklich viel Qualität mit Spielern, die sich schon weiter oben bewiesen haben. Aber die Liga ist schwierig, ich kenne sie mittlerweile drei Jahre. Da muss alles zusammenpassen, damit man schlussendlich auch erfolgreich ist.
LAOLA1: Du hast deinen Bruder Harun schon angesprochen, der so wie du mittlerweile wieder nach Wels zurückgekehrt ist. Warum verschlägt es alle Sulimanis irgendwann zurück zur Hertha?
Sulimani: Das ist die interessante Frage (schmunzelt). Wir haben aller hier zum Fußballspielen begonnen. Nach so vielen Jahren ist eine Verbundenheit da. Man hat hier angefangen, hat in jungen Jahren viele Erfolge mit dem Verein gefeiert und auch viel miterlebt. Wir sind in Wels sesshaft, sind hier geboren und aufgewachsen. Es ist schwierig zu erklären, aber wenn man zu einem Verein eine besondere Verbindung hat, hält diese auch für immer.
LAOLA1: Wie sieht es mit der nächsten Generation an Sulimanis aus? Ist die auch so fußballverrückt wie ihr?
Sulimani: Ja, die kommen schon! Mein Neffe spielt hier bei der Hertha im Nachwuchs und ist sehr talentiert. Mein Bruder Benjamin lebt in Wien und hat auch einen Sohn, der sehr talentiert ist. Also wir arbeiten daran, dass unsere Ära weitergeht (lacht).
LAOLA1: Kommen wir zum Cup-Highlight gegen Red Bull Salzburg. Wie geil ist so ein Gegner?
Sulimani: Das ist natürlich für viele Spieler das Spiel des Lebens. Davon haben sie geträumt und jetzt bekommen sie die Möglichkeit. Wir reden von einer Top-Mannschaft - nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa. Man hat in den letzten zwei Jahren gesehen, dass sie Liverpool und den Bayern Probleme bereitet haben. Wir wissen natürlich, dass alles, aber auch wirklich alles, für uns rennen muss, damit wir irgendwie eine Chance haben. Aber in meinem Denken als Trainer und auch als Spieler komme ich nicht zu einem Spiel und sage: Ich bin nur da, damit ich da bin, und verliere das Spiel. Das existiert nicht in unseren Köpfen. Auch wenn die Chance noch so klein ist, wollen wir versuchen, sie zu nützen. Man merkt, wie die Leute in Wels unruhig werden, wie gut der Vorverkauf läuft. Die Vorbereitung auf das Spiel ist für manche Spieler ein Profi-Feeling, welches sie im Alltag noch nie hatten. Darum glaube ich, dass das für ganz Wels eine Riesen-Sache ist.
LAOLA1: Du hast als Aktiver selbst hin und wieder gegen Red Bull Salzburg gespielt. Kann man die Mannschaft von damals noch irgendwie mit der heutigen vergleichen?
Für mich ist Salzburg DER Vorzeigeverein in ganz Europa: Wie sie junge Spieler um kleines Geld verpflichten, sie so entwickeln und dann Riesen-Profit daraus machen.
Sulimani: Überhaupt nicht! Salzburg hat einen brutalen Wandel durchlaufen. Die Philosophie des Vereins hat sich komplett gewandelt. Für mich ist Salzburg DER Vorzeigeverein in ganz Europa: Wie sie junge Spieler um kleines Geld verpflichten, sie so entwickeln und dann Riesen-Profit daraus machen. Man braucht nur schauen, wo die ehemaligen Salzburger überall sind. Man kann dem ganzen kritisch gegenüberstehen, aber ich persönlich tue das nicht. Ich finde einfach, dass dort sehr gut gearbeitet wird. Man muss schätzen und respektieren, dass das große Klasse ist.
Zu meiner Zeit war es eher so, dass Salzburg der Verein war, der – nicht abwertend gemeint – ausrangierte Profis aus Deutschland oder woher auch immer geholt hat, viel Geld investiert und gut gezahlt hat. Diese Spieler haben nicht immer das gebracht, was sie bringen hätten sollen. Irgendwann hat es dann Klick gemacht und Salzburg ist auf eine andere Schiene gewechselt. Man sieht, wie erfolgreich das ist. Ich kann dem nur Respekt zollen.
LAOLA1: Kommen wir zur EURO 2020. Du hast Wurzeln in Nordmazedonien und hast selbst in der ÖFB-U21 mit Marko Arnautovic zusammengespielt. Wie ist deine Sichtweise auf das, was zwischen ihm und Alioski im ersten Gruppenspiel passiert ist?
Sulimani: Ich sehe das nicht so dramatisch. Ich war selbst ein emotionaler Spieler. Am Spielfeld ist es oft so, dass man sich Dinge sagt, die man danach nicht so meint. Das war sicher nicht das erste Mal. Ich kann garantieren, dass so etwas in irgendeiner Form in jedem zweiten Spiel vorkommt. Ich glaube, sie haben sich danach ausgesprochen und das Ganze begraben. Natürlich spielen Emotionen auch eine Rolle. Marko hat lange nicht gespielt, war lange verletzt, alle haben an ihm gezweifelt und dann macht er ein Tor. Solche Sachen sollten nicht passieren, das will ich auch gar nicht schönreden, aber man darf so etwas auch nicht zu hoch hängen. Am Fußballplatz geht es immer ein bisschen rauer zu. Man muss sich danach in die Augen schauen können, sich die Hand geben und dann geht das Leben weiter.
LAOLA1: Wie hast du die österreichische Performance bei der EURO insgesamt mitverfolgt?
Sulimani: Ich habe intensiv mitgelebt, sehr mitgezittert und alle Spiele verfolgt. Ich finde, die österreichische Mannschaft sollte mehr unterstützt werden. Sie werden so schnell kritisiert, wenn sie nicht gewinnen, oder wenn sie mal einen Fehler machen – das gehört alles zum Fußball dazu. Wichtig ist, dass man zusammenhält und der Mannschaft von außen ein gutes Gefühl gibt. Man hat im Laufe des Turniers gesehen, wie sehr sie sich gesteigert haben mit der Krönung gegen Italien – das war wahrscheinlich die beste Leistung vom Nationalteam seit Jahren. Ich finde auch, dass Franco Foda richtig gut aufgestellt hat. Er hatte ein richtig gutes Gespür für das System und die Spieler. Schade, dass es nicht gereicht hat, aber auf dem kann man aufbauen. Für mich ist wichtig, dass im Kopf ist, dass das keine Eintagsfliege ist, sondern dass man weiterarbeiten sollte. Wir haben jetzt die Weltmeisterschaft vor uns. Diese Generation hat meiner Meinung nach großes Potential.