"Das sind wir", jubelt Marko Arnautovic nach dem 2:0-Sieg Österreichs im Testspiel gegen Italien, "wenn wir so weiterarbeiten, können wir noch Großes erreichen."
Österreich war gegen den regierenden Europameister "eklig". Das ist jedenfalls der Begriff, den Christoph Baumgartner immer wieder in den Mund nahm.
"Gegen so eine Truppe musst du auch extrem eklig spielen", unterstreicht der Hoffenheim-Legionär. Eine Herangehensweise, die ihre Wirkung nicht verfehlt hat.
Diverse ÖFB-Kicker berichten, dass die Italiener am Feld schon ziemlich angezipft gewirkt hätten.
"Vor allem Verratti war die ganze Zeit beim Schiedsrichter. Sie haben sich beklagt, dass wir so hart spielen. Aber genau das wollten wir, denn wir wissen natürlich, dass sie unglaubliche fußballerische Qualität haben. Da muss man auch kämpferisch dagegenhalten", verdeutlicht Nicolas Seiwald.
Marco Verratti. Der PSG-Star wird unabhängig voneinander von einigen Österreichern als Beispiel für das Leid der Squadra Azzurra erwähnt.
Kein Freifahrtschein für Verratti
"Der hat sich viel beim Schiri aufgeregt. Scheinbar ist er es aus Frankreich gewohnt, dass er nicht so oft berührt wird", vermutet Xaver Schlager schelmisch und meint weiter:
"Er ist ein überragender Fußballer, der oftmals unterschätzt wird, und den ich mir sehr gerne beim Fußballspielen anschaue, aber einen Freifahrtschein hat er nicht. Ich probiere mit allen möglichen Mitteln dagegen zu halten - manchmal gelingt es mir, manchmal nicht."
Gerade bei seinem Treffer zum 1:0 gelang es Schlager spielvorentscheidend, schließlich knöpfte er Verratti den Ball ab und leitete die Führung somit selbst ein.
"Kein Fußballer der Welt mag es, unter Druck gesetzt und hart attackiert zu werden. Das haben wir gut gemacht", so der Leipzig-Legionär.
Vielleicht auch einmal ein Reiberl
Auch Baumgartner nennt exemplarisch Verratti für die gelungene ÖFB-Herangehensweise.
"Marco Verratti ist ein Weltklassespieler, aber er reizt das natürlich auch aus, bleibt lange am Ball. Wenn du da giftig und eklig bist, kannst du so einem schon auch mal die Lust am Spiel nehmen. Das ist uns sensationell gelungen - gerade im Mittelfeld mit Xaver und Nici", erklärt der 23-Jährige.
"Und dann hat man auch gemerkt, dass die Italiener vielleicht nicht so damit gerechnet haben, dass wir am Ende des Jahres noch mal so was raushauen."
Auch der Niederösterreicher hat italienischen Frust geortet: "Natürlich merkst du das. Wenn sie vielleicht auch, wenn der Ball weg ist, ein kleines Reiberl kriegen, wenn man in jeder Situation versucht, einen Fuß reinzukriegen. Das ist eklig. Keine Mannschaft mag das, wenn du das Team bist, von dem man erwartet, dass es das Spiel macht, und dann triffst du auf einen Gegner, der extrem giftig ist und dich immer nervt."
Das sein gelungen: "Und dann hat man auch gemerkt, dass die Italiener vielleicht nicht so damit gerechnet haben, dass wir am Ende des Jahres noch mal so was raushauen."
Kritik, bitte!
Die ÖFB-Kicker waren jedenfalls fest entschlossen, zum Abschluss des Länderspiel-Jahres noch einmal so was rauszuhauen.
Ergebnisse und Leistungen passten zuletzt mitunter nicht zusammen. Zudem dämpfte der sehr späte 1:0-Sieg gegen Andorra eher die Stimmung, als dass er sie befeuert hätte.
"Jetzt bitte Kritik - kommt, kommt, kommt, jetzt will ich etwas von euch hören", eröffnete Arnautovic entsprechend nach dem Schlusspfiff breit grinsend sein Gespräch mit den Medienvertretern.
Das war natürlich ein Scherz, aber das Körnchen Wahrheit lässt sich womöglich auch nicht verleugnen.
Ein Beweis für Österreich
Denn Rot-Weiß-Rot bestritt das Match gegen Italien nicht umsonst so energiegeladen.
"Wir wollten uns selbst und natürlich auch ganz Österreich beweisen, dass wir gegen solche Nationen mithalten können, nachdem wir in der Nations League gezeigt haben, dass wir den Großen richtig Probleme bereiten können", unterstreicht Philipp Lienhart.
Der große Unterschied ist logischerweise, dass diesmal auch das Ergebnis gestimmt hat.
"In der Vergangenheit haben wir immer wieder gezeigt, dass das Potenzial in uns steckt, solche Spiele abzuliefern, aber wir haben es irgendwo liegen gelassen", erinnert David Alaba.
Nicht weit von Top-Nationen entfernt
Letztlich möchte der ÖFB-Kapitän diesen Testspiel-Sieg "nicht überbewerten". Genauso bremst Arnautovic nach den bislang sieben Duellen gegen Top-Gegner in der Teamchef-Ära von Ralf Rangnick:
"Das waren harte Brocken und wir haben teilwiese gute Spiele gemacht. Trotzdem denke ich, dass wir noch nicht auf diesem Niveau wie Frankreich, Kroatien oder auch Italien sind. Aber wir sind nicht weit davon entfernt, dort wollen wir hinkommen."
Dieser Sieg ist jedenfalls ein versöhnlicher Abschluss eines Länderspiel-Jahres, das mit dem Verpassen der WM mit einem gewaltigen Tiefschlag begonnen hat.
Ein Zeichen an die Fans
"Grundsätzlich wären wir jetzt lieber in Katar, das steht definitiv fest. Daher kann man auch nicht sagen, das alles gut ist", resümiert Baumgartner das Jahr 2022, blickt jedoch zuversichtlich in Richtung 2023:
"Ich glaube, dass dieser Abschluss ein wirklich richtungsweisendes Spiel für die Zukunft war und auch für die Fans in Österreich ein Zeichen war."
Die Chance, 2023 die Anhänger in der EM-Qualifikation im Boot zu haben, ist definitiv gestiegen.