"Ich habe ihm gesagt, ich will spielen. Aber er meinte schonen."
Vor dem Test gegen Moldawien suchte Marcel Sabitzer das Gespräch mit Teamchef Ralf Rangnick.
"Ich mag es generell nicht, auf der Bank zu sitzen", betont der Steirer, "das habe ich ihm natürlich auch mitgeteilt, dass ich trotzdem spielen will. Aber er hatte Ideen. Das muss man auch akzeptieren und respektieren."
Ausgangspunkt dieser Gedanken ist die nach dem mauen 1:1 entstandene Debatte, ob es für das Nationalteam ohne David Alaba, Marko Arnautovic und eben Sabitzer schwierig sei.
Die Situation unterschätzt
Letztlich musste der 29-Jährige in der letzten halben Stunde doch ran und kam mit einem Stangen-Treffer dem rot-weiß-roten Siegtor so nahe wie kein Kollege.
"Man darf aber nicht sagen, dass es an uns lag, weil wir nicht von Anfang an gespielt haben", betont Sabitzer und findet viel mehr, dass die Situation vor dem Match für sein Gefühl ein wenig unterschätzt worden sei:
"Heutzutage ist kein Spiel mehr leicht. Jeder kämpft, jeder läuft, spielt körperlich stark. Es ist kein Selbstläufer. Wenn du viel wechselst und vielleicht auch die Spannung nicht ganz hoch ist, kommt so etwas dabei raus."
Die gute Nachricht: In Stockholm wird Sabitzer der Startelf angehören. Das ist der Plan, dafür wollte ihn Rangnick schonen.
Wunschvorstellung, dass es immer gleich läuft
Dabei soll Sabitzer im ÖFB-Trikot wieder in jene Führungsrolle schlüpfen, für die ihn im Sommer auch sein neuer Arbeitgeber Borussia Dortmund verpflichtet hat.
"Sie haben sich mit mir befasst, sie haben mir in unseren Gesprächen gesagt, dass sie mich in der Rolle eines Führungsspielers sehen. Sie erwarten einiges, und natürlich ist auch Druck da. Die Erwartungshaltung ist groß. Aber ich bin dem schon gewachsen und traue mir das zu."
Zuletzt kam der BVB gegen Bochum und Heidenheim jeweils nicht über ein Unentschieden hinaus. Der ÖFB-Legionär unterstreicht jedoch, dass die schwarz-gelbe Mannschaft gut sei:
"Wir müssen jetzt erst mal eine Serie starten, dann wird es für mich und alle anderen immer besser. Am Anfang einer Saison läuft es nicht immer, wenn du neu kommst. Das ist eine Wunschvorstellung, manchmal dauert es ein bisschen."
Viel Rumgeschreibe
Er selbst habe sich jedoch schon nach wenigen Tagen wie zu Hause gefühlt: "Ich denke, dass es ein guter Schritt ist."
In den letzten beiden Saisonen erlebte Sabitzer beim FC Bayern München und bei Manchester United Höhen und Tiefen, nun gilt er wieder als gesetzt.
"Ich war immer von mir selbst überzeugt und wusste, was ich kann. Aber wenn von außen viel einprasselt und du nicht richtig im Rhythmus bist, ist es halt nicht so einfach. Wenn ich Vertrauen verspüre, mich wohl fühle, dann kann ich gut spielen. Das ist hier beim Nationalteam und beim Verein gegeben."
Was konkret von außen eingeprasselt sei? "Wenn die Erwartungshaltung groß ist und es nicht so läuft, gibt es immer viel Rumgeschreibe. Das ist ja auch logisch und muss man akzeptieren, aber es ist trotzdem nicht immer einfach. Deshalb: Besser, wenn positiv geschrieben wird, man viel und gut spielt, dann ist alles einfacher."
England war etwas ganz anderes
Auf sechs Jahre Leipzig folgten seit 2021 mit Bayern, Man United und dem BVB besonders im medialen Rampenlicht stehende Vereine. Woran Sabitzer die Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei diesen Großklubs festmacht?
- "Jeder hat seine Eigenheiten. Bei Leipzig haben wir das ganze Werkl hochgebracht. Wir haben in der 2. Liga angefangen. Inzwischen ist das ein etablierter internationaler Verein. Mittlerweile gewinnen sie auch Pokale. Also da haben wir einiges an Arbeit geleistet."
- "Über Bayern München braucht man nicht viel erklären, oder? Es sind halt die Bayern. Die haben auch ihre Eigenheiten, ist auch nicht immer so einfach."
- "England war etwas ganz anderes. Ein ganz anderer Zugang zum Fußball - von den Fans, wie die Leute den Fußball sehen. Das hat schon sehr viel Spaß gemacht. Ich bin auf einen sehr guten Kader gestoßen und mit Erik ten Hag auf einen sehr guten Trainer, der mir fußballspezifisch schon noch mal einiges mitgegeben hat."
- "Auch den Verein Manchester United von innen kennenzulernen, noch dazu den größten Verein in England, war etwas ganz Besonderes. Wir Österreicher sind da meist weit weg, haben viel mehr Bezug zur deutschen Bundesliga. Es war eine coole Zeit, von der ich einiges mitgenommen habe.
- "Jetzt in Dortmund ist es ähnlich wie in England. In der Stadt gibt es nur den Verein, jeder ist verrückt nach ihm. Deshalb ist es auch nicht so einfach - das Umfeld brodelt immer, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Aber damit muss man umgehen."
"Dankbar, dass ich das alles erleben kann"
Unterm Strich bekräftigt Sabitzer: "Ich würde alle diese Stationen immer wieder gleich machen und bin sehr dankbar, dass ich das alles erleben kann."
Wo sind Druck und Erwartungshaltung eigentlich größer - bei einem Verein wie Borussia Dortmund oder im Nationalteam?
Sabitzer sieht beides ähnlich gelagert, meint jedoch: "Klar ist es für Österreich etwas anderes. Du spielst für dein Land, das ist noch mal größer. Es ist einem bewusst, was das mit sich bringt, dass man Vorbild ist, vorangehen muss, die Neuen integrieren und ihnen zeigen, wie es läuft. Das mache ich gerne. Ich habe Spaß daran, mit David und Marko das Dinge in die Hand zu nehmen."