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"Für mich war es wichtig, die Bayern zu verlassen"

Alessandro Schöpf startet in Schalke durch. Basis ist jedoch die Zeit in München:

Eloquent, aber nicht vorlaut. Ruhig, aber trotzdem selbstbewusst.

Alessandro Schöpf stellte sich am Mittwoch seinem ersten Medientermin als A-Nationalspieler und bewies, dass er auch abseits des Spielfelds den (verbalen) Doppelpass beherrscht.

Das Timing des Tirolers, sich den Kindheitstraum vom ÖFB-Team zu erfüllen, könnte schlechter sein. Im letzten Camp vor der EURO-Vorbereitung bietet sich schließlich die Chance, Eindruck bei Teamchef Marcel Koller zu schinden und noch auf den EM-Zug aufzuspringen.

Gedanken, die Schöpf - so gut es geht - beiseiteschiebt, wie er versichert: „Daran denke ich momentan überhaupt nicht. Ich konzentriere mich voll und ganz auf den Lehrgang und die zwei Spiele. Wir haben dann noch einige Partien bei Schalke, da gilt es auch Gas zu geben und die Leistung abzurufen. Was dann im Sommer rauskommt, wird man eh sehen.“

„Schalke ist wirklich ein sehr chaotischer Verein“

Nervös sei er bei seinen ersten Gehversuchen im A-Team jedenfalls nicht gewesen. „Ich habe es mir genau so vorgestellt, wie es ist – wirklich eine sehr harmonische und vom Charakter her sehr gute Mannschaft. Ich bin gut aufgenommen worden. Man sieht, dass im Training eine sehr hohe Qualität von den Einzelspielern her da ist.“

Persönlich bekannt waren ihm seine früheren Vereinskollegen David Alaba (Bayern) und Guido Burgstaller (Nürnberg), der eine oder andere Legionär ist ihm in Duellen in Deutschland über den Weg gelaufen, das Zimmer teilt er mit Stefan Ilsanker. Ansonsten befindet sich der 22-Jährige mitten in der Kennenlernphase.

Kennengelernt hat eine breitere Fußball-Öffentlichkeit in Österreich Schöpf spätestens nach seinem Wechsel im Winter von Zweitligist Nürnberg zu Champions-League-Aspirant Schalke 04, wo er auf Anhieb einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen konnte.


In Gelsenkirchen ist Schöpf in einer anderen Fußball-Welt gelandet: „Es ist wirklich ein sehr chaotischer Verein, weil von den Medien von außen sehr viel Druck gemacht wird, vieles schlimmer interpretiert wird, als es in Wahrheit ist. Aber momentan sind wir als Vierter auf einem guten Weg, den CL-Qualifikationsplatz gilt es beizubehalten.“

Weil Schalke einfach ein größerer Verein als Nürnberg ist, sei auch die Erwartungshaltung eine ganz andere: „Dadurch ist auch der Druck viel höher, das ist eh logisch. Wir Spieler versuchen natürlich immer, unser Bestes abzurufen und erfolgreich Fußball zu spielen.“

Keine Perspektive bei Bayern München

Je zwei Tore und zwei Assists hat der Mittelfeldspieler nach seinen ersten acht Einsätzen in der deutschen Bundesliga vorzuweisen. Basis für seinen aktuellen Erfolg war die Ausbildung beim FC Bayern, dem er sich im Alter von 15 Jahren anschloss.

Mangels Perspektive bei den Profis des Weltvereins traf er im Sommer 2014 dennoch den notwendigen Entschluss, München in Richtung Nürnberg zu verlassen.

Immer wenn bei Bayern einer ausfällt, spielt nicht ein Junger, sondern es kommt der nächste große Star rein. Deswegen war für mich auch relativ schnell klar, dass ich wechseln muss

Alessandro Schöpf

„Für mich war es wirklich sehr wichtig, weil ich zwei Jahre in der vierten Liga bei den Bayern Amateuren gespielt habe. Dass die Bayern eine Riesen-Qualität in ihrem Kader haben, ist eh jedem bekannt. Deswegen war es wichtig, dass ich höherklassig spiele. Das war dann in Nürnberg perfekt.“

Eine richtige Perspektive beim FCB hat sich angesichts der Ansammlung an Weltstars nicht geboten: „Immer wenn einer ausfällt, spielt nicht ein Junger, sondern es kommt der nächste große Star rein. Deswegen war für mich auch relativ schnell klar, dass ich wechseln muss.“

„Auf der Sechser-Position habe ich relativ wenig Erfahrung“

Schon in Nürnberg („Ich hoffe natürlich, dass sie aufsteigen“) konnte er seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen, die er nun auch im Kampf um einen ÖFB-Kaderplatz als Trumpf ausspielen konnte.

Wo er sich selbst aufstellen würde, wenn er Trainer wäre? „Am liebsten spiele ich hinter den Spitzen auf der Zehner-Position, aber was das Mittelffeld anbelangt, bin ich sehr flexibel.“

Auf Schalke und in Nürnberg kam er zuletzt meist auf der rechten Außenbahn zum Zug, Koller plant ihn hauptsächlich im Zentrum ein.

„Auf der Sechser-Position habe ich eigentlich relativ wenig Erfahrung. Aber in Nürnberg habe ich unter Valerien Ismael auch schon das eine oder andere Mal im 4-4-2-System zentral agiert. Das ist schon wieder einige Zeit her, aber ich habe es auch schon gespielt“, betont Schöpf.

Die Umstellung von einer Position auf die andere sei zwar nicht einfach. „Aber dafür trainiert man ja auch“, meint er trocken und verweist auf die Vorteile, die seine Flexibilität mit sich bringen: „Im Fußball ist es heutzutage sehr wichtig, dass man mehrere Positionen spielen kann. Das macht es für einen selbst auch einfacher, da du dem Trainer natürlich mehr Auswahl anbietest.“

„Man kann seinen Weg auch über Österreich machen“

Vergleiche seiner Spielweise mit jener von Zlatko Junuzovic lässt er nach einigem Zögern gelten. Im Vergleich zur ÖFB-Fixgröße von Werder Bremen gilt es aber tendenziell noch einiges an Erfahrung zu sammeln und auch das eine oder andere Defizit auszumerzen.

„Im Spiel gegen den Ball muss ich noch mehr investieren und oft auch aggressiver in Zweikämpfe gehen. Das Kopfballspiel ist sicher auch noch ausbaufähig“, nennt Schöpf die Bereiche mit dem größten Verbesserungsbedarf.

Der Tiroler hofft nun, in den beiden Testspielen gegen Albanien und die Türkei „so viele Spielminuten wie möglich“ zu bekommen. Gelingt es ihm, sich im rot-weiß-roten Kader zu etablieren, wäre er der Nächste aus der Riege jener Spieler, die sich nie dem Publikum in der österreichischen Bundesliga präsentiert, sondern früh den Weg ins Ausland gewählt und sich dort durchgesetzt haben.

Einen Trend will Schöpf diesbezüglich jedoch nicht erkennen: „Ich denke, dass man seinen Weg auch sehr gut über die österreichische Bundesliga machen kann. Das haben auch viele so gemacht, dass sie erst später ins Ausland gegangen sind. Aber für mich persönlich war es ein sehr guter Weg, dass ich die Bayern-Schule hatte und danach in Nürnberg viel gespielt habe.“


Peter Altmann

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