Das zweite Halbfinale des UNIQA ÖFB-Cups am Donnerstag schrieb viele Geschichten, diese kam aber am unerwartetsten:
Mit Niklas Geyrhofer avancierte ein Grazer in Salzburg zum Matchwinner, mit dem noch vor einer Woche nicht einmal in der Startelf zu rechnen war.
Der Eigenbauspieler der "Blackies" spulte beim 4:3-Sieg seiner Mannschaft in der Red Bull Arena (Spielbericht>>>) auf einer ungewohnten Position eine starke Partie ab, die er mit einem Tor zum schlussendlich spielentscheidenden vierten Treffer krönte.
Für Geyrhofer war es erst der fünfte Startelfeinsatz in dieser Saison, und einer, der unter anderen Vorzeichen wohl nie zustande gekommen wäre. Aber von Beginn an:
Einer der wenigen Eigenbauspieler im Grazer Kader
Geyrhofer ist nach Ersatz-Goalie Luka Maric jener aktuelle Sturm-Kicker, der am längsten ein "Blacky" ist. 2009 schloss sich der 24-Jährige Grazer dem Sturm-Nachwuchs an, nachdem er zuvor für jenen des GAK auflief.
Der gelernte Abwehrspieler durchlief alle Nachwuchsabteilungen der "Blackies", 2020 dockte er schließlich bei den Profis an. Obwohl "schon" 20 Jahre alt beim Debüt, konnte sich Geyrhofer auf Anhieb in der ersten Mannschaft festsetzen und pendelte fortan zwischen der Rolle als Innenverteidiger Nummer drei bis vier hin und her.
Geyrhofer kam auf seine Einsätze und spielte meist den Feuerwehrmann, wenn jemand aus dem Duo David Affengruber und Gregory Wüthrich ausfiel - bis der Blondschopf plötzlich selbst für eine lange Zeit außer Gefecht war.
Ein im Frühjahr 2022 erlittener Knorpelschaden im rechten Knie stahl ihm mehr als ein halbes Jahr seiner Karriere sowie einen Fixplatz im Grazer Kader. Über Einsätze in der zweiten Mannschaft musste sich Geyrhofer zurückkämpfen, war fortan aber nur selten in einem Spieltagskader zu finden. Auch deshalb, weil sich Sturm im Sommer 2023 mit Dimitri Lavalee verstärkte.
Geyrhofer auf der Sechs: Vom Experiment zur Paradeposition?
Wir haben ihn auf der Sechs probiert, um ihn einen Step weiterzuentwickeln und haben dann gesehen, wie hervorragend er das spielt, welche fußballerische Lösungen und welche körperliche Präsenz er hat.
In der Innenverteidigung wurde die Luft für Geyrhofer plötzlich dünn. Also musste eine neue Idee her:
"In der Wintervorbereitung wollten wir ihn an ein noch intensiveres Spiel gewöhnen und haben ihn auf der Sechser-Position eingesetzt, weil er dort in andere Räume, in mehr Gegnerdrucksituationen von allen Seiten kommt. Wir haben das probiert, um ihn einen Step weiterzuentwickeln und haben dann gesehen, wie hervorragend er das spielt, welche fußballerische Lösungen und welche körperliche Präsenz er hat", erklärt Christian Ilzer die Neupositionierung Geyrhofers im neuen Kalenderjahr.
Anfang März, im Derby gegen Hartberg, wurde Geyrhofer erstmals in einem Pflichtspiel auf der Sechs eingesetzt und lieferte ein starkes Spiel ab. Am Donnerstag folgte die Wiederholung, für seine abgebrühte Leistung im schwierigen Spiel in Wals-Siezenheim gibt es anschließend Lob vom Trainer:
"Er hatte in der ersten Phase des Spiels ein paar Probleme mit der Positionierung von Oscar Gloukh gehabt, aber das haben wir spätestens in der Pause korrigiert. Er hat auch abgesehen von seinem Tor ein richtig tolles Spiel gemacht."
Ob man aus solchen Leistungen schlussfolgern kann, dass das zentral-defensive Mittelfeld in Wirklichkeit immer die geheime Paradeposition des spielstarken Abwehrhünen war? "Möglich", sagt Ilzer.
"Würde ich nicht unbedingt sagen", meint Geyrhofer selbst: "Ich habe erst im Jänner begonnen, diese Position zu spielen. Aber das Spiel mit dem Ball liegt mir, deshalb würde ich sagen, dass es eine gute Alternativposition für mich ist."
Tipps von Gorenc-Stankovic
Da nach den viel diskutierten Roten Karten für Dimitri Lavalee und Jon Gorenc-Stankovic schon am Sonntag feststand, dass die Grazer Sechser-Position im Cup-Halbfinale vakant sein wird, konnte sich Geyrhofer schon früh auf seinen Einsatz vorbereiten - unter anderem mit Ratschlägen von Gorenc-Stankovic.
"Jon hat mir super Tipps gegeben, er ist ein super Freund von mir in der Mannschaft", bedankt sich Geyrhofer beim Slowenen.
Damit, dass es schlussendlich sogar mit einem Tor klappen würde, war dennoch nicht zu rechnen. Geyrhofer gibt zu, überrascht gewesen zu sein, wie frei er bei seinem Treffer nach einem Eckball am Fünfer zum Kopfball kam. "Aber das nehme ich mit", grinst er.
Das Gefühl danach "war unbeschreiblich. Ich freue mich sehr, vor allem, weil es mein erstes Pflichtspieltor ist. Dass es in so einem wichtigen Spiel klappt, freut mich umso mehr".
Als "Belohnung" für seinen Goldtreffer wurde Geyrhofer bei der anschließenden Kabinenparty der Grazer mit Wolfgang Petrys Schlager-Hit "Weiß der Geier" gefeiert - eine Anspielung auf den Spitznamen "Geier", den der Steirer innerhalb der Mannschaft trägt.
So feierte Sturm den Aufstieg ins Cup-Finale (VIDEO):
@laola1 Sturm Graz steht erneut im Finale! ⚫️⚪️ Die Spieler brennen 🔥 schon richtig drauf, wie sieht’s bei euch Fans aus? 🏟️👀 #laola1 #l1 #wirlebensport #uniqaöfbcup #finale #sturmgraz #redbullsalzburg #interview #mixedzone ♬ Originalton - Laola1.at das Sportportal
Verlängerung in Graz? "Da ist alles am Laufen"
Zuletzt kam es nicht gerade oft vor, dass ein Grazer Eigenbauspieler zum Matchwinner von Sturm wurde. Die Thematik mit den wenigen selbst ausgebildeten Kickern im aktuellen Kader der "Blackies" ist bekannt.
Nach derzeitigem Stand wird auch Geyrhofer 2024/25 nicht mehr im Grazer Kader stehen, da sein Vertrag mit kommenden Sommer ausläuft. Der Verein besitzt allerdings eine Option auf eine Verlängerung um ein Jahr.
Die Chancen, dass diese Option auch gezogen wird, sind in den letzten Tagen und Wochen wohl gehörig gestiegen, oder? "Man wird sehen, für was man sich entscheidet. Ich bin eigentlich schon guter Dinge", äußert sich Geyrhofer dazu.
Und Ilzer sagt: "Ich bin da der falsche Ansprechpartner. Aber ihr könnt mir vertrauen, da ist alles am Laufen."