Die ÖFB-Ära nach Christian Fuchs hat begonnen.
Am Mittwoch gab der 30-Jährige doch etwas überraschend seinen Rücktritt als Nationalteamspieler bekannt. Nach 78 Länderspielen (ein Tor) und zwei EURO-Endrunden nahm der Niederösterreicher via "facebook" (Video siehe unten) seinen rot-weiß-roten Hut.
Noch bei der letzten ÖFB-Pressekonferenz in Mallemort saß Marcel Koller neben Fuchs und sprach relativ unaufgefordert von möglichen Rücktritten. Da kamen einem aber eher andere in den Sinn. Fuchs dachte sich wohl schon seinen Teil, denn aus dem Nichts kam dieser Rücktritt nicht. Damals gab er sich noch verschwiegen.
Nun ist es Gewissheit und es stellen sich nach dem Absprung des Kapitäns natürlich Fragen, LAOLA1 geht ihnen auf den Grund.
Dreierkette über Fuchs-Nachfolger:
- Warum trat Christian Fuchs zurück?
Der Leicester-Profi nannte bislang keinen Grund für den Rücktritt. Dafür ÖFB-Präsident Leo Windtner: "Christian hat mich gestern Abend persönlich über seinen Rücktritt vom Nationalteam informiert und mir dabei versichert, dass ausschließlich familiäre Gründe dafür ausschlaggebend sind." Es kam zwar für viele überraschend, aber wer länger darüber nachdenkt, kommt zu dem Schluss: Es macht Sinn. Fuchs ist 30 Jahre alt, hat zehn Jahre im Team gespielt und lief zwei Mal bei einer Endrunde auf. Welcher Österreicher kann das schon von sich behaupten? Natürlich hatte eine mögliche WM-Teilnahme einen enormen Reiz, doch Russland ist einfach noch zu weit weg. Zumal sich das ÖFB-Team auch erst einmal dafür qualifizieren muss. Doch der entscheidende Faktor ist eben das Umfeld: Seine Familie lebt in den USA. Die kostbare Zeit in den Länderspielpausen will Fuchs verständlicherweise mit ihr verbringen, zudem stellt sich die Frage, wie lange er noch in England bleibt. Der Linksfuß, der NFL-Hoffnungen hegt, ist mit Leicester City Meister geworden. Mehr geht nicht. Vielleicht bricht er früher als später die Zelte ab und macht den "Brexit". Als Unternehmer ("Fox Soccer Academy" bzw. "No Fuchs given") hat Fuchs auch schon erste Schritte gesetzt. Spätestens in zwei Jahren, wenn sein gut dotierter Vertrag bei Leicester City endet, zieht Fuchs in die USA.
- Wer folgt Christian Fuchs als Linksverteidiger?
Im Nationalteam hinterlässt Fuchs eine große Lücke. Auf der Außenverteidiger-Position ist er der einzige mit wirklich internationalem Format. Auf der rechten Seite hat sich Marcel Koller offenbar schon Gedanken gemacht, Valentino Lazaro als Nachfolger von Florian Klein heranzuführen. Links ist das Rennen aktuell völlig offen: Markus Suttner wäre der logische Nachfolger, gehörte aber vergangene Saison in Ingolstadt nicht immer zum Stamm - das war allerdings auch einem Mittelfußbruch geschuldet. Und dann? Andreas Ulmer stand zwar auf Abruf, doch unter Koller bekam er trotz jahrelangem Stammspieler-Status beim Liga-Krösus aus Salzburg nie wirklich eine Chance über einen längeren Zeitraum. Nun ist der Oberösterreicher auch schon 30. Dahinter tun sich jüngere Optionen auf: Stefan Stangl (24) hat eine starke Rapid-Saison hingelegt, Austrias Christoph Martschinko (22) ist im U21-Team gesetzt. Ylli Sallahi (22) spielt als Legionär beim deutschen Zweitligisten Karlsruhe in der Regel Linksverteidiger. Mit David Alaba hätte Koller eigentlich den wohl besten Linksverteidiger der Welt zur Verfügung, doch der spielt im Team im Mittelfeld. Es ist nicht davon auszugehen, dass das trotz einer schwachen EURO anders sein wird.
- Wer folgt Christian Fuchs als Kapitän?
Erstmals seit langer Zeit stellt sich im Nationalteam wieder die K-Frage. Christian Fuchs wurde von Koller im August 2012 offiziell zum Captain ernannt, schon davor hatte er einige Male den damals etatmäßigen Kapitän Marc Janko vertreten. Vier Jahre später muss sich der Schweizer einen neuen Spielführer suchen. Ersatz Janko (33) könnte übernehmen, aber sein Rücktritt ist ebenso noch möglich. Sollte Koller eine Lösung für mehrere Jahre suchen, wäre Janko kein Kandidat mehr. Dahingehend wäre David Alaba, der gerade 24 Jahre geworden ist, prädestiniert. Als herausragender Spieler dieses Teams wäre die Rolle leistungstechnisch (lassen wir die EURO mal außen vor) aufgelegt, doch die Öffentlichkeitsarbeit ist wiederum nicht sein Ding. Und ob Koller seinem Aushängeschild den Druck der Schleife auferlegen will, darf ebenso bezweifelt werden. Somit ergeben sich auch andere Kandidaten, allen voran Julian Baumgartlinger (28), der auch während der EURO zeigte, leistungstechnisch und rhetorisch diesem Amt zu entsprechen. Weitere Namen, die kursieren: Robert Almer (32), Aleksandar Dragovic (25), Martin Harnik (29) oder Zlatko Junuzovic (28).
- Wer tritt noch zurück?
Fuchs wird wohl nicht der letzte Spieler sein, der nach dieser EURO die Nationalteam-Schuhe an den Nagel hängt. Marc Janko (33) hat sich vor dem Turnier die Entscheidung offen gelassen, diese gilt es abzuwarten. György Garics (32) wäre auch in einem Alter, wo eine Entscheidung zugunsten der ÖFB-Pension nicht überraschend käme. Bei Robert Almer (32) gibt es derzeit keine Anzeichen, der Nationalteam-Spätstarter dürfte die Zeit in Rot-weiß-rot auch noch länger auskosten. Andere wiederum könnten nicht mehr zur Verfügung stehen: etwa Christoph Leitgeb bei einer erfolgreichen Rückkehr auf den Platz. Oder auch Andreas Ulmer, sollte er die letzten Jahre die Lust verloren haben.
So beendet Christian Fuchs seine Team-Karriere: