Goldtor gegen Russland, vielumjubelter Siegtorschütze gegen Deutschland: Alessandro Schöpf war einer der Hauptdarsteller der Siegesserie zu Beginn der Teamchef-Ära von Franco Foda.
Einige Monate später steht auch der Schalke-Legionär sinnbildlich für das Auf und Ab im Nationalteam. Zumindest gibt er offen zu, dass er im ÖFB-Dress derzeit ein wenig seinen Flow verloren hat:
"Ja, ich glaube, das kann man so sagen. Ich spiele meistens auch nur so gut wie die Mannschaft. Im Frühjahr und im Sommer haben wir das wirklich gut gemacht, haben super Partien gespielt. Da bin ich sozusagen mit der Manschaft mitraufgegangen. Momentan sind wir, was die Offensivaktionen angeht, ein bisschen gehemmt. Es wirkt alles irgendwie nicht so eingespielt. Wir bemühen uns, aber die spielerische Qualität nach vorne fehlt uns ein bisschen. Deswegen bleibe ich natürlich auch ab und zu mal ein bisschen auf der Strecke."
Schöpf: "Auch von mir zu wenig"
Dass das Offensivspiel des ÖFB-Teams nicht eingespielt wirkt, könnte den simplen Grund haben, dass es schlichtweg nicht eingespielt ist.
Schöpf etwa musste beim 0:0 gegen Bosnien-Herzegowina am linken Flügel in einer Rolle ran, die er so im Nationalteam noch nicht ausgefüllt hat.
"Links offensiv ist natürlich ein wenig ungewohnt, beim Verein spiele ich momentan ein bisschen defensiver. Nach vorne hin hat die Durchschlagskraft gefehlt. Wir haben uns zwar die eine oder andere Torchance erarbeitet, die jedoch nicht genutzt. Im Großen und Ganzen war es von mir auch ein bisschen wenig, was die Offensivaktionen angeht", muss Schöpf selbstkritisch zugeben.
Kaum Rochaden mit Kainz
Ob im Zentrum oder auf der Seite, der Allrounder hat auch im ÖFB-Dress schon auf diversen Positionen gespielt. Diesmal überraschte, dass der gelernte Flügelflitzer Florian Kainz meist in der Mitte agierte, während Schöpf mehrheitlich auf der Seite blieb. Ursprünglich waren mehr Rochaden vorgesehen:
"Das war eigentlich der Plan des Trainers. Aber ich war dann mehr links am Flügel, 'Kainzi' war eher zentral, und es hat sich nie so richtig ergeben, dass wir rochieren."
"Im Frühjahr und Sommer haben wir eigentlich bis auf Brasilien gegen jeden Gegner Tore gemacht, also weiß ich natürlich, dass wir Tore machen können. Wir haben gute Spieler in der Offensive, ganz egal wer spielt. Wir müssen einfach mehr an unsere Stärken glauben."
Während sich das Duo in dieser Partie spürbar schwer tat, war es auch für die Mitspieler nicht einfach, die beiden ungeprobt in Szene zu setzen. Kapitän Julian Baumgartlinger verdeutlichte das in seiner Analyse der aktuellen ÖFB-Probleme wiefolgt:
"'Schöpfi' hatte die Aufgabe, immer wieder ins Zentrum zu kommen. Das ist zwar flexibel, aber wir sollten auch hundertprozentig wissen, wann er in die Mitte kommt und wann er breit bleibt. 'Kainzi' ist ein ähnlicher Fall: Wann bleibt er auf der Zehn? Wann bleibt er vorne tief, um die Ketten zu binden? Das sind alles Sachen, die erst über mehrere Pflichtspiele besser funktionieren können."
Im Herbst riss der Faden - bei Schöpf und beim Team
In einer besonders kurzen Nationalteam-Woche wie dieser sind diese Abläufe auch schwierig einzustudieren. "Vielleicht können diese Automatismen auch nicht so da sein, wenn wir uns am Montag treffen und am Donnerstag spielen. Das ist natürlich schwierig, darf aber keine Ausrede sein", findet Schöpf, "offensiv haben wir jedoch die letzte Kreativität, den letzten Pass und den Abschluss vermissen lassen. Das müssen wir uns ankreiden lassen. Deswegen haben wir das Spiel auch nicht gewonnen."
Dass ein Unterschied zwischen Test- und Pflichtspielen besteht, liegt auf der Hand. Im ÖFB-Team scheint dieser derzeit jedoch ein gravierender zu sein. Im Frühjahr ging vieles relativ leicht von der Hand, auch für Schöpf.
Die Nations League ist für den 24-Jährigen in persönlicher Hinsicht jedoch nicht nach Wunsch gelaufen. Nach einem blassen Auftritt in der Generalprobe gegen Schweden schmorte er beim Gastspiel in Bosnien 90 Minuten lang auf der Bank und bekam im Heimspiel gegen Nordirland nur einen Kurzeinsatz. Aber auch bei der Mannschaft riss der Faden. Nach drei Pflichtspielen unter Foda steht gerade einmal ein erzieltes Tor zu Buche.
"Im Frühjahr und Sommer haben wir eigentlich bis auf Brasilien gegen jeden Gegner Tore gemacht, also weiß ich natürlich, dass wir Tore machen können. Wir haben gute Spieler in der Offensive, ganz egal wer spielt. Wir müssen einfach mehr an unsere Stärken glauben", fordert Schöpf.
Flexibilität keine Ausrede
Aufgrund seiner Vielseitigkeit ist der Tiroler prädestiniert für die von Foda forcierte Flexibilität. Sich von Partie zu Partie auf ein neues System einstellen zu müssen, dient seiner Meinung nach nicht als ideale Begründung, warum es derzeit ein wenig schleppend läuft:
"Natürlich ist es nicht einfach, wenn man eine kurze Vorbereitungszeit hat. Aber das darf trotzdem keine Ausrede sein. Es ist ganz egal, welches System wir spielen. Gegen Bosnien haben wir vielleicht auch die Zweikämpfe nicht so bestritten, wie wir das eigentlich wollten, sind da nicht so reingekommen. Gerade in der ersten Halbzeit haben wir den Gegner zu viel spielen lassen, waren wir zu passiv."
Nordirland ist nun quasi der erste - und gleichzeitig letzte - "Test" für die EM-Qualifikation. "Wir fahren dorthin, um das Spiel zu gewinnen", betont Schöpf.
Vielleicht gelingt ja auch ihm in Belfast die persönliche Trendwende im ÖFB-Dress, sollte er zum Einsatz kommen. Dass sein Pfeil im Nationalteam nach oben gehen kann, hat er ohnehin schon bewiesen.