Eine gewisse Erleichterung, dass nichts Gröberes passiert ist, war GAK-Obmann Rene Ziesler durchaus anzumerken.
Einerseits sicherlich sportlich, weil die "Rotjacken" bei der Rückkehr des Grazer Derbys Sturm nicht sonderlich gut aussehen haben lassen, obwohl sich der Favorit letztlich mit 1:0 durchgesetzt hat.
Andererseits natürlich vor allem in organisatorischer Hinsicht. Die vielerorts prophezeiten Eskalationen in die komplett falsche Richtung blieben aus, es blieb zur Freude aller weitestgehend friedlich.
"Wir sind froh, dass es nichts Großartiges gegeben hat. Es war ein super Fußballfest für die Steiermark und für Graz. Ein schöner Tag", so Ziesler.
Ein besonderer Tag für den Grazer Fußball, der logischerweise Lust auf mehr macht.
Vor allem der harte Fan-Kern beider Lager zelebrierte das lange vermisste Stadt-Duell in einer Intensität, die vermuten lässt, dass man nicht wieder 15 Jahre darauf warten möchte.
Fan-Wandertag
Die GAK-Fraktion startete ihren Fitmarsch in Richtung Liebenau im ORF-Park. Die Sturm-Anhänger stimmten sich an alter Wirkungsstätte in der "Gruabn" ein, ehe sie geschlossen in Richtung Arena wanderten.
Beachtliche Polizei-Präsenz verhinderte, dass sich die beiden Gruppierungen auch nur ansatzweise in die Quere hätten kommen können.
Gut sichtbar für alle Beteiligten blieb indes ein Flieger, der mit der Aufschrift "SK Sturm Graz" seine Runden über dem Stadion drehte.
Dass auch im Stadion selbst besonders viel Brisanz in der Luft lag, versteht sich von selbst.
Eine feurige Angelegenheit
Dies manifestierte sich vor allem am Einsatz pyrotechnischer Ware. Dass der eine oder andere Stadion-Besucher sein persönliches Silvester gut zwei Monate nach vorne verlegt hat, sorgte für zwei Spielunterbrechungen.
Der Genuss fürs Auge mag dabei höher gewesen sein als für die Nase. Letztlich wäre es jedoch verwunderlich gewesen, hätten die organisierten Fans ausgerechnet beim Derby auf den Einsatz von Pyrotechnik verzichtet.
Die Sturm-Fans brannten zudem bestens sichtbar ein GAK-Transparent ab, auch Schals des Stadtrivalen wurden auf ihre Feuerfestigkeit überprüft - dass diese "Trophäen" öffentlichkeitswirksam beim erstbesten Anlass im Stadion abgefackelt werden, muss man nicht mögen, war aber natürlich erwartbar.
Handelsüblich war auch der fleißige Austausch von mehr oder weniger inhaltsstarken Mitteilungen per Transparent. Dass die Dauer-Rauchschwaden vor ihrem Block jene der GAK-Fans eher unleserlich machten, fällt unter die Kategorie Künstlerpech.
"..., du Eierschädel"
Mitunter tierisch unterwegs war man bei Sturm. So fragte man sich, was es die schwarz-weiße Eiche juckt, wenn sich die rote Sau an ihr reibt? Irgendwie scheint das Schwein das Vieh der Woche bei manchen Sturm-Fans zu sein - #autobahnbrücke.
"Unsere Stadt, unser Stadion: Rote Vegl raus aus Liebenau!", forderte die Nordkurve zudem den Abflug des GAK aus dem Stadion.
Dass beim GAK kaum jemand gesteigerte Freude verspürt, in Liebenau spielen zu müssen, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.
Es ging jedoch auch plumper. "Dielacher, du Eierschädel", richtete man dem roten Obmann-Stellvertreter Matthias Dielacher aus, von dessen Äußerungen im Vorfeld sich offenkundig so mancher in Schwarz-Weiß provoziert fühlte.
Liendl: "Dann sind wir schwer zu schlagen"
Es ist davon auszugehen, dass Dielacher die lieben Grüße der Sturm-Fans verkraften wird. Wollen die "Blackies" Fußball-Feiertage wie diesen öfter erleben, sollten sie Dielacher zudem die Daumen drücken, dass er seinen Job gut macht.
Da von einem baldigen Absturz Sturms in die Zweitklassigkeit wirklich nicht ausgegangen werden kann, wird es nämlich hauptsächlich an Vereins-Verantwortlichen, Betreuern und Spielern des GAK liegen, wie lange Graz auf das nächste Derby warten muss.
Unisono ist man im roten Lager der Meinung, dass dieses Derby-Erlebnis beim Weg zurück in die Bundesliga helfen könnte.
"Wenn wir die Energie, die wir auf den Platz gebracht haben, in die Liga mitnehmen, sind wir schwer zu schlagen", ist Michael Liendl überzeugt.
Der GAK kann solche Spiele öfter erleben, wenn...
Markus Rusek betont: "Wir müssen diese Stimmung aufsaugen und genießen. Es muss jedem bewusst sein, dass wir solche Spiele öfter erleben können, wenn wir aufsteigen. Dafür müssen wir in der Meisterschaft genauso auftreten."
Kapitän Marco Perchtold stand 2007 beim zuvor letzten Grazer Derby in der Startformation, nun wieder. "Ich hoffe, es dauert nicht wieder 15 Jahre bis zum nächsten Derby, denn abermals 15 Jahre schaffe ich nicht mehr", grinst der Routinier und meint:
"Es liegt an uns, ob wir derartige Spiele mit einer solchen Fan-Unterstützung öfter haben werden."
Trainer Gernot Messner hofft jedenfalls, "dass jeder die Atmosphäre genossen und aufgesaugt hat, damit wir das bei den kommenden Spielen immer im Hinterkopf haben."
Ilzer wünscht GAK Aufstieg
Bei Sturm würde man sich einer wieder regelmäßigen Austragung des Duells mit dem Stadtrivalen nicht verschließen, ganz im Gegenteil.
"Ich wünsche dem GAK alles Gute in der Meisterschaft und dass ihnen der baldige Aufstieg gelingen wird", meint Trainer Christian Ilzer und schwärmt:
"Ausverkauftes Haus, beide Fan-Lager haben richtig gute Stimmung gemacht. Es war eine perfekte Kulisse, die so ein Fußball-Spiel braucht und die sich ein Stadt-Derby verdient. Diese Rivalität ist ja fantastisch, wenn sie auf dem Fußball-Feld ausgetragen wird. Das braucht jede Stadt."
Ruhe in der Stadt
"Im Stadion hat mich das richtig beeindruckt. Ich finde, es war richtig gute Stimmung von beiden Seiten, auch wenn ich glaube, dass wir ein bisschen lauter waren", hörte Geschäftsführer Sport Andreas Schicker genau hin.
Wobei er einschränkte: "Ich muss ehrlich sagen, was im Vorfeld war, wenn schon Wochen vorher und speziell in den letzten Tagen nur über das eine gesprochen wird, muss ich nicht immer haben. Wesentlich ist nun mal, was auf dem Fußball-Feld passiert."
Würde das Derby wieder regelmäßig stattfinden, würde der Gewöhnungseffekt wohl auch Trubel und Hysterie im Vorfeld verringern. Man wüsste auch, zu welchem Termin die Revanche ansteht.
Nun heißt es wieder bis zu einem unbestimmten Zeitpunkt zu warten - für Sturm wenigstens als Sieger. "Wir haben unseren Fans einen schönen Sieg geschenkt. Jetzt wird wieder eine Zeit lang Ruhe sein in der Stadt", schmunzelt Torhüter Jörg Siebenhandl.
Dem GAK fehlt nicht mehr so viel
Nach Wochen des Derby-Fiebers werden beide Seiten nichts dagegen haben, wenn nun wieder der Alltag einkehrt.
Wie Ziesler die vergangenen Wochen beschreiben würde? "Mit positivem Stress. Aber da sprechen wir von einem Luxus-Problem, wenn man als Funktionär so ein Spiel vorbereiten darf. Trotz allem werden wir jetzt einmal durchschnaufen und uns auf unser tägliches Brot in der Meisterschaft konzentrieren. Dort haben wir riesengroße Ziele."
Man werde im Verein niemanden finden, der sich nicht wünscht, öfter solche Spiele erleben zu dürfen.
Eine Erkenntnis kann man laut Ziesler von diesem Derby-Comeback auf jeden Fall mitnehmen: "Jeder hat gesehen, dass dem GAK nicht mehr so viel fehlt."