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Dragovic: "Ich möchte in England bleiben"

Warum er sich nichts vorwerfen kann und im ÖFB-Team jeder hin ist.

Dragovic: Foto: © getty

Bis jetzt hat sich das leihweise Engagement bei Leicester City für Aleksandar Dragovic noch nicht wie erhofft bezahlt gemacht.

Auf sein Debüt in der Premier League wartet der Innenverteidiger noch, bislang durfte er lediglich zwei Mal im Liga-Cup ran, sowohl gegen Liverpool als auch gegen Leeds gelangen dabei Siege.

Dennoch macht dem Wiener die Arbeit auf der Insel spürbar mehr Spaß als zuletzt bei Bayer Leverkusen.

"Ich schaue jeden Tag in den Spiegel und kann mir eigentlich nichts vorwerfen. Ich habe im Cup meine Leistung gebracht. Das Wichtigste ist jedoch, dass ich mich diese Saison wieder sehr gut fühle und wieder mehr Selbstvertrauen habe, das ich letzte Saison in Leverkusen vielleicht ein bisschen verloren habe. Auch wenn ich in den letzten Wochen nicht viel gespielt habe, geht es mit den Leistungen wieder bergauf."


Fuchs als wichtige Stütze

Eine Stütze in dieser schwierigen Karriere-Phase ist für Dragovic sein langjähriger Nationalteam-Kollege Christian Fuchs, der in Leicester ebenfalls Startschwierigkeiten hatte, bevor er seine Debüt-Saison als unumstrittener Leistungsträger mit dem Meister-Wunder krönte:

"Bei Fuchs war es fast das Gleiche. Er war nach seinem Wechsel zu Leicester auch sechs oder sieben Spiele nicht im Kader. Er hat gesagt, ich soll einfach ruhig bleiben und weiter trainieren, dann wird meine Chance schon kommen."

Aleksandar Dragovic

"Ich habe lange mit 'Fuchsi' gesprochen, denn natürlich war es frustrierend, als ich fünf Wochen nicht einmal im Kader war, obwohl mich nach dem Cup-Spiel jeder gelobt hat. Er hat gemeint, bei ihm war es fast das Gleiche. Er war nach seinem Wechsel zu Leicester auch sechs oder sieben Spiele nicht im Kader. Er hat gesagt, ich soll einfach ruhig bleiben und weiter trainieren, dann wird meine Chance schon kommen."

Als kleinen Fortschritt kann man werten, dass der 26-Jährige seit dem Amtsantritt von Trainer Claude Puel zumindest wieder regelmäßig auf der Bank sitzt, während er unter dessen Vorgänger Craig Shakespeare zumeist mit einem Platz auf der Tribüne vorlieb nehmen musste.

Allzu intensiv ist der Kontakt zu Puel jedoch noch nicht. "Viel hat er noch nicht mit mir gesprochen", schmunzelt Dragovic, erklärt jedoch: "Er hatte auch noch nicht viel Zeit. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt hatten wir gleich ein Spiel. Er ist ein typischer Franzose, sehr fokussiert auf Taktik."

Längerfristige Zukunft in England

Die Konkurrenz in der Abwehrzentrale bleibt auch unter dem Neo-Coach die gleiche. Der ÖFB-Kicker erinnert daran, dass er es mit Kapitän Wes Morgan sowie mit Harry Maguire, der unlängst sein Debüt im englischen Nationalteam gefeiert hat, zu tun hat.

"Das darf man nicht vergessen, so leicht ist das nicht. Aber ich kenne meine Stärken und möchte sie dem Trainer auch zeigen", ist Dragovic fest entschlossen, diesen Konkurrenzkampf für sich zu entscheiden.

Denn generell hat der Wiener Gefallen am englischen Fußball gefunden. Da seine Zukunft nach Leihende im kommenden Sommer offen ist, hat er sich vorerst keine fixe Bleibe in Leicester gesucht, sondern wohnt in einem Hotel.

Der Plan ist trotz des holprigen Starts dennoch, längerfristig auf der Insel Fuß zu fassen: "Ich möchte in England bleiben. Das ist mein Ziel, denn mir gefällt es richtig gut und ich bin zuversichtlich, dass ich auch zu meinen Einsatzminuten kommen werde."

Sieben Trainer in einem Jahr

Im Nationalteam musste sich Dragovic in den vergangenen Jahren um seine Einsatzminuten nur wenig Sorgen machen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dies auch unter Neo-Teamchef Franco Foda so sein wird - noch dazu, da mit Sebastian Prödl und Martin Hinteregger die beiden größten Konkurrenten der jüngeren Vergangenheit beim Camp in Marbella verletzungsbedingt fehlen.

Kurios ist für den 60-fachen Teamspieler, dass Foda bereits sein siebter Trainer binnen eines Jahres ist. Roger Schmidt, Tayfun Korkut und Heiko Herrlich betreuten ihn in Leverkusen, Shakespeare und Puel in Leicester, nach Marcel Koller nun Foda beim ÖFB-Team. Streng genommen kommt mit Leicesters Interimstrainer Michael Appleton noch ein achter hinzu.

"Vielleicht stinke ich", nimmt es Dragovic mit Humor, dass ihm zurzeit kaum ein Trainer allzu lange erhalten bleibt. Auch bei Foda muss er sich nun auf eine neue Herangehensweise einstellen: "Jeder Trainer versteht Fußball anders. Wie der neue Teamchef über Fußball denkt, ist wieder ganz anders als bei Marcel Koller."

"Wenn man um 22 Uhr ins Hotel geht, sieht man keinen mehr, weil jeder im Bett liegt. Jeder ist hin! Das zeigt, dass jeder alles gegeben und sich ausgepowert hat."

Wie genau Österreich in Zukunft auftreten wird, kann der Abwehrspieler noch nicht abschätzen. Die erste Tendenz: "Wir werden sicher nicht so ein arges Pressing veranstalten wie vielleicht unter Marcel Koller, sondern aus einer geordneten Defensive spielen."

Die Intensität der ersten Tage unter dem neuen Übungsleiter begeistert Dragovic: "Jeder trainiert überragend. Wenn wir so mitziehen wie in den letzten vier Tagen, werden wir auch mit dem neuen Teamchef Erfolg haben. Wenn man um 22 Uhr ins Hotel geht, sieht man keinen mehr, weil jeder im Bett liegt. Jeder ist hin! Das zeigt, dass jeder alles gegeben und sich ausgepowert hat."

Neben Marko Arnautovic (66) und Julian Baumgartlinger (58) zählt der Verteidiger mit seinen 60 Länderspielen zu den mit Abstand routiniertesten Teamspielern im aktuellen Kader.

Dass er versucht, den Jungen zu helfen, versteht sich von selbst. Verantwortung müsse jedoch jeder übernehmen: "Wir müssen uns gemeinsam am Platz die Meinung sagen. Auch wenn Kevin Danso mit seinen 19 Jahren jemanden anschreit, gehört das dazu, da braucht er keine Angst zu haben. Wir müssen als Mannschaft harmonieren. Eine Person alleine wird nie einen Krieg gewinnen."

Verstärkter Konkurrenzkampf

Die Länderspiel-Routine ist fraglos ein großer Trumpf von Dragovic. Angesichts der nachrückenden Jungstars wie Danso, Maximilian Wöber oder Philipp Lienhart auf seiner Position ist ihm jedoch bewusst, dass verstärkter Konkurrenzkampf droht. Die große Menge an potenziellen Nationalteam-Innenverteidigern hält er jedoch für Zufall:

"Warum gibt es in der Ukraine vier Mal mehr Frauen als Männer? Es ist eben so, dass gerade die Zeit für viele Innenverteidiger ist. Warum, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass sich keiner auch nur eine Sekunde ausruhen darf. Wenn man nicht seine Leistung bringt, findet man sich auf der Tribüne wieder. So einfach ist es im Fußball."



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