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Brasilien: Eine Weltklasse-Elf mit Neymar darüber

Brasilien ist mehr als nur Neymar. Diverse ÖFB-Kicker erklären warum:

Brasilien: Eine Weltklasse-Elf mit Neymar darüber Foto: © GEPA

"Das Arge ist ja, Brasilien hat eine Weltklasse-Mannschaft und dann steht Neymar noch mal drüber", zollt Sebastian Prödl Respekt.

Keine Frage: Beim Test Österreich gegen Brasilien (16 Uhr im LIVE-Ticker) werden viele Augen auf Neymar gerichtet sein. Teamchef Tite hat seine Aufstellung bereits verraten, der Superstar wird sein Startelf-Comeback für die "Selecao" geben.

Über die Qualität des 26-Jährigen muss man nicht lange diskutieren, doch im ÖFB-Team besteht Einigkeit über einen Fakt: Brasilien ist viel mehr als nur Neymar.

Mit Neymar richtig brutal

"Es spielt auf jeder Position ein Weltstar", bekundet Kapitän Julian Baumgartlinger und streicht hervor, dass die Südamerikaner - anders als tendenziell bei der Heim-WM 2014 - inzwischen variabler besetzt sind und auch ohne Neymar gewinnen können.

"Wir werden einiges zu tun haben. Unglaubliche Spieler mit unglaublichen Marktwerten. Da liest du nur Vereine wie Liverpool, Manchester City, Real Madrid oder Barcelona. Das ist eine Top-Weltauswahl. Und dann kommt noch mal Neymar dazu, auf den sie alle hoffen, weil sie wissen, wenn er spielt, sind sie richtig brutal. Das ist schon eine Mannschaft, die berechtigt vom WM-Titel träumen darf", glaubt Prödl, der vermutet, dass Neymar im Happel-Stadion seine 60 bis 70 Minuten bekommen werde.

Zahlreiche Brasilianer verdienen in der Premier League gutes Geld, weshalb der Innenverteidiger zu jenen ÖFB-Kickern gehört, die auf Vereinsebene am meisten Erfahrungen mit diversen Sonntags-Gegnern gemacht haben.

Prödl: "Die Brasilianer zaubern mittlerweile auch schon in England"

"Ich habe schon gegen viele gespielt. Man merkt, dass die Premier League in den letzten Jahren immer technischer geworden ist, immer mehr Südamerikaner oder Spanier in die Liga kommen. Arsene Wenger hat bei Arsenal den Anfang gemacht, mittlerweile werden bei den großen Vereinen ja fast nur mehr ausländische Trainer angestellt. Daher wird darauf geachtet, den Gegner spielerisch zu entzaubern, und nicht nur physisch. Darum haben diese Spieler Vorrang bei diesen Trainern, und das hat sich in den letzten Jahren ausgezahlt. Die Brasilianer zaubern mittlerweile auch schon in England", erläutert Prödl.

"Für mich sticht Willian von Chelsea heraus. Mit ihm habe ich mich schon ein paar Mal unterhalten - ein lieber Kerl, überhaupt nicht abgehoben und ein Wahnsinns-Fußballer."

Marko Arnautovic

West-Ham-Legionär Marko Arnautovic ist vor allem ein Brasilianer ein wenig ans Herz gewachsen: "Für mich sticht Willian von Chelsea heraus. Mit ihm habe ich mich schon ein paar Mal unterhalten - ein lieber Kerl, überhaupt nicht abgehoben und ein Wahnsinns-Fußballer."

Alessandro Schöpf fallen wiederum mit Casemiro und Marcelo zwei Real-Kicker ein, wenn er an brasilianische Stars abseits von Neymar denkt: "Ich bin kein Real-Fan, aber Real hat in den letzten drei Jahren drei Mal die Champions League gewonnen. Ich weiß also nicht, ob es momentan irgendwo eine bessere Mannschaft auf der Welt gibt. Aber es gibt auch viele andere, egal ob Coutinho, Paulinho oder Gabriel Jesus. Ich könnte jetzt die ganze erste Elf aufzählen. Von den Namen her glaube ich, ist es die bestbesetzte Mannschaft der WM."

Nicht die Schneid abkaufen lassen

Florian Grillitsch, früher ein Ronaldinho-Fan, sieht das ähnlich: "In der Offensive haben sie mit Neymar, Coutinho und Willian überragende Spieler, die enormes Tempo haben und auch im Eins gegen Eins überragend sind. Vorne drinnen hat Gabriel Jesus bei Manchester City eine super Saison gespielt. Paulinho, Casemiro oder Fernandinho sind Weltklasse-Mittelfeldspieler. Aber nichtsdestotrotz: Wir können auch mit breiter Brust reingehen. Wir haben gegen Deutschland gewonnen und wollen uns auch gegen Brasilien nicht die Schneid abkaufen lassen. Ich glaube, dass auch in diesem Spiel etwas drinnen ist."

Der Hoffenheim-Legionär ist beileibe nicht das einzige Mitglied aus dem ÖFB-Lager, das optimistisch ist. Mut ist diesbezüglich ein Schlagwort, das man immer wieder hört. So ist es etwa für Schöpf wichtig, dass das Nationalteam neben einer guten Defensivleistung auch selbst etwas mit dem Ball anzufangen weiß:

"Es wird wichtig sein, dass man Brasilien nicht ins Rollen kommen lässt, ihr Kurzpassspiel relativ schnell unterbindet, körperlich robust dagegenhält. Die wollen den Ball haben, mit dem Ball Fußball spielen. Deswegen wollen wir natürlich auch in Ballbesitz sein, unser Spiel durchbringen. Ich denke nämlich, das tut ihnen weh, wenn sie nachlaufen müssen. Wir haben nach vorn hin auch sehr, sehr viel Qualität."

Von der Disziplin her extrem auf die Deutschen aufgeholt

Wobei man, bei aller Offensivqualität, nicht dem Irrtum begehen sollte, zu glauben, dass die aktuelle brasilianische Nationalmannschaft nur am Spiel nach vorne interessiert ist. "Wir haben in der Analyse gesehen, dass alle bereit sind, in der Defensive zu investieren. Das ist etwas, was eine Mannschaft über den Berg bringen und zu einem Titel führen kann", meint Baumgartlinger.

"In den letzten Monaten verteidigen alle. Das hat man früher selten gesehen bei den Brasilianern. Auch bei ihren Titeln, als sie Weltmeister wurden, kann ich mich nicht erinnern, dass es der Fall war, dass so viele gelbe Spieler hinter dem Ball waren. Das war in der Analyse wirklich auffällig."

Sebastian Prödl

Prödl ergänzt: "Es sind nicht nur Spieler wie Casemiro oder Paulinho, die im Mittelfeld eine gewisse Balance ausmachen, es ist der generelle Verbund. In den letzten Monaten verteidigen alle. Das hat man früher selten gesehen bei den Brasilianern. Auch bei ihren Titeln, als sie Weltmeister wurden, kann ich mich nicht erinnern, dass es der Fall war, dass so viele gelbe Spieler hinter dem Ball waren. Das war in der Analyse wirklich auffällig. Da müssen wir schnell und gut sein, damit wir durchkommen."

Diese defensiven Vorzüge hören sich fast ein wenig "deutsch" an, dennoch bleibt die individuelle Qualität. Anders als Deutschland in Klagenfurt tritt Brasilien im Happel-Stadion mit der derzeitigen Einser-Garnitur an. Für Prödl sind die beiden jüngsten ÖFB-Kontrahenten grundsätzlich jedoch nur schwer zu unterscheiden:

"Die Brasilianer sind vielleicht noch mehr auf ihre individuelle Klasse aufgebaut als die Deutschen. Bei den Deutschen hast du immer das Gefühl, es war keine Einzelleistung, sondern eine unglaubliche, mannschaftlich geschlossene Sache. Die Deutschen spielen, spielen, spielen, irgendwann kommt der entscheidende Pass - und Tor. Die Deutschen spielen ein Tor so raus, dass es dem Team gewidmet ist. Bei den Brasilianern hat man ab und zu schon noch das Gefühl, dass ein Spiel durch die individuelle Klasse entschieden wird. Aber von der Disziplin her haben sie extrem aufgeholt auf die Deutschen."

Arnautovic: "Neymar jeden Cent wert"

Es ist bestimmt nicht respektlos gegenüber seinen Mitspielern zu verstehen, dass man beim Thema individuelle Klasse nun mal zuerst an Neymar denkt. Anders als Teamchef Franco Foda halten Arnautovic und Prödl die Ablöse von 222 Millionen Euro für den PSG-Star auch für völlig berechtigt.

"Für mich waren die 222 Millionen für Neymar die einzig wahre Ablöse im letzten Sommer. Er hat nicht nur fußballerisch, sondern auch werbetechnisch einen Riesen-Wert. Das muss man heutzutage miteinberechnen. Aber diese Ablösesumme hat leider einen Rattenschwanz mitgezogen. Danach wurden andere Spieler transferiert, die den Wert vielleicht nicht so hatten."

Sebastian Prödl

"Neymar ist jeden Cent wert", findet Arnautovic, "schon was er bei Barcelona gemacht hat, war alles Weltklasse. Auch wenn Lionel Messi nicht gespielt hat, hat er mit seiner Qualität Spiele alleine gewinnen können. Auch wenn sie für ihn 400 Millionen bezahlen, glaube ich, dass er jeden Cent wert ist."

Prödl, der sich in der Vergangenheit oftmals kritisch zu den steigenden Ablösesummen im Weltfußball geäußert hat, bringt vor allem den Business-Aspekt ins Spiel - für ihn ist Neymar in Sachen Ablöse nämlich die eine Ausnahme:

"Für mich waren die 222 Millionen für Neymar die einzig wahre Ablöse im letzten Sommer. Er hat nicht nur fußballerisch, sondern auch werbetechnisch einen Riesen-Wert. Das muss man heutzutage miteinberechnen. Aber diese Ablösesumme hat leider einen Rattenschwanz mitgezogen. Danach wurden andere Spieler transferiert, die den Wert vielleicht nicht so hatten. Bei Neymar war es gerechtfertigt, aber es hat ein bisschen die Balance aus dem Fußball-Transfergeschäft genommen."

Auch Neymar hat nur zwei Beine

Man darf gespannt sein, in welcher Form sich der Superstar im Wiener Prater präsentieren wird. Mit falschem Respekt will man ihm im ÖFB-Team nicht begegnen. Aleksandar Dragovic fiel schon vor dem Deutschland-Spiel mit dem Hinweis, dass auch das DFB-Team nur mit Wasser kochen würde, auf.

Grund genug, um nun nachzulegen: "Wie ich schon gegen Deutschland gesagt habe, kochen auch die Brasilianer nur mit Wasser. Dass sie der Favorit sind, wissen wir alle. Alleine Neymar ist drei Mal so viel wert wie Österreich. Aber er hat auch nur zwei Beine."

Mit diesen beiden Beinen kann er jedoch jedem Gegner weh tun. Für Prödl ist es die ÖFB-Aufgabe, ihn im Verbund zu verteidigen: "Wir werden keinen Spieler für ihn abstellen, der ihn 90 Minuten Mann gegen Mann deckt. Er will in WM-Form kommen, daher werden ihm die Brasilianer auch viele Bälle zuspielen."

Ein Sieg mehr wert als ein Neymar-Trikot

Was Neymar daraus machen wird, wird man sehen. Ebenso wird man sehen, welcher ÖFB-Spieler sich nach dem Spiel das Trikot des namhaftesten Gegners sichern wird. Laut Prödl dürfe vieles zählen, nur nicht diese Frage:

"Das sind die kleinen Geschichten für die Medien. Ohne Namen zu nennen, gibt es sicherlich ein paar von uns, die darauf spitzen werden. Aber ein Sieg oder ein gutes Spiel gegen die Brasilianer wäre viel, viel mehr wert als irgendein Trikot!"

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