Vor einem Teamchef-Debüt ist das Rätselraten in punkto Aufstellung mangels vorheriger Anhaltspunkte traditionell groß.
Die Ankündigung von Ralf Rangnick, bei diesem Lehrgang mit vier Nations-League-Spielen in jeder Partie eine möglichst frische Startelf nominieren zu wollen, erhöht zumindest die Wahrscheinlichkeit, dass bei seinem Einstand in Kroatien (20:45 Uhr im LIVE-Ticker) die eine oder andere vermeintliche Stammkraft geschont wird – CL-Triumphator David Alaba fehlt jedenfalls.
Den Umstand der Qual der Wahl genießt der Deutsche spürbar ungefähr so sehr wie die Intensität des Camps in Bad Tatzmannsdorf, bei dem "richtig Feuer drin" gewesen sei.
"Wir haben einen richtigen Konkurrenzkampf mit echten Alternativen im Tor, in der Abwehr, im Mittelfeld und im Sturm", freut sich der 63-Jährige.
Dass in der Frühphase seiner Ära noch alle ÖFB-Kicker auf reichlich Einsatzzeit hoffen und die Positionen in der Hackordnung noch nicht bezogen sind, soll bei diesem Lehrgang besonders zum Tragen kommen. Schließlich ist angedacht, dass jedes Kadermitglied in zumindest einer Partie am Feld stehen soll.
Folglich ist der Plan, dass auch jeder der drei Goalies ein Match bekommt. Im Tor ist der Kampf um Spielzeit besonders weit offen, wie die LAOLA1-Analyse der einzelnen Positionen zeigt.
TOR:
Österreich sucht wieder einmal eine Nummer eins – die Kandidaten diesmal sind Martin Fraisl, Heinz Lindner und Patrick Pentz.
Am meisten zu verlieren hat tendenziell Lindner, der 30 Länderspiele im Lebenslauf stehen hat und schon einmal die Nummer eins war, während Fraisl seinem Debüt entgegenfiebert und Pentz von Ex-Teamchef Franco Foda Ende März noch einige Minuten geschenkt bekam.
Alle drei eint kurioserweise die offene Vereins-Zukunft. Fraisl und Pentz sind auf Klub-Suche. Lindner möglicherweise bald auch, nachdem er in Basel trotz guter Saison Marwin Hitz vor die Nase gesetzt bekommen hat.
Rangnick hat das Rennen um den Stammplatz im Tor, das der bisherige Einser-Goalie Daniel Bachmann mangels Spielpraxis in Watford vorerst aus der Ferne verfolgen muss, jedenfalls eröffnet. Möglicherweise wird es auch auf dem Transfermarkt durch geschickte Vereins-Wahl entschieden.
Doch speziell in den Spielen gilt es laut Teamchef Plus-Punkte zu sammeln: "Alle Torhüter sollen Einsatzzeit bekommen. Dann wird man sehen, wie sie es machen. Die Eindrücke im Training sind das eine, aber dann kommt es darauf an, wie es die Torhüter im Wettbewerb machen."
Gut möglich ist, dass eine neue Nummer eins erst mit dem Start in die EM-Qualifikation feststehen wird, sprich eher ein Marathon als ein Sprint auf die Torleute zukommt. Wobei dieses Thema ohnehin ein rot-weiß-roter Dauerbrenner ist, das erst Bachmann zuletzt für einige Monate pausieren konnte.
"Dass wir in Österreich in den letzten Jahren keine ganz klar feststehende Nummer eins hatten, ist mir bewusst. Jetzt müssen wir schauen, wer sich tatsächlich rauskristallisiert und auch am besten zur Art, wie wir spielen wollen, passt", sagt Rangnick.
Man darf gespannt sein, wer als erstes die Gelegenheit bekommt, sich zu zeigen.
ABWEHR:
Vierer- oder Dreierkette? Dies ist die erste Frage, die auf eine Beantwortung wartet.
Das Gedränge ist so oder so vor allem in der Innenverteidigung riesig – und das, obwohl das bisherige Stamm-Duo Aleksandar Dragovic (nicht nominiert) und Martin Hinteregger (verletzt) fehlt, sowie auch David Alaba erst im Heimspiel gegen Dänemark erstmals unter Rangnick auflaufen wird. Der erkrankte Philipp Lienhart greift ebenfalls erst nach dem Kroatien-Match ins Geschehen ein.
Ausgehend von einer Dreierkette, ist es wahrscheinlich, dass Gernot Trauner nach seiner Top-Saison mit Feyenoord in Alabas Abwesenheit zentral zum Einsatz kommt.
Maximilian Wöber links in der Dreierkette erscheint als "Bullen"-Spieler aufgelegt, mit Marco Friedl steht ein weiterer Linksfuß parat. Den Platz rechts machen sich wohl Kevin Danso und Stefan Posch, der über die größere ÖFB-Erfahrung verfügt, aus. Rangnick hat übrigens auch Christopher Trimmel auf dieser Position trainieren lassen.
Von seiner Idee, Hannes Wolf im Falle einer Dreierkette als linken Wing Back auszuprobieren, hat Rangnick bereits berichtet. Versucht er es gleich in Kroatien?
Auch Valentino Lazaro wäre ein Kandidat, der dies auf Vereinsebene schon vereinzelt gespielt hat und zumindest im öffentlichen Training auch links probiert wurde. Der Benfica-Legionär könnte dies im Gegensatz zu Wolf auch in einer Viererkette, in welcher auch Friedl oder Wöber links denkbar wären.
Rechts ist in egal welcher Variante Stefan Lainer der Platzhirsch. Aber auch Trimmel wird bei diesem intensiven Programm seine Einsatzzeit bekommen.
MITTELFELD:
Konrad Laimer, Xaver Schlager und Marcel Sabitzer wären fraglos die aufgelegte Variante für die drei zentralen Positionen.
Das Trio braucht bezüglich Rangnick-Fußball wohl kaum Anlaufzeit, teilweise auch vergangener Zusammenarbeit geschuldet.
Aber auch Nicolas Seiwald ist ein guter Startelf-Kandidat – auch schon in Kroatien, sollte Rangnick einen der Genannten für Dänemark in der Hinterhand behalten wollen.
Christoph Baumgartner spielt in dieser Aufstellungs-Variante im Angriff, ist jedoch je nach System logischerweise auch weiter ein guter Kandidat im Mittelfeld, und das in mehreren Rollen.
Dejan Ljubicic könnte diesen Lehrgang nutzen, um in Abwesenheit von Florian Grillitsch im ziemlich intensiven Konkurrenzkampf im Zentrum Plus-Punkte zu sammeln.
ANGRIFF:
Marko Arnautovic und/oder Sasa Kalajdzic?
Rangnicks erste Aufstellung wird Aufschlüsse darüber liefern, wie er mit den beiden Goalgettern plant.
Nominelle Angreifer stehen genügend im Kader, mit Michael Gregoritsch hat ein weiterer großgewachsenen Stürmer ein gutes Frühjahr hinter sich.
Mit Karim Onisiwo und Andreas Weimann steht genau wie bei der Baumgartner-Variante auch Speed zur Verfügung – egal ob als zweite Spitze oder auf einer anderen Position eine Etappe weiter hinten.