Nichts schien in der Vorbereitung wichtiger für SK-Rapid-Trainer Didi Kühbauer zu sein, als die Einstellung seiner Spieler und vor allem das Umlegen des Schalters in englischen Wochen.
Auch im LAOLA1-Interview forderte er: "Jedes Spiel ist wichtig! Ein Spieler darf nicht reingehen und Unterschiede machen. Die Aufgabe eines Profis ist es, zu wissen, dass es ganz egal ist, ob es gegen Krumbach oder Inter Mailand geht."
Nach dem Highlight gegen die Italiener stand somit im ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen den TSV Hartberg der Charaktertest an. Dieser wurde beim 5:2 gegen die Oststeirer größtenteils bestanden und trotzdem gab es für Kühbauer einen Grund sich zu ärgern und nicht gänzlich zufrieden zu sein.
Kühbauer lobt Einstellung gegen Hartberg nach Inter-Highlight
Mit großer Rotation - im Gegensatz zum Donnerstag standen sechs Neue in der Startelf - versuchte der Chefbetreuer alles, um keine Ausreden nach dem internationalen Auftritt gelten zu lassen.
"Wenn wir vor dem Spiel gesagt hätten, dass wir 5:2 gewinnen und noch einige Chancen nicht machen, wäre ich zufrieden gewesen. Ich bin schon der Meinung, dass die Jungs das gut gemacht haben, auch weil dieses Highlight gegen Inter immer im Raum gestanden ist. Fußball gehört auch gegen Hartberg erst gespielt, und gegen alle Mannschaften auch - nicht nur gegen Inter Mailand. Das haben sie heute gut bewiesen, da muss ich ihnen schon ein Lob aussprechen, aber andererseits ist es wieder ganz normal", wollte Kühbauer aber auch nicht zu überschwänglich jubeln.
Es war jedoch ein erster Beweis dafür, dass man Lehren aus dem Herbst gezogen hat. Ob es nur eine Eintagsfliege war, wird man schon nächste Woche sehen, wenn es nach dem Rückspiel gegen Inter zuhause gegen RB Salzburg geht.
Der 47-jährige Burgenländer ist auch sehr wohl darauf bedacht, keine zu große Euphorie aufkommen zu lassen. Mit dem Einzug unter die letzten Vier im ÖFB-Cup wurde zwar ein Zwischenziel erreicht, mehr aber noch nicht.
Euphorie oder Euphoriebremse? "Hat schon ganz gut ausgeschaut"
Demnach war er nach dem Auftritt gegen die Steirer hin- und hergerissen.
"Wir werden jetzt nicht in Jubelstimmung ausbrechen, aber es war schon eine sehr gute Leistung. Wir haben das Meiste umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben, sind oft vors Tor gekommen und hatten gute Möglichkeiten. Wir hätten auch das eine oder andere Tor mehr schießen können", analysierte der Rapid-Coach.
Auch Kapitän Stefan Schwab war erleichtert, wusste aber auch, dass das Tor von Thomas Murg vor der Pause "ein bisschen der Dosenöffner" war.
Nach dem Doppelschlag nach der Pause war die Partie so gut wie entschieden. "Von der Energie, der Dynamik und von unserem Offensivspiel her, hat das ganz gut ausgeschaut", fasste der Saalfeldner die Partie zusammen.
Trainer ärgert sich über letzte Viertelstunde
Und trotzdem gab es Grund zum Ärgern aus Sicht des Trainers. Denn obwohl man gerade in der zweiten Hälfte mit schönen Kombinationen und vielen Tormöglichkeiten überzeugte, wurde der Plan nicht 90 Minuten durchgezogen.
"Das einzige, was mich an dem Spiel geärgert hat, war sicher die letzte Viertelstunde. Wir haben gesehen, dass wir gewinnen werden und dann nicht mehr so die Arbeit nach hinten verrichtet, wie man es machen muss. Wir haben dann Hartberg ein bisschen aufkommen lassen. Das darf nicht sein, ganz gleich gegen wen man spielt. Die Meter nach hinten muss man genauso machen. Aber es war ein gutes Spiel von unserer Seite."
Ein sehr gutes und auch wichtiges Spiel im Hinblick auf die kommen Wochen. Für Kühbauer kann dieses Spiel durchaus positive Energien freisetzen für den weiteren Verlauf des Frühjahrs.
"Wenn wir gestrauchelt wären oder mit einem nicht so guten Spiel aufgestiegen wären, wäre der Druck nicht weniger geworden", ist sich Rapids Übungsleiter bewusst.
Offensive und Defensive: "Haben es geschafft, komplett zu switchen"
Der Tapetenwechsel innerhalb weniger Tage hat aber nicht nur für den bereits erwähnten Charaktertest gesorgt, sondern auch unter Beweis gestellt, dass Rapid versucht, flexibler auf Gegner zu reagieren.
War in der Europa League gegen ein Aushängeschild wie Inter Mailand noch die Defensive Trumpf, wären die Grün-Weißen mit abwartender Taktik gegen Hartberg wohl nicht weit gekommen.
Dieser Aspekt imponierte vor allem Schwab: "Wir haben gewusst, dass wir heute anders auftreten müssen als gegen Inter – das waren zwei verschiedene Spiele. Und wir haben es wirklich geschafft, innerhalb von drei Tagen komplett zu switchen und vom defensiv kompakten Stehen in ein gutes Offensivspiel überzugehen. Das ist uns diesmal gelungen. Das war auch der Schlüssel zum Erfolg."
Denn nach dem Hinspiel gegen Inter dürften laut Schwab auch kritische Stimmen aufgekommen sein, die vermuteten, dass Kühbauer das Spiel generell auf eine defensivere Variante umgestellt habe.
Rapid bewies nach Kritik das Gegenteil
Gegen Hartberg präsentierte sich Rapid aber von einer ganz anderen Seite. Nach anfänglichen Ungenauigkeiten in den ersten 45 Minuten kam das Werk'l aber immer besser ins Laufen.
"Nach dem Inter-Spiel sind schon Stimmen laut geworden, dass wir nur mehr defensiv Beton anrühren und verteidigen, aber wir haben einfach gewusst, gegen wen wir spielen und wie wir Erfolg haben können. Gegen Inter musst du anders auftreten, da sind nicht wir die, die spielbestimmend sind, sondern da ist Inter am Zug. Es war ja nicht so, dass wir die ganze Vorbereitung nur die Defensive trainiert haben. Wir haben auch an unserem Offensivspiel gearbeitet und das ist uns diesmal gut gelungen", freute sich der Kapitän.
Fünf Tore waren schon einmal ein Ausrufezeichen, gleich viele Tore gelangen Rapid zuletzt im Juli in der ersten ÖFB-Cup-Runde beim 5:0 gegen den FC Kufstein.
Doch innerhalb der nächsten vier Tage muss der Schalter schon erneut umgelegt werden. Dieses Mal wird der Grat noch schmaler. Denn nach dem 0:1 im Hinspiel gilt es gegen Inter Mailand nicht nur die Defensive kompakt zu halten, sondern auch vorne die Chancen zu suchen, um möglicherweise ein Wunder im San Siro zu schaffen.