"Wovor es mir ehrlich ein bisschen graust, ist, am 7. Juni, wenn zu dem Zeitpunkt alle fit sind und wir 23 Feldspieler nach Windischgarsten eingeladen haben, zu sagen: 'Ich habe keine Rose für dich'. Das wäre nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig", sagt Ralf Rangnick.
Die Zeit der Kader-Nominierung für die EURO 2024 rückt mit großen Schritten näher. Der erste ÖFB-Lehrgang im EM-Jahr hat neue Erkenntnisse gebracht, die Chancen einiger Spieler auf einen Platz im finalen Kader verbessert.
Doch wer schafft es wirklich nach Deutschland?
Fast 60 Spieler dürfen sich - zumindest kleine - Chancen ausrechnen, mit von der Partie zu sein. LAOLA1 analysiert die einzelnen Mannschaftsteile.
TOR:
Fixstarter: Alexander Schlager, Patrick Pentz
Wackelkandidaten: Tobias Lawal, Niklas Hedl
Leise Hoffnung: Cican Stankovic, Dejan Stojanovic, Daniel Bachmann
Den Kampf um die Nummer eins gibt es derzeit nicht im ÖFB-Team. Alexander Schlager ist als Stamm-Goalie bei der EM eingeplant. Daran rüttelt auch Patrick Pentz nicht ("Ich bin der Erste, der ihn supportet"). Der Bröndby-Legionär spielt eine starke Saison, steht beim Teamchef hoch im Kurs und sollte sein EM-Ticket somit gelöst haben.
Damit bliebe ein Platz für einen der beiden noch eher jüngeren Bundesliga-Vertreter Hedl oder Lawal. Ersterer hat sich zuletzt aus bekannten Gründen keinen Gefallen getan, war davor abgesehen vom November-Lehrgang jedoch immer nominiert. Zuletzt hatte allerdings Lawal die Nase vorne.
Die übrigen zuletzt auf der Abrufliste auftauchenden Goalies müssten darauf hoffen, dass gleich zwei Vertreter des in der Hackordnung vor ihnen gereihten Quartetts nicht zu EM fahren können.
ABWEHR:
Fixstarter: Stefan Posch, Philipp Lienhart, Kevin Danso, Maximilian Wöber, Phillipp Mwene
Wackelkandidaten: David Alaba, Gernot Trauner, Leopold Querfeld, Flavius Daniliuc, Samson Baidoo, Stefan Lainer
Leise Hoffnung: David Affengruber, David Schnegg, Marco Friedl, Valentino Lazaro, Jonas Auer, Christopher Trimmel, Andreas Ulmer
Die Fixstarter muss man nicht näher erklären. Genauso wenig die Hoffnung einer ganzen Fußball-Nation, dass sich Alaba doch noch zu ihnen gesellt.
Was die Backups betrifft, wird es neben der Verfügbarkeit durchaus auch auf Kader-arithmetische Überlegungen ankommen, mit welchen Spielern man mehrere Positionen abdecken kann - dies könnte etwa auch ein Argument für den erst im Mittelfeld aufgelisteten Alexander Prass sein, der auch als eine der Linksverteidiger-Alternativen fungieren könnte.
Da die gelernten Innenverteidiger Posch und Wöber bei Rangnick auch außen gefragt sind, könnte dies im Falle eines Fehlens von Alaba zwei weitere Tickets in der Abwehrzentrale bedeuten. In diesem Lehrgang gingen selbige an Querfeld und Daniliuc, mit Trauner und Baidoo können sich jedoch auch zwei rekonvaleszente Kandidaten berechtigte Hoffnungen machen, sollte ihnen rechtzeitig ein Comeback gelingen. Außen ist Rechtsverteidiger Lainer zurück im Mix.
Die übrigen genannten Spieler müssten Stand jetzt auf Ausfälle in der Riege vor ihnen hoffen. Ein interessanter Fall könnte Friedl sein. Der zuletzt verletzte Werder-Kapitän ist zurück im Mannschaftstraining. Der Linksfuß könnte sowohl innen als auch außen einen Backup-Job abdecken.
MITTELFELD:
Fixstarter: Xaver Schlager, Konrad Laimer, Nicolas Seiwald, Marcel Sabitzer, Patrick Wimmer, Florian Grillitsch, Romano Schmid
Wackelkandidaten: Alexander Prass, Marco Grüll, Matthias Seidl, Florian Kainz, Dejan Ljubicic, Muhammed Cham
Leise Hoffnung: Christoph Lang, Thierno Ballo, Thomas Murg, Kevin Stöger, Nikolas Sattlberger, Sascha Horvath
Auf keiner Position sind so viele Fixstarter zu finden wie im Mittelfeld, von denen wohl die wenigsten erklärt werden müssen. Einzig Romano Schmid kann als kleine Überraschung aufgefasst werden - der Werder-Legionär überzeugte beim abgelaufenen Lehrgang aber so sehr, dass auch sein EURO-Ticket schon als gebucht angesehen werden darf.
Auch Wackelkandidaten gibt es einige, von denen sich Alexander Prass aufgrund seiner Vielseitigkeit die mitunter größten Chancen ausrechnen darf. Auch um die Qualitäten eines Marco Grüll, der obendrein auch im Sturm auflaufen könnte, wird Rangnick wohl nur schwer herumkommen, wenngleich es davor wohl einer Aussprache zwischen dem Rapidler und dem Teamchef bedarf. Matthias Seidl war bei den letzten vier Lehrgängen jeweils dabei, blieb beim aktuellsten aber ohne Einsatz – er gilt als einer der größten Wackelkandidaten aus dem letzten Kader.
Florian Kainz und Dejan Ljubicic zählten jahrelang zu den Fixkandidaten bei der Kaderbekanntgabe, zuletzt schafften sie es aber nur auf die Abrufliste; den beiden Köln-Legionären wurde der Negativlauf ihres Klubs zum Verhängnis. Auch Muhammed Cham darf sich nach zuletzt starken Leistungen in Frankreich berechtigte Hoffnung machen. Der Dribblanski bringt einige Fähigkeiten mit, die es im aktuellen ÖFB-Kader nur selten gibt und die von Rangnick dringend gesucht werden. Gegen die Türkei bekam er einen Kurzeinsatz. Erstmals mit dabei beim ÖFB-Team war zuletzt Christoph Lang, zu einem Einsatz hat es für den Rapidler aber nicht gereicht.
Mit ähnlichen Fähigkeiten wie Cham können auch Thierno Ballo und Thomas Murg aufwarten, beide schafften es zuletzt auf die Abrufliste. Sie dürfen sich zumindest leise Hoffnungen auf eine Nominierung machen. Selbiges gilt für die zentralen Mittelfeldspieler Kevin Stöger, Nikolas Sattlberger und Sascha Horvath, die allesamt im letzten halben Jahr ebenfalls mindestens einmal auf Abruf mit dabei waren. Alle drei bringen bei ihren Klubs konstant gute Leistungen, alle drei haben aber nur realistische EURO-Chancen, wenn einer oder mehrere Spieler aus der topbesetzten ÖFB-Zentrale ausfallen würden.
ANGRIFF:
Fixstarter: Marko Arnautovic, Christoph Baumgartner, Michael Gregoritsch
Wackelkandidaten: Andreas Weimann, Maximilian Entrup, Manprit Sarkaria
Leise Hoffnung: Junior Adamu, Ercan Kara, Robert Zulj, Guido Burgstaller, Benedikt Pichler, Adrian Grbic, Mathias Honsak
Christoph Baumgartner und Michael Gregoritsch haben sich zuletzt als Sturm-Duo etabliert, auch Marko Arnautovic ist fix dabei, sofern er fit ist.
Über alle Personalien darüber hinaus kann und muss diskutiert werden. Andreas Weimann hat bei seiner Kader-Rückkehr nicht nur im Camp in Marbella überzeugt, sondern auch mit einem Treffer gegen die Slowakei. Der England-Legionär bringt ein weiteres dickes Plus mit: Er ist universell einsetzbar, kann zur Not auch als Schienenspieler spielen und im Mittelfeld fast überall.
Maximilian Entrup und Manprit Sarkaria, der erst rechtzeitig wieder fit werden muss, sind am nächsten dran. Doch es stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviele Stürmer Ralf Rangnick mit zur EM nimmt. Immerhin hat er im Mittelfeld, etwa Marco Grüll, durchaus Spieler im Visier, die auch an vorderster Front eingesetzt werden können.
Nichtsdestoweniger scheint es so, als ob sich noch jede Menge Angreifer zumindest Außenseiter-Chancen ausrechnen dürfen, in letzter Minute auf den ÖFB-Zug in Richtung Deutschland aufzuspringen. Auf kaum einer Position ist die aktuelle Form wichtiger als im Sturm. Sollte sich ein Angreifer in den kommenden Wochen als überaus treffsicher erweisen, stehen seine Chancen gar nicht mal so schlecht. Und da gibt es etliche Kandidaten, von Junior Adamu über Ercan Kara bis Benedikt Pichler, um nur einige zu nennen.