Dem FC Red Bull Salzburg gehen die noch zu erreichenden Saisonziele aus!
Die "Bullen" müssen im dritten Jahr in Folge schon vor dem Finale des UNIQA ÖFB-Cups ihren Traum vom Double begraben. Gegen den LASK setzte es nach Verlängerung eine 1:2-Niederlage (Spielbericht>>>) und damit die fünfte im ebensovielten Spiel mit Thomas Letsch an der Seitenlinie.
Dieser ist danach freilich bedient: "Wenn man die Tore nicht macht und gleichzeitig es nicht schafft, zu Null zu spielen, steht man am Schluss mit leeren Händen da. Das haben wir uns selbst zuzuschreiben, und deshalb ist natürlich die Enttäuschung riesengroß, weil wir eines unserer beiden Ziele heute abschreiben müssen."
"Weiß nicht, was in der zweiten Halbzeit passiert ist"
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Der Deutsche sah auf der Linzer Gugl eine erste Halbzeit, in der sein Team die volle Spielkontrolle über hatte, allerdings auch kaum ernsthaft gefährlich wurde. Nach Seitenwechsel ließ man plötzlich die schwarz-weißen Hausherren aufkommen.
"Die erste Hälfte war wirklich gut, die Intensität und die Motivation waren top. Ich hatte das Gefühl, dass die Mannschaft wirklich da war. Ich weiß nicht, was in der zweiten Hälfte passiert ist", kann es Neo-Kapitän Mads Bidstrup kaum fassen.
Plötzlich seien die Distanzen zum Gegner zu groß gewesen; die technische Qualität habe gefehlt, um das Spiel zu beruhigen. "Wir haben in beiden Strafräumen Probleme. Wir kriegen zu viele Tore und schießen zu wenige. Das ist im Moment die Realität", so das schmerzliche Fazit des Dänen.
Kein Vorteil durch die zusätzliche Spielpraxis
Zur aktuellen Salzburger Realität gehört auch, dass die "Bullen" in diesem Jahr phasenweise durchaus zu gefallen wussten, sich aber von Rückschlägen immer prompt zurückwerfen ließen.
"Wir hatten in jedem Spiel mal 15, mal 20, mal 25 Minuten, die gut waren. Heute war es die erste Halbzeit. Wir müssen über über 90 Minuten Konstanz zeigen. Vielleicht fehlt uns nach dem Herbst noch die Selbstverständlichkeit. Die Vorbereitung war in dieser Hinsicht auch nicht optimal", spricht Goalie Alex Schlager die im Jänner kassierten herben Niederlagen gegen Bayern München, Real Madrid und Atletico Madrid an.
Diese Duelle leiten zu einer weiteren bitteren Erkenntnis über: Obwohl die Salzburger schon deutlich mehr Spiele in den Beinen hatten, wirkte der LASK in der Verlängerung frischer und besser im Saft stehend.
"Ich war eigentlich schon der Meinung, dass wir die Mannschaft sein müssten, die fitter als der Gegner und mehr im Rhythmus drinnen ist...", ist Letsch ratlos.
"Haben keine Zeit für Geduld"
Der 56-Jährige verlangte von seinen Kickern im Vorfeld der Partie, dass man ihnen in Linz anmerken müsse, dass sie die Mannschaft sind, die physisch schon weiter ist; der Aufstieg ins Semifinale hätte mit allen Mitteln erreicht werden müssen.
"Wir sind im Profifußballgeschäft und da habe ich selten erlebt, dass irgendjemand Geduld hat."
"In einem Pokalspiel geht es darum, das Ding über die Zeit und nach Hause zu bringen. Das haben wir nicht geschafft. Dass Dinge zu 100 Prozent klappen, oder die Art und Weise, wie wir spielen wollen, zu sehen ist, kann dauern. Aber es geht darum, Ergebnisse einzufahren", so Letsch.
Geduld könne man sich in der aktuellen Situation nicht leisten: "Wir sind im Profifußballgeschäft und da habe ich selten erlebt, dass irgendjemand Geduld hat."
Das weiß auch Bidstrup: "Wir haben keine Zeit für Geduld, wir müssen jetzt performen. Der Cup ist so eine große Chance auf den Titel. Auszuscheiden, ist ein beschissenes Gefühl."
Gleichzeitig betont der Däne, dass durch die Verpflichtung Letschs durchaus ein Ruck durch die Mannschaft gegangen sei.
Schlager fügt an: "Wir haben im letzten halben Jahr wenig Red-Bull-Fußball gezeigt. Natürlich ist das jetzt eine Riesenumstellung, aber wir haben als Team über die Vorbereitung einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Ich bin der Meinung, dass er Zug und Konsequenz bei uns reinbringt."
Es geht wieder einmal um die Basics
Letsch selbst kann mit diesen von seinen Spielern gestreuten Rosen wenig anfangen: "Ich kann nach fünf Niederlagen nicht hier sitzen und sagen: 'Jawoll, das läuft richtig gut.' Wir wollen etwas verändern, wir wollen etwas anderes machen. Und ich bin überzeugt von dem, was wir machen, dass das der richtige Weg ist und dass wir das hinbekommen - wäre auch schlimm wenn nicht."
Er sei jetzt vor allem mal froh, wenn das Winter-Transfenster endlich schließe, "damit Ruhe reinkommt. Dann müssen wir teilweise an Basics arbeiten, dass der Eindruck nicht mehr entsteht, dass die andere Mannschaft Energie freisetzt und wir nicht. Es geht auch darum, unser Tor noch besser zu verteidigen, und dass wir vorne entschlossener sind. Also wir haben verdammt viel zu tun", so Letsch im "ORF".
Zu seinen Aufgaben gehört nun auch die eines Psychologen. Die Salzburger Kicker wirkten nach dem Treffer zum 2:1 des LASK resigniert; es war kaum ein ernsthaftes Aufbäumen zu spüren, stattdessen waren vielerorts verzweifelte Gesten zu sehen.
Meisterschaft bleibt das Ziel
Nun gilt es für Letsch, seine Mannschaft wieder aufzurichten, damit sie zum Bundesliga-Restart auswärts bei Austria Klagenfurt am kommenden Sonntag auch mental in der Lage ist, wieder Spiele zu gewinnen. Mit einem Cup-Halbfinal-Einzug im Gepäck wäre freilich auch ein erfolgreicher Auftakt in die Meisterschaft einfacher geworden.
Letsch führt aus: "Aber das Leben ist kein Wunschkonzert und der Fußball sowieso nicht. Du hast nach Niederlagen ja nur zwei Möglichkeiten. Du kannst entweder sagen: 'Alles ist schlecht und jetzt graben wir uns ein.' Oder du schüttelst es so schnell wie möglich ab und konzentrierst dich auf die kommenden Aufgaben. Es gab zwei Ziele, eins haben wir verbockt, also müssen wir alle Energien in das andere setzen."
Davon, dass das andere Ziel, nämlich die Rückeroberung der Meisterschaft, trotz momentan zehn Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Sturm noch erreicht wird, wirkt der "Bullen"-Coach nicht mehr so überzeugt wie noch vor wenigen Wochen:
"Wenn ich jetzt sagen würde, dass wir die Meisterschaft aufgeben, wäre es verheerend. Wir sind der FC Red Bull Salzburg - ich kann mich nicht hinstellen und sagen: 'Gucken wir, dass wir in die Top Drei kommen.' Ich habe drei Pflichtspiele mit der Mannschaft verloren, es hört sich jetzt komisch an, wenn wir zum Angriff auf die Meisterschaft blasen. Aber klar ist auch, wir wollen Plätze gut machen und am Schluss nach Möglichkeit oben stehen."
Bis es dazu kommen kann, gibt es noch verdammt viel zu tun, um bei den Worten Letschs zu bleiben.